BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/11631 21. Wahlperiode 23.01.18 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Franziska Grunwaldt (CDU) vom 15.01.18 und Antwort des Senats Betr.: Asylbewerber 2017 (II) Aus Drs. 21/11521 ergeben sich Nachfragen. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. In Drs. 21/11521 heißt es auf die Frage, wie viele Flüchtlinge keine Papiere bei sich führten, dass diese Angabe statistisch nicht erfasst werde. In den Drucksachen zur Belegung Fiersbarg (zum Beispiel Drs. 21/11503) wird hingegen angeführt, bei wie vielen Personen derzeit im ausländerbehördlichen Fachverfahren das Merkmal „Personalien nicht nachgewiesen“ gesetzt ist, weil in diesen Fällen der zuständigen Behörde Pässe, Ausweise oder andere Dokumente, die zur Identitätsklärung dienen, nicht vorgelegt wurden. a. Warum wird statistisch nicht erfasst, wie viele der zugewiesenen Flüchtlinge keine Papiere bei sich hatten? Die zuständige Behörde vermerkt in der elektronischen Ausländerakte im Rahmen der Erstregistrierung den Umstand, ob Identitätspapiere vorgelegt wurden. Soweit bei der Erstregistrierung keine Papiere vorgelegt wurden, diese jedoch im Rahmen des Asylverfahrens beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) vorgelegt werden, erfolgt nach Abschluss des Asylverfahrens eine Übersendung der Dokumente an die zuständige Behörde. Dort werden diese zunächst verwahrt und in Kopie zur elektronischen Akte genommen. Die zuständige Behörde hat insoweit Kenntnis über die Einzelfälle . Die Erfassung in der elektronischen Ausländerakte für dieses Merkmal ist nicht automatisiert statistisch auswertbar, sondern erfordert eine händische Einzelaktenauswertung , die in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich ist. Das Merkmal stellt kein für statistische Anforderungen des Bundes verbindliches Merkmal dar. Eine Auswertung des Merkmals „Personalien nicht nachgewiesen“ (siehe Antwort zu 1. c. spiegelt lediglich den aktuellen Stand der Erfassung im ausländerbehördlichen Fachverfahren wider, erlaubt jedoch keine belastbare Aussage zum tatsächlichen Besitz von Ausweisdokumenten. b. Wie viele Flüchtlinge werden aktuell im ausländerbehördlichen Fachverfahren geführt? Derzeit sind im ausländerbehördlichen Fachverfahren 53.053 Personen erfasst, die der Definition „Flüchtling“ (siehe Drs. 21/131) entsprechen. c. Bei wie vielen davon ist das das Merkmal „Personalien nicht nachgewiesen “ gesetzt? Das Merkmal „Personalien nicht nachgewiesen“ ist aktuell bei 14.868 Personen der unter 1. b. genannten Personen gesetzt. Drucksache 21/11631 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 2. Drs. 21/11521 ist zu entnehmen, dass von 652 Personen, die als unbegleitete minderjährige Ausländer (UMA) nach § 42a SGB VIII in Obhut genommen wurden, nach Altersfeststellung 403 in Obhut verblieben. Auf welche Art und Weise erfolgte bei den 249 als nicht besonders Schutzbedürftige eingestuften Flüchtlingen jeweils die Altersfeststellung? Eine besondere Schutzbedürftigkeit von unbegleiteten minderjährigen Ausländern ergibt sich nach § 42 SGB VIII allein durch ihre Minderjährigkeit. Im Übrigen siehe Drs. 21/11521; die Altersfeststellung erfolgt gemäß § 42f SGB VIII. 3. Aus welchen Ländern stammen jene, die nach Altersfeststellung als volljährig eingestuft wurden? Bitte nach Herkunftsland und Geschlecht auflisten . Die im Rahmen der Altersfeststellung gemäß § 42f SGB VIII als volljährig eingestuften Personen stammten aus folgenden Herkunftsländern: Herkunftsland m w Gesamt Afghanistan 53 4 57 Ägypten 4 4 Albanien 3 3 Algerien 6 6 Äthiopien 3 3 Benin 3 3 Elfenbeinküste 7 7 Eritrea 14 3 17 Gambia 16 16 Ghana 4 4 Guinea 32 1 33 Irak 2 1 3 Iran 1 1 Jemen 2 2 Kamerun 1 1 Liberia 3 3 Libyen 5 5 Mali 1 1 Marokko 16 1 17 Nigeria 1 1 Senegal 1 1 Sierra Leone 2 2 Somalia 45 5 50 Sudan 7 7 Syrien 1 1 Togo 1 1 4. Jugendliche aus Marokko stellen nach Afghanen die größte Gruppe unter den UMA. Ist dem Senat der Hintergrund für diese Zunahme bekannt? Hierzu liegen dem Senat keine gesicherten Erkenntnisse vor. 5. Was geschieht mit jenen, die nachweislich falsche Angaben über ihr Alter gemacht haben? a. Gibt es eine strafrechtliche Verfolgung? Wenn ja, welcher Art und wie oft ist dies erfolgt? Wenn nein, warum nicht? Die Polizei leitet bei dem Verdacht einer Straftat ein Ermittlungsverfahren ein. Darüber hinaus wird eine Statistik im Sinne der Fragestellung bei der Polizei nicht geführt. Für die Beantwortung der Frage wäre eine händische Auswertung mehrerer Tausend Akten erforderlich, dies ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/11631 3 Die Staatsanwaltschaft ist, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, verpflichtet, wegen aller verfolgbaren Straftaten einzuschreiten, sofern zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen (§ 152 Absatz 2 StPO). Unter welchen Voraussetzungen falsche Altersangaben strafrechtlich relevant sind, lässt sich allgemein nicht beantworten , sondern hängt von den Umständen des konkreten Einzelfalls ab. Im Vorgangsverwaltungs - und Vorgangsbearbeitungssystem MESTA der Staatsanwaltschaft Hamburg wird der Umstand, ob ein Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit der Angabe unzutreffender Personaldaten geführt wird, nicht gesondert erfasst. b. Wie werden die Betroffenen untergebracht? Wie viele wurden als Volljährige in Hilfen für junge Volljährige nach dem SGB VIII untergebracht ? Die Unterbringung erfolgt analog zu den übrigen erwachsenen Personen in einer Erstaufnahmeeinrichtung. Die Personen erhalten keine Hilfen für junge Volljährige. 6. Von 652 als UMA registrierten Ankömmlingen haben sich 164 eigenmächtig aus der Inobhutnahme entfernt. a. Ist dem Senat bekannt, was jeweils die Gründe für das Sich- Entfernen sind? Bitte erläutern. Siehe Drs. 21/8136. Darüber hinaus liegen den zuständigen Behörden keine gesicherten Erkenntnisse vor. b. Aus welchen Ländern stammen diejenigen, die sich entfernt haben? Bitte nach Herkunftsland und Geschlecht auflisten. Herkunftsland w m Gesamt Afghanistan 12 12 Somalia 4 4 Eritrea 8 8 Albanien 7 7 Syrien 3 3 Irak 3 3 Guinea 2 5 7 Iran 2 2 Algerien 10 10 Äquatorialguinea 1 1 Äthiopien 1 1 Bangladesh 1 1 Gambia 4 4 Ägypten 2 2 Sierra Leone 1 1 Sudan 2 2 Benin 1 1 Libanon 1 1 Libyen 1 1 Marokko 2 86 88 Mazedonien 2 2 Türkei 1 1 Vietnam 2 2 Gesamtergebnis 6 158 164 c. Wohin gingen die als UMA registrierten Ankömmlinge? Darüber liegen dem Senat keine Erkenntnisse vor. d. Bekommt der Senat Rückmeldung, wenn diese Personen in anderen Bundesländern oder Ländern wieder „auftauchen“? Wenn ja, wie oft ist das bei wie vielen erfolgt, von wo kam die Meldung und wie ist dann das Prozedere? Wenn nein, warum findet keine Rückmeldung statt? Drucksache 21/11631 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Im Jahr 2017 gab es drei Fälle, in denen eine Rückmeldung aus anderen Ländern über vermisste unbegleitete minderjährige Ausländer beim Fachdienst Flüchtlinge einging. Die Polizei hat in diesen Fällen die aufgegriffen Minderjährigen den zuständigen örtlichen Jugendämtern mit dem Hinweis übergeben, dass die Person als vermisst gemeldet ist. Das Jugendamt hat sich dann an den Fachdienst Flüchtlinge in Hamburg gewandt, um die Fallsituation aufzuklären und – je nach Ergebnis der Zuständigkeitsprüfung – eine Rückführung im Einzelfall zu klären. 7. Es wurden im Jahr 2017 insgesamt 1.988 Rückführungen vorbereitet, 1.211 vollzogen, also 60,9 Prozent der vorbereiteten Rückführungen. Doch wie viele Asylanträge wurden im Jahr 2017 insgesamt negativ beschieden beziehungsweise als sonstige Verfahrenserledigungen eingestellt ? Nach Angaben des BAMF wurden für Hamburg in 2017 insgesamt 4.312 Anträge abgelehnt und 1.909 Verfahren anderweitig erledigt. 8. Seit 2016 wurden von Behördenseite keine Rückführungen von UMA durchgeführt. Freiwillige Heimreisen werden statistisch nicht erfasst, so Drs. 21/9403. Liegen bei der zuständigen Behörde beziehungsweise beim LEB Informationen vor, ob es seit dem Jahr 2017 zu freiwilligen Rückführungen kam? Wenn ja, über wie viele Rückführungen liegen Informationen vor und in welche Länder wurde die UMA zurückgeführt? Im Jahr 2017 wurde ein unbegleiteter minderjähriger Ausländer abgeschoben. Im Übrigen siehe Drs. 21/9403. 9. Drs. 21/9403 verweist auf folgende Rechtslage: „Wird das Asylgesuch eines unbegleiteten Minderjährigen vor Eintritt der Volljährigkeit abgelehnt , so vermittelt § 58 Absatz 1a AufenthG einem unbegleiteten Minderjährigen , der im Zielstaat der Abschiebung weder einem Personensorgeberechtigten noch einer geeigneten Aufnahmeeinrichtung übergeben werden kann, einen Schutz vor Abschiebung in prekäre Verhältnisse .“ a. Wie viele UMA erhielten im Jahr 2017 noch minderjährig einen negativen Asylbescheid? b. Wie viele wurden daraufhin zeitnah nach Eintritt der Volljährigkeit aufgrund ihres abgelehnten Asylantrags abgeschoben? Bitte jeweils nach Monaten und Herkunftsland aufschlüsseln. Nach einer Auswertung des ausländerbehördlichen Fachverfahrens haben im Jahr 2017 vier unbegleitete minderjährige Personen einen ablehnenden Bescheid erhalten. Davon hatten drei Personen die afghanische und eine Person die ägyptische Staatsangehörigkeit . Abschiebungen unmittelbar nach Eintritt der Volljährigkeit erfolgten in 2017 nicht. 10. Bei UMA ohne Bleibeperspektive wird das Asylverfahren laut Drs. 21/9403 innerhalb von zwei Wochen nach Übertragung der Vormundschaft eingeleitet, sofern der Jugendliche asylrelevante Kriterien vorbringen kann. Wenn nicht, darf er bei guter Integrationsprognose gemäß § 25a und § 25b AufenthG trotzdem Bleiberecht anstreben. Wie oft ist dieser Weg im Jahr 2017 gewählt worden? Bitte nach Monaten und Herkunftsland aufschlüsseln. Siehe Drs. 21/9893. 11. Wie viele UMA haben im Jahr 2017 einen Asylantrag gestellt? Wie viele sind als Duldungsantragsteller gemeldet? Bei einer Auswertung des ausländerbehördlichen Fachverfahrens zu den Fällen eines Asylverfahrens sind zeitaufwändige händische Nacharbeiten erforderlich, die in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich sind. Außerhalb eines Asylverfahrens wird das Merkmal „unbegleiteter Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/11631 5 minderjähriger Ausländer“ im ausländerbehördlichen Fachverfahren nicht gesondert gespeichert. Statistische Auswertungen zu unbegleiteten minderjährigen Duldungsantragstellern sind daher ebenfalls nicht möglich. 12. Wie war die Gesamtschutzquote für Asylbewerber im Jahr 2017? Wie ist die Schutzquote von UMA in Hamburg in diesem Zeitraum gewesen? Die Gesamtschutzquote für 2017 liegt für Hamburg bei 47,9 Prozent. Darüber hinaus liegen der zuständigen Behörde keine Angaben vor, siehe Antwort zu 11.