BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/11640 21. Wahlperiode 23.01.18 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Nebahat Güçlü (fraktionslos) vom 16.01.18 und Antwort des Senats Betr.: Einbürgerungen in Hamburg Hamburg wirbt seit einem halben Jahrzehnt für Einbürgerungen. Doch vielen Migranten und Migrantinnen bleibt der Weg zur deutschen Staatsbürgerschaft versperrt. Uns haben wiederholt Beschwerden von Migrantinnen und Migranten erreicht, deren Anträge auf Staatsbürgerschaft abgelehnt werden, weil sie aus Sicht der zuständigen Behörden, trotz Vollzeitstelle, zu wenig verdienen, um die wirtschaftlichen Voraussetzungen des Staatsangehörigkeitsgesetzes (StAG) zu erfüllen. Der Ausschluss von Menschen, die seit Jahren hier leben und arbeiten, vom Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft allein aus diesem Grund ist nur schwer nachvollziehbar und steht dem gesellschaftlichen Zusammenhalt und Zugehörigkeitsgefühl entgegen. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1) Wie viele in Hamburg lebende Migrantinnen und Migranten haben in den Jahren 2011 bis 2017 die deutsche Staatsbürgerschaft beantragt? a) Nach § 8 des StAG b) Nach § 9 des StAG c) Nach § 10 des StAG Bitte nach Rechtsgrundlage des Antrags und Jahren differenzieren. Anzahl der Einbürgerungsanträge Rechtsgrundlage Jahr 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 § 8 StAG 145 186 219 238 199 192 166 § 9 StAG 188 254 266 273 298 328 336 § 10 StAG 4912 6705 6752 6317 6158 6078 5985 2) Wie hat sich die Quote erfolgreicher Anträge in den Jahren 2011 bis 2017 entwickelt? Bitte nach Rechtsgrundlage der Einbürgerung differenzieren . Falls möglich, Quote auch nach dem Herkunftsland der Antragsteller /-innen aufschlüsseln. Da der Zeitpunkt der Entscheidungen über die in der Antwort zu 1. genannten Verfahren aufgrund der individuellen Bearbeitungsdauer durchaus in darauffolgende Jahre fallen kann beziehungsweise Verfahren noch nicht abgeschlossen sind, ist die Angabe einer Quote pro Jahr im Sinne der Fragestellung nicht möglich. Alternativ werden die vollzogenen Einbürgerungen unter Angabe der Rechtsgrundlage pro Jahr genannt: Drucksache 21/11640 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Anzahl erfolgter Einbürgerungen Rechtsgrundlage Jahr 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 § 8 StAG 151 126 196 178 169 169 132 § 9 StAG 190 187 272 229 241 270 286 § 10 StAG 5.279 5.419 6.837 6.061 5.480 5.369 5.155 Eine Auflistung der erfolgten Einbürgerungen im Hinblick auf die über 180 Herkunftsländer der Antragstellerinnen und Antragsteller für den Zeitraum 2011 bis 2017 ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich, da dies entsprechende Einzelauswertungen erfordern würde. 3) Hat die zuständige Behörde Kenntnis darüber, wie viele Antragsteller/ -innen zwischen 2011 und 2017 mehrfach versucht haben, die deutsche Staatsangehörigkeit zu erhalten? Falls ja, bitte Gesamtzahl angeben und Anteil der Fälle, in denen ein erneuter Antrag auf Einbürgerung erfolgreich gewesen ist. Nein. 4) Wie viele Anträge auf Einbürgerung sind in den Jahren 2011 bis 2017 zurückgezogen worden? In wie vielen Fällen ist die Rücknahme des Antrags erst auf Anraten der zuständigen Behörde erfolgt? Die Anzahl der zurückgezogenen Anträge ist der nachfolgenden Übersicht zu entnehmen . Aus welchen Gründen die Rücknahmen erfolgten wird statistisch nicht erfasst. Anzahl zurückgezogener Einbürgerungsanträge Jahr 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 Anzahl 437 418 372 378 281 281 246 5) Aus welchen Gründen sind zwischen 2011 und 2017 Einbürgerungsanträge abgelehnt worden und mit welcher Häufigkeit? Die Gründe für die Ablehnung von Einbürgerungsanträgen werden erst seit dem Jahr 2015 statistisch erfasst. Für die Jahre 2011 bis 2014 stehen nur die jeweiligen Gesamtzahlen der abgelehnten Anträge zur Verfügung. Eine nachträgliche händische Auswertung dieser 345 Verfahren ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Ablehnungsgrund 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 mangelnde Mitwirkung 49 40 47 fehlende wirtschaftliche Voraussetzungen 1 4 1 Straftaten 9 17 6 Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung 2 1 1 fehlende Aufenthaltsvoraussetzungen 0 0 3 mangelnde Sprachkenntnisse 0 2 1 Gesamt 137 77 62 69 61 64 59 6) Anhand welcher Kriterien gelangen Sachbearbeiter/-innen zu einer Einschätzung bezüglich des Vorliegens der Voraussetzungen nach § 8 Absatz 1 Satz 4 beziehungsweise wie legt die zuständige Behörde den Gesetzestext „sich und seine Angehörigen zu ernähren imstande ist“ aus? Die Abteilung für Staatsangehörigkeits- und Einbürgerungsangelegenheiten orientiert sich eng an Nummer 8.1.1.4 der Vorläufigen Anwendungshinweise zum Staatsangehörigkeitsgesetz (https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/downloads/DE/themen/ Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/11640 3 verfassung/staatsangehoerigkeit/Anwendungshinweise_06_2015.html) sowie der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes (zuletzt Urteil BVerwG 1 C 23.14 vom 28. Mai 2015 zum Lebensunterhaltssicherungserfordernis bei der Ermessenseinbürgerung , https://www.bverwg.de/280515U1C23.14.0). 7) Wie viele Anträge auf Einbürgerung sind in den Jahren 2011 bis 2017, zwecks Vermeidung besonderer Härte, positiv beschieden worden? Wenn möglich, bitte nach Jahren und Rechtsgrundlage differenzieren. Einbürgerungen, die aufgrund des Vorliegens einer besonderen Härte erfolgen, stellen in der täglichen Praxis Ausnahmen dar. Eine statistische Erfassung erfolgt nicht, eine Beantwortung der Frage würde die händische Auswertung der Einbürgerungsvorgänge der entsprechenden Jahre erfordern. Dies ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. 8) Eine sogenannte Ermessenseinbürgerung basiert stets auf einer Einzelfallentscheidung und dem Zusammentreffen verschiedener Aspekte, die diese Entscheidung rechtfertigen. Nichtsdestotrotz muss es auch hierbei zu einer internen Verständigung über das Vorliegen „besonderer Härte“ gekommen sein. Welche Auffassung zu „besonderer Härte“ legt die zuständige Behörde ihren Entscheidungen über Einbürgerungsanträge zugrunde? Falls keine generelle Aussage hierzu getroffen werden kann, bitte die fünf häufigsten Fallkonstellationen darstellen. Die Abteilung für Staatsangehörigkeits- und Einbürgerungsangelegenheiten handelt bei der Frage nach dem Vorliegen einer besonderen Härte nach der geltenden Rechtslage. Laut ständiger Rechtsprechung (zum Beispiel Urteil BVerwG 5 C 5.11 vom 20. März 2012, https://www.bverwg.de/200312U5C5.11.0) muss eine besondere Härte durch atypische Umstände des Einzelfalles bedingt sein und gerade durch die Verweigerung der Einbürgerung hervorgerufen werden und deshalb durch eine Einbürgerung vermieden oder zumindest entscheidend abgemildert werden können. Das Vorbringen solcher Umstände unterfällt der Mitwirkungsobliegenheit des Einbürgerungsbewerbers . 9) Wie viele Widersprüche zu Einbürgerungsanträgen sind in den Jahren 2011 bis 2017 gestellt worden? Wie vielen Widersprüchen wurde stattgegeben ? Wenn möglich, bitte nach Jahren und Rechtsgrundlage des Einbürgerungsantrages aufschlüsseln. Eine statistische Erfassung der Widerspruchsverfahren im Rahmen der Entscheidung über Einbürgerungsanträgen erfolgt erst seit dem 1. Juni 2015. Seitdem wurden bis Ende des Jahres 2017 insgesamt 47 Widersprüche eingelegt. In 38 Fällen wurde dem Widerspruch nicht stattgegeben. Neun Verfahren sind noch nicht abgeschlossen: Widerspruchsverfahren Einbürgerungen Jahr 2015 (seit 01.06.15) 2016 2017 Anzahl 9 22 16 Rechtsgrundlage des Einbürgerungsantrages war in allen 47 Fällen § 10 StAG.