BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/11654 21. Wahlperiode 23.01.18 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Joachim Lenders (CDU) vom 16.01.18 und Antwort des Senats Betr.: Wie erfolgreich ist die Einstellungsoffensive für die Polizei Hamburg – EO300+? Ist die Qualität der eingestellten Bewerberinnen und Bewerber für den Polizeiberuf gesunken? Die Akademie der Polizei wirbt auf ihrer Internetseite um geeigneten Polizeinachwuchs . Dort heißt es unter anderem: „Als Bewerber um Ausbildungsoder Studienplätze bei der Polizei Hamburg nehmen Sie an einem anspruchsvollen Einstellungsverfahren teil. Dieses Verfahren beinhaltet schriftliche , sportliche sowie mündliche Testteile.“ Quelle: www.akademie-derpolizei .hamburg.de. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Die Einstellungsoffensive geht mit der deutlichen Erhöhung der Einstellungszahlen einher und verläuft erfolgreich. Die Entwicklungen von Abbrechern und Nichtzugelassenen unterliegen von Jahr zu Jahr Schwankungen. Mit erhöhten Ausbildungs- und Studierendenzahlen verbinden sich auch erhöhte Werte von Kündigung und Nichtzulassung . Sie bewegen sich im Vergleich zu anderen Ausbildungsberufen und Studiengängen auf einem niedrigen Niveau. Einstellungstests unterliegen generell, so auch bei der Polizei, ständigen Überarbeitungen und Veränderungen, um sich neuen Erkenntnissen und Erfahrungen in Hinsicht auf die Auswahl geeigneter Bewerberinnen und Bewerbern anzupassen. Solche Veränderungen sind nicht mit Absenkungen der Anforderungen begründet. Es wurden folgende Modifizierungen und Anpassungen in verschiedenen Testteilen des Einstellungs - und Auswahlverfahrens (EAV) vorgenommen: Ab September 2013 wurde anstelle des damaligen Vorstellungsgespräches ein strukturiertes Interview (DIN-Standard) eingeführt. Zusätzlich für den LA II wurde die Gruppendiskussion gegen ein individuelles Rollenspiel ausgewechselt. Im April 2015 wurde der Deutschtest modifiziert, in dem o für die verschiedenen Diktate parametrische Gleichheit hergestellt, o die Anzahl der Lücken im Diktat deutlich erhöht, o die Anzahl der maximal erlaubten Fehler reduziert und o mögliche Fehlerquellen um formale Deutschleistungen (Zeichensetzung) erweitert wurden. Der Kognitive Leistungstest wurde für beide Laufbahnabschnitte angepasst, der Umfang ist für den LA I deutlich erhöht worden. Die LA-II-Tests, die damals am Nachmittag bis in den frühen Abend stattfanden, wurden aufgrund von Doppelungen, Drucksache 21/11654 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 fehlender Reliabilität und Validität zum Teil angepasst oder gestrichen (zum Beispiel „Interkultureller Wissenstest“). Im August 2017 wurde der Sporttest angepasst. Der neue körperliche Leistungstest (ehemals Sporttest) gewährleistet eine gesundheitspräventive Ausrichtung unter professioneller , sportwissenschaftlicher und universitärer Begleitung. Die gesundheitliche Tauglichkeit wird unverändert in Verantwortung des Personalärztlichen Dienstes (PÄD) bewertet und begutachtet, die Diagnostik erfolgt entsprechend der geltenden Vorgaben der bundeseinheitlichen PDV 300 unter modernsten medizinischen und wissenschaftlichen Bedingungen durch die Ambulanzzentren sowie das Athletikum des Universitätsklinikums Eppendorf. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wurden die Anforderungen an Bewerberinnen und Bewerber für die Polizei Hamburg für den Laufbahnabschnitt I (ehemals mittlerer Dienst) beziehungsweise für den Laufbahnabschnitt II (ehemals gehobener Dienst) gesenkt? 2. Falls ja, in welchem Testteil und in welchem Umfang wurden die Anforderungen jeweils wann gesenkt (schriftlich, mündlich, sportlich, Abstriche bei der Gesundheitsprüfung)? Die Frage bitte einzeln für die Auswahlverfahren LA I und LA II beantworten. Das Einstellungsverfahren für den Polizeivollzugsdienst unterliegt einer ständigen Überprüfung in Bezug auf die berufsbezogene Eignungsdiagnostik. In den vergangenen Jahren erfolgte daher mehrfach eine Modifizierung verschiedener Testteile, um zeitgemäßen Qualitätskriterien und Standards zu genügen. Bei den bestehenden Testinhalten hat es keine Absenkung der Anforderungen gegeben. Im Übrigen siehe Vorbemerkung . 3. Im Jahr 2015 wurde der „Deutsch-Einstellungstest“ geändert. a. Wie wirkt sich das geänderte Testmodul im Verhältnis zum vormaligen Lückendiktat/Rechtschreibtest auf die aktuellen Leistungen im Fach „Deutsch“ im LA I und LA II aus? Die Auswirkungen der Änderung des Testmoduls auf die aktuellen Leistungen im Fach „Deutsch“ im Laufbahnabschnitt (LA) I sind nicht evaluiert worden; belastbare Erkenntnisse liegen der Polizei daher nicht vor. Die Anzahl der Wiederholer im Fach „Deutsch“ ist gering. Im LA II ist Deutsch kein Ausbildungsfach. b. Gibt es in der LA-I-Ausbildung im Fach „Deutsch“ Leistungsunterschiede zwischen der Unter- und Oberstufe? Wenn ja, welche? Die Ausbildung im LA I gliedert sich in eine Grundausbildung von zwölf Monaten und eine abschließende Ausbildung von 18 Monaten. Die abschließende Ausbildung beginnt mit einem Praktikum von sechs Monaten, an das eine weitere einjährige fachtheoretische Ausbildung anschließt. Tendenziell sind die durchschnittlichen Benotungen im Fach Deutsch in der fachtheoretischen Ausbildung des abschließenden Ausbildungsabschnitts besser. Ein direkter Vergleich der Leistungen ist allerdings nicht möglich, da in den beiden Ausbildungsabschnitten unterschiedliche Lehrinhalte vermittelt werden. 4. Wie viele der in den Jahren 2016 und 2017 eingestellten Polizeimeisteranwärter und Polizeikommissarsanwärter/Kriminalkommissarsanwärter haben jeweils ihre Ausbildung/ihr Studium abgebrochen und selbst gekündigt beziehungsweise wurden entlassen? Die Anzahl bitte pro Jahr absolut und im prozentualen Verhältnis zu allen eingestellten Polizeimeisteranwärtern und Polizeikommissarsanwärtern/Kriminalkommissarsanwärtern angeben. Zu den erfragten Daten (Stichtag 17. Januar 2018) siehe folgende Tabelle: Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/11654 3 Jahr 2016 2017 Laufbahnabschnitt LA I LA II LA I LA II Einstellungszahl 275 78 308 196 Kündigungen 35 0 9 0 Kündigungsquote 12,7 % 0,0 % 2,9 % 0,0 % 5. Wie viele Polizeimeisteranwärterinnen und -anwärter wurden jeweils in den Jahren 2015, 2016, 2017 und bislang in 2018 nach dem zweiten Semester nicht zur schriftlichen Prüfung (Zwischenprüfung) zugelassen? 6. Wie viele Polizeimeisteranwärterinnen und -anwärter wurden jeweils in den Jahren 2015, 2016, 2017 und bislang in 2018 nach dem zweiten Semester nicht zur mündlichen Prüfung (Zwischenprüfung) zugelassen? Die Zwischenprüfungen im LA I finden am Ende der Grundausbildung statt. Für Auszubildende mit Ausbildungsbeginn am 1. Februar beginnen die Zwischenprüfungen im Dezember des Einstellungsjahres mit dem schriftlichen Teil und werden dann im darauffolgenden Januar mit dem mündlichen Teil abgeschlossen. Statistische Daten im Sinne der Fragestellung erfasst die Akademie der Polizei in dem Kalenderjahr, in dem die Zwischenprüfung begonnen hat; Zahlen für das Jahr 2018 liegen daher noch nicht vor. Die erfragten Daten sind in der folgenden Tabelle dargestellt: Anzahl der Nichtzugelassenen 2015 2016 2017 zur schriftlichen Zwischenprüfung 7 6 7 zur mündlichen Zwischenprüfung 1 1 2 7. Wie viele Polizeimeisteranwärterinnen und -anwärter mussten jeweils in den Jahren 2014, 2015, 2016 und 2017 aus Leistungsgründen ein oder mehrere Ausbildungssemester wiederholen? 8. In welchen Fächern (nach Häufigkeit) führten die erbrachten Leistungen zur Wiederholung von Ausbildungssemestern? Statistische Daten zu einzelnen Fächern werden erst seit dem Jahr 2015 von der Akademie der Polizei erhoben; die erfragten Daten sind in der folgenden Tabelle dargestellt : Fächer Anzahl der Wiederholer 2014 2015 2016 2017 Gesamt 23 17 18 44 Rechtskunde - 10 8 19 Sport/Polizeitraining - 0 5 8 Deutsch - 0 1 4 Praktikum - 7 4 13 Im Übrigen siehe Vorbemerkung.