BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/11696 21. Wahlperiode 26.01.18 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Richard Seelmaecker (CDU) vom 18.01.18 und Antwort des Senats Betr.: Warum hält sich die Schulbehörde nicht an Recht und Gesetz? Einem Bericht der Zeitung „Die Welt“ zufolge verpflichtete sich die Schulbehörde in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren im November 2017 dazu, dem 18-jährigen Sebastian R. den Besuch einer Autistenklasse am Gymnasium Bramfeld zu ermöglichen. Der Schulbehörde wurde eine Frist von drei Wochen gesetzt, ihrer bestandskräftigen gerichtlich protokollierten Pflicht nachzukommen, anderenfalls wurde ihr ein Zwangsgeld in Höhe von 2.000 Euro angedroht. Da die Schulbehörde die Frist verstreichen ließ, verhängte das Gericht im Dezember das zuvor angedrohte Zwangsgeld. Trotzdem ist die Behörde ihrer Verpflichtung bisher nicht nachgekommen. Nunmehr hat das Verwaltungsgericht das angedrohte Zwangsgeld für die Schulbehörde auf 4.000 Euro verdoppelt und ihr eine Frist zur Umsetzung bis Mitte Januar gesetzt. Von jedem Bürger erwartet der Staat, dass er sich an Recht und Gesetz hält. Es ist unverständlich, dass die Schulbehörde der zu gerichtlichem Protokoll eingegangenen Verpflichtung nicht nachkommt. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Die zuständige Behörde achtet Recht und Gesetz. Einzelheiten der schulischen Förderung von Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf berühren in besonderer Weise das in Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes fundierte Persönlichkeitsrecht der Betroffenen und sind aus diesem Grund auch nach § 99 Hamburgisches Schulgesetz (HmbSG) besonders geschützt. Aus diesem Grund sieht sich der Senat gehindert, zu Details im Rahmen der Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage Stellung zu nehmen. Das Gelingen schulischer Bildungs- und Erziehungsprozesse setzt die Bereitstellung der erforderlichen Ressourcen und richtiges Handeln des pädagogischen Personals und der zuständigen Behörde, aber auch das Bemühen und die Mitwirkung der Schülerinnen und Schüler voraus. Dies gilt im Rahmen ihrer Möglichkeiten auch für Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf. Die zuständige Behörde ist weiterhin bestrebt, eine Beschulung des genannten Schülers zu ermöglichen. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wann wurde die Verpflichtung eingegangen, wann wurde der Beschluss verkündet und zugestellt? Die Verpflichtung ergibt sich aus einem Vergleich, der am 25. Juni 2015, also vor zweieinhalb Jahren, vor dem Verwaltungsgericht Hamburg geschlossen und im Sommer letzten Jahres von der Behörde gekündigt worden ist (siehe auch Antwort zu 5.). Drucksache 21/11696 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Im November 2017 hat der Schüler die Androhung eines Zwangsgeldes zur Durchsetzung des Vergleichs beim Verwaltungsgericht beantragt. Die Androhung des Zwangsgeldes erfolgte mit Beschluss vom 22. November 2017, der der Behörde am 27. November 2017 zugestellt wurde. 2. Wie lautet die konkrete Verpflichtung? Die relevanten Ziffern des Vergleichs lauten: „1. Mit Wirkung am Unterrichtsbeginn nach den großen Ferien besucht der Kläger die Lerngruppe für Schülerinnen und Schüler mit Autismus-Spektrums-Störungen am Johannes-Brahms-Gymnasium bis zum Erwerb des ersten allgemeinen und nach Möglichkeit des mittleren Schulabschlusses. 2. Für diesen Zeitraum ist (der Kläger) weiterhin der Stammschule Stadtteilschule Lohbrügge zugeordnet.“ 3. Was hat die Schulbehörde seitdem im Einzelnen veranlasst? Siehe Vorbemerkung. 4. Wer hat wann aus welchem Grund entschieden, dass die Verpflichtung nicht erfüllt werden soll? a. Inwiefern und wann wurde die Behördenleitung in die Entscheidung einbezogen? b. Gab es eine Remonstration? Falls ja, wann, durch wen und wie wurde damit umgegangen? c. Wer hat wann gegebenenfalls welche dienstrechtlichen Maßnahmen ergriffen? Gemäß Anordnung über die Vertretung der Freien und Hansestadt Hamburg vom 19. April 2001 sind die Leiterinnen und Leiter der zentralen Rechtsämter und -abteilungen zur Vertretung ihrer Behörden vor Gericht legitimiert. Es ist weder zu Remonstrationen noch zu dienstrechtlichen Maßnahmen gekommen. 5. Wird die Schulbehörde die Verpflichtung jetzt erfüllen? Falls ja, ab wann wird Sebastian das Gymnasium Bramfeld besuchen können? Falls nein, weshalb nicht? Der Schüler war nie Schüler des Johannes-Brahms-Gymnasiums (früher Gymnasium Bramfeld), sondern auch nach dem Wortlaut des streitgegenständlichen Vergleiches ein Stammschüler der Stadtteilschule Lohbrügge, der in einer Autistenlerngruppe am Johannes-Brahms-Gymnasium gefördert werden sollte. Da diese Lerngruppe nicht mehr besteht, ist der zuständigen Behörde die Erfüllung des Vergleiches objektiv unmöglich. Die Lerngruppe bestand seit dem Schuljahr 2010/2011 und damit bereits fünf Jahre vor Abschluss des Vergleichs. Sie wurde eingerichtet, da es seinerzeit mehrere Schülerinnen und Schüler mit Autismus-Spektrum-Störungen gab, die große Schwierigkeiten in der Bewältigung des Schulalltags im Regelsystem der Schule hatten und nach unterbrochenen Schullaufbahnen nicht mehr regelhaft beschult werden konnten. Ziel der Beschulung in der Lerngruppe war die (Re-)Integration in die Regelbeschulung. Die Lerngruppe hat sich entsprechend der Zielsetzung sukzessive aufgelöst, da die Schülerinnen und Schüler die Schule mit einem ersten oder mittleren Schulabschluss verlassen haben, vollständig in Regelklassen integriert werden konnten oder in die Studienstufe des Johannes-Brahms-Gymnasiums eingetreten sind. Lediglich einige Schülerinnen und Schüler erhalten punktuell gesonderte Unterstützung, die aber nicht im Rahmen einer Lerngruppe stattfindet. Diese Entwicklung war nicht von vornherein abzusehen. Die erneute Einrichtung einer Lerngruppe ist aufgrund nicht vorhandener Schülerinnen und Schüler, die diese besondere Form der Beschulung benötigen, nicht geplant.