BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/11708 21. Wahlperiode 26.01.18 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Franziska Grunwald und Richard Seelmaecker (CDU) vom 19.01.18 und Antwort des Senats Betr.: Vollzugsleitung in der JVA Billwerder gesucht – Warum sind Tarifbeschäftigte ausgeschlossen? Unter der Stellennummer 153032 suchte die Justizbehörde eine neue Vollzugsleitung für die JVA Billwerder. Die Ausschreibung richtet sich ausschließlich an Beamte, Tarifbeschäftigte können sich nicht bewerben. Bei der Stelle der Vollzugsleitung handelt es sich um eine Stelle der Besoldungsgruppe A 12. Davon gibt es im Justizvollzug nicht viele, die Aufstiegsmöglichkeiten für die Mitarbeiter des Vollzugs sind sehr gering. Auch wenn die Vollzugsleitung klassisch hoheitliche Aufgaben wahrnimmt und zum Beispiel Sicherungsmaßnahmen anordnet, soll dieser Dienstposten in der Vergangenheit zwischenzeitlich mit Beliehenen besetzt worden sein. Es stellt sich nun die Frage, ob der Ausschluss der Tarifbeschäftigten von der Möglichkeit der Bewerbung auf diese interessante Aufstiegsposition einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz darstellt. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Gemäß Artikel 33 Absatz 4 des Grundgesetzes (GG) ist die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen, also Berufsbeamten. Aufgrund der speziellen hoheitlichen Aufgaben einer Vollzugsleitung im Rahmen der staatlichen Eingriffsverwaltung greift hier der Funktionsvorbehalt des Artikels 33 Absatz 4 GG. Der Vollzugsleitung obliegt in Zusammenarbeit mit der Anstaltsleitung die Vollzugsleitung für die konzeptionelle Gestaltung und Umsetzung des Vollzuges. Weiterhin führt die Vollzugsleitung die Dienst- und Fachaufsicht über nachgeordnete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, wie Vollzugsabteilungsleitungen. Das Treffen vollzuglicher Einzelfallentscheidungen, häufig in Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse, die Anordnung besonderer Sicherungsmaßnahmen sowie die Genehmigung vollzuglicher Planungen und deren Fortschreibung sind wesentlicher Bestandteil der Aufgaben der Vollzugsleitung. Im Einzelnen sind das unter anderem: Bearbeiten von Beschwerden, Dienstaufsichtsbeschwerden betreffend den Vollzugsbereich , Ausüben der Disziplinarbefugnis gegenüber Gefangenen im Zuständigkeitsbereich, Entscheidung über Erstgewährung von Vollzugslockerungen; Mitwirkung bei der Entscheidung bei bestehender Verpflichtung zur Vorlage bei der Aufsichtsbehörde, Entscheidung über die Freigabe von Überbrückungsgeld, Drucksache 21/11708 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Entscheidung über Einweisung von Gefangenen in den offenen Vollzug, Mitwirkung bei der Entscheidung bei bestehender Verpflichtung zur Vorlage bei der Aufsichtsbehörde , Anordnung und vorläufige Anordnung von besonderen Sicherungsmaßnahmen sowie Befugnis zur Anordnung der körperlichen Durchsuchung mit Entkleidung. Vollzugsabteilungsleitungen nehmen in der Regel keine hoheitlichen Aufgaben im Rahmen der staatlichen Eingriffsverwaltung wahr. Im Rahmen der Teilnahme am Inspektionsdienst (nur in der Untersuchungshaftanstalt Hamburg) werden auch Tarifbeschäftigten in der Funktion einer Vollzugsabteilungsleitung ausnahmsweise Befugnisse gemäß der §§ 104 Absatz 3 HmbStVollzG, 100 Absatz 3 HmbJStVollzG und 90 Absatz 3 HmbUVollzG übertragen. Die Vollzugsabteilungsleitung (BesGr. A 11 beziehungsweise EG 11 TV-L) untersteht direkt einer Vollzugsleitung. Sie ist für die vollzugliche Gestaltung, die Steuerung der Verwaltungsabläufe ihrer jeweiligen Vollzugsabteilung und die fachbezogene Personalführung der dort eingesetzten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zuständig. Die Vollzugsabteilungsleitung betreut im Wesentlichen die in ihrem Bereich untergebrachten Gefangenen und Verwahrten unter Berücksichtigung ihrer jeweiligen persönlichen Problematik (wie zum Beispiel Suchtproblematik und vielfältige psychische und Verhaltensauffälligkeiten) und der durch den Vollzugsbereich vorgegebenen Rahmenbedingungen sowie nach der Maßgabe der für die jeweiligen Vollzugsformen geltenden Gesetze und Verwaltungsvorschriften). Im Bereich der Untersuchungshaft kommen zusätzlich die Durchführung und Überwachung der richterlichen Anordnungen zur Ausgestaltung der Untersuchungshaft nach Maßgabe der Strafprozessordnung (StPO) wie Trennungsgebote und Unterbringung hinzu. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wurden seit dem Jahr 2000 Dienstposten der Vollzugsleitungen in Hamburger Justizvollzugsanstalten mit Beliehenen beziehungsweise Tarifbeschäftigten besetzt? Falls ja: a. in welchen Zeiträumen in jeweils welchen JVA? b. Aus welchen Gründen wurde dies nicht weiter fortgeführt? Eine Auswertungsmöglichkeit mittels elektronischer Informationssysteme wie PAISY und SP-Expert besteht nicht. Zur Beantwortung der Frage müssten bezüglich der Ausschreibungen seit dem Jahr 2000 daher alle archivierten Akten mit den Ausschreibungsvorgängen des gesamten Geschäftsbereichs der zuständigen Behörde händisch ausgewertet werden. Das ist aufgrund der Vielzahl der Vorgänge in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Seit 2006 erfolgt eine elektronische Archivierung der Ausschreibungen für den Bereich des Justizvollzuges. Eine Auswertung dieser Vorgänge ergibt, dass seit August 2006 kein Dienstposten einer Vollzugsleitung im Rahmen einer Ausschreibung mit einer beziehungsweise einem Tarifbeschäftigten besetzt wurde. Lediglich in zwei Fällen wurden in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Hahnöfersand Tarifbeschäftigten außerhalb von Ausschreibungsverfahren zusätzlich zu der jeweiligen Aufgabe die Befugnisse gemäß § 104 Absatz 3 des Hamburgischen Strafvollzugsgesetzes (HmbStVollzG), § 100 Absatz des Hamburgischen Jugendstrafvollzugsgesetzes (HmbJStVollzG) und § 90 Absatz 3 des Hamburgischen Untersuchungshaftvollzugsgesetzes (HmbUVollzG), also Vollzugsleitungskompetenzen, übertragen. In einem Fall ist der Beginn nicht ermittelbar. Beendet war die Übertragung mit dem Eintritt des Bediensteten in den Ruhestand zum 31. Oktober 2013. Im anderen Fall sind die Befugnisse seit dem 31. Mai 2010 übertragen. Es handelt sich um zwei Ausnahmefälle , in denen die übertragenen Vollzugsleitungskompetenzen der jeweiligen Aufgabe nicht das Gepräge gaben beziehungsweise geben. c. Aus welchem Grund richtet sich die Ausschreibung unter der Stellennummer 153032 ausschließlich an Beamte? Siehe Vorbemerkung. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/11708 3 2. Inwiefern dürfen Vollzugsabteilungsleitungen, soweit sie Tarifbeschäftigte sind, auch Sicherungsmaßnahmen anordnen? Besondere Sicherungsmaßnahmen können durch Vollzugsabteilungsleitungen sowie jeden anderen Bediensteten beziehungsweise jede andere Bedienstete gemäß § 75 Absatz 1 HmbStVollzG bei Gefahr im Verzug vorläufig angeordnet werden. 3. Aus welchem Grund können Dienstposten der Vollzugsabteilungsleitung mit Tarifbeschäftigten besetzt werden, der Dienstposten der Vollzugsleitung hingegen nach der aktuellen Ausschreibung nicht? 4. Wie beurteilen die zuständigen Behörden den Umstand, dass sich die Ausschreibung ausschließlich an Beamte richtet, im Hinblick auf eine gleiche Chancengewährung für Beamte und Tarifbeschäftigte? Siehe Vorbemerkung. 5. Inwiefern und wann wurden der Personalrat und die Gleichstellungsbeauftragten an der Ausschreibung beteiligt? Welche Stellungnahmen wurden gegebenenfalls abgegeben? Der Ausschreibungsentwurf wurde der Gleichstellungsbeauftragten am 20. November 2017 und dem zuständigen Personalrat für den Justizvollzug am 21. November 2017 zur Stellungnahme vorgelegt. Jeweils am selben Tag wurde mitgeteilt, dass keine Einwände erhoben werden.