BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/11726 21. Wahlperiode 30.01.18 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Alexander Wolf (AfD) vom 22.01.18 und Antwort des Senats Betr.: Fortbildung zum Thema „Rechtsextremismus und Familie“ Zahlreiche Mitarbeiter der Behörde für Schule und Berufsbildung erhielten in den vergangenen Wochen eine Einladung von der bundesweiten „Fachstelle Rechtsextremismus und Familie“ zu einer Zusatzqualifizierung unter dem Titel „Rechtsextremismus und Familie. Beratung von Angehörigen rechtsextremer Jugendlicher und zum Umgang mit rechtsextremen Familien und ihren Kindern“.1 Im Einladungstext heißt es unter anderem: „Das Phänomen rechtsextremer Familien ist dagegen ein eher neuer Bereich. Zunehmend häufiger kommt es zu Schwierigkeiten in Kindertagesoder Horteinrichtungen, Schulen oder Sozialen Diensten. Dieses stellt Fachkräfte vor die Frage, wie sie mit den von ihnen betreuten Kindern oder mit ihren Eltern umgehen sollen. Aber auch Angehörige, Geschwister oder Nachbar*innen sind auf der Suche nach einer geeigneten Form des Verhaltens .“ Und weiter: „Die Teilnehmenden lernen auf die steigende Beratungsnachfrage im Themenzusammenhang Rechtsextremismus und Familie bedarfsgerecht zu reagieren und Wege praktikabler Beratungskonzepte zu entwickeln und anzubieten , indem sie: Kompetenzen entwickeln, Problemlagen im Kontext rechtsextremer Ideologie und Subkultur zu erkennen und darauf aufbauend ihr „Handwerkszeug “ der Gesprächsführung und Beratung verfeinern, Informationen über Strukturen und Arbeitsweisen rechter (Jugend-) Organisationen einordnen und bewerten können, sich mit der Funktion von Familien im Zusammenhang mit der Herausbildung rechtsextremer Denk- und Verhaltensweisen auseinandersetzen, sich vertiefend mit dem Zusammenhang von Gender und Rechtsextremismus auseinandersetzen, 1 file:///C:/Users/Asus%20PC/Downloads/Ausschreibung%20Qualifizierung% 20Rechtsextremismus%20und%20Familie%202018%20(1).pdf (abgerufen am: 03.01.2018). Drucksache 21/11726 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Überblick über die rechtlichen Bestimmungen im Zusammenhang von Familie und Rechtsextremismus erhalten, Fundiertes Wissen über den Zusammenhang von medialen Lebenswelten Jugendlicher und rechten Szenen erhalten, arbeitsfeldübergreifend Erfahrungen austauschen und sich für den eigenen Beratungskontext sowie die Entwicklung eines Kooperationsnetzwerkes weiterqualifizieren.“ Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Der Senat misst der Bekämpfung von Rechtsextremismus eine hohe Bedeutung zu. Auf die Definition von Rechtsextremismus als Ideologie der Ungleichwertigkeit und dessen Erscheinungsformen ist der Senat ausführlich in seinem Landesprogramm zur Förderung demokratischer Kultur, Vorbeugung und Bekämpfung von Rechtsextremismus - Hamburg – Stadt mit Courage eingegangen (siehe Drs. 20/9849 und http://www.hamburg.de/contentblob/3866780/79b2accab63680c9daafc2e4d5f17bfe/ data/landesprogramm-gegen-rechtsextremismus-barrierefrei.pdf). Die Fachstelle Rechtsextremismus und Familie, angesiedelt in Bremen, wird durch das Bundesprogramm „Demokratie Leben!“ gefördert. Die Fachstelle bietet unter anderem Beratung von Angehörigen sowie Aus- und Fortbildung für Lehrkräfte, Sozialarbeiter , Jugendbetreuer et cetera an, die entsprechende Weiterbildung oder Qualifizierung benötigen. In ihrer Präsentation unter https://rechtsextremismus-undfamilie .de/fachstelle-1.html thematisiert die Fachstelle unterschiedliche Bezugsgruppen , darunter „rechte Szene“, „rechtsextreme“ beziehungsweise „rechtspopulistische“ Akteure. Im Übrigen liegen der für Bildung zuständigen Behörde keine Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung vor. Die genannte Einladung ist ein Angebot eines externen freien Trägers, der über diverse Fachverteiler versandt wurde. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Kann die BSB eine „steigende Beratungsnachfrage im Themenzusammenhang Rechtsextremismus und Familie“, wie es im Einladungstext behauptet wird, für den Bereich der Hamburger Schulen feststellen? Bitte die Anzahl der Beratungsnachfragen für die Jahre 2013, 2014, 2015, 2016 und 2017 aufschlüsseln. Siehe Vorbemerkung. Weitere Erkenntnisse liegen den zuständigen Behörden nicht vor. 2. Wie genau äußert sich denn das „Phänomen rechtsextremer Familien“ an Hamburger Schulen? Bitte anhand von drei unterschiedlichen Fällen aus dem vergangenen Schuljahr (2016/2017) umfassend erläutern. Der für Bildung zuständigen Behörde liegen hierzu keine Erkenntnisse vor, siehe Vorbemerkung . Aus datenschutzrechtlichen und beratungskonzeptionellen Gründen können keine umfassenden Erläuterungen zu den Fällen gemacht werden, die durch die Beratungsstellen freier Träger bearbeitet werden. 3. Anhand welcher Merkmale stuft die BSB oder stufen einzelne Mitarbeiter der BSB eine Familie als „rechtsextrem“ ein? Bitte die Merkmale umfassend erläutern. Siehe Vorbemerkung. Im Kontext der Sicherheitsbehörden sind nach dem bundeseinheitlichen Definitionssystem politisch motivierte Kriminalität (PMK) Straftaten beziehungsweise Tatverdächtige als „rechtsextrem“ einzuordnen, wenn nicht nur in Würdigung der Umstände der Tat und/oder der Einstellung des Täters Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie nach verständiger Betrachtung (zum Beispiel nach Art der Themenfelder) einer „rechten“ Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/11726 3 Orientierung zuzurechnen sind, sondern die Tat auch die Außerkraftsetzung oder Abschaffung eines Elementes der freiheitlichen demokratischen Grundordnung (Extremismus ) zum Ziel hatte. Der wesentliche Kerngedanke einer „rechten“ Ideologie ist die Annahme einer Ungleichheit/Ungleichwertigkeit der Menschen. Insbesondere sind Taten dazuzurechnen, wenn Bezüge zu völkischem Nationalismus, Rassismus, Sozialdarwinismus oder Nationalsozialismus ganz oder teilweise ursächlich für die Tatbegehung waren. Diese politisch motivierten Straftaten sind in der Regel als rechtsextremistisch zu qualifizieren. 4. Welche Beobachtungen hat die BSB im Zusammenhang mit „Gender und Rechtsextremismus“, wie es in der Einladung problematisiert wird, an den Hamburger Schulen gemacht? Bitte anhand von drei unterschiedlichen Fällen aus dem vergangenen Schuljahr (2016/2017) umfassend erläutern. Siehe Vorbemerkung. Zum erfragten Sachverhalt siehe zum Beispiel Informationen der Bundeszentrale für politische Bildung unter http://www.bpb.de/politik/extremismus/rechtsextremismus/ 41496/frauen. 5. Wurden an die Mitarbeiter der BSB im Jahr 2017 auch Fortbildungsangebote versandt, die bereits im Titel den Schwerpunkt „Linksextremismus “ und/oder speziell den Zusammenhang „Linksextremismus und Familie“ benennen? Wenn nein, warum nicht? Siehe Vorbemerkung. 6. Sieht die BSB Ursachen in der Zunahme linksextremistischer Gewalttaten in Hamburg in der (familiären) Sozialisation solcher Gewalttäter, beispielsweise in stark links geprägten berufsbildenden sozialen Umfeldern, wie zum Beispiel in den Fachbereichen Soziologie oder Philosophie der Hamburger Universität oder im Wohnungsumfeld der Roten Flora? Wenn nein, warum nicht und welche Ursachen kommen für die BSB in Betracht? Der für Bildung zuständigen Behörde liegen zu den in der Fragestellung unterstellten Zusammenhängen keine Erkenntnisse vor. 7. Wie möchte die BSB verhindern, dass aufgrund solcher Fortbildungsangebote die Hamburger Lehrer im Schulalltag womöglich viel sensibler auf (vielleicht auch nur sogenannte) rechtsextreme Schülerpositionen oder -ausrichtungen reagieren als auf linksextremistische oder islamistische Ausrichtungen? Prävention jeder Form von Radikalisierung ist allgemeine Aufgabe der Schule und des gesamten pädagogischen Personals, siehe § 2 Hamburgisches Schulgesetz (HmbSG). Insofern ist es Aufgabe aller pädagogischen Fachkräfte, extremistischen Schüleräußerungen jedweder Art pädagogisch verantwortet zu begegnen. 8. Welche Fortbildungsangebote plant das LI zukünftig, die sich schwerpunktmäßig und auch durch den Titel erkennbar mit der problematischen Entwicklung des „Linksextremismus“ auseinandersetzen? Das LI plant, im Herbst 2018 eine Fortbildungsveranstaltung für Lehrkräfte anzubieten , die sich explizit mit dem Linksextremismus auseinandersetzt und entsprechende Expertise einbindet. Die Planungen hierzu sind noch nicht abgeschlossen. Je nach Nachfrage zu dieser Veranstaltung und den Rückmeldungen der Teilnehmenden könnten dann Fortsetzungsveranstaltungen geplant werden. 9. Welche Mitarbeiter hat die BSB überhaupt, die eine vertiefte wissenschaftliche Fachexpertise auf dem Gebiet des Linksextremismus vorweisen können und die auch weltanschaulich durch eigene politische Präferenzen , bisherige Seminarschwerpunkte und Veröffentlichungen als Drucksache 21/11726 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 nicht befangen gelten? Bitte die Namen potenzieller Mitarbeiter benennen . Siehe Vorbemerkung, darüber hinaus wird die vertiefte wissenschaftliche Fachexpertise von der Bundeszentrale sowie der Landeszentrale für politische Bildung als auch den Sicherheitsbehörden heranzogen.