BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/11803 21. Wahlperiode 06.02.18 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Karl-Heinz Warnholz (CDU) vom 29.01.18 und Antwort des Senats Betr.: Strukturelle Probleme bei der Hamburger Feuerwehr zur rechtzeitigen Brandbekämpfung insbesondere in den äußeren Stadtteilen (II) Bereits 2016 habe ich mit der Schriftlichen Kleinen Anfrage vom 7. März 2016 (Drs. 21/3565) auf Probleme bei der rechtzeitigen Brandbekämpfung in den äußeren Stadtteilen hingewiesen. Aus diesem Grund ist fraglich, wie sich diese Problematik entwickelt hat. Ist es weiterhin Glückssache, wo man in Hamburg wohnt, wenn es brennt? Die Arbeitsgemeinschaft der Leiter der Berufsfeuerwehren (AGBF) zur Brandbekämpfung fordert unter anderem die Ankunft von zehn Einsatzkräften nach spätestens acht Minuten, was in den Stadtteilen am Stadtrand kritisch ist. Jüngste Presseberichte in der „Bild“-Zeitung und im „FOCUS“ vom 24. Januar 2018 weisen in diesem Zusammenhang zusätzlich darauf hin, dass die Hamburger Feuerwehr immer stärker durch Falschparker beim Erreichen des Brandherdes behindert wird. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Welche Werte erreichten die Hamburger Berufsfeuerwehr und freiwilligen Feuerwehren hinsichtlich der Zielvorgaben/Empfehlungen der AGBF zur Dauer der Erreichung des Brandortes und Personalstärke in den Jahren 2016 bis 2017 jährlich im Durchschnitt? Bitte nach Bezirken, Stadtteilen und Feuerwachen aufschlüsseln. Die Zielvorgaben der Arbeitsgemeinschaft der Leiter der Berufsfeuerwehren (AGBF) wurden im Jahr 2016 in 69,6 Prozent der Fälle und im Jahr 2017 in 69,4 Prozent der Fälle durch die Feuerwehr (Berufs- und Freiwillige Feuerwehr) erreicht. Im Übrigen siehe Drs. 21/3565. Aufschlüsselung nach Bezirk, Stadtteilen und Wachrevieren: Schutzzielerreichungsgrade nach Bezirken Bezirk 2016 2017 Altona 61,1 % 58,9 % Bergedorf 76,3 % 65,9 % Eimsbüttel 67,3 % 68,1 % Harburg 42,0 % 46,7 % Mitte 92,8 % 79,5 % Nord 70,0 % 71,2 % Wandsbek 66,0 % 68,3 % Drucksache 21/11803 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Schutzzielerreichungsgrade nach Stadtteilen Stadtteil 2016 2017 Allermöhe 66,7% 38,9% Alsterdorf 70,3% 76,1% Altengamme * * Altenwerder * * Altona-Altstadt 86,2% 73,7% Altona-Nord 84,8% 82,9% Altstadt 89,2% 97,3% Bahrenfeld 52,2% 60,0% Barmbek-Nord 82,5% 83,3% Barmbek-Süd 84,8% 84,2% Bergedorf 86,0% 87,9% Bergstedt 75,0% 40,0% Billbrook 73,7% 71,4% Billstedt 62,5% 67,3% Billwerder * * Blankenese 50,0% 33,3% Borgfelde 90,0% 100,0% Bramfeld 71,1% 61,9% Cranz * * Curslack 100,0% 100,0% Dulsberg 91,3% 81,5% Duvenstedt * * Eidelstedt 73,1% 78,8% Eilbek 77,8% 93,8% Eimsbüttel 86,5% 76,8% Eißendorf 6,3% 15,4% Eppendorf 80,6% 77,7% Farmsen-Berne 68,4% 71,7% Finkenwerder 60,0% 25,0% Francop * * Fuhlsbüttel 50,0% 83,3% Groß Borstel 83,3% 80,0% Groß-Flottbek 83,3% 80,0% Gut Moor * * Hafencity 90,0% 85,0% Hammerbrook 87,2% 88,0% Hamm-Mitte 90,0% 80,0% Hamm-Nord 61,5% 70,0% Hamm-Süd 100,0% 83,3% Harburg 45,0% 44,4% Harvestehude 46,2% 57,1% Hausbruch 61,9% 60,0% Heimfeld 26,9% 63,6% Hoheluft-Ost 72,7% 83,3% Hoheluft-West 76,9% 100,0% Hohenfelde 93,9% 86,4% Horn 89,1% 76,0% Hummelsbüttel 16,7% 22,2% Iserbrook 100,0% 100,0% Jenfeld 79,4% 87,9% Kirchwerder * * Kleiner Grasbrook 36,4% * Klostertor 75,0% 66,7% Langenbek 100,0% * Langenhorn 18,2% 18,5% Lehmsal-Mellingstedt 75,0% * Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/11803 3 Schutzzielerreichungsgrade nach Stadtteilen Stadtteil 2016 2017 Lohbrügge 86,2% 83,3% Lokstedt 94,4% 97,1% Lurup 59,3% 50,0% Marienthal 80,0% 72,0% Marmstorf 33,3% 66,7% Moorburg 40,0% * Moorfleet * 33,3% Neuenfelde * * Neuengamme * * Neugraben-Fischbek 47,4% 60,0% Neuland 66,7% 50,0% Neustadt 95,7% 94,9% Niendorf 18,2% 19,4% Nienstedten 66,7% 100,0% Ochsenwerder * * Ohlsdorf 60,0% 50,0% Osdorf 77,3% 50,0% Othmarschen 23,1% 28,6% Ottensen 45,5% 53,3% Poppenbüttel 47,4% 72,2% Rahlstedt 56,4% 67,1% Reitbrook * * Rissen 6,7% * Rönneburg * * Rothenburgsort 69,2% 82,9% Rotherbaum 65,2% 80,0% Sasel 83,3% 50,0% Schnelsen 11,1% * Sinstorf * * St. Georg 96,2% 87,2% St. Pauli 87,3% 84,9% Steilshoop 50,0% 47,8% Steinwerder * * Stellingen 87,9% 92,9% Sternschanze 80,0% 60,0% Sülldorf 100,0% * Tatenberg * * Tonndorf 72,2% 100,0% Uhlenhorst 76,7% 100,0% Veddel 62,5% 66,7% Volksdorf 9,1% 27,3% Waltershof * * Wandsbek 87,2% 85,7% Wellingsbüttel * 50,0% Wilhelmsburg 78,6% 69,9% Wilstorf 61,1% 48,0% Winterhude 76,6% 66,1% Wohldorf-Ohlstedt * * * keine auswertbaren schutzzielrelevanten Einsätzen Schutzzielerreichungsgrade der Feuer- und Rettungswachen (FuRW) FuRW 2016 2017 FuRW Innenstadt 90,0 % 90,6 % FuRW Altona 57,5 % 58,0 % FuRW Rotherbaum 78,0 % 76,7 % FuRW Osdorf 59,1 % 50,0 % Drucksache 21/11803 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Schutzzielerreichungsgrade der Feuer- und Rettungswachen (FuRW) FuRW 2016 2017 FuRW Stellingen 65,9 % 67,8 % FuRW Alsterdorf 45,1 % 51,4 % FuRW Wandsbek 70,7 % 79,0 % FuRW Berliner Tor 86,4 % 85,8 % FuRW Barmbek 79,4 % 74,8 % FuRW Sasel 46,6 % 45,8 % FuRW Billstedt 77,8 % 68,1 % FuRW Bergedorf 74,1 % 74,7 % FuRW Harburg 40,0 % 44,8 % FuRW Veddel 50,0 % 63,9 % FuRW Wilhelmsburg 77,9 % 69,4 % FuRW Finkenwerder 40,0 % 13,3 % FuRW Süderelbe 46,7 % 55,8 % 2. Wie viele Brandtote und -verletzte gab es in den Jahren 2016 und 2017 in Hamburg jährlich? Bitte nach Bezirken und Stadtteilen aufschlüsseln. Anzahl der Brandtoten: 2016 Bezirk Stadtteil Anzahl Altona Bahrenfeld 2 Altona Lurup 1 Hamburg-Mitte Billstedt 1 Hamburg-Mitte Finkenwerder 1 Hamburg-Mitte St. Georg 1 Hamburg-Mitte Wilhelmsburg 1 Hamburg-Nord Ohlsdorf 1 Hamburg-Nord Winterhude 1 Wandsbek Wellingsbüttel 1 Hamburg gesamt 10 Anzahl der Brandverletzten: 2016 Brandverletzte 345 Für die Brandverletzten kann lediglich nur die Gesamtzahl ausgewertet werden. Für eine weitergehende Aufschlüsselung wäre die händische Auswertung von jährlich mehr als Zehntausend Brandeinsätzen erforderlich. Dies ist im Rahmen der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Für das Jahr 2017 sind die Auswertungen der Feuerwehr noch nicht abgeschlossen, valide Daten liegen daher noch nicht vor. 3. Wie ist die Entwicklung der Werte der Antworten zu den Fragen 1. bis 3. gegenüber den Werten von 2014 und 2015 (Drs. 21/3565) zu erklären? Die Schwankungsbreite im Schutzziel-Erreichungsgrad beträgt für die Jahre 2014 bis 2017 5,3 Prozent. Diese geringe Schwankungsbreite lässt keinen Schluss auf einen Entwicklungstrend zu. Ein Entwicklungstrend für die Anzahl Brandtoter in den Jahren 2014 bis 2017 ist nicht zu erkennen. 4. Wie hat sich die Situation der rechtzeitigen Ankunft von Einsatzkräften an Brandherden insbesondere in den äußeren Stadtteilen seit der Berichterstattung im März 2016 im NDR zu strukturellen Problemen bei der Hamburger Feuerwehr entwickelt? Die Feuerwehr erreicht nach wie vor in rund 70 Prozent der Fälle den Einsatzort eines Brandereignisses gemäß AGBF-Schutzziel. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/11803 5 5. Welche Maßnahmen hat die zuständige Behörde seit der vorgenannten Berichterstattung im März 2016 eingeleitet, um die Situation insbesondere in den äußeren Stadtteilen zu verbessern? Im Zuge der „Überdeckelung BAB A 7“ soll die Situation im nördlichen Randbereich des Stadtgebietes mit einem geplanten Neubau einer Feuer- und Rettungswache sowohl für den Bereich der Tunnelstrecke wie auch für die Abdeckung des Bereichs Schnelsen verbessert werden. Weiterhin ist es beabsichtigt, die Feuer- und Rettungswache Finkenwerder an einem anderen Standort zu erneuern. Für den Bereich Allermöhe wurde zusammen mit dem zuständigen Bezirksamt für eine zukünftige Standortentwicklung eine Grundstückssicherung betrieben. 6. Welche Ergebnisse hat der in der Antwort zur Schriftlichen Kleinen Anfrage vom 7. März 2016, Drs. 21/3565, Frage Nummer 6., geplante Evaluationsbericht zu Tage gebracht und welche Folgen und Entscheidungen sind hieraus abgeleitet worden? Der Erreichungsgrad für das Jahr 2015 gemäß dem AGBF-Schutzziel (Hilfsfrist 1 und 2) betrug 73,3 Prozent. Bei der Hilfsfrist -2- (16 Funktionen nach 13 Minuten nach Alarmierung) lag der Erreichungsgrad bei 92,9 Prozent. Das Ziel von 85 Prozent Erreichungsgrad wird weiterhin angestrebt. Die Erreichung des Schutzzieles wird durch verschiedenste Parameter beeinflusst. Dazu zählen zum Beispiel Ausrückzeiten , die Duplizität von Einsätzen und verlängerte Fahrzeiten durch außergewöhnliche Verkehrs- und Wetterlagen. Zur Optimierung der Ausrückzeiten wurden die baulichen Gegebenheiten der Feuer- und Rettungswachen analysiert und organisatorische Maßnahmen umgesetzt. Die Anzahl der SOLL-Funktionen im Einsatzdienst wurde in 2015 von 360,4 auf 368,4 Funktionen erhöht. Durch die Inbetriebnahme der geplanten Wache Schnelsen ist eine Erhöhung des Zielerreichungsgrades für diesen Stadtteil zu erwarten. Darüber hinaus wird ein Konzept für eine Bereitschaftsfeuerwehr entwickelt, um kurzfristige Funktionsunterbesetzung zu reduzieren. Gegenüber 2016 sollen durch eine Erhöhung der Einstellungszahlen bis 2021 228 Feuerwehrbeamte mehr eingesetzt werden können. Die personellen Aufstockungen sollen zu weiteren positiven Effekten bei den Zielerreichungsgraden führen. Die Freiwilligen Feuerwehren stehen regelmäßig unter Berücksichtigung der tageszeitlichen und räumlichen Verfügbarkeit zur Erreichung des Schutzzieles zur Verfügung . Unter Beteiligung der Freiwilligen Feuerwehren wurden 67,1 Prozent der löschzugrelevanten Einsätze abgewickelt, in den Außenbezirken teilweise über 90 Prozent. Die Freiwillige Feuerwehr ist und bleibt ein verlässlicher und wichtiger Bestandteil der Feuerwehr Hamburg und trägt maßgeblich zur Schutzzielerreichung bei. 7. In wie vielen Fällen wurde die Hamburger Feuerwehr seit 2010 jährlich durch falschparkende Fahrzeuge bei Einsatzfahrten behindert? Die erfragten Daten können erst ab dem Jahr 2012 dargestellt werden. Grund hierfür ist die im Mai 2011 vollzogene Umstellung des in der Bußgeldstelle genutzten Datenverarbeitungssystems auf das Verfahren owi21, in das nicht alle Daten des Jahres 2011 migriert wurden. In der nachfolgenden Tabelle sind die Fallzahlen der Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr dargestellt, einschließlich der Benennung der Rechtsgrundlagen, die die Behinderung von Rettungsfahrzeugen im Einsatz sanktionieren. Bei den ersten beiden Tatbestandsnummern wird nicht zwischen Feuerwehrfahrzeugen und allgemeinen Rettungsfahrzeugen unterschieden. Der jeweilige Tatbestand gilt auch als verwirklicht, wenn eine tatsächliche Behinderung eines Rettungsfahrzeugs nicht vorliegt. Inwieweit es zu einer tatsächlichen Behinderung kam, ist daher nicht auswertbar. TBNR* Tatbestand Regelbuße 2012 2013 2014 2015 2016 2017 112600 Sie parkten an einer engen / unübersichtlichen Straßenstelle. Bei der vorhandenen 60,- € 390 393 262 241 347 328 Drucksache 21/11803 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 6 TBNR* Tatbestand Regelbuße 2012 2013 2014 2015 2016 2017 Restfahrbreite war eine Durchfahrt für Rettungsfahrzeuge im Einsatz nicht mehr gewährleistet , § 12 Abs. 1 StVO; 51b.3 BKat 112606 Sie parkten im Bereich einer scharfen Kurve. Die Verkehrsfläche im Kurvenbereich war dadurch so stark eingeengt, dass eine Durchfahrt für Rettungsfahrzeuge im Einsatz nicht mehr gewährleistet war, § 12 Abs. 1 StVO; 51b.3 BKat 60,- € 39 31 20 16 13 4 112612 Sie parkten vor oder in einer amtlich gekennzeichneten Feuerwehrzufahrt und behinderten dadurch ein Rettungsfahrzeug im Einsatz, § 12 Abs. 1 StVO; 53.1 BKat 65,- € 30 23 25 29 22 24 * TBNR = Tatbestandsnummer Bundeseinheitlicher Tatbestandskatalog In Zusammenhang mit der Beantwortung dieser Frage wurde festgestellt, dass in Drs. 21/4654 zu 3. lediglich die Daten für einen Monat statt für ein Jahr ausgewertet wurden . Die Angaben zu dieser Frage sind daher nicht mit den Daten aus Drs. 21/4654 vergleichbar . 8. Wie viele Bußgelder in welcher Höhe wurden seit 2010 jährlich wegen derartiger Verstöße verhängt? In der nachfolgenden Tabelle ist die Höhe der jeweils verhängten Bußgelder in Euro dargestellt. TBNR* 2012 2013 2014 2015 2016 2017 112600 23.400 23.580 15.720 14.460 20.820 19.680 112606 2.340 1.860 1.200 960 780 240 112612 1.950 1.495 1.625 1.885 1.430 1.560 * TBNR = Tatbestandsnummer Bundeseinheitlicher Tatbestandskatalog 9. Inwieweit kann die zuständige Behörde bei der Verfolgung derartiger Ordnungswidrigkeiten und Straftaten ein erhöhtes Bußgeld gegenüber gewöhnlichen Parkverstößen verhängen? Bitte auch Rechtsgrundlagen hierzu erläutern. Einfache Parkverstöße werden nach Maßgabe der Bußgeldkatalog-Verordnung (BKatV) durch ein Verwarngeld in Höhe von 10 Euro bis 35 Euro geahndet. Kommt es durch einen Parkverstoß erschwerend zu einer Behinderung eines Rettungsfahrzeugs im Einsatz, wird der Verstoß mit einem Bußgeld in Höhe von 60 Euro geahndet. Als Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/11803 7 Nebenfolge wird ein Punkt zum Fahreignungsregister (FAER) gemeldet. Wurde der Parkverstoß vor oder in amtlich gekennzeichneten Feuerwehrzufahrten begangen und dadurch erschwerend ein Rettungsfahrzeug im Einsatz behindert, wird der Verstoß mit einem Bußgeld in Höhe von 65 Euro geahndet. Als Nebenfolge wird ein Punkt zum Fahreignungsregister (FAER) gemeldet.