BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/11817 21. Wahlperiode 06.02.18 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Alexander Wolf (AfD) vom 29.01.18 und Antwort des Senats Betr.: Umbenennung des Museums für Völkerkunde Nach einem Bericht des „Hamburger Abendblattes“ vom 18.12.2017 soll das Völkerkundemuseum umbenannt werden. Mithilfe eines neuen Namens, so die neue Direktorin Barbara Plankensteiner, solle das Museum neu in der öffentlichen Wahrnehmung platziert werden. Dazu erklärt die Pressestelle des Museums: „Der Name „Museum für Völkerkunde“ ist für viele junge Personengruppen, Kunstinteressierte und Diaspora-Gemeinschaften, kritische Intellektuelle und Künstler/-innen aus Herkunftsgesellschaften oder lokalen Diaspora-Communitys eine Barriere, da er negative Assoziationen und Emotionen hervorruft . Gerade diese Interessensgruppen wollen wir stärker einbeziehen. Mit dem neuen Namen können wir neue Besucherschichten erschließen und bislang dem Museum ferngebliebene Interessensgruppen gewinnen und zur Zusammenarbeit einladen.“1 Und weiter heißt es zu den Gründen für eine Umbenennung: „Die meisten Museen in Europa und auch die Deutsche Gesellschaft für Völkerkunde haben sich in den letzten zwei Jahrzehnten umbenannt. Völkerkunde wird mit einer kolonialen Haltung assoziiert, und wie die Deutsche Gesellschaft für Kultur- und Sozialanthropologie im Kontext ihrer Umbenennung darauf hingewiesen hat, auch mit völkisch-nationalem Gedankengut.“2 Für die Umbenennung und ein neues Logo werden nach einer Schätzung der Fachzeitschrift „Museum aktuell“ 200.000 Euro angesetzt. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Das Museum für Völkerkunde befindet sich in einem Prozess der Neuausrichtung, der alle Bereiche des Sammelns, des Bewahrens, des Erforschens und des Vermittelns erfassen wird. So soll neben der Neukonzeption der Ausstellungen, der Gebäudesanierung , der Bestandspflege und der Digitalisierung der Sammlungsbestände auch eine neue Corporate Identity dazu beitragen, die Kulturen der Welt historisch und in ihren Verbindungen zur Gegenwart zeitgemäß zu präsentieren. In diesem Zusammenhang wird auch eine Umbenennung weiter diskutiert. 1 https://www.abendblatt.de/kultur-live/article212884015/Warum-das-Voelkerkundemuseumeinen -neuen-Namen-bekommt.html (abgerufen am 27.01.2018). 2 Ebenda. Drucksache 21/11817 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen teilweise auf der Grundlage von Auskünften der Stiftung Völkerkundemuseum wie folgt: 1. In welcher Höhe erhält das Völkerkundemuseum Hamburg jährlich Zuwendungen von der Freien und Hansestadt Hamburg? Bitte aufschlüsseln für die Jahre 2013 – 2017. Zur Höhe der Zuwendungen in den Jahren 2013 bis 2016 siehe Drs. 21/2619 und 21/11231. Für 2017 liegt der Jahresabschluss noch nicht vor. Der aktuelle Stand der Zuwendungshöhe für 2017 beträgt vorbehaltlich des noch zu prüfenden Jahresabschlusses rund 5.147.000 Euro. Zu den Details der Förderungen siehe http://suche.transparenz.hamburg.de/dataset/zuwendungsvorgaenge-2017-quartal-4. 2. Welches Budget wird für die Umbenennung des Museums veranschlagt beziehungsweise wurde bereits freigegeben? Wenn noch kein Budget festgelegt wurde: Sind die Schätzungen von 200.000 Euro für die Umbenennung und ein neues Logo realistisch? 3. Werden die Kosten für die Umbenennung aus den jährlichen Zuwendungen der Freien und Hansestadt Hamburg geschöpft oder werden dafür Sonderzuschüsse gewährt beziehungsweise beantragt? 4. Wer gibt die Zuwendungen, die für Umbenennungsmaßnahmen verwendet werden, frei? Bitte die zuständige Behörde, die Stelle, die Mitarbeiter und deren Funktion(en) benennen. 5. Wann soll mit den Maßnahmen zur Umbenennung des Museums in welcher Form begonnen werden? 6. Welche Maßnahmen werden das (geschätzte) Budget (200.000 Euro) wie hoch belasten? Bitte ausführlich erläutern. Bereits seit 2014 finden Überlegungen zu einer möglichen Umbenennung des Hauses statt, die noch nicht abgeschlossen sind. Zusätzliche Kosten würden allein durch eine Umbenennung nicht entstehen, da diese in Zusammenhang mit dem ohnehin geplanten neuen Corporate Design und einer neuen Website realisiert werden würde. Ein Sonderzuschuss ist daher nicht geplant. Über die Verwendung der Mittel aus der institutionellen Förderung entscheiden die Geschäftsführung und der Stiftungsrat der jeweiligen Museumsstiftung selbständig. 7. Worauf stützt sich die Erkenntnis, dass der Name „Museum für Völkerkunde “ für „viele junge Personengruppen, Kunstinteressierte und Diaspora-Gemeinschaften, kritische Intellektuelle und Künstler/-innen aus Herkunftsgesellschaften oder lokalen Diaspora-Communitys“ eine „Barriere“ darstelle? Bitte die für diese Aussage zugrunde liegenden wissenschaftlichen Quellen, Studien, Evaluationen oder sonstigen Umfragen angeben. Der Begriff „Völkerkunde“ ist eine veraltete Bezeichnung des wissenschaftlichen Faches, das sich in den letzten Jahrzehnten in seiner inhaltlichen Ausrichtung grundlegend verändert hat: Während die Aufmerksamkeit früher vor allem den Gesellschaften außerhalb der industrialisierten Welt galt, stehen heute die mit Kolonialismus, Globalisierung und den weltweiten Migrationsströmen der Gegenwart verbundenen Prozesse , wie etwa die Re-Definition von Identitäten und kulturellen Abgrenzungen, im Mittelpunkt der Forschung. Dies trifft auch für die Museumsarbeit zu. Bei der letzten Mitgliederversammlung im Oktober 2017 in Berlin wurde die Umbenennung des Ethnologischen Fachverbandes in Deutsche Gesellschaft für Sozial- und Kulturanthropologie e.V. beschlossen, die Argumente finden sich unter http://www.fu-berlin.de/presse/informationen/fup/2017/fup_17_263-umbenennungethnologischer -fachverband-deutsche-gesellschaft-fuer-sozial-undkulturanthropologie /index.html und https://www.dgv-net.de/wp-content/uploads/2017/ 09/Auszug_Mitteilungen_49_Namens%C3%A4nderung.pdf. Das Museum für Völkerkunde folgt dieser Argumentation. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/11817 3 8. Wie viele Beschwerden hinsichtlich Frage 7. wurden an das Museum für Völkerkunde gerichtet? Bitte für die Jahre 2013 – 2017 aufschlüsseln und die Beschwerdemotive fallbezogen erläutern. 9. Worauf stützt sich die Erkenntnis, dass das Museum für Völkerkunde mit „völkisch-nationalem Gedankengut“ assoziiert werden könnte? Bitte die für diese Aussage zugrunde liegenden wissenschaftlichen Quellen, Evaluationen oder sonstigen Umfragen angeben. 10. Wie viele Beschwerden hinsichtlich Frage 9. wurden an das Museum für Völkerkunde gerichtet? Bitte für die Jahre 2013 – 2017 aufschlüsseln und die Beschwerdemotive fallbezogen erläutern. Schriftliche Beschwerden liegen nicht vor. Mündliche Anmerkungen und Kritik ergeben sich seit vielen Jahren immer wieder in Gesprächen mit Kooperationspartnern aus Kultur, Kunst, Wissenschaft und Wirtschaft. Die Zahl der Anmerkungen wurde nicht statistisch erfasst. Im Übrigen siehe Antwort zu 7.