BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/11859 21. Wahlperiode 06.02.18 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Nebahat Güçlü (fraktionslos) vom 31.01.18 und Antwort des Senats Betr.: Gewaltberatungsstellen für Täter in Hamburg Ende 2016 hat der Verein Männer gegen Männergewalt nach 30-jähriger psychologisch-therapeutischer Beratungsarbeit seine Beratungsstelle für gewalttätige männliche Jugendliche, Männer und Täter/-innen häuslicher Gewalt geschlossen, aufgrund der Neukonzeptionierung der Täterarbeit im Rahmen des Senatskonzepts zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen, Menschenhandel und Gewalt in der Pflege. Unter anderem wirft er dem Senat vor „ab 2017 die Angebotsqualität zu reduzieren, um Kosten zu sparen“. Auf der Webseite des Hamburger Gewaltschutz-Zentrum, auf welches die Informationsseite http://www.hamburg.de/hilfen-fuer-taeter/ verweist , ist seit bald einem Jahr die Nachricht zu lesen: „Unsere Homepage wird überarbeitet“. Es entsteht der Eindruck, als würde der Senat der Täterarbeit keine Bedeutung für den Opferschutz einräumen. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Unter Gewaltberatungsstellen im Kontext dieser Anfrage werden Einrichtungen definiert , die Beratung für gewalttätige Personen anbieten. Dabei handelt es sich entweder um staatliche oder um staatlich geförderte Einrichtungen. Fachlich wird zwischen Gewaltberatungsstelle und Gewaltkonfliktberatungsstelle nicht unterschieden. Eine der zentralen Leitlinien des Hamburger Senatskonzeptes zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen, Menschenhandel und Gewalt in der Pflege (Drs. 20/10994) ist auch die der Täterarbeit, insbesondere im Kontext häuslicher Gewalt. Das Konzept enthält Eckpunkte für eine strategische Neuausrichtung der Täterarbeit. Diese werden im Rahmen der anstehenden öffentlichen Bekanntgabe für eine neue Beratungsstelle für gewalttätige Personen mit dem Schwerpunkt häusliche Gewalt weiter ausdifferenziert. Die Ausschreibung wird voraussichtlich Ende des 1. Quartals 2018 veröffentlicht, die Zuschlagserteilung für einen Träger wird voraussichtlich Ende des 2. Quartals erfolgen. Im Übrigen wurden in 2017 die Mittel für das Hamburger Gewaltschutzzentrum (HGZ) (https://www.hamburgergewaltschutzzentrum.de/) temporär bis zum 31.01.2018 aufgestockt, um eventuelle Mehrbedarfe bei der Beratung von Tätern und Täterinnen von häuslicher Gewalt aufgrund der Betriebseinstellung des Vereins Männer gegen Männergewalt adäquat abzudecken. Eine Verlängerung darüber hinaus ist vergaberechtlich ausgeschlossen. Der Senat hat bereits mehrfach zu seinen Strategien und Ansätzen im Bereich der Gewaltprävention berichtet und Angebote zur Arbeit mit gewalttätigen beziehungsweise gewaltbereiten Personen in Gewalt- beziehungsweise Gefährdungskontexten dargestellt . Siehe insbesondere Drs. 21/8016, 21/8388, 21/6791, 21/6215, 21/8233, 21/7939, 21/9538, 21/5039, 21/10107, 21/11343. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen teilweise auf Grundlage von Angaben der Träger von Gewaltberatungsstellen wie folgt: Drucksache 21/11859 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 1) Wie viele Gewaltberatungsstellen gibt es in Hamburg? 2) Wie viele Gewaltberatungsstellen werden aktuell vom Senat gefördert? 3) Wie hoch ist der Anteil an Gewaltkonfliktberatungsstellen, die auch oder ausschließlich Täterarbeit leisten? Siehe Anlage 1 und Vorbemerkung. 4) Welche Projekte und Maßnahmen im Bereich der Täterarbeit werden aktuell vom Senat gefördert? a) Wie viele der geförderten Projekte sind als Gruppenberatungsangebot konzipiert? b) Wie viele der geförderten Projekte bieten eine psychologischtherapeutische Einzelberatung an? 5) Welche Studien- und Berufsabschlüsse weisen die Mitarbeiter der vom Senat geförderten Projekte im Bereich Täterarbeit auf? Bitte nach Abschluss und Anzahl der Mitarbeiter aufschlüsseln. 6) Wie hat sich die Anzahl der vom Senat geförderten Projekte der Täterarbeit seit 2015 verändert? 7) In welcher Höhe wurden Fördermittel für die Täterarbeit im Haushaltsjahr 2015/2016 bereitgestellt und abgerufen beziehungsweise ausgezahlt? In welcher Höhe wurden Fördermittel für die Täterarbeit in 2017/2018 bereitgestellt? Siehe Drs. 21/8388. Die Präventionsambulanz „Kein Täter werden“ am Universitätskrankenhaus Eppendorf (https://www.kein-taeter-werden.de/hamburg) bietet sowohl Gruppenberatung als auch psychologisch-therapeutische Einzelberatung an. Von den neun Beschäftigten verfügen sieben über einen akademischen Abschluss der Fachrichtung Psychologie, eine Person verfügt über einen medizinischen Berufsabschluss. Seit 2018 finanziert die gesetzliche Krankenversicherung das Projekt und nicht mehr die zuständige Behörde. Im Übrigen siehe Anlage 2. 8) Wie viele Täter haben 2017 Gewaltberatungsstellen aufgesucht? Wenn Zahlen aus dem Vorjahr bekannt sind, bitte ebenfalls angeben. a) Aus eigenem Antrieb b) Aufgrund einer gerichtlichen Auflage oder Bewährungsweisung Siehe Anlage 1 und Vorbemerkung. 9) Welche Evaluationen der Täterarbeit in Hamburg existieren beziehungsweise sind geplant? 10) Welche Erkenntnisse hat der Senat über die Wirksamkeit der Hamburger Täterberatung? Im Rahmen der zuwendungsfinanzierten Angebote findet regelmäßig eine Erfolgskontrolle statt (siehe Drs. 21/11573). Belastbare Daten, ob Personen nach einer Beratung noch immer gewalttätig sind, liegen den zuständigen Behörden dagegen nicht vor. 11) Welche Bedeutung misst der Senat der Täterarbeit für den Opferschutz bei? Antwort bitte ausführlich begründen. Siehe Vorbemerkung. 12) In welcher Form ist eine Ausweitung der Täterarbeit geplant? Gibt es beispielsweise Überlegungen bezüglich der Erhöhung der Teilnehmerzahlen ? Welche Erfahrungen aus anderen Bundesländern können dazu herangezogen werden? Im Kontext häusliche Gewalt ist die zuständige Behörde im fachlichen Austausch mit den anderen Bundesländern. Der fachliche Diskurs betrifft insbesondere Fragestel- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/11859 3 lungen zur Sicherstellung der Bedürfnisse der Opfer (insbesondere der Kinder), der Interkulturalität sowie zu verbindlichen Kooperationsstrukturen. Eine Ausweitung der bestehenden Angebote ist nicht geplant. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 13) Welche weiteren Angebote zur Gewaltprävention werden aktuell vom Senat gefördert? Grundsätzlich sind in allen Konzepten und Arbeitsansätzen der Einrichtungen der Offenen Kinder- und Jugendarbeit, der Familienförderung, der Jugendsozialarbeit (Straßensozialarbeit) sowie bei der Bekämpfung von Jugendkriminalität gewaltpräventive Arbeitsanteile vorhanden. Die Projekte und Maßnahmen sind bezirklich und überbezirklich angelegt. Im Übrigen siehe Drs. 21/10597 und Drs. 21/10118. Darüber hinaus finden für jugendliche und erwachsene Täter und Täterinnen nach richterlicher Weisung Anti-Gewalt-Trainings als Einzel- und Gruppentrainings statt, die vom Fachamt Straffälligen-und Gerichtshilfe des Bezirksamtes Eimsbüttel bezirksübergreifend organisiert werden. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. Drucksache 21/11859 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Anlage 1 Name der Gewaltberatungsstelle / Gewaltkonfliktberatungsstelle * Gefördert (2018) Anzahl der Ratsuchenden 2016 2017 Aus eigenem Antrieb Aufgrund einer gerichtlichen Auflage oder Bewährungsweisung Aus eigenem Antrieb Aufgrund einer gerichtlichen Auflage oder Bewährungs - weisung Aktiv gegen Gewalt e.V. Ja 20 Ein hinsichtlich beider Fallgruppen differenzierter Nachweis liegt nicht vor. Der Verwendungsnachweis mit den Zahlen für 2017 liegt noch nicht vor. Hamburger Gewaltschutz- Zentrum 15.5.2017 - 31.01.2018 35 33 90 Ein hinsichtlich beider Fallgruppen differenzierter Nachweis liegt nicht vor. Männer gegen Männergewalt e.V. Nein 407 76 - - Wendepunkt e.V. Finanziert werden Therapien im Rahmen einer geschlossenen Leistungs - vereinbarung. Entfällt. 7 Verurteilte, die einer Auflage des Gerichts nachkommen . Entfällt. 3 Verurteilte, die einer Auflage des Gerichts nachkommen . * Quelle: Angaben der Träger Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/11859 5 Anlage 2 Name der Gewaltberatungsstelle / Gewaltkonfliktberatungsstelle * Fördermittel 2015 2016 2017 2018 Bewilligt Abgerufen Bewilligt Abgeru - fen Bewilligt Abgeru - fen Bewilligt Abgeru - fen Aktiv gegen Gewalt e.V. 5.000 € Zuwendung, 2000 Euro aus dem Sammelfonds für Bußgelder 6.000 € Zuwendung 27.900 € Zuwendung 33.650 € Zuwendung Hamburger Gewaltschutz - Zentrum - - - - 49.999 Euro (15.5.2017-31.01.2018). Männer gegen Männergewalt e.V. 218.200,01 € 218.20 0,01 € 232.869,14 € 232.8 69,14 € - - - - Wendepunkt e.V. 14.734,19 € für Therapien 46.473,25 € für Therapien 28.102,64 € für Therapien bis 30.09.2017 Es liegen noch keine Zahlen vor. Die Quartale werden nachträglich abgerechnet . Institut für Sexualforschung und Forensische Psychiatrie am Universitätsklinikum Hamburg- Eppendorf Präventionsambulanz Altona „Kein Täter werden “ 100.000 € 100.000 € 100.000 € Übernahme der Finanzierung durch die gesetzliche Krankenversicherung * Quelle: Angaben der Träger