BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/11891 21. Wahlperiode 09.02.18 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dennis Gladiator (CDU) vom 02.02.18 und Antwort des Senats Betr.: Ermittlungsverfahren – Zahlen, Daten, Fakten Am 2. Februar 2018 wurde die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) 2017 vorgestellt . Die PKS ist eine Ausgangsstatistik, das heißt dass dort die bekannt gewordenen Fälle und Tatverdächtigen bei Abschluss der polizeilichen Ermittlungen vor Abgabe an die Staatsanwaltschaft erfasst werden. In der Drs. 21/10739 gab der Senat an, dass es zum 30. Oktober 2017 rund 8.000 zurückgestellte Verfahren beim LKA gab, und zwar im LKA 1 (Allgemeine Kriminalitätsbekämpfung) circa 1.600 Ermittlungsvorgänge, im LKA 5 (Wirtschaftskriminalität/Betrug/Cybercrime) 5.170 Ermittlungsvorgänge, im LKA 6 (Organisierte Kriminalität und Rauschgiftkriminalität) 1.100 Vorgänge sowie beim LKA 7 (Staatsschutz) circa 130 Ermittlungsvorgänge. In der „Hamburger Morgenpost“ vom 1. Februar 2018 erklärte der Chef des LKA, die Zahl der Rückstellungen beim LKA 5 sei bis zum Jahresende 2017 von 5.170 auf unter 2.000 gesenkt worden. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Wie viele Strafanzeigen wurden im Jahre 2017 insgesamt im Vorgangsbearbeitungssystem ComVor erfasst? Der Begriff „Strafanzeige“ lässt unterschiedliche Auswertemöglichkeiten zu. Vorgänge unter dem Begriff „Strafanzeige“ können unter verschiedenen Aktenzeichen erfasst werden. Diese Aktenzeichen werden aber teilweise auch für Vorgänge, bei denen es sich nicht um Strafanzeigen in dem erfragten Sinne handelt, verwendet. So wurden im polizeilichen Datenverarbeitungssystem Computerunterstützte Vorgangsbearbeitung (ComVor) unter den Sachgruppenzeichen 1K (Straftaten (einschließlich Vermisstenanzeigen ), die abschließend durch die Kriminalpolizei zu bearbeiten sind), 1S (Straftaten , die abschließend durch die Wasserschutzpolizei zu bearbeiten sind) und 1V (Straftaten, die abschließend durch die Schutzpolizei zu bearbeiten sind) im Jahr 2017 250.498 Strafanzeigen erfasst. Im Jahr 2015 wurden in ComVor 267.432 Strafanzeigen erfasst, 2016 waren es 256.698 Strafanzeigen. Gemäß dieser Zählweise sind in genannten Summen auch Staatschutzdelikte sowie Delikte aus dem Zuständigkeitsbereich der Schutzpolizei, die nicht in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) erfasst werden, sowie Delikte aus dem Zuständigkeitsbereich der Wasserschutzpolizei, die nur zum Teil in der PKS erfasst werden, enthalten. Darüber hinaus werden von auswärtigen Polizeien und Staatsanwaltschaften Strafanzeigen zur originären Bearbeitung an die Polizei Hamburg übersandt, deren Anzahl nicht näher bestimmt werden kann, da diese in ComVor im Sinne der Fragestellung nicht statistisch auswertbar erfasst werden. Betrachtet man ausschließlich das Sach- Drucksache 21/11891 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 gruppenzeichen 1K, so sind im Jahr 2015 insgesamt 258.778, im Jahr 2016 247.863 und im Jahr 2017 241.606 Vorgänge in ComVor erfasst worden. Die von auswärtigen Polizeien und Staatsanwaltschaften zur originären Bearbeitung an die Polizei Hamburg übersandten Strafanzeigen werden in ComVor neben sonstigen Vorgängen wie zum Beispiel Amtshilfeersuchen wiederum unter dem Sachgruppenzeichen 9K erfasst. Unter diesem Sachgruppenzeichen wurden in 2015 11.826, in 2016 10.685 und in 2017 9.447 Vorgänge in ComVor erfasst. 2. Wie viele Neuzugänge in Bekanntsachen sowie in Unbekanntsachen gab es bei der Staatsanwaltschaft und der Generalstaatsanwaltschaft im Jahre 2017 sowie im Januar 2018? Bitte monatsweise angeben. Die Eingangszahlen der Staatsanwaltschaften liegen als durch das Statistikamt geprüfte Werte nur quartalsweise vor (siehe Tabelle). Neuzugänge* Bekanntsachen - Js Unbekanntsachen - UJs GenStA - OJs 1. Quartal 2017 40.804 40.684 5 2. Quartal 2017 36.161 37.310 25 3. Quartal 2017 36.861 39.733 16 4. Quartal 2017 37.682 40.638 11 insgesamt 151.508 158.365 57 * Die Staatsanwaltschaften erhalten Neuzugänge, die als Js, UJs beziehungsweise OJs eingetragen werden, abgesehen von den Polizeibehörden des Landes und des Bundes vor allem auf folgenden Wegen: Abgaben von anderen Staatsanwaltschaften, Generalbundesanwalt , Finanzbehörden, Zolldienststellen, Anzeigen anderer Behörden oder Gerichte, Anzeigen von Bürgerinnen und Bürgern, Anzeigen durch Rechtsanwälte. 3. Wie hat sich die Anzahl der zurückgestellten Verfahren seit Ende Oktober 2017 beim LKA entwickelt? Bitte pro Abteilung des LKA zum Stichtag 31. Dezember 2017 sowie aktuell angeben. Die erfragten Daten zu den einzelnen Abteilungen des Landeskriminalamts (LKA) sind in der folgenden Tabelle aufgeführt: Abteilung Stichtag: 18. Oktober 2017 Stichtag: 31. Dezember 2017 Stichtag: 6. Februar 2018 LKA 1 1.628 1.251 1.048 LKA 5 5.165 1.993 1.014 LKA 6 1.101 708 516 LKA 7 133 53 43 Gesamt 8.027 4.005 2.621 4. Sind die über 3.000 zurückgestellten Verfahren, die zwischen Ende Oktober und Ende Dezember 2017 im LKA 5 abgearbeitet wurden, jeweils zuvor polizeilich dergestalt ausermittelt worden, dass das wesentliche Ermittlungsergebnis zum Zeitpunkt der Abgabe an die Staatsanwaltschaft vorlag? Falls nein, wie viele weshalb nicht? Die vormals zurückgestellten Verfahren sind in dem gemäß Antwort zu 3. dargestellten Umfang Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeitern zugeschrieben worden und befinden sich in der Bearbeitung. Eine Erhebung des jeweils aktuellen Bearbeitungsstands erfolgt nicht. Die Aktenzeichen dieser Vorgänge sind nicht gesondert erfasst, sodass auch eine aus Anlass einer Parlamentarischen Anfrage vorzunehmende Auswertung nicht möglich ist. Regelmäßig werden die in Bearbeitung befindlichen Vorgänge mit einfachen Sachverhalten im Zeitraum einiger Wochen abgeschlossen, sodass davon auszugehen ist, dass ein Teil dieser Vorgänge abgeschlossen werden konnte. Siehe auch Antwort zu 7. 5. Der Chef des LKA erklärte gegenüber der „Hamburger Morgenpost“ zudem, dass er eine Arbeitsgruppe beauftragt habe, Vorschläge zu entwickeln , um die Bekämpfung des Betruges schlagkräftiger zu machen und an die aktuellen und zukünftigen Anforderungen anzupassen. Bereits im Januar 2015 wurde eine Standardisierung der Betrugssach- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/11891 3 bearbeitung angekündigt. In der Drs. 20/14425 heißt es: „Die Zentralisierung der Betrugssachbearbeitung soll das umfangreiche vorhandene Fachwissen in der Betrugssachbearbeitung bündeln und koordinieren. Ziel ist, durch Straffung von Arbeitsabläufen und organisatorischen Anpassungen eine Effizienzerhöhung bei der Bearbeitung des allgemeinen Betruges zu ermöglichen, um mehr Ermittlungskapazitäten für die Aufklärung komplizierterer Betrugstaten zu schaffen. (…) Aus Sicht der Polizei ist eine Bearbeitung dieser Sachverhalte mit gleichen Standards sinnvoll. Die entwickelten Standards beinhalten unter anderem Vorlagen für Ermittlungsvermerke, die von den Sachbearbeitern individuell und fallangepasst ergänzt werden müssen. (…)“ a. Wann wurde die im Jahre 2015 angekündigte standardisierte Betrugssachbearbeitung eingeführt? Was hat sich dadurch geändert ? Wie bewertet die zuständige Behörde das Verfahren? Die standardisierte Betrugssachbearbeitung wurde Anfang Januar 2015 eingeführt. Die entwickelten Standards beinhalten unter anderem Vorlagen für Ermittlungsvermerke , die von den Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeitern individuell und fallangepasst ergänzt werden müssen. Das Verfahren wird positiv bewertet, da durch die weitgehende Standardisierung von Arbeitsschritten bei gleichgelagerten, einfachen Sachverhalten eine Effizienzsteigerung in der kriminalpolizeilichen Sachbearbeitung erreicht werden konnte. Dennoch kam es in der Vergangenheit zu Vorgangsrückstellungen . b. Was ist konkret unter der jetzigen Ankündigung des LKA-Chefs zu verstehen, die Bekämpfung des Betruges „schlagkräftiger“ zu machen? Der Leiter des LKA hat darauf hingewiesen, dass er eine Arbeitsgruppe eingerichtet hat, die Vorschläge erarbeiten soll, um bei der Bekämpfung des Betruges schlagkräftiger zu werden. Die Ergebnisse dieser AG liegen noch nicht vor. 6. Wie haben sich die Aufklärungsquoten bei den Betrugsstraftaten (PKS- Straftatenschlüssel 510000) jährlich seit dem Jahre 2014 entwickelt? Die Entwicklung der Aufklärungsquote im Sinne der Fragestellung ist in der nachfolgenden Tabelle aufgeführt: Jahr Aufklärungsquote in % 2014 71,8 2015 70,6 2016 66,8 2017 58,6 Der Grund für die Entwicklung der Aufklärungsquote ist nicht valide zu bewerten. Sie kann aus einer veränderten Phänomenologie insbesondere im dynamischen Internetbereich mit reduzierten Ermittlungsansätzen oder einem veränderten Lagebild bei der Anzahl von Fallkomplexen gegenüber Einzeltaten begründet sein. Belastbare Aussagen dazu können nicht getroffen werden. 7. Wie hat sich die Personalsituation beim LKA 55 seit dem Jahre 2015 entwickelt? Bitte Stellenbestand und VZÄ jeweils zum Stichtag 30.06. und 31.12. eines Jahres angeben. Wurde für die Abarbeitung der 3.000 zurückgestellten Verfahren zwischen Ende Oktober und Ende Dezember 2017 zusätzliches Personal aus anderen Dienststellen eingesetzt? Wenn ja, wie viele VZÄ und aus jeweils welcher Dienststelle? Die erfragten Daten zur Personalsituation beim LKA 55 sind in der folgenden Tabelle aufgeführt: Stichtag Stellen Vollzeitäquivalente (VZÄ) 30.06.2015 50 60,95 31.12.2015 59 60,87 Drucksache 21/11891 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Stichtag Stellen Vollzeitäquivalente (VZÄ) 30.06.2016 59 63,32 31.12.2016 59 59,80 30.06.2017 59 65,06 31.12.2017 59 66,84 Für die Abarbeitung der vormals zurückgestellten Verfahren werden zusätzlich weitere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus anderen Dienststellen der Polizei eingesetzt. Dies erfolgt zum Teil im LKA 5 mittels Verstärkung aus anderen Dienststellen der Polizei (Polizeikommissariat (PK) 21, PK 33, PK 42, LKA 18, LKA 25, Direktion Einsatz (DE) 36, Direktion Polizeikommissariate und Verkehr (DPV) 023, BAO Castle). Anfang November 2017 umfasste diese Unterstützung 2,25 VZÄ und war bis Ende Dezember 2017 stetig aufwachsend auf dann 7,03 VZÄ. Hierbei handelt es sich um verwendungseingeschränkte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Schutzpolizei. Zum Teil wurden Vorgänge auch an andere Abteilungen des LKA abgegeben und dort von verschiedenen Dienststellen auf Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter verteilt. Unterstützt haben so nachfolgende Dienststellen: LKA 11-18, LKA 26, LKA Fachstab (FSt) 1, LKA FSt 3 und Wasserschutzpolizei 51. Mit diesen Vorgängen waren Ende Dezember 2017 rechnerisch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Umfang von insgesamt etwa 6 VZÄ betraut.