BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/11900 21. Wahlperiode 13.02.18 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Dennis Thering und Philipp Heißner (CDU) vom 05.02.18 und Antwort des Senats Betr.: Schicksalstage einer S-Bahn – Wie kam es zu der aktuellen Kostenexplosion bei der geplanten Verlängerung der S21 nach Kaltenkirchen und was unternimmt der Senat jetzt, um das Gesamtprojekt zu retten? Laut des Onlineportals „NahverkehrHamburg“ steigen die Kosten für die geplante Verlängerung der S-Bahn bis nach Kaltenkirchen um fast 30 Prozent beziehungsweise 26 Millionen Euro (von 90 auf 116 Millionen Euro). Außerdem verzögert sich die Inbetriebnahme der dann elektrifizierten bisherigen Stammstrecke A1 der AKN Eisenbahn AG (AKN) und wird voraussichtlich erst 2021 erfolgen und nicht 2020, wie zuletzt anvisiert.1 Besondere Brisanz erhält diese scheinbar urplötzliche Kostenexplosion nicht nur durch den Umstand, dass die Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation (BWVI), anders als das „Spiegelministerium“ in Schleswig-Holstein, kommunikativ in dieser Sache bislang komplett auf Tauchstation gegangen ist, sondern vielmehr dadurch, weil eine Abwertung des ohnehin bereits niedrigen Nutzen-Kosten-Wertes, der für dieses Projekt im Rahmen der sogenannten Standardisierten Bewertung (SB) ermittelt wurde, droht. Sollte der Nutzen-Kosten-Wert infolge der Kostenexplosion unter 1 sinken, erlischt die Förderfähigkeit durch den Bund. Angesichts eines angedachten Fördervolumens durch den Bund im mittleren zweistelligen Millionenbereich würde dies die Zukunft des Gesamtprojektes akut gefährden. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Der Senat beantwortet die Fragen teilweise auf der Grundlage von Auskünften der AKN Eisenbahn AG (AKN), des Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr, Arbeit, technologie und Tourismus des Landes Schleswig-Holstein und des Nahverkehrsverbundes Schleswig-Holstein GmbH wie folgt: 1. Trifft es zu, dass die Kostenschätzung für die geplante Verlängerung der S-Bahn von Eidelstedt bis nach Kaltenkirchen von 90 Millionen Euro auf 116 Millionen Euro nach oben korrigiert wurde? Nein, da es noch keine Kostenschätzung gab. Wenn nein, was trifft dann zu? Wenn ja, a) welche Stelle innerhalb der BWVI wurde durch welche externe Stelle wann erstmalig über diese Kostensteigerung informiert und wel- 1 http://www.nahverkehrhamburg.de/s-bahn-nach-kaltenkirchen-kommt-spaeter-und-wird-teurer- 9232/, letzter Zugriff: 05.02.2018. Drucksache 21/11900 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 che Maßnahmen hat diese Stelle aus dieser Information unmittelbar abgeleitet? b) wann wurde der Staatsrat für Verkehr der BWVI durch wen erstmalig über diese Kostensteigerung informiert und welche Maßnahmen hat der Staatsrat aus dieser Information unmittelbar abgeleitet? c) wann wurde der Präses der BWVI durch wen erstmalig über diese Kostensteigerung informiert und welche Maßnahmen hat der Präses aus dieser Information unmittelbar abgeleitet? d) wann wurde der Aufsichtsrat der AKN, und damit unmittelbar dessen dort im Auftrag der BWVI tätigen Mitglieder, durch wen erstmalig über diese Kostensteigerung informiert und welche Maßnahmen haben der Aufsichtsrat und die darin im Auftrag der BWVI sitzenden Mitglieder andererseits aus dieser Information unmittelbar abgeleitet ? e) was sind die genauen Gründe für diese Kostensteigerung und welche Anteile an dieser Kostensteigerung haben diese Gründe jeweils? f) welcher Anteil der Kostensteigerung geht speziell auf welche Ursachen im Planfeststellungsabschnitt 1 (Gebiet der Freien und Hansestadt Hamburg) zurück? Die nach den Vorgaben des Senats für „Kostenstabiles Bauen“ erstmals Mitte des Jahres 2017 auf der Grundlage einer belastbaren Kostenunterlage geschätzten Gesamtkosten (einschließlich von Ansätzen für Kostenvarianz und Preissteigerungen sowie sämtlicher Planungskosten) betragen 115,7 Millionen Euro. Über den genau der Kostenunterlage entsprechenden Kostenstand von „112 Millionen Euro – zuzüglich bereits bewilligter Zuwendungen für vorweglaufende Planungen“ wurden die Behördenleitung , der Senat und die Bürgerschaft sodann unmittelbar bereits mit dem Halbjahresbericht zum Haushaltsverlauf im 3. Quartal des Jahres 2017 mit der Drs. 21/10110 informiert. Alle anderen Kostenstände, etwa die aus Drs. 21/6115 „gemäß Vorentwurfsplanung (Stand 2013)“ sind Arbeitsstände. Die Fortschreibung der Kosten basiert auf der Vorentwurfsplanung mit Grobkosten von etwa 90 Millionen Euro. Die Kostenunterlage gemäß § 57 LHO mit genannten Gesamtkosten in Höhe von 115,7 Millionen Euro berücksichtigt darüber hinaus die Konkretisierung der baulichen Anlagen wie zum Beispiel Schallschutz et cetera aus der Entwurfsplanung/Genehmigungsplanung sowie die entsprechend dem Kostenstabilen Bauen der Freien und Hansestadt Hamburg (FHH) zu berücksichtigenden Parameter. g) inwiefern wird sich diese Kostensteigerung auf den Nutzen-Kosten- Wert für das Gesamtprojekt auswirken? h) inwiefern liegt bereits eine Stellungnahme oder Ähnliches seitens des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) zu der Frage vor, ob diese Kostensteigerung die Förderfähigkeit des Gesamtprojektes seitens des Bundes negativ beeinflusst ? Der Nutzen-Kosten-Faktor zur Standardisierten Bewertung wird noch endgültig ermittelt . 2. Wie lautet der aktuelle Nutzen-Kosten-Wert der Standardisierten Bewertung für das Projekt des S-Bahnausbaus nach Kaltenkirchen? Siehe Antwort zu 1. g) und h). 3. Hat sich der Nutzen-Kosten-Wert der Standardisierten Bewertung für das Projekt des S-Bahn-Ausbaus nach Kaltenkirchen seit 2011 verändert ? Wenn ja, wann, in welcher Art und Weise und worin lag dies jeweils begründet? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/11900 3 Es gab aufgrund der Arbeitsstände zu den Projektkosten Studien zum Nutzen-Kosten- Faktor, die nach Vorlage der Kostenunterlage und den mit dem Bund noch laufenden Abstimmungen unter anderem zu den anzusetzenden Analysefällen fortzuschreiben sind. 4. Trifft es zu, dass sich der Termin für die Inbetriebnahme der geplanten Verlängerung der S-Bahn von Eidelstedt bis nach Kaltenkirchen vom Jahr 2020 auf das Jahr 2021 nach hinten verschoben hat? Wenn nein, was trifft dann zu? Wenn ja, a) welche Stelle innerhalb der BWVI wurde durch welche externe Stelle wann erstmalig über diese Verzögerung informiert und welche Maßnahmen hat diese Stelle aus dieser Information unmittelbar abgeleitet? b) wann wurde der Staatsrat für Verkehr der BWVI durch wen erstmalig über diese Verzögerung informiert und welche Maßnahmen hat der Staatsrat aus dieser Information unmittelbar abgeleitet? c) wann wurde der Präses der BWVI durch wen erstmalig über diese Verzögerung informiert und welche Maßnahmen hat der Präses aus dieser Information unmittelbar abgeleitet? d) wann wurde der Aufsichtsrat der AKN, und damit unmittelbar dessen dort im Auftrag der BWVI tätigen Mitglieder, durch wen erstmalig über diese Verzögerung informiert und welche Maßnahmen haben der Aufsichtsrat und die darin im Auftrag der BWVI sitzenden Mitglieder andererseits aus dieser Information unmittelbar abgeleitet ? Siehe Drs. 21/10110, Drs. 21/11801 und Umdruck 19/491 aus Schleswig-Holstein. e) was sind die genauen Gründe für diese Verzögerung? Die Prüfung und die anschließende Anpassung der Planunterlagen für die Auslegung beziehungsweise Beteiligung der Träger öffentlicher Belange in Schleswig-Holstein nahm mehr Zeit in Anspruch, als anfänglich vorhersehbar. Darüber hinaus gingen dort umfangreiche Einwendungen (über 230) ein, insbesondere aufgrund zahlreicher Grunderwerbsbetroffenheiten und allgemeiner Widerstände von Anliegerinnen und Anliegern im Bereich Ellerau, Quickborn, Bönningstedt und Hasloh. Dies führte zu zeitlichen Mehraufwendungen, insbesondere für die Erarbeitung der Erwiderungen. f) welche Gründe der Verzögerung gehen speziell auf welche Ursachen im Planfeststellungsabschnitt 1 (Gebiet der Freien und Hansestadt Hamburg) zurück? Die Planfeststellungsbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg hat lediglich ein Baulärmgutachten nachgefordert, welches zurzeit erstellt wird. 5. Laut Drs. 21/6115 hatte die zuständige Behörde zum damaligen Zeitpunkt (September 2016) gemeinsam mit Anrainergemeinden aus Schleswig-Holstein eine „Städtebauliche Untersuchung der Bahnhofsumfelder AKN/S21“ in Auftrag gegeben. Deren Bearbeitungszeitraum sollte demnach bis September 2017 andauern. a) Wie lauten die wesentlichen Ergebnisse dieser Untersuchung? b) Wie lauten speziell die Ergebnisse dieser Untersuchung hinsichtlich der Neugestaltung beziehungsweise Weiterentwicklung des verkehrlichen Umfeldes der in Hamburg bereits liegenden und/oder geplanten („Schnelsen Süd“) Haltestellen? Bitte für jede betroffene Haltestelle auf Hamburger Gebiet separat angeben. Die Ergebnisse der „Städtebaulichen Untersuchung der Bahnhofsumfelder AKN/S21“ liegen noch nicht vor.