BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/11929 21. Wahlperiode 13.02.18 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Birgit Stöver (CDU) vom 07.02.18 und Antwort des Senats Betr.: Wann werden Schulen in freier Trägerschaft in Hamburg endlich ausreichend finanziell unterstützt? (II) Aus Drs. 21/11765 ergeben sich weitere Fragen. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: In der Gegenüberstellung wird die Bruttowarmmiete der staatlichen Schulen mit der Nettokaltmiete der Privatschulen verglichen. Tatsächlich bekommen die Privatschulen zusätzlich erheblich Erstattungsbeträge für die Mietnebenkosten. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. In der Antwort zu Frage 5. wird für die Mietkosten auf den Haushaltsplan 2017/2018, Einzelplan 3.1, Aufgabenbereich 241, jeweils Kosten für Mieten , Pachten und Erbbauzinsen, verwiesen. Dort (Seite 61) finden sich zum Beispiel für die Gymnasien, Plan 2017, Kosten für Mieten, Pachten und Erbbauzinsen in Höhe von 77.429.000 Euro. Auf Seite 63 wird die Anzahl der Schüler in der Sekundarstufe I und der Sekundarstufe II mit 49.652 angegeben. a) Die Zahlen erlauben den Rückschluss, dass die durchschnittlichen jährlichen Kosten für Mieten, Pachten und Erbbauzinsen je Schüler bei 1.559,43 Euro liegen. Ist dem so? Wenn nicht, wie wird der richtige Durchschnittswert ermittelt und wie lautet er? b) Und sind hierin bereits die Nebenkosten für Reinigung, Strom, Wasser und so weiter enthalten? Wenn ja, in welcher Höhe? Wenn nein, in welcher Höhe werden diese zusätzlich aus welcher Position im EP 3.1 je Schüler je Jahr beglichen? Die Berechnungen erwecken einen falschen Eindruck. Denn die aus dem Haushaltsplan ersichtlichen Kosten für „Mieten, Pachten und Erbbauzinsen“ für die staatlichen Schulen enthalten auch die Mittel für Bewirtschaftung, entsprechen also der Warmmiete eines Schulgebäudes inklusive Reinigung, Heizung, Wasser und sonstigen Nebenkosten. Die „Mietnebenkosten“ machen je nach Gebäudestruktur etwa ein Drittel bis zur Hälfte der Gesamtkosten aus. Man kann deshalb diese Bruttowarmmiete der staatlichen Schulen nicht mit der Nettokaltmiete von 7 Euro pro m² für die Privatschulen vergleichen. Denn auch die Privatschulen bekommen zusätzlich zur Nettokaltmiete von 7 Euro pro m² auch noch erheblich Erstattungsbeträge für die Mietnebenkosten. Der wie oben angeführte errechnete Betrag überzeichnet deshalb den Aufwand für die „Kaltmiete“ eines Schülers an einer staatlichen Schule deutlich. Im Übrigen siehe Drs. 21/11765. Drucksache 21/11929 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 2. Anlage 2 der Drs. 21/11765 weist die Kalkulatorische Miete innerhalb der Schülerjahreskosten für Schulen in freier Trägerschaft je Schüler je Jahr je Schulart aus. Bei Gymnasien waren das beispielsweise seit 2012 konstant 460,87 Euro je Jahr je Schüler. a) Wie passt das mit den 1.559,34 Euro Kosten für Mieten, Pachten und Erbbauzinsen im EP 3.1 für staatliche Gymnasien je Schüler je Jahr zusammen? Wie erklärt sich die Differenz? Siehe Drs. 21/11840 und Vorbemerkung. b) Wieso ist der Betrag seit Jahren unverändert, obwohl Gebäudeinstandhaltung seit Jahren teurer wird? Siehe Drs. 21/11765. c) Zu wann ist eine Anpassung in welcher Höhe geplant? d) Sind hierin bereits Nebenkosten enthalten? Wenn nein, inwieweit werden die in den Schülerjahreskosten berücksichtigt? Welcher Betrag ist hier beispielsweise für Gymnasien je Jahr je Schüler vorgesehen? Siehe Drs. 21/11840. 3. Auf Seite 65 des Haushaltsplans im EP 3.1 ist oben in der Spalte Plan 2017 die Schülerzahl mit 49.652 angegeben. Nur wenige Zeilen darunter finden sich die Kennzahlen der Schülerjahreskosten Gymnasien Plan 2017. Mit welchen Schülerzahlen wurde hier kalkuliert? Die im Haushaltsplan veröffentlichten Schülerzahlen beinhalten jeweils nur die Schülerinnen und Schüler in den genannten Schulformen. Bei der Berechnung der Schülerjahreskosten werden jeweils die Schülerzahlen der Langfristprognose zugrunde gelegt, die im Rahmen der Personalorganisation für das Lehrerpersonal an Schulen verwendet werden. Diese beinhalten neben den Schülerinnen und Schülern in der Sekundarstufe I und II an Gymnasien auch die Schülerinnen und Schüler an Abendgymnasien sowie am Hansa-Kolleg und am Studien-Kolleg. 4. In der Antwort wird auf die Drs. 20/5317 „Neuausrichtung von Bau und der Bewirtschaftung der staatlichen Schulimmobilien“ verwiesen. Dort heißt es auf Seite 5 für die Brutto-Warmmiete: „Zielorientierung ist ein Flächenansatz von durchschnittlich 12 m² Mietfläche je Schüler und eine Brutto-Warmmiete von durchschnittlich 12 Euro/m² pro Monat.“ Drs. 21/10994 schlüsselt zudem die Miete je Quadratmeter nach unterschiedlichen Gebäudeklassen sowie für die unterschiedlichen Nutzungsarten im Detail auf und offenbart eine Preisspanne von 7 bis 19 Euro je Quadratmeter . Bei der Kalkulatorischen Miete wurde laut Drs. 21/11765 jedoch pauschal ein Wert von 7 Euro je Quadratmeter zugrunde gelegt. Wie begründet der Senat diese Ungleichbehandlung von staatlichen Schulen und Schulen in privater Trägerschaft? Siehe Drs. 21/11840. 5. In Drs. 21/11765 wird in Frage 11. mitgeteilt, dass private Schulträger für Angestellte keine Pensionsrückstellungen bilden müssen. Bekanntlich entsprechen die Pensionsrückstellungen bei Beamten den Kosten für Sozialversicherungsbeiträge und betrieblichen Altersversorgungen bei Angestellten. Eine große Untersuchung zum Kostenvergleich von Beamten und Angestellten – Beamte oder Arbeitnehmer, Schriftenreihe der Bundesbeauftragten für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung, Band 6 – kommt zu dem Ergebnis, dass unter Einschluss aller Pensionslasten, Zinseffekte und so weiter die Kosten eines Beamten nur 88 – 97 Prozent der Kosten eines Angestellten betragen. a) Hat der Senat demgegenüber andere Erkenntnisse (bitte Quellen angeben)? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/11929 3 b) Inwiefern wäre dies überhaupt relevant, da §15 HmbSfTG als Berechnungsgrundlage für die Schülerjahreskosten die Kosten eines staatlichen Schülers vorschreibt? Dem Senat liegen keine aktuellen, in die Zukunft weisenden vergleichenden Betrachtungen zu den Kosten von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und Beamtinnen und Beamten im öffentlichen Dienst der Freien und Hansestadt Hamburg vor. Ob sich die in der Anfrage genannte Relation schon wegen der Zinsentwicklung oder der Renten - und Versorgungsrechtsreformen verschoben hat, bedürfte äußerst aufwendiger und im Ergebnis immer unsicherer Studien (siehe hierzu zuletzt „Machbarkeitsuntersuchung für eine Studie zu Alterseinkünften von vergleichbaren Bundesbeamten und Arbeitnehmern“, Gutachten im Auftrag des Bundesministeriums des Innern Speyer, von Prof. Dr. Gisela Färber unter Mitarbeit von Dipl. Volkswirt/Dipl. Kaufmann Daniel Richter und Dipl. Volkswirt Dirk Zeitz, Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaft Speyer, April 2016). Bereits wegen des Zeitablaufs von der Erstellung der Studie „Beamte oder Arbeitnehmer, Schriftenreihe der Bundesbeauftragten für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung in 1996 bis heute“ kann man jedenfalls die genannte Relation , dass die Kosten eines Beamten nur 88 – 97 Prozent der Kosten eines Angestellten betragen, nicht ungeprüft noch als richtig unterstellen. 6. Trifft es zu, dass die Freie und Hansestadt Hamburg bis in die 1960er- Jahre Rücklagen für Beamtenpensionen gebildet hat? a) Wenn ja, von welchem Jahr an wurden diese nicht mehr gebildet? Wie wurde die damalige Entscheidung begründet? b) Wie wurde mit den aufgesummten Rücklagen verfahren? c) Von welchem Haushaltsjahr an wurden solche Rücklagen wieder eingeführt? Wie werden sie veranschlagt? d) Trifft es zu, dass diese Rücklagen zu 100 Prozent aus den Steuereinnahmen aller in Hamburg Steuerpflichtigen gebildet werden, zu denen auch diejenigen Eltern von Schülern gehören, die ihre Kinder an Schulen in freier Trägerschaft angemeldet haben (und dafür Schulgeld bezahlen), wobei diese Schulen nur einen Beitrag von 85 Prozent der (zum Beispiel im katholischen Schulwesen) anfallenden Ruhestandskosten erstattet bekommen? e) Ist diese Tatsache nach Einschätzung der zuständigen Behörde mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung vereinbar? Inwieweit in kameraler Rechnungslegung in den 1950er-/1960er-Jahren Rücklagen für Beamtenpensionen gebildet worden sind, ist aktuell nicht bekannt. Eine Recherche in Altakten und alten Haushaltsplänen hat in der für die Beantwortung einer Schriftlichen Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit keine darauf hinweisenden Sachverhalte ergeben. 7. Es herrscht in der Öffentlichkeit Unwissenheit über die seit den 1980er- Jahren den Schulen in freier Trägerschaft zugeführten Kostenerstattungen . a) Wurden diese in der gesamten Periode als Prozentsatz der für Schüler im öffentlichen Schulwesen aufgewandten Kosten geleistet? b) Entsprach die frühere Methodik der heutigen Berechnungsgrundlage ? Bitte eine tabellarische Aufstellung der jährlich geleisteten Prozentätze von 1980 bis 2016 auf der Basis der jeweils gültigen Berechnungsgrundlagen auflisten. Die nach den jeweils gültigen gesetzlichen Regelungen geleisteten Zuschüsse basierten auf unterschiedlichen Berechnungsgrundlagen. Bereits im Gesetz von 1977 wurde auf das Grundprinzip zurückgegriffen, den Trägern der Privatschulen einen Anteil der staatlichen Kosten als Zuschuss je Schülerin beziehungsweise Schüler zu gewähren. Danach veränderten sich sowohl die Methodik der Berechnung der Kosten von staatli- Drucksache 21/11929 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 chen Schülern als auch die einbezogenen Kostenpositionen, zuletzt durch die Umstellung von kameraler auf doppische Haushaltsführung. Auch der prozentuale Anteil der Kosten eines staatlichen Schülers, der den Privatschulen als Zuschuss gewährt wurde, hat sich mehrfach verändert. Belastbare Informationen über die Schülerjahreskosten vor 2002 liegen der zuständigen Behörde nicht mehr vor beziehungsweise sind in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht zu recherchieren. Die Kennzahlen Schülerjahreskosten sind den jeweiligen Haushaltsplänen der Freien und Hansestadt Hamburg zu entnehmen, siehe für die Haushaltsjahre 2002 bis 2015/2016 unter http://www.hamburg.de/fb/fruehere-haushalte und für den Haushalt 2017/2018 unter http://www.hamburg.de/fb/doppelhaushalt-2017-2018/. Die zugrunde liegenden Regelungen sind den jeweils gültigen Fassungen des für die Finanzierung von Schulen in freier Trägerschaft geltenden Gesetzes zu entnehmen: Privatschulgesetz der Freien und Hansestadt Hamburg (Privatschulgesetz) vom 12. Dezember 1977 (HmbGVBl. S. 389) Privatschulgesetz i.d. Fassung vom 21. Juli 1989 (HmbGVBl. S.160,174) Privatschulgesetz i.d. Fassung vom 4. Dezember1990 (HmbGVBl. S.245) Privatschulgesetz i.d. Fassung vom 9. März 1994 (HmbGVBl. S.84) Privatschulgesetz i.d. Fassung vom 23. Dezember 1996 (HmbGVBl. S.362) Hamburgisches Gesetz über Schulen in freier Trägerschaft (HmbSfTG) vom 12. September 2001 (HmbGVBl. S. 386) HmbSfTG i.d. Fassung vom 2. Dezember 2003 (HmbGVBl. S. 549) HmbSfTG i.d. Fassung vom 21. September 2004 (Neubekanntmachung) (HmbGVBl. S. 365) HmbSfTG i.d. Fassung vom 27. April 2010 (HmbGVBl. S. 342) HmbSfTG i.d. Fassung vom 15. Juli 2015 (HmbGVBl. S. 190) c) Gab es punktuelle Sonderzuwendungen? Wenn ja, welche und mit welcher Zielrichtung? Ja. Soweit in den vergangenen Jahren Sonderinvestitionsprogramme der Bundesregierung oder der Stadt Hamburg aufgelegt wurden, sind die Schulen in freier Trägerschaft angemessen und mit erheblichen Summen beteiligt worden (siehe hierzu Drs. 20/5144, Zeitraum 2004 bis 2011). Zuletzt wurden in den Jahren 2014 bis 2016 Zuschüsse in Höhe von rund 3,25 Millionen Euro für die Ganztagsbetreuung an Schulen in freier Trägerschaft geleistet. Im Jahr 2008 wurden dem damaligen Träger der Hamburger katholischen Schulen mehrere Schulgrundstücke überlassen (siehe Drs. 19/519). d) Wurden für betroffene Schulen notwendige Pensionsrückstellungen in allen berichteten Jahren empfängertransparent einbezogen? Wenn nein, in welchen Jahren nicht? Die Zahlung der Finanzhilfe orientiert sich an den durchschnittlichen Verhältnissen und kann Besonderheiten einzelner privater Schulträger nicht berücksichtigen. 8. Nach Medienberichten (zum Beispiel „Die Welt“ vom 27. Januar 2018) hat der Senat für die Berechnung der Bezugsdauer von Ruhestandsbezügen nicht berücksichtigt, dass Beamte länger leben als der Durchschnitt der Bevölkerung. Die Deutsche Aktuarvereinigung hat allerdings bereits im Juni 2004 erstmals entsprechende Ergebnisse bezüglich der Sterblichkeiten von verschiedenen Arbeitnehmergruppen veröffentlicht. a) Wann wird der Senat über die Folgen dieser Neubewertungen berichten? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/11929 5 Mit Schreiben des Haushaltsdirektors an den Vorsitzenden des Haushaltsausschusses vom 22. Januar 2018 erfolgte eine inhaltliche Vorabinformation über Auswirkungen einer Anpassung der Berechnungsmethodik für die Pensionsrückstellungen. Die tatsächliche Anpassung der Rückstellungsberechnung erfolgt im Zuge der Jahresabschlusserstellung 2017 mit dem auf den 31. Dezember 2017 zu erstellenden Pensionsgutachten . Mit dessen Erstellung wird begonnen, wenn die Personaldaten zum 31. Dezember 2017 endgültig feststehen. b) Werden die Schulen in freier Trägerschaft bei dem Ausgleich der erwartbaren höheren Kosten einbezogen werden? Wenn ja, mit welchem Prozentsatz? Wenn nein, warum nicht? Siehe Drs. 21/11840.