BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/11939 21. Wahlperiode 16.02.18 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Jennyfer Dutschke und Dr. Kurt Duwe (FDP) vom 08.02.18 und Antwort des Senats Betr.: Multiresistente Erreger in Hamburger Gewässern Berichten zufolge sind in Niedersachsen Gewässer auf multiresistente Erreger (MRE) getestet worden. Ergebnis war, dass in allen getesteten Gewässern MRE zu finden waren. Die Wasserqualität der Badegewässer in Hamburg wird zumindest zur Badesaison regelmäßig überprüft. Hierbei werden diese Gewässer zum Beispiel auf Escherichia coli oder Intestinale Enterokokken getestet. Dies vorausgeschickt fragen wir den Senat: Wie bereits in Drs. 21/11910 ausgeführt, kommen multiresistente Keime heute in vielen Gewässern vor, in die häusliches Abwasser geklärt oder ungeklärt zum Beispiel durch Klärwerksablauf oder Mischwasserüberläufe eingeleitet wird. In Hamburg wird nur eine kommunale Kläranlage betrieben, die direkt in die Elbe einleitet. Weitere Ursachen für die Verbreitung multiresistenter Keime sind intensive Tierhaltung sowie intensiver Ackerbau. Beides wird in Hamburg nicht ausgeübt. Daher hat der Senat keinen Grund zu der Annahme, dass multiresistente Keime in Hamburg stärker verbreitet sind oder in höheren Konzentrationen vorkommen. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Werden Hamburgische Gewässer auch hinsichtlich einer möglichen Belastung mit MRE getestete? Wenn ja, wann wurden welche Gewässer zuletzt geprüft und mit welchem Ergebnis? Wenn nein, warum nicht? Siehe Drs. 21/11910. 2. Sieht der Senat die Notwendigkeit, zukünftig die regelhaften Tests der Wasserqualität auf MRE auszuweiten? Wenn ja, zu wann wird dies umgesetzt? Wenn nein, warum nicht? 3. Welche Maßnahmen ergreift der Senat mit welchem Erfolg, um die Ausbreitung von MRE in Hamburgischen Gewässern zu vermeiden beziehungsweise einzudämmen? Der Senat sieht keine Notwendigkeit, regelhafte Tests der Oberflächengewässer auf multiresistente Erreger durchzuführen. Von einer Ausbreitung von MRE in Hamburgischen Gewässern ist nach derzeitigem Kenntnisstand nicht auszugehen. Drucksache 21/11939 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 4. Wie stellt der Senat sicher, dass MRE nicht in das Trinkwasser gelangen ? Das aus geschützten Grundwasservorkommen gewonnene Hamburger Trinkwasser ist durch ein Multibarrieren-System vor Einträgen von Krankheitserregern geschützt. Die Aufbereitung in den Wasserwerken erfolgt nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik. Das Trinkwasser wird laufend entsprechend den Vorgaben der Trinkwasserverordnung untersucht und bakteriologisch bewertet. Bei Hinweisen auf Verkeimung, zum Beispiel infolge von Reparaturen bei Rohrbrüchen, wird umgehend die Keimfreiheit durch Rohrspülungen oder niedrigdosierte Chlorung wiederhergestellt , sodass eine Gefährdung der menschlichen Gesundheit nicht zu besorgen ist. 5. Hat es Trinkwasserverunreinigungen durch MRE in Hamburg gegeben? Wenn ja, wann sind dem Senat welche Fälle bekannt geworden? Es sind in Hamburg keine Fälle von Kontaminationen im Trinkwasser mit multiresistenten Erregern bekannt. Trinkwasser wird insbesondere auf Mikroorganismen untersucht , die zum Beispiel im Abwasser vorkommen und die auf die Anwesenheit von humanpathogenen Krankheitserregern hinweisen können. Diese dürfen unabhängig von einer möglichen Multiresistenz nicht im Trinkwasser nachweisbar sein. Das Kriterium der Multiresistenz wird daher nicht explizit untersucht. 6. Welche Maßnahmen ergreift der Senat, um gegebenenfalls kontaminiertes Trinkwasser zu reinigen? Kontaminationen durch Krankheitserreger würden unverzüglich weitergehende Untersuchungen und erforderlichenfalls Aufbereitungs- oder Desinfektionsmaßnahmen auslösen. Hierfür liegen zwischen der zuständigen Fachbehörde und dem Wasserversorgungsunternehmen abgestimmte Maßnahmenpläne vor. Anlassbezogen würde auch eine Empfehlung zu Verwendungseinschränkung oder eine Abkochempfehlung des Trinkwassers ausgesprochen. 7. Mit welchem Aufwand und welchen Kosten ist dies verbunden und wer trägt diese Kosten? Aufwand und Kosten sind schadensabhängig und deshalb nicht pauschal zu beziffern. Kostenträger wäre das Wasserversorgungsunternehmen. 8. Ist geplant, das Prozedere zur Wasseraufbereitung in Hamburg wegen MRE zu ändern? Wenn ja, in welcher Form? Wenn nein, warum nicht? Es ist nicht geplant, das Prozedere zur Wasseraufbereitung in Hamburg zu ändern, da keine Hinweise auf Krankheitserreger (einschließlich MRE) im Trinkwasser vorliegen. Das Trinkwasser wird laufend entsprechend den Vorgaben der Trinkwasserverordnung untersucht und bakteriologisch bewertet. Im Übrigen siehe Antwort zu 4. 9. Wie viele Genehmigungen nach §8 WHG für die Einleitung von Abwasser in Gewässer wurden seit 2015 erteilt? a. Werden diese Genehmigungen in regelmäßigen Abständen überprüft ? Seit 2015 wurden drei wasserrechtliche Erlaubnisse für die Einleitung von Mischwasserüberläufen und 69 wasserrechtliche Erlaubnisse für die Einleitungen aus Kleinkläranlagen in Oberflächengewässer erteilt. Es wurden fünf wasserrechtliche Erlaubnisse für Kleinkläranlagen erteilt, deren gereinigtes Abwasser in den Untergrund versickert wird. Die Mischwasserüberläufe werden jährlich überprüft. Die Überprüfung der Kleinkläranlagen erfolgt durch zugelassene Fachbetriebe im Rahmen der Wartung, die mindestens zweimal jährlich durchzuführen ist. Die zuständigen Wasserbehörden erhalten eine Kopie der Wartungsberichte. Bei Versickerung in den Untergrund erfolgt die Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/11939 3 Überprüfung der in den wasserrechtlichen Erlaubnissen festgelegten Überwachungswerte jährlich. b. Wie hoch schätzt der Senat das Risiko der Emission von MRE durch die Einleitung von Abwasser in Gewässer ein? In Hamburg gilt das Prinzip der zentralen Abwasserbehandlung, das heißt, außer in Streulagen sind alle bebauten Grundstücke an das Sielnetz und damit an die zentrale Abwasserbeseitigung mit dem Klärwerksverband Köhlbrandhöft/Dradenau angeschlossen . Der derzeitige Anschlussgrad liegt bei über 99 Prozent. Der Anteil an Kleinkläranlagen, deren gereinigtes Abwasser in den Untergrund versickert oder in ein Oberflächengewässer eingeleitet wird, ist somit in Hamburg äußerst niedrig. Entsprechend gering ist auch das Risiko, dass mögliche MRE-Einträge in das Grundwasser oder ein Oberflächengewässer gelangen können. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 10. Wie viele Patienten wurden in Hamburg in den letzten fünf Jahren aufgrund von Komplikationen durch MRE in Hamburger Krankenhäusern behandelt? Bei Komplikationen durch MRE handelt es sich um Nebendiagnosen, deren Daten der Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz nicht zur Verfügung stehen. In der Standardaufbereitung der DRG-Daten sind diese Angaben nicht enthalten. Insofern können keine konkreten Angaben, wieviel Patienten in Hamburg aufgrund von Komplikationen durch MRE behandelt wurden, aufgrund der vorliegenden Zahlen dargestellt werden. Aufgrund der bestehenden Meldepflichten wurden jedoch folgende Fälle von Infektionen mit MRSA (Methicillin-resistenterStaphylococcus aureus) von 2013 bis 2017 gemeldet: MRSA (Datenstand 12.2.2018) Anzahl gemeldeter Fälle (n=260) 2013 2014 2015 2016 2017 65 65 47 37 46 Aufgrund der erst ab dem 1. Mai 2016 geltenden Meldepflicht gemäß Verordnung zur Anpassung der Meldepflichten nach dem Infektionsschutzgesetz an die epidemische Lage (IfSGMeldAnpV) liegen Daten für den geforderten Zeitraum für andere multiresistente Erreger nur ab diesem Datum vor: Erreger Anzahl gemeldeter Fälle 2016, ab 1.5.2016 (n=98, Stand 12.2.2018) Anzahl gemeldeter Fälle 2017 (n=219, Stand 12.2.2018) Acinebobacter Citrobacter Enterobacter Escherichia Havnia Klebsiella Proteus Raoultella Serratia 25 2 24 4 1 37 2 0 3 50 4 61 17 2 77 1 3 4 11. In Artikel 3 der EG-Kommunalabwasserrichtlinie ist festgelegt, dass individuelle Systeme der dezentralen Abwasserbeseitigung möglich sind. Drucksache 21/11939 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Diese müssen aber das gleiche Umweltniveau wie eine zentrale Abwasserbeseitigungsanlage gewährleisten. a. In welchen Intervallen werden Kontrollen in dezentralen Abwasserbeseitigungsanlagen durchgeführt? Siehe Antwort zu 9. a. b. Wenn das Ergebnis einer Kontrolle ist, dass eine dezentrale Abwasserbeseitigungsanlage nicht das gleiche beziehungsweise ein schlechteres Umweltniveau gewährleistet: Welche Maßnahmen werden ergriffen, damit das gleiches Umweltniveau wieder hergestellt wird? i. Falls Schäden in der Umwelt entstanden sind, wie werden diese Schäden behoben? Betreiber von dezentralen und nicht dem Stand der Technik entsprechenden Abwasseranlagen werden von der zuständigen Wasserbehörde aufgefordert, ihre Anlage nachzurüsten beziehungsweise zu erneuern. Es können die üblichen verwaltungsrechtlichen Instrumente angewandt werden, zum Beispiel Ordnungswidrigkeitsverfahren , Anordnungen, Zwangsmittel. Dem Senat liegen keine Kenntnisse über Umweltschäden aus derartigen Anlagen vor. c. Wie hoch schätzt der Senat das Risiko der Kontamination derartiger Anlagen mit MRE ein? Siehe Antwort zu 9. b.