BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/11957 21. Wahlperiode 16.02.18 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dennis Gladiator (CDU) vom 09.02.18 und Antwort des Senats Betr.: Entwicklung der Organisierten Kriminalität (OK) in Hamburg Ob in Rockerclubs, bei der Mafia oder in Familienclans, die Organisierte Kriminalität tritt in hierarchisch aufgebauten Organisationsformen auf; es gibt aber auch netzwerkartige, funktional differenzierte Organisationsformen. Zahlreiche der von Polizei und Staatsanwaltschaft geführten OK-Verfahren weisen Bezüge ins Ausland auf. Nach der von der AG Justiz/Polizei festgelegten Arbeitsdefinition ist „Organisierte Kriminalität (…) die von Gewinn oder Machtstreben bestimmte planmäßige Begehung von Straftaten, die einzeln oder in ihrer Gesamtheit von erheblicher Bedeutung sind, wenn mehr als zwei Beteiligte auf längere oder unbestimmte Dauer arbeitsteilig a) unter Verwendung gewerblicher oder geschäftsähnlicher Strukturen, b) unter Anwendung von Gewalt oder anderer zur Einschüchterung geeigneter Mittel oder c) unter Einflussnahme auf Politik , Medien, öffentliche Verwaltung, Justiz oder Wirtschaft zusammenwirken.“ Die Strukturen der OK bedrohen die Wirtschaft und die öffentliche Sicherheit; die Bandbreite der Geschäftsfelder beziehungsweise Delikte, die durch konspirativ und teilweise international vernetzte Banden begangen werden, wird immer breiter. Die Bandbreite der Straftaten ist breit: Drogenschmuggel, Menschenhandel, Einbruchsdiebstahl, Mord, Erpressung, Geldwäsche, Betrug, Steuer- oder Zolldelikte, um nur einige Beispiele zu nennen. Die OK verursacht massive Schäden. Nach dem vom BKA veröffentlichten Bundeslagebild Organisierte Kriminalität betrug die für das Berichtsjahr 2016 von OK-Gruppierungen verursachte Gesamtschadenssumme in Deutschland rund 1,01 Milliarden Euro. „Mit einer Schadenssumme von mehr als 684 Millionen Euro war die Kriminalität i.Z.m. dem Wirtschaftsleben im Berichtsjahr 2016 der mit Abstand schadensträchtigste Kriminalitätsbereich: Dies entspricht 68,0 % des festgestellten OK-Gesamtschadens. Es folgten die Bereiche Steuer- und Zolldelikte mit rund 227 Millionen Euro (22,6 %), Eigentumskriminalität mit etwa 54 Millionen Euro (5,4 %) sowie Cybercrime mit ungefähr 29 Millionen Euro (2,9 %).“ Es gab deutschlandweit 8.655 Tatverdächtige, von denen 5.846 nicht deutsch sind. Im letzten Lagebericht, den Hamburg zur OK für das Jahr 2013 erstellt hat, heißt es: „Hamburg wird auch zukünftig aufgrund seiner wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse für OK-Gruppierungen von großer Attraktivität sein. Die in den Lageberichten dargestellten Fakten belegen damit die weitere Not- Drucksache 21/11957 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 wendigkeit eines gesamtgesellschaftlichen und behördenübergreifenden Zusammenwirkens bei der Bekämpfung der OK.“ Insofern stellt sich die Frage, wie sich die Situation in Hamburg seit Beantwortung der Großen Anfrage Drs. 21/3232 entwickelt hat. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Der Senat hat mit der Drs. 21/3232 auf die Große Anfrage „Lagebild zur Organisierten Kriminalität (OK)“ umfassend geantwortet. Die mit zur Beantwortung der vielfach gleichlautenden und noch darüber hinausgehenden Fragen erforderlichen Handaktenauswertungen waren in der für eine Schriftliche Kleine Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht vollumfänglich möglich. Darüber hinaus liegen Daten zu OK-Ermittlungsverfahren im Sinne der Fragestellungen für 2017 noch nicht vor. Sie werden im Laufe des Jahres von der Polizei Hamburg an das Bundeskriminalamt (BKA) gemeldet und von dort in das bundesweite Lagebild OK eingearbeitet. Im Vorgangsverwaltungs- und Vorgangsbearbeitungssystem MESTA der Staatsanwaltschaft Hamburg wird weder zuverlässig erfasst noch anlässlich der Registrierung von Einzelfällen überprüft, ob ein Verfahren nach der festgelegten Arbeitsdefinition dem Bereich der Organisierten Kriminalität zuzuordnen ist. Entsprechende Meldungen von Verfahren an das Bundeskriminalamt nach bundeseinheitlichen polizeilichen Erfassungskriterien nimmt die Polizei eigenständig und ohne Einbindung der Staatsanwaltschaft vor. Die Sonderabteilungen 54, 65, 66 der Staatsanwaltschaft Hamburg sind zwar originär mit der Verfolgung von dem Bereich der Organisierten Kriminalität zuzuordnenden Straftaten befasst, jedoch werden dort auch Verfahren bearbeitet, die nach der Arbeitsdefinition nicht diesen Kriminalitätsbereich betreffen, deren Bearbeitung jedoch beispielsweise eine besondere Sachkunde und erheblich erhöhten Aufwand erfordert. In der Abteilung 66 werden im Übrigen überwiegend Verfahren aus dem Bereich der Tötungsdelikte bearbeitet. Daneben werden der Organisierten Kriminalität zuzuordnende, an das Bundeskriminalamt gemeldete Verfahren auch in allgemeinen Sach- und Komplexdezernaten, insbesondere in für Rauschgiftsachen und Wohnungseinbruch zuständigen Abteilungen, bearbeitet. Der Staatsanwaltschaft liegen daher belastbare Erkenntnisse zu einer Vielzahl der in der Anfrage abgefragten Daten nicht vor. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie viele Ermittlungsverfahren wurden insgesamt in den Jahren 2015, 2016 und 2017 dem Kriminalitätsfeld der Organisierten Kriminalität zugeordnet ? (Bitte nach Erstmeldungen, Fortschreibungen und Abschlussmeldungen getrennt darstellen.) Die nachfolgende Tabelle bildet die nach bundeseinheitlichen polizeilichen Erfassungskriterien an das Bundeskriminalamt (BKA) gemeldeten Verfahren ab. Bedingt durch die Fortschreibung werden einzelne Verfahren in mehreren Jahren gezählt. Jahr Erstmeldungen Fortschreibungen OK- Verfahren insgesamt* Abschlussmeldungen 2015 14 15 29 17 2016 13 12 25 15 * Diese Spalte zeigt die Summe der unter Erstmeldungen und Fortschreibungen erfassten Verfahren. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. a. Wie hat sich die Anzahl der Ermittlungsverfahren jeweils gegenüber dem Vorjahr verändert? (Bitte in absoluten und prozentualen Zahlen angeben.) Die nachfolgende Tabelle weist Veränderungen in der Anzahl der Ermittlungsverfahren gegenüber dem Vorjahr aus: Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/11957 3 Veränderungen zum Vorjahr Erstmeldungen Fortschrei-bungen OK- Verfahren insgesamt Abschlussmeldungen 2015 absolut + 1 - 1 +/- 0 + 6 relativ + 7,7 % - 7,1 % +/- 0 % + 54,5 % 2016 absolut - 1 - 3 - 4 - 2 relativ - 7,1 % - 20,0 % - 13,8 % - 11,8 % Im Übrigen siehe Vorbemerkung. b. Welchen Delikts- und Tätigkeitsbereichen sind die OK-Verfahren aus den Jahren 2015, 2016 und 2017 zuzurechnen und welche Kriminalitätsbereiche stellten hierbei den Schwerpunkt der OK dar? Die nachfolgende Tabelle stellt die Zahl der OK-Verfahren in Hamburg für die Jahre 2015 und nach Kriminalitätsbereichen der festgestellten Delikte dar: Kriminalitätsbereiche 2015 2016 Rauschgifthandel/-schmuggel 16 9 Kriminalität i.Z.m. dem Wirtschaftsleben 2 4 Geldwäsche 2 2 Fälschungskriminalität - 1 Eigentumskriminalität 1 4 Schleuserkriminalität 1 - Steuer- und Zolldelikte 1 1 Gewaltkriminalität 3 2 Cybercrime/Informations- und Kommunikationstechnik (IuK) 2 1 Umweltkriminalität 1 1 Im Übrigen siehe Vorbemerkung. c. Welche Alternativen a) bis c) der Arbeitsdefinition der OK waren den Ermittlungsverfahren der Jahre 2015, 2016 und 2017 jeweils wie häufig zuzuordnen? (Bitte in absoluten sowie prozentualen Zahlen darstellen.) Die erfragten Daten sind in nachfolgender Tabelle dargestellt: Jahr OK- Verfahren gesamt Häufigkeit* und Anteile Alternative a)** Alternative b)*** Alternative c)**** Häufigkeit Anteil Häufigkeit Anteil Häufigkeit Anteil 2015 29 28 96,6 % 4 13,8 % 1 3,4 % 2016 25 23 92,0 % 4 16,0 % 1 4,0 % * Mehrfacherfassungen sind möglich ** unter Verwendung gewerblicher oder geschäftsähnlicher Strukturen *** unter Verwendung von Gewalt oder anderer zur Einschüchterung geeigneter Mittel **** unter Einflussnahme auf Politik, Medien, öffentliche Verwaltung, Justiz oder Wirtschaft Im Übrigen siehe Vorbemerkung. d. Welche Erkenntnisse liegen zu den Aktionsräumen der Tatvorwürfe vor, die den Verfahren zugrunde liegen? Die Auswertung der vorliegenden Daten der Aktionsräume für 2015 (2016) ergab: ein Verfahren (3,4 Prozent) (2016: drei (12,0 Prozent)) mit ausschließlichem Bezugspunkt Hamburg (regional), drei Verfahren (10,3 Prozent) (2016: vier (16,0 Prozent)) mit Bezugspunkten zu mehreren Bundesländern (überregional), 25 Verfahren (86,2 Prozent) (2016: 18 (72,0 Prozent)) mit Bezugspunkten in das europäische und außereuropäische Ausland (international). Drucksache 21/11957 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 e. Aufgrund welcher Hinweise, Erkenntnisse und Anzeigen wurden welche der jeweils in den Jahren 2015, 2016 und 2017 erfassten Vorgänge eingeleitet? (Bitte in absoluten und prozentualen Zahlen angeben.) Die erfragten Daten sind in nachfolgender Tabelle dargestellt: Kriterien für die Verfahrenseinleitung 2015 2016 absolut prozentual absolut prozentual Strafanzeige 7 24,1 % 7 28,0 % Verdachtsanzeige nach dem Geldwäschegesetz (GWG) 3 10,3 % 2 8,0 % Hinweise aus anderen Ermittlungsverfahren 7 24,1 % 5 20,0 % Erkenntnisse von Verdeckten Ermittlern und Vertrauenspersonen 9 31,0 % 7 28,0 % Initiativermittlungen - 0,0 % - 0,0 % anonymer Hinweis - 0,0 % 1 4,0 % Hinweise anderer Dienststellen und Behörden 3 10,3 % 1 4,0 % Anlassunabhängige Kontrolle - 0,0 % 1 4,0 % Verfahrensunabhängige und - übergreifende Auswertung - 0,0 % 1 4,0 % Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 2. Wie viele OK-Verfahren in den Jahren 2015, 2016 und 2017 bezogen sich auf mutmaßliche Mitglieder der Rocker-Vereinigung „Hells Angels“? Im Jahr 2015 bezogen sich zwei OK-Verfahren auf mutmaßliche Mitglieder der Rocker-Vereinigung „Hells Angels“, im Jahr 2016 drei Verfahren. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. a. In welchem Bereich beziehungsweise zu welchen Tatvorwürfen wurden die Ermittlungen geführt? 2015 wurde ein Verfahren wegen Rauschgift- und ein Verfahren wegen Gewaltkriminalität geführt. 2016 wurde in zwei Verfahren wegen Rauschgift- und in einem Verfahren wegen Gewaltkriminalität ermittelt. b. Wie viele Tatverdächtige wurden dabei ermittelt? 2015 wurden 21 und in 2016 wurden 25 Tatverdächtige ermittelt. c. Welche Erkenntnisse liegen insgesamt über die Entwicklung und Aktivitäten von „Hells Angels“ in Hamburg vor? Die Polizei sieht aus ermittlungstaktischen Erwägungen von einer Beantwortung ab. 3. Wie viele OK-Verfahren bezogen sich auf Straftaten an und im Umfeld der Reeperbahn auf St. Pauli? Statistiken im Sinne der Fragestellung werden bei der Polizei nicht geführt. OK-Verfahren sind stets umfänglich und bestehen aus einer Vielzahl von Aktenbänden . Für die Beantwortung dieser Frage wäre eine detaillierte Auswertung sämtlicher entsprechender Ermittlungsverfahren des erfragten Zeitraums bei der Abteilung „Organisierte Kriminalität und Rauschgiftkriminalität“ des Landeskriminalamts (LKA 6) erforderlich. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 4. Welche Erkenntnisse liegen insgesamt über die Milieukriminalität beziehungsweise die OK-Aktivität an und im Umfeld der Reeperbahn auf St. Pauli vor? 5. Wie beurteilt der Senat die Milieukriminalität beziehungsweise die OK- Aktivität an und im Umfeld der Reeperbahn auf St. Pauli? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/11957 5 Die Polizei hat in den letzten Jahren regelmäßig komplexe Ermittlungsverfahren „Milieukriminalität “ durchgeführt, in denen die Beschuldigten Berührungspunkte zur Reeperbahn beziehungsweise zu St. Pauli hatten. Hierbei muss es sich nicht immer um „klassische“ OK-Verfahren gemäß der Arbeitsdefinition handeln. Eine gesonderte statistische Erfassung im Sinne der Fragestellung erfolgt nicht. Die polizeilichen Erkenntnisse über Taten und Täterstrukturen an und im Umfeld der Reeperbahn und auf St. Pauli sind vielschichtig und umfassen grundsätzlich eine Vielzahl an Kriminalitätsbereichen . Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 6. Wie lange betrug die durchschnittliche monatliche sowie die maximale Verfahrensdauer der in den Jahren 2015, 2016 und 2017 abgeschlossenen OK-Verfahren? Wie stellt sich dies bei den staatsanwaltschaftlichen Verfahren vom Eingang beziehungsweise der Einleitung des Verfahrens bis zur staatsanwaltschaftlichen Abschlussentscheidung dar? Die durchschnittliche polizeiliche Bearbeitungsdauer bei den in 2015 abgeschlossenen Verfahren betrug 10,7 Monate, die maximale 25 Monate. Bei den im Jahr 2016 abgeschlossenen Verfahren betrug die durchschnittliche polizeiliche Bearbeitungsdauer 13,7 Monate, die maximale 32 Monate. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 7. Wie beurteilen die zuständigen Stellen die Entwicklung beziehungsweise Tendenz im Bereich der OK? Ermittlungen in Verfahren der Organisierten Kriminalität sind weiterhin eine besondere Herausforderung für die zuständigen Strafverfolgungsbehörden. Die Täter bedienen sich beispielsweise aller Möglichkeiten moderner Kommunikationsmethoden (einschließlich häufiger Wechsel von Anschlusskennungen, Nutzung von Verschlüsselungsmöglichkeiten , Verwendung von nicht zu überwachenden Kommunikationsanwendungen und so weiter). Dies führt zu erheblichem Aufwand bei Ermittlungen im verdeckten Bereich. 8. Wie hat sich die Anzahl der für die Bekämpfung der OK zuständigen Beamten (Stellen-Soll und VZÄ) in den zuständigen Dienststellen der Polizei Hamburg sowie bei der Staatsanwaltschaft seit dem Jahr 2015 entwickelt? (Bitte jeweils zum Stichtag 31.12. unter Angabe der Besoldungsgruppen darstellen.) Der Stellenbestand des LKA 6 für die Jahre 2016 und 2017 jeweils zum 31. Dezember ist in den nachfolgenden Tabellen dargestellt: Stellenbestand 2015 2016 2017 A 7-A11 65 65 65 A 8 2 2 2 A 9-A11 121 120 120 A12 35 35 36 A13 11 13 13 A14 2 0 0 A15 1 1 1 A16 1 1 1 Summe 238 237 238 Stichtag jeweils 31. Dezember des Jahres. VPK* 2015 2016 2017 A 7 5 6 4 A 8 9,3571 7 9 A 9 55,4663 51,8214 49 A10 64,5691 55,3631 56,7214 A11 50,4071 51,4321 44,875 A12 24 23 22,5238 A13 9 9 10 Drucksache 21/11957 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 6 VPK* 2015 2016 2017 A14 2 0 0 A15 1 1 0 A16 1 1 1 Summe 221,7966 205,6166 197,1202 Stichtag jeweils 31.Dezember des Jahres *VPK = verfügbare Personalkapazität In der Drs. 21/3232 wurde in der Antwort zu 7. in den ersten beiden Tabellen versehentlich angegeben, dass der Stellenbestand ohne ZD 62/LKA 68 abgebildet ist. Tatsächlich enthielten diese Tabellen auch die Stellen von ZD 62/LKA68. Den drei Ermittlungsabteilungen 54, 65 und 66 der Staatsanwaltschaft Hamburg waren im Dezernentenbereich in den Jahren 2016 bis Januar 2018 ausweislich der jeweiligen Jahresgeschäftsverteilungspläne im Soll die nachstehend aufgeführten Vollzeitäquivalente (VZÄ) zugewiesen, wobei aus systemimmanenten Gründen als Stichtag lediglich der 1. Januar eines jeden Jahres angegeben werden kann: Abteilung 2016 2017 2018 54 4 (1/3) 4 (1/3) 4 (1/3) 65 6 (1/5) 6 (1/5) 6 (1/5) 66 6,8 (1/5,8) 6,8 (1/5,8) 7 (1/6) Die Angaben im Klammerzusatz geben die Anzahl der Besoldungsgruppen wieder (R2/R1). Hiervon waren zum jeweiligen Stichtag (1. Januar) ausweislich der Jahresgeschäftsverteilungspläne im Ist die nachstehend aufgeführten Vollzeitäquivalente (VZÄ) besetzt, wobei die tatsächliche Besetzung der VZÄ den üblichen kurzzeitigen Schwankungen (etwa durch die Belegung mit Teilzeitkräften oder infolge kurzfristiger Vakanzen) unterliegt. Abteilung 54 Bes.-Gruppe 2016 2017 2018 R1 2,50 2,00 3,00 R2 1,00 0,95 1,00 R1 + R2 3,50 2,95 4,00 Abteilung 65 Bes.-Gruppe 2016 2017 2018 R1 5,00 5,00 5,00 R2 1,00 1,00 1,00 R1 + R2 6,00 6,00 6,00 Abteilung 66 Bes.-Gruppe 2016 2017 2018 R1 5,80 4,70 5,90 R2 1,00 1,00 1,00 R1 + R2 6,80 5,70 6,90 Im Servicebereich werden den Hauptabteilungen V und VI, in denen die Abteilungen 54, 65 und 66 angebunden sind, Moderatoren, Qualifizierte Einheitssachbearbeiter (QESB), Einheitssachbearbeiter (ESB) und Wachtmeister zugewiesen, die je nach ihrer Funktion bei den Beamtinnen und Beamten den Besoldungsgruppen A 4 bis A 9 beziehungsweise bei den Angestellten den Entgeltgruppen EG 4 bis EG 8 zugeordnet sind. Für Serviceteams erfolgt durch die Personalabteilung der Staatsanwaltschaft lediglich eine generelle Zuweisung, während die interne Verteilung den jeweiligen Einheiten vorbehalten bleibt. Insofern werden die erforderlichen Arbeitsanteile im ESB- und QESB-Bereich dort je nach Arbeitsanfall zugewiesen und auf etwaige Vakanzen wird gegebenenfalls durch interne Aufgabenumverteilungen reagiert. Daher könnte eine Übersicht über die Soll- und Ist-VZÄ im Servicebereich lediglich für die gesamte Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/11957 7 Hauptabteilung erstellt werden; angesichts der Größe der jeweiligen Hauptabteilungen – die Hauptabteilungen V und VI bestehen aus je sechs unterschiedlich strukturierten Abteilungen – können aus einer derartigen Aufstellung keine zuverlässigen Rückschlüsse auf die Besetzung der Serviceeinheiten der Abteilungen 54, 65 und 66 gezogen werden. 9. Welche Änderungen hat es im Bereich des behördenübergreifenden Zusammenwirkens im Hinblick auf die Bekämpfung der OK seit dem Jahr 2015 gegeben? Die Staatsanwaltschaft Hamburg arbeitet weiterhin eng und vertrauensvoll in bewährter Weise insbesondere mit den OK-Dienststellen des LKA Hamburg sowie mit entsprechenden Stellen beim Bundeskriminalamt (BKA), der Bundespolizei und dem Zoll zusammen. Insbesondere wird das Ermittlungsinstrument der Gemeinsamen Ermittlungsgruppe /des Joint Investigation Teams (GEG/JIT) zunehmend genutzt, welche als Folge immer stärker zunehmender staatenübergreifender Kriminalität einen intensiveren Informationsaustausch und die gemeinsame Auswertung von Beweismitteln auf zwischenstaatlicher Ebene ermöglicht. Am 26. Juni 2017 ist die Financial Intelligence Unit (FIU) vom BKA zur Generalzolldirektion verlagert worden und alle Geldwäschemeldungen werden seitdem bei der Generalzolldirektion erfasst. Darüber hinaus gab es keine Änderungen im Sinne der Fragestellung. 10. Welche Fortbildungen wurden im Bereich der OK-Bekämpfung seit dem Jahr 2015 angeboten? Die Deutsche Richterakademie bietet laufend Fortbildungsveranstaltungen für Staatsanwälte an, die sich sowohl mit allgemeinen Aspekten der Organisierten Kriminalität (beispielsweise die jährlich stattfindende, einwöchige Fortbildung „Organisierte Kriminalität “), speziellen Ermittlungstaktiken und -techniken sowie spezifischen Erscheinungsformen organisierter Kriminalität (wie etwa Wirtschaftsstrafrecht, Internetkriminalität ) befassen. Daneben gibt es weitere interne Angebote der Staatsanwaltschaft und der Justizbehörde, wie etwa Fortbildungsveranstaltungen durch Referenten der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht zu Möglichkeiten der Zusammenarbeit oder von einem Bundesanwalt zum Umgang mit einer Konfliktverteidigung im Rahmen der Hauptverhandlung. Im OK-Bereich tätige Dezernenten nehmen zudem regelmäßig an Arbeitstagungen der ZOK Celle (Zentrale Stelle Organisierte Kriminalität und Korruption der Generalstaatsanwaltschaft Celle), insbesondere der sogenannten OK-Tagung, teil. Sie haben ferner auf europäischer Ebene angebotene Fortbildungsveranstaltungen des EJTN (European Judicial Training Network), zum Beispiel „Organised Property Crime“, besucht. Daneben nahmen OK-Dezernenten an Einzelfachtagungen in den Bereichen Rockerkriminalität, Menschenhandel, der deutschpolnischen Zusammenarbeit im Hinblick auf Gemeinsame Ermittlungsgruppen, Wohnungseinbruch und „Mobile Täter“ teil. Im Jahr 2017 wurde die Arbeitstagung der Leiterinnen und Leiter der OK-Zentralstellen, an der ebenfalls in jedem Jahr ein Dezernent der Staatsanwaltschaft teilnimmt, durch die Staatsanwaltschaft Hamburg ausgerichtet . Den Mitarbeitern der Polizei wird im Bereich der OK-Bekämpfung ein breites Spektrum an Fortbildungen angeboten, die sich jeweils an Sachbearbeiter sowie Führungskräfte der einzelnen Fachkommissariate richten und deren Anforderungen berücksichtigen . Bezeichnung der Aus-/Fortbildungsveranstaltungen 1 OK-Lehrgang Basismodul 2 OK-Lehrgang Aufbaumodul 3 Bekämpfung der OK im Internet 4 Verfahrensunabhängige Finanzermittlung Geldwäsche Modul B 5 Spezialmodul „Organisierte Rauschgiftkriminalität für erfahrene Sachbearbeiter“ 6 Spezialmodul „Organisierte Rauschgiftkriminalität für Dienststellenleiter“ 7 Spezialmodul „Synthetische Drogen“ 8 Fachseminar „Menschenhandel, sexuelle Ausbeutung, Prostitution" 9 Aufbauseminar „Vermögensabschöpfung“ Drucksache 21/11957 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 8 10 Bekämpfung international relevanter Kriminalität 11 Strategie und Taktik zur Bewältigung von Einsatzlagen der Schwerstkriminalität 12 Sachbearbeitertagung „Gemeinsame Finanzermittlungsgruppen Geldwäsche“ 13 Sachbearbeitertagung „Menschenhandel“ 14 Sachbearbeitertagung „Rauschgifthandel in Internet“ 15 Seminar „Neuregelung Vermögensabschöpfungsrecht“ 16 Seminar „Research Conference on Organized Crime” 17 Seminar „Cocaine Smuggling“ 18 Wirtschaftskriminalität (Wikri) Basis 19 Wikri Aufbau 20 Wikri Delikte im Gesundheitswesen 21 Wikri Insolvenz 22 Wikri Arbeitsmarktdelikte 23 Wikri Wettbewerbsdelikte 24 Wikri Geldwäsche/Korruption 25 Tagung „Tor-Netzwerk – The Hidden Services” 26 Tagung „Heroin smuggling – by using TOR networks and Dark net” 27 Motorradbanden 11. Wie viele Tatverdächtige wurden in den Jahren 2015, 2016 und 2017 im Zusammenhang mit OK-Verfahren ermittelt? 12. Welchen Staatsangehörigkeiten gehörten die Tatverdächtigen jeweils an? (Bitte in absoluten sowie prozentualen Zahlen angeben.) 13. Wie viele Festnahmen im Zusammenhang mit OK-Verfahren erfolgten jeweils in den Jahren 2015, 2016 sowie 2017 und wie viele Haftbefehle wurden jeweils erlassen? Die Polizei hat im Sinne der Fragestellung 2015 insgesamt 248 und in 2016 insgesamt 264 Tatverdächtige ermittelt. 2015 erfolgten 38 vorläufige Festnahmen, die zum Erlass von insgesamt 28 Haftbefehlen führten. 2016 erfolgten 24 vorläufige Festnahmen , die zum Erlass von 21 Haftbefehlen führten. Die Staatsangehörigkeiten der in 2015 und 2016 ermittelten Tatverdächtigen (TV) werden nachfolgend dargestellt: Land 2015 2016 Anzahl der TV Anteil der TV Anzahl der TV Anteil der TV Belgien 9 3,63 % 11 4,17 % Bolivien 17 6,85 % - - Bulgarien - - 9 3,41 % Deutschland 104 41,94 % 125 47,35 % Irak 3 1,21 % - - Kanada - - 14 5,30 % Kosovo - - 3 1,14 % Litauen 3 1,21 % - - Mazedonien 4 1,61 % - - Polen 68 27,42 % 78 29,55 % Serbien 3 1,21 % - - Türkei 28 11,29 % 24 9,09 % Ukraine 4 1,61 % - - Weißrussland 5 2,02 % - - Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 14. Wie hoch waren die im Rahmen der OK-Verfahren gemeldeten Schäden , die im Zuge von Finanzermittlungen festgestellten Erträge der Täter sowie die vorläufig gesicherten Vermögenswerte jeweils in den Jahren 2015, 2016 und 2017? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/11957 9 15. In welcher Höhe wurden in den Jahren 2015, 2016 und 2017 insgesamt aus allen Verfahrensbereichen Vermögenswerte vorläufig gesichert und wie hoch war jeweils der Anteil, der aus den OK-Verfahren resultierte? Die erfragten Daten sind in nachfolgender Tabelle dargestellt: Jahr Gemeldete Schadenssumme Festgestellte Erträge Vorläufig gesicherte Vermögenswerte gesamt Vorläufig gesicherte Vermögenswerte aus OK-Verfahren 2015 11.965.851 € 13.295.350 € 8.914.218,89 € 459.320 € 2016 185.213.000 € 183.270.248 € 16.935.261,42 € 201.696 € Der Anteil, der jeweils aus den OK-Verfahren resultierte, betrug in 2015 5,2 Prozent sowie in 2016 1,2 Prozent. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 16. In welcher Höhe konnten in den Jahren 2015, 2016 und 2017 Vermögenswerte endgültig zugunsten der Staatskasse vereinnahmt werden und welcher Anteil davon stammt aus OK-Verfahren? Die endgültig zugunsten der Staatskasse vereinnahmten Vermögenswerte ergeben sich aus der nachfolgenden Tabelle: Jahr Endgültig der Staatskasse zugeführt 2015 2.526.030,74 € 2016 2.097.197,98 € 2017 3.494.201,13 € Bei den endgültig der Staatskasse zugeführten Vermögenswerten ist der Polizei nicht bekannt, aus welchen Verfahren im Einzelnen die Gelder stammen, da diese erst nach Abschluss zum Teil mehrjähriger Verfahrenslaufzeiten der Staatskasse zufließen . Auch der Anteil der Sicherungen aus OK-Verfahren wird hier statistisch nicht erfasst. 17. In wie vielen Fällen wurden in den Jahren 2015, 2016 und 2017 bei OK- Verfahren Maßnahmen der Vermögensabschöpfung durchgeführt und in welchen Deliktsbereichen lag der Schwerpunkt der Vermögensabschöpfung ? In 2015 in sieben Fällen und in 2016 in fünf Fällen. Der Schwerpunkt lag jeweils in dem Deliktsbereich Rauschgifthandel. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 18. Wie viele OK-Gerichtsverfahren gegen wie viele Angeklagte wurden in den Jahren 2015, 2016 und 2017 mit jeweils welchem Ergebnis abgeschlossen ? (Bitte differenziert nach Einstellungen, Freispruch, Geld- und Freiheitsstrafen, mit Bewährung/ohne Bewährung und bis zwei Jahren, zwischen zwei und fünf Jahren sowie über fünf Jahren, darstellen.) 19. Wie lang war die durchschnittliche monatliche Verfahrensdauer von Anklageerhebung bis zur rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung? Siehe Vorbemerkung. 20. Wie viele Personen wurden im Rahmen der OK-Verfahren in den Jahren 2015, 2016 und 2017 jeweils in offizielle Zeugenschutzprogramme aufgenommen ? 2015 keine und in 2016 eine Person. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 21. In wie vielen OK-Verfahren sind in den Jahren 2015, 2016 und 2017 verdeckte Maßnahmen zur Beweissicherung durchgeführt worden und um welche Maßnahmen handelte es sich? Die erfragten Daten sind in nachfolgender Tabelle dargestellt: Drucksache 21/11957 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 10 Jahr Verfahren mit verdeckten Maßnahmen Durchgeführte Maßnahmen 2015 20 Maßnahmen nach §§ 100 a, c und f Strafprozessordnung (StPO) sowie Einsatz von Vertrauenspersonen 2016 16 Maßnahmen nach §§ 100 a, c und f StPO sowie Einsatz von Vertrauenspersonen Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 22. In der Drs. 21/10739 gab der Senat an, dass es Ende Oktober beim LKA 6 1.100 zurückgestellte Vorgänge in den Deliktsbereichen Finanzermittlungen (Geldwäscheverdachtsanzeigen) und sogenannte Konsumentendelikte aus dem Bereich der Betäubungskriminalität gab. a. Wie hat sich die Anzahl der zurückgestellten Verfahren im LKA 6 seit Beantwortung der Schriftlichen Kleinen Anfrage Drs. 21/10739 entwickelt? Mit Stand 8. Februar 2018 sind beim LKA 6 Rückstellungen in Höhe von 577 Vorgängen zu verzeichnen. b. Wie viele der Vorgänge betreffen den Bereich Finanzermittlungen (Geldwäscheverdachtsanzeigen)? Derzeit sind 306 Vorgänge im Bereich der Finanzermittlungen zurückgestellt. c. Wie viele Verdachtsanzeigen wegen Geldwäsche sind im Jahre 2017 eingegangen? Im Jahr 2017 sind in Hamburg 1.678 Verdachtsmeldungen wegen Geldwäsche eingegangen . d. Wie viele Ermittlungsverfahren wegen Geldwäsche wurden im Jahr 2017 polizeilich abgeschlossen? 2017 wurden 1.155 Ermittlungsverfahren polizeilich abgeschlossen. e. In wie vielen Fällen von Geldwäsche wurden im Jahr 2017 auch die Vortaten ermittelt? Statistiken im Sinne der Fragestellung werden bei der Polizei nicht geführt. Darüber hinaus siehe Vorbemerkung. 23. Kriminelle Familienclans sind eine Gefahr für den Rechtsstaat, sie lehnen ihn ab, Gesetze und gesellschaftliche Regeln spielen für sie keine Rolle. Deutschlandweit ist die Zahl der Ermittlungsverfahren, die in Verbindung mit Familienclans stehen, in den letzten 15 Jahren deutlich gestiegen. Welche Informationen liegen den zuständigen Behörden über Entwicklung und Aktivitäten sogenannter Familienclans in Hamburg vor? Bezüglich Straftaten der Organisierten Kriminalität, die von Mitgliedern größerer Familienverbände begangen wurden, ist insbesondere auf einen Komplex im Bereich des „Enkeltrick-Betruges“ hinzuweisen, aus dem in den vergangenen drei Jahren mehrere Verfahren gegen diverse Beschuldigte unterschiedlichen Verwandtschaftsgrades eines Familienverbands hervorgegangen sind. Allein beim Landgericht Hamburg wurden zwischen 2015 und 2018 fünf Strafverfahren gegen insgesamt 13 Personen durchgeführt, die ganz überwiegend – in drei Verfahren rechtskräftig – zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt wurden.