BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/11998 21. Wahlperiode 20.02.18 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Deniz Celik (DIE LINKE) vom 13.02.18 und Antwort des Senats Betr.: Gefährliche Infektion durch Zecken: Ist die Erkennung und Behandlung von Borreliose durch niedergelassene Ärztinnen und Ärzte in Hamburg sichergestellt? Am 3.2.2018 wandte sich die Vorsitzende von Borreliose und FSME Bund Deutschland e.V. in einer E-Mail an die Bürgerschaft und verwies darauf, dass der letzte kassenärztliche zugelassene Arzt, der mit der Behandlung von Borreliose erfahren ist, seine Kassenzulassung im Februar 2018 aufgibt. Sie fordert die Bürgerschaft auf, eine Liste von Kassenärzten/-innen aufzustellen , die sich mit Lyme-Borreliose beschäftigen. Und sie fordert eine Liste jener Ärztinnen und Ärzte, die bereit sind, sich bezüglich Lyme-Borreliose fortbilden zu lassen. Eine gesetzliche Meldepflicht für Lyme-Borreliose gibt es nicht in Hamburg, in anderen Bundesländern hingegen schon. In Deutschland erkranken laut Robert Koch-Institut jährlich 100.000 Erwachsene und Kinder. Krankenkassen-Schätzungen gehen von fünffach höheren Zahlen aus. Bei zu später Erkennung der Krankheit kann es zu Chronifizierungen kommen, zu anhaltenden Nervenschmerzen, Missempfindungen, Gelenkund Muskelschmerzen, chronischen Hautveränderungen und Lähmungserscheinungen . Langzeitbehandlungen und Berufsunfähigkeit sind häufige Folgen einer späten Erkennung. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Der Senat beantwortet die Fragen teilweise auf der Grundlage von Auskünften der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg wie folgt: 1. Wie viele kassenärztlich zugelassene Ärzte/-innen sind seit 2012 in Hamburg auf die Behandlung von Lyme-Borreliose spezialisiert? (Bitte aufschlüsseln nach Jahr.) Die Behandlung der Borreliose gehört zum normalen Leistungsspektrum einer ganzen Reihe von Fachgruppen. Ärztinnen oder Ärzte, die ihre Praxis auf diese Krankheit ausgerichtet haben, sind der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg nicht bekannt. 2. Wie viele kassenärztlich zugelassene Ärztinnen und Ärzte haben sich im Hinblick auf die Erkennung und Behandlung von Lyme-Borreliose fortbilden lassen? Die Ärztekammer Hamburg hat keine Kenntnisse darüber, wie viele kassenärztlich zugelassene Ärztinnen und Ärzte sich im Hinblick auf die Erkennung und Behandlung von Lyme-Borreliose haben fortbilden lassen. Das Erfassungssystem zur Fortbildungsverpflichtung sieht einen solchen differenzierten Themennachweis nicht vor. 3. Welche Maßnahmen ergreift der Senat, um der Forderung Rechnung zu tragen, dass sich kassenärztlich zugelassene Ärzte/-innen in Hamburg Drucksache 21/11998 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 für die Diagnostik und Behandlung von (Lyme-)Borreliose fortbilden lassen ? Die zuständige Behörde sieht diesbezüglich keinen Handlungsbedarf. 4. Hat es in den letzten fünf Jahren Fortbildungsveranstaltungen über Borreliose gegeben? Wenn ja, wann und wie viele Ärztinnen und Ärzte haben daran teilgenommen ? In den letzten fünf Jahren hat es in Hamburg als akkreditierte Veranstaltung keine monothematische Fortbildung zum Thema Borreliose gegeben. Borreliose ist regelmäßig Thema in infektionsspezifischen Fortbildungen sowie hausärztlichen und pädiatrischen Qualitätszirkeln. 5. Weshalb gibt es in Hamburg keine gesetzliche Meldepflicht für Lyme- Borreliose, obgleich andere Bundesländer durchaus hierfür eine Meldepflicht haben? Aus infektionsepidemiologischer Sicht geht von einer an Borreliose erkrankten Person keine Gefährdung ihrer Umgebung aus, die das sofortige Eingreifen des Öffentlichen Gesundheitsdienstes erforderlich macht. Die rechtlichen und methodischen Voraussetzungen für die Einführung einer allgemeinen Meldepflicht der Borreliose nach dem Infektionsschutzgesetz mit dem Ziel, brauchbare epidemiologische Daten zur Morbidität zu gewinnen, sind nach wie vor ungünstig. Zum Beispiel stehen ein sicherer labordiagnostischer Nachweis einer akuten Neuerkrankung und Methoden zur Intervention, die über individuelle Maßnahmen hinausgehen, derzeit nicht zur Verfügung. Länder mit einer bestehenden Meldepflicht versprechen sich Aufschlüsse über das regionale Erkrankungsrisiko und eine Verbesserung der Datenlage zur regionalen epidemiologischen Situation. Eine solche Übersicht ermöglicht gegebenenfalls potenzielle Risikogebiete näher zu identifizieren, um gezielter entsprechende Präventions- und Schutzmaßnahmen ergreifen zu können . Dies ist auf Hamburg als Stadtstaat derzeit nicht in geeigneter Weise zu übertragen . 6. Gibt es Überlegungen die Meldepflicht in Hamburg einzuführen? Wenn ja, zu wann? Wenn nein, warum nicht? Nein. Ansonsten siehe Antwort zu 5. 7. Welche Kenntnisse hat der Senat über die Ausbereitung und Folgen von Lyme-Borreliosen in Hamburg? 8. Welche Kenntnisse hat der Senat, wie häufig zu spät erkannte Lyme- Borreliose zur Ausbreitung von anhaltenden Nervenschmerzen, Gelenkund Muskelschmerzen, chronischen Hautveränderungen und Lähmungserscheinungen führt? Die Lyme-Borreliose ist in Hamburg keine meldepflichtige Erkrankung. Belastbare Daten liegen der zuständigen Behörde nicht vor. 9. Welche Bemühungen unternimmt der Senat, um der Unterversorgung mit Lyme-Borreliose-Diagnostik und -behandlung entgegenzuwirken? Die zuständige Behörde verfügt über keine Hinweise darüber, dass bei der Lyme- Borreliose-Diagnostik und -behandlung Kapazitätseinschränkungen bestehen. 10. Im Schreiben an die Bürgerschaft erwähnt die Vorsitzende von Borreliose und FSME Bund Deutschland e.V., dass die Labortests zur Diagnostik von Lyme-Borreliose-Diagnose lediglich eine Testsicherheit von 62 Prozent besitzen und daraus zum Teil Langzeitbehandlungen und Berufsunfähigkeit entstehen können. Ist das Problem dem Senat bekannt ? Und wenn ja, welche Handlungserfordernisse sieht der Senat? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/11998 3 Der zuständigen Behörde ist bekannt, dass die Aussagekraft von Laboruntersuchungen zur Lyme-Borreliose je nach Krankheitsstadium/Krankheitsausprägung und verwendetem Test starken Schwankungen unterliegt. Grundsätzlich sind die Tests von ihrer Aussagekraft her in einem frühen Krankheitsstadium unzuverlässiger als im späteren Krankheitsverlauf. Die Ergebnisse der serologischen Laboruntersuchungen und auch die auf primär positive Befunde grundsätzlich folgenden Bestätigungstests müssen deshalb zwingend im Zusammenhang einem entsprechenden klinischen Krankheitsbild bewertet werden. Weitere Handlungserfordernisse werden derzeit nicht gesehen.