BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/1200 21. Wahlperiode 07.08.15 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Anna-Elisabeth von Treuenfels und Dr. Wieland Schinnenburg (FDP) vom 31.07.15 und Antwort des Senats Betr.: Situation in der Hamburger Justiz – Personeller Engpass beim Amtsgericht Hamburg-Wandsbek? Nach aktuellen Berichten soll die personelle Situation in den Geschäftsstellen der Zivilabteilungen beim Amtsgericht Hamburg-Wandsbek dramatisch sein. Derzeit können dort nicht mehr alle Zivilverfahren in der notwendigen Schnelligkeit erledigt werden. Es soll bei Rechtssachen zu Verzögerungen von mehreren Wochen kommen. Grund sei ein massiver personeller Engpass beim Amtsgericht Wandsbek. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: 1. Ist der Justizbehörde bekannt, dass beim Amtsgericht Hamburg-Wandsbek ein personeller Engpass besteht? Wenn ja, seit wann und was ist vonseiten der Behörde bisher unternommen worden? Wenn nein, warum nicht? 2. Welche Maßnahmen wird die Justizbehörde wann umsetzen, um einen Geschäftsbetrieb ohne zeitliche Verzögerungen in den Geschäftsstellen der Zivilabteilungen beim Amtsgericht Wandsbek zu gewährleisten? Der zuständigen Behörde ist bekannt, dass die Servicebereiche der Amtsgerichte stark belastet sind. Gemeinsam mit den Gerichten wird deshalb mit der Ausbildungsinitiative 2015 und 2016 der Herausforderung, weiterhin ausreichendes und qualifiziertes Personal im nichtrichterlichen Bereich zu gewinnen, Rechnung getragen. Konkrete Informationen über personelle Engpässe beim Amtsgericht Hamburg-Wandsbek lagen der zuständigen Behörde nicht vor. Auf Nachfrage hat das Amtsgericht Hamburg dargelegt , dass beim Amtsgericht Hamburg-Wandsbek in den Zivilabteilungen eine besondere temporäre personelle Unterbesetzung entstanden sei, die auf die Kumulation von Krankheit, Ruhestandsabgängen und Elternzeit zurückzuführen sei. Das Amtsgericht Hamburg hat bereits Stützungsmaßnahmen zur Überbrückung ergriffen. Im August und September wird voraussichtlich eine dauerhafte Nachbesetzung erfolgen . Die zuständige Behörde hält die vom Amtsgericht Hamburg ergriffenen Maßnahmen für angemessen, um einen Geschäftsbetrieb ohne zeitliche Verzögerungen in den Geschäftsstellen der Zivilabteilungen beim Amtsgericht Hamburg-Wandsbek zu gewährleisten. 3. Wie viele Vollzeitstellen sind in den Geschäftsstellen der Zivilabteilungen beim Amtsgericht Hamburg-Wandsbek tatsächlich besetzt? Wie viele Drucksache 21/1200 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Planstellen als Vollzeitäquivalente sind unbesetzt geblieben? Wie viele der vorhandenen Stellen sind Teilzeitstellen? 4. Wie viele tatsächliche Vollzeitäquivalente und wie viele notwendig zu besetzenden Vollzeitstellen gibt es in den Geschäftsstellen der Abteilungen beim a. Amtsgericht Hamburg-Mitte, b. Amtsgericht Hamburg-Altona, c. Amtsgericht Hamburg-St. Georg, d. Amtsgericht Hamburg-Barmbek, e. Amtsgericht Hamburg-Bergedorf, f. Amtsgericht Hamburg-Blankenese, g. Amtsgericht Hamburg-Harburg, h. Landgericht Hamburg? Das Amtsgericht Hamburg weist das ihm zur Verfügung stehende Personal den Stadtteilgerichten und Segmenten nicht nach Planstellen, sondern nach einem eigenen Steuerungssystem bedarfsgerecht zu. Dieses Steuerungssystem ermittelt die jeweiligen Bedarfe fortlaufend nach den aktuellen Eingangsentwicklungen und den für jedes Verfahren entwickelten Bemessungszahlen (Pro-Kopf-Belastung) und weist das zur Verfügung stehende Personal den Bereichen entsprechend zu. Ein detailliertes Berichtswesen gibt Aufschluss über akute Notlagen, ein Pool sogenannter Feuerwehrkräfte (derzeit etwa fünf Servicekräfte) wird besonders belasteten Bereichen zur Stützung zugewiesen. Angesichts der hohen Personalfluktuation durch Elternzeiten, der hieraus resultierenden Veränderungen von Arbeitszeiten und mit Rücksicht auf die zahlreichen Besoldungsstufen in diesem Bereich (A 6 bis A 9 und E 5 bis E 9) ist es nicht zu vermeiden, dass sich in einem gewissen Umfang freie Vollzeitäquivalente ergeben. Diese belaufen sich jedoch auf ein Minimum (in den letzten Jahren weniger als 3 Prozent über alle Besoldungsstufen). Die tatsächlichen Besetzungen (ohne Berücksichtigung von Erkrankungen und sonstigen Abwesenheiten) und die Bedarfe1 der Amtsgerichte und des Landgerichts jeweils in Zivilsachen2 sind wie folgt3: Bereich Vollzeitäquivalente - Ist Personen Insgesamt Davon Vollzeitkräfte Davon Teilzeitkräfte Vollzeitäquivalente - Soll HamburgAltona 9,27 11,00 7,00 4,00 8,61 HamburgBarmbek 11,39 13,00 7,00 6,00 11,24 HamburgBergedorf 3,89 5,00 2,00 3,00 3,67 HamburgBlankenese 2,55 3,00 2,00 1,00 2,62 HamburgSt . Georg 13,59 17,00 11,00 6,00 14,74 HamburgHarburg 9,68 12,00 7,00 5,00 9,73 HamburgWandsbek 6,91 10,00 5,00 5,00 7,71 1 Bedarf nach internem Steuerungssystem in VZÄ.  2 Erfasst sind alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten gemäß § 13 AktO. 3 Jeweils Stand 01.07.2015; die Zahlen für Juli 2015 liegen noch nicht vor. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/1200 3 Bereich Vollzeitäquivalente - Ist Personen Insgesamt Davon Vollzeitkräfte Davon Teilzeitkräfte Vollzeitäquivalente - Soll HamburgMitte 33,66 41,00 22,00 19,00 33,83 Landgericht 108,59 122,00 82,00 40,00 110,48 5. Wie hoch ist der Krankenstand bezogen auf die Vollzeitäquivalente und die Teilzeitstellen beim Amtsgericht Hamburg-Wandsbek (bitte tatsächliche Zahlen und in Prozenten darstellen)? 6. Wie hoch ist der Krankenstand bezogen auf die Vollzeitäquivalente und die Teilzeitstellen bei den folgenden Gerichten: a. Amtsgericht Hamburg-Mitte, b. Amtsgericht Hamburg-Altona, c. Amtsgericht Hamburg-St. Georg, d. Amtsgericht Hamburg-Barmbek, e. Amtsgericht Hamburg-Bergedorf, f. Amtsgericht Hamburg-Blankenese, g. Amtsgericht Hamburg-Harburg, h. Landgericht Hamburg (bitte die tatsächlichen Zahlen und in Prozenten darstellen)? Bei den Amtsgerichten wird der Krankenstand in den Zivilabteilungen jedoch nicht gesondert statistisch erfasst, sodass sich die Daten insoweit auf alle Geschäftsstellenmitarbeiterinnen und -mitarbeiter beziehen. Auch wird insoweit statistisch nicht zwischen Voll- und Teilzeitkräften differenziert. Eine rückwirkende Erhebung dieser Daten ist nicht möglich. Dies vorweggeschickt, stellt sich der Krankenstand der Amtsgerichte für den gesamten Bereich der Geschäftsstellen und des Landgerichts wie folgt dar4: Amtsgerichte Anzahl der Personen Anzahl der Krankentage Krankenquote5 in Prozent Hamburg-Altona 52,00 41,00 3,60 Hamburg-Barmbek 64,00 141,00 10,00 Hamburg-Bergedorf 34,00 10,00 1,30 HamburgBlankenese 19,00 33,00 7,90 Hamburg-St. Georg 78,00 88,00 5,10 Hamburg-Harburg 70,00 163,00 10,60 Hamburg-Wandsbek 52,00 138,00 12,10 Hamburg-Mitte 50,00 30,00 2,70 Landgericht Zivilbereich Anzahl der Personen Anzahl der Krankentage Krankenquote in Prozent Vollzeitkräfte 82,00 107,00 5,93 Teilzeitkräfte 40,00 40,00 4,55 Gesamt 122,00 147,00 5,48 4 Die Daten sind für den Berichtsmonat Juni 2015 ausgewiesen. Die Zahlen für Juli 2015 liegen noch nicht vor. 5 Die Krankenquote berechnet sich wie folgt: ((Krankentage insgesamt/Personen)/Arbeitstage) * 100. Drucksache 21/1200 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 7. Wie lange dauern durchschnittlich zivilrechtliche Verfahren beim Amtsgericht Wandsbek (bitte nach Verfahrensarten und im Zeitraum von 2011 bis 2015 darstellen)? Wie hoch sind die Fallzahlen bezogen auf Eingänge und Erledigungen beim Amtsgericht Wandsbek? Amtsgericht HamburgWandsbek   2011 2012 2013 2014 2015 Durchschnittliche Verfahrensdauer in Monaten 3,9 4,1 4,4 4,3 - Eingänge 3.381 3.514 3.432 3.316 - Erledigungen 3.355 3.361 3.502 3.183 - Für das Jahr 2015 liegen noch keine Daten für das Amtsgericht Hamburg-Wandsbek vor. Ferner wird die durchschnittliche Verfahrensdauer bezogen auf die Verfahrensarten statistisch nicht gesondert erfasst. Um die erfragten Daten zu ermitteln müssten mehrere Zehntausend Verfahrensakten händisch ausgewertet werden. Dies ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. 8. Wie lange dauern durchschnittlich zivilrechtliche Verfahren bei den folgenden Gerichten: a. Amtsgericht Hamburg-Mitte, b. Amtsgericht Hamburg-Altona, c. Amtsgericht Hamburg-St. Georg, d. Amtsgericht Hamburg-Barmbek, e. Amtsgericht Hamburg-Bergedorf, f. Amtsgericht Hamburg-Blankenese, g. Amtsgericht Hamburg-Harburg, h. Landgericht Hamburg (bitte nach Verfahrensarten und im Zeitraum von 2011 bis 2015 darstellen )? Durchschnittliche Verfahrensdauer in Monaten 2011 2012 2013 2014 1. Q. 2015 Amtsgericht Hamburg-Mitte 5,1 5,4 5,6 5,4 - Amtsgericht Hamburg-Altona 5,4 5,5 5,3 5,5 - Amtsgericht Hamburg-St. Georg 4,3 4,3 4,3 4,4 - Amtsgericht Hamburg-Barmbek 5,4 5,3 5,4 5,2 - Amtsgericht HamburgBergedorf 4,7 4,6 4,6 4,8 - Amtsgericht HamburgBlankenese 4,3 4,7 4,5 4,7 - Amtsgericht Hamburg-Harburg 4,6 4,3 4,5 4,6 - Amtsgerichte gesamt 4,8 4,9 5,0 5,0 5,0 Landgericht Hamburg I. Instanz - Zivilkammern 8,8 8,9 9,3 10,1 10,0 I. Instanz - Kammern für Handelssachen 6,9 6,9 7,0 7,7 8,0 Berufungen 7,1 9,1 7,4 7,2 7,5 Für das Jahr 2015 liegen noch keine gesonderten Daten für die einzelnen Amtsgerichte vor. Ferner wird die durchschnittliche Verfahrensdauer bezogen auf die Verfahrensarten statistisch nicht gesondert erfasst. Um die erfragten Daten zu ermitteln müssten mehrere Zehntausend Verfahrensakten händisch ausgewertet werden. Dies ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/1200 5 9. Wie hoch sind die Fallzahlen bezogen auf Eingänge und Erledigungen bei den folgenden Gerichten: a. Amtsgericht Hamburg-Mitte, b. Amtsgericht Hamburg-Altona, c. Amtsgericht Hamburg-St. Georg, d. Amtsgericht Hamburg-Barmbek, e. Amtsgericht Hamburg-Bergedorf, f. Amtsgericht Hamburg-Blankenese, g. Amtsgericht Hamburg-Harburg, h. Landgericht Hamburg? 2011 2012 2013 2014 1. Q. 2015 Amtsgericht Hamburg-Mitte Eingänge 11.468 13.345 15.603 14.353 - Erledigungen 11.086 11.720 14.347 16.312 - Amtsgericht Hamburg-Altona Eingänge 4.225 4.127 3.910 3.719 - Erledigungen 4.560 4.224 3.927 3.718 - Amtsgericht Hamburg-St.Georg Eingänge 6.765 6.786 5.994 6.061 - Erledigungen 6.804 6.933 6.224 5.984 - Amtsgericht Hamburg-Barmbek Eingänge 4.835 4.751 4.552 4.619 - Erledigungen 4.898 4.704 4.863 4.506 - Amtsgericht HamburgBergedorf Eingänge 1.703 1.711 1.578 1.520 - Erledigungen 1.658 1.762 1.541 1.523 - Amtsgericht HamburgBlankenese Eingänge 1.144 1.096 1.081 1.051 - Erledigungen 1.126 1.121 1.067 1.035 - Amtsgericht Hamburg-Harburg Eingänge 4.377 4.660 4.218 4.096 - Erledigungen 4.517 4.579 4.307 3.921 - Amtsgerichte gesamt Eingänge 37.883 39.990 40.368 38.735 9.911 Erledigungen 38.004 38.404 39.778 40.182 10.194 Landgericht Hamburg I. Instanz - Zivilkammern Eingänge 13.503 12.515 12.511 12.887 3.271 Erledigungen 13.717 12.486 11.687 11.981 3.059 I. Instanz - Kammern für Handelssachen Eingänge 2.187 2.221 2.407 2.118 442 Erledigungen 2.288 2.211 2.139 2.212 480 Berufungen Eingänge 1.898 1.705 1.687 1.772 416 Erledigungen 1.873 1.976 1.770 1.695 415 Für das Jahr 2015 liegen noch keine gesonderten Daten für die einzelnen Amtsgerichte vor. Um die erfragten Daten zu ermitteln müssten mehrere Zehntausend Verfahrensakten händisch ausgewertet werden. Dies ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich Drucksache 21/1200 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 6 10. Unter welchen Bedingungen und/oder erschwerten Umständen kann der Geschäftsbetrieb in den Geschäftsstellen der Abteilungen der folgenden Gerichte aufrechterhalten werden: a. Amtsgericht Hamburg-Mitte, b. Amtsgericht Hamburg-Altona, c. Amtsgericht Hamburg-St. Georg, d. Amtsgericht Hamburg-Barmbek, e. Amtsgericht Hamburg-Bergedorf, f. Amtsgericht Hamburg-Blankenese, g. Amtsgericht Hamburg-Harburg, h. Landgericht Hamburg? 11. Besteht unter den jetzigen Umständen in den Geschäftsstellen der Zivilabteilungen ein teilweiser Zusammenbruch der Rechtspflege oder die Gefahr eines Zusammenbruchs der Rechtspflege bei den folgenden Gerichten: a. Amtsgericht Hamburg-Mitte, b. Amtsgericht Hamburg-Altona, c. Amtsgericht Hamburg-St. Georg, d. Amtsgericht Hamburg-Barmbek, e. Amtsgericht Hamburg-Bergedorf, f. Amtsgericht Hamburg-Blankenese, g. Amtsgericht Hamburg-Harburg, h. Landgericht Hamburg? Trotz hoher Arbeitsbelastung ist die Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes der Amtsgerichte und des Landgerichts gewährleistet.