BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/1206 21. Wahlperiode 11.08.15 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Jörg Hamann (CDU) vom 03.08.15 und Antwort des Senats Betr.: Gleichordnungskonzern (GOK) Sprinkenhof – IMPF Der Senat hat die Drs. 20/14486 „Optimierung des Immobilienmanagements“ am 27.1.2015 beschlossen. Es wird erwogen, die IMPF Hamburgische Immobilien Management Gesellschaft mbH und die Sprinkenhof GmbH als eigenständige Gesellschaften in einem Gleichordnungskonzern unter gemeinsamer Leitung zusammenzufassen . Derzeit wird die IMPF aufgrund des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages vom 11.1.2007 durch die HGV Hamburger Gesellschaft für Vermögens - und Beteiligungsmanagement mbH („HGV“) und dadurch mittelbar durch die Freie und Hansestadt Hamburg gesteuert und kontrolliert. Dadurch, dass die Freie und Hansestadt Hamburg als öffentlicher Auftraggeber über die IMPF die (mittelbare) Kontrolle ausübt wie über eine eigene Dienststelle (Kontrollkriterium) und die IMPF ihre Tätigkeit im Wesentlichen für die Freie und Hansestadt Hamburg verrichtet (Wesentlichkeitskriterium), unterfällt die IMPF derzeit nicht dem Vergaberechtsregime, das heißt eine öffentliche Ausschreibung der Beauftragungen ist nicht erforderlich. Zu den Voraussetzungen und Folgen eines Gleichordnungskonzerns liegen zwei für die IMPF erstellte rechtliche Stellungnahmen vor. Übereinstimmend kommen beide rechtlichen Stellungnahmen zu den folgenden Ergebnissen: • Die Einrichtung eines Gleichordnungskonzerns kann auch durch rein faktisches Handeln erfolgen, etwa durch personelle Verflechtungen zwischen den Geschäftsführungsorganen. Vertragliche Regelungen sind hierfür nicht erforderlich; für die Abstimmung der Geschäftspolitik der Konzerngesellschaften und sonstiger grundsätzlicher Fragen genügt eine personenidentisch besetzte Leitung zweier Unternehmen. • Gleichordnungskonzern und Kontrollkriterium schließen sich gegenseitig aus. Ein nachgeordnetes Unternehmen (also bei Bestehen eines Beherrschungsvertrages ) kann nicht gleichberechtigtes Unternehmen in einem Gleichordnungskonzern sein. • Bei der Errichtung eines Gleichordnungskonzerns zwischen IMPF und Sprinkenhof wäre die Beherrschung durch die HGV – und damit mittelbar durch die Freie und Hansestadt Hamburg – aufzuheben. Daher würde das sogenannte Kontrollkriterium fehlen, das jedoch Voraussetzung für die Inhousefähigkeit der IMPF ist. Drucksache 21/1206 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Im Ergebnis würde die IMPF durch die Schaffung eines Gleichordnungskonzerns ihre Inhousefähigkeit verlieren. Privatwirtschaftliche Wettbewerber der IMPF könnten mit dem Argument eines faktisch bestehenden Gleichordnungskonzerns die Inhousefähigkeit der IMPF anzweifeln und versuchen, die öffentliche Ausschreibung der für die Freie und Hansestadt Hamburg erbrachten Leistungen gerichtlich durchzusetzen. Die Freie und Hansestadt Hamburg, hier im Besonderen die Innenbehörde, könnte ihre Aufträge nicht mehr ausschreibungsfrei an die IMPF vergeben. Die Umsetzung der Bildung eines Gleichordnungskonzerns, wie sie der Senat mit seiner Drs. 20/14486 beschlossen hat, ist den vorliegenden Gutachten nach ohne Verlust der Inhousefähigkeit der IMPF nicht rechtssicher durchführbar. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Die angestrebte stärkere Zusammenarbeit von Sprinkenhof GmbH (Sprinkenhof) und IMPF Hamburgische Immobilien Management Gesellschaft mbH (IMPF) soll durch eine personenidentische Geschäftsführung erreicht werden. Dabei wird kein Gleichordnungskonzern im eigentlichen Rechtssinne geschaffen, und es verbleiben gleichgestellte beziehungsweise „gleichgeordnete“ Schwestergesellschaften im Konzernverbund der HGV Hamburger Gesellschaft für Vermögens- und Beteiligungsmanagement mbH (HGV) unter Wahrung der vertikalen Weisungsgebundenheit über Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträge (§ 18 Abs. 1 AktG). Damit bleiben die steuerliche Organschaften aus Sicht der HGV und die Inhousefähigkeit in Vergabeangelegenheiten der Gesellschaften aus Sicht der Freien und Hansestadt Hamburg (FHH) erhalten. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Sind dem Senat, der Finanzbehörde und/oder der Innenbehörde die genannten Gutachten bekannt? Wenn ja, wem und seit wann? Ja, der Behörde für Inneres und Sport seit dem 31. März 2015 und der Finanzbehörde seit dem 21. April 2015. 2. Liegt dem Senat, der Finanzbehörde und/oder der Innenbehörde ein Gutachten vor, dass der Sprinkenhof die Inhousefähigkeit vor und/oder nach der Bildung eines Gleichordnungskonzerns mit der IMPF rechtssicher bescheinigt? Wenn ja, a. wer hat die Prüfung durchgeführt (Dienststelle/Behörde)? b. worin begründet sich das Ergebnis? c. welche fachliche Qualifikation hatte(n) der/die Prüfer? 3. Ist vor und/oder nach Bekanntwerden der Gutachten von Taylor Wessing und PwC abschließend und rechtssicher geprüft worden, ob die IMPF bei der Bildung eines Gleichordnungskonzerns mit der Sprinkenhof unter Beherrschung der HGV eine ihrer Geschäftsgrundlagen – die Inhousefähigkeit – behält? Wenn ja, a. wer hat die Prüfung durchgeführt (Dienststelle/Behörde)? b. worin begründet sich das Ergebnis? c. welche fachliche Qualifikation hatte(n) der/die Prüfer? Wenn nein, Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/1206 3 a. warum wurde dies nicht geprüft, bevor ein Senatsbeschluss zur Bildung eines Gleichordnungskonzerns getroffen wurde? b. warum setzt man damit die Geschäftsgrundlage/-fähigkeit der IMPF aufs Spiel? Im Auftrag der HGV wurde durch die GÖRG Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB (GÖRG) eine Prüfung hinsichtlich der weiteren Inhousefähigkeit der Gesellschaften durchgeführt. Die GÖRG ist unter anderem auf Vergaberecht spezialisiert und verfügt über umfassende Erfahrung in der Beratung öffentlicher Auftraggeber in vergaberechtlichen Fragestellungen. GÖRG kommt zu dem Ergebnis, dass auch bei Umsetzung der geplanten Organisationsstruktur das Kontrollkriterium als Voraussetzung für die Inhouse-Vergabefähigkeit erhalten bleibt. Das Gutachten liegt den zuständigen Dienststellen vor. Im Übrigen: entfällt. 4. Der Aufsichtsrat der IMPF hat in seiner Sitzung am 15.6.2015 beschlossen , die HGV und die Finanzbehörde zu bitten, zeitnah zu prüfen, unter welchen rechtlichen Voraussetzungen eine Zusammenarbeit mit der Sprinkenhof zulässig ist, ohne dass die Inhousefähigkeit der IMPF gefährdet wird. Dem Aufsichtsrat ist über das Ergebnis der rechtlichen Prüfung spätestens in der nächsten Aufsichtsratssitzung zu berichten. a. Wird die Aufgabenstellung so ausgerichtet sein, dass der sogenannte sichere Weg im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur anwaltlichen Gestaltung aufgezeigt wird? b. Wer wird die Prüfung jeweils vornehmen? c. Welche fachlichen Qualifikationen können die jeweiligen Prüfer aufweisen ? Der Senat sieht in ständiger Praxis davon ab, zu Beratungen in Aufsichtsgremien und deren Beratungsinhalten Stellung zu nehmen. Im Übrigen siehe Vorbemerkung und Antwort zu 2. und 3. 5. Würden der Senat, die Finanzbehörde und die Innenbehörde den Verlust der Inhousefähigkeit der IMPF zugunsten der Bildung eines Gleichordnungskonzerns billigend in Kauf nehmen? Wenn ja, warum, wenn nein, was tut der Senat dagegen? 6. Soll mit der Umsetzung des Gleichordnungskonzerns eher bewusst ein Über-/Unterordnungskonzern geschaffen werden? 7. Ist der Innenbehörde bewusst, dass sie bei Verlust der Inhousefähigkeit der IMPF diese nach den Vergaberichtlinien nicht mehr ausschreibungsfrei beauftragen darf? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, wie wird sie zukünftig ihre Aufträge vergeben? Der Senat beantwortet hypothetische Fragen grundsätzlich nicht. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 8. Im März 2015 hat die Finanzbehörde in einer Sitzung der Senatskommission für öffentliche Unternehmen über die Geschäftsführungsangelegenheiten der Sprinkenhof und der IMPF abgestimmt. Demnach wurde der Anstellung und Bestellung von Herrn Martin Görge als Geschäftsführer der Sprinkenhof und der Bestellung als nebenamtlicher Geschäftsführer der IMPF zum nächstmöglichen Zeitpunkt zugestimmt. Ferner wurde der Bestellung von Herrn Jan Zunke als nebenamtlicher Geschäftsführer der IMPF ab dem 1.7.2015 zugestimmt. Inwieweit sieht der Senat die HGV in der Verpflichtung, den Beschluss durchzusetzen, die Herren Görge und Zunke als nebenamtliche Geschäftsführer bei der IMPF einzusetzen, obwohl nicht abschließend Drucksache 21/1206 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 geklärt ist, ob ein Gleichordnungskonzern zwischen der Sprinkenhof und der IMPF rechtssicher installiert werden kann? Siehe Vorbemerkung und Antwort zu 2. und 3. 9. Wie würde sich die Finanzbehörde dazu stellen, wenn der Aufsichtsrat der IMPF den Beschluss, die Herren Görge und Zunke als nebenamtliche Geschäftsführer bei der IMPF zu bestellen, in seiner nächsten Aufsichtsratssitzung widerrufen beziehungsweise nicht umzusetzen würde? Der Senat beantwortet hypothetische Fragen grundsätzlich nicht. 10. Warum wird die Geschäftsführungsebene aus zwei Geschäftsführern nicht paritätisch für beide Unternehmen installiert, sondern werden beide Geschäftsführer jeweils nur als nebenamtliche Tätigkeit bei der IMPF angesiedelt? 11. Sieht der Senat mit der Installation zweier, als nebenamtlich eingesetzter Geschäftsführer bei der IMPF eine paritätische Interessensvertretung beider Unternehmen wie sie nach allgemein rechtlicher Auffassung in einem Gleichordnungskonzern sein sollte? Wenn ja, worin begründet der Senat seine Auffassung? Eine Bestellung als Geschäftsführer ist unabhängig von dem Vorliegen eines Anstellungsverhältnisses und entfaltet für die Geschäftsführungen beider Gesellschaften die entsprechenden Rechte und Pflichten. 12. Soll die Besetzung des Aufsichtsrates der IMPF zukünftig so gestaltet werden, dass Vertreter der Kunden der IMPF, also Vertreter der Innenbehörde und Kulturbehörde weiterhin und dauerhaft im Gremium vertreten sind? Wenn nein, warum nicht? 13. Die fachpolitische Aufsicht der in die Optimierung des Immobilienmanagements einbezogenen Unternehmen soll beim Beteiligungsmanagement der Finanzbehörde liegen. Die Kunden der IMPF sind in der Hauptsache innerhalb der Innenbehörde angesiedelt. Ist es gewollt und ratsam, die IMPF vor diesem Hintergrund beim Beteiligungsmanagement der Finanzbehörde anzusiedeln? Wenn ja, warum? Das Mieter-Vermieter-Modell sieht eine Trennung zwischen der Mieter- und der Eigentümerfunktion städtischer Einrichtungen vor. Daneben ist über die jeweilige fachpolitische Zuständigkeit zu befinden. Im Übrigen siehe Drs. 20/14486. 14. Der Drs. 20/14486 nach soll das Mieter-Vermieter-Modell für die Ausschöpfung des „vollen Potenzials“ in ein professionelles Immobilienmanagementsystem eingebettet werden. Die IMPF besitzt bereits ein professionelles Immobilienmanagement in Bezug auf die von ihr betreuten Immobilien, was sich im Ergebnis in der jährlichen Gewinnabführung an die HGV widerspiegelt. a. Warum ist der Senat der Meinung, dass dies durch weitere Synergien gesteigert werden kann? b. Über welche möglichen Synergien haben die Beteiligten bei der Schaffung eines professionellen Immobilienmanagements dabei nachgedacht? c. Wer soll nach Meinung des Senates konkret ein professionelles Immobilienmanagement installieren? d. Wie stellt der Senat sich die Umsetzung eines professionellen Immobilienmanagements vor, wenn die Umsetzung gegebenenfalls allein durch die Geschäftsführer und womöglich die Belegschaft herbeigeführt werden soll? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/1206 5 e. Was genau versteht der Senat unter einem „professionellen Immobilienmanagement “ und wodurch unterscheidet es sich von der bisherigen Managementsituation bei der Sprinkenhof GmbH und der IMPF GmbH? f. Warum ist aus Sicht des Senats für ein professionelles Immobilienmanagement eine Gleichordnungskonzernierung erforderlich? Welcher Aspekt des Managements wird dadurch „professionalisiert“ gegenüber der bisherigen Struktur zweier eigenständiger Unternehmen ? 15. Die Kunden der IMPF sind laut einer Kundenzufriedenheitsstudie mit den Dienstleistungen ihrer Verwaltungsgesellschaft sehr zufrieden. Somit wird neben dem guten Geschäftsergebnis auch die strategische Zielvorgaben „Nutzerzufriedenheit“ von der Vermieterseite her erfüllt. Wie beurteilt der Senat die Außenwirkung eines bewusst gewollten Wettbewerbs zwischen den Realisierungsträgern für die Kunden, die mit ihrer bisherigen Betreuung seitens der IMPF sehr zufrieden sind? 16. Der Senat möchte mit seiner Immobilienstrategie einen gewissen Wettbewerb zwischen den Realisierungsträgern erzeugen. Wie beurteilt der Senat die Gefahr, dass dabei die vorhandenen Fachkompetenzen bei den jeweiligen Realisierungsträgern eben nicht effektiv genutzt werden können, wenn es nur darum geht, den wirtschaftlichen Nutzen in den Vordergrund zu stellen? 17. Wie und zugunsten welchem der beiden Ziele möchte der Senat den Widerspruch zwischen einem Wettbewerb auf der einen Seite und der Schaffung von Synergien durch Gleichordnung und einheitliche Leitung auflösen? Siehe Drs. 20/14486. Im Übrigen sind die Planungen und Überlegungen noch nicht abgeschlossen. 18. Hat der Senat vor Beschlussfassung der Optimierung des Immobilienmanagements eine Kosten-Nutzen-Analyse für die Umsetzung durchführen lassen? Wenn ja, a. wie war das Ergebnis? b. welche Faktoren wurden in die Analyse einbezogen? Wenn nein, warum nicht, wenn doch von Ausschöpfung des vollen Potenzials, Synergieeffekten und Effizienzsteigerung die Rede ist? Das in Drs. 20/14486 dargelegte Konzept überträgt bewährte Managementmodelle aus der Immobilienwirtschaft auf die besonderen Umstände der FHH. Eine detaillierte theoretische Analyse zu Kosten und Nutzen ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich beziehungsweise hätte keine praktische Aussagekraft. 19. Welche konkreten fachpolitischen Ziele verfolgt der Senat mit der Optimierung des Immobilienmanagements? Mit der Optimierung des Immobilienmanagements werden keine fachpolitischen Ziele festgelegt, sondern der immobilienwirtschaftliche Rahmen für deren Umsetzung verbessert .