BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/12062 21. Wahlperiode 23.02.18 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Jens Meyer (FDP) vom 16.02.18 und Antwort des Senats Betr.: Entwicklungspotenzial für Wohnungsbau über Discountern Durch die wachsende Bevölkerung Hamburgs entsteht eine stärke Flächenkonkurrenz im Stadtgebiet. Aus diesem Grund sind Überlegungen, über Supermärkten und Discountern Wohnungen zu bauen, eine effiziente Lösung, um auf den Druck durch die Flächenkonkurrenz in Hamburg zu reagieren . Diese Idee wird aktuell, laut Artikel des „Hamburger Abendblattes“ „Neue Discounter nur mit neuen Wohnungen“ vom 14.02.2018, in Berlin umgesetzt. In diesem Artikel wird auch davon gesprochen, dass Aldi schon Vermieter für 30 Wohnungen in der Holstenstraße und mit 28 Wohnungen in der Bahrenfelder Straße ist. Des Weiteren sollen, laut „Hamburger Abendblatt “, solche Projekte in Rissen, Eimsbüttel und in Altona umgesetzt werden. Für den Bezirk Eimsbüttel sollen an den Standorten Eidelstedter Weg, Osterfeldstraße , Randstraße, Oldesloer Straße und der Bismarckstraße Wohnungen über Discountern entstehen. Ein Discounter ist hierbei ein Unternehmen des stationären Einzelhandels, das durch geringere Verkaufspreise im Vergleich zu anderer Betriebsform charakterisiert ist. Ein Supermarkt hingegen ist ein Einzelhandelsgeschäft, dass Lebensmittel und Genussmittel als auch Drogerieartikel und andere Artikel täglichen Bedarfs vertreibt. Das konkrete Unterscheidungsmerkmal zwischen den beiden Formen ist der Preis. Supermärkte gibt es in verschiedenen Größen: Verbrauchermarkt 1500–4999m² Lebensmittel SB-Markt 200–400 m² Lebensmittel SB-Geschäft weniger als 200 m² Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Für die Standorte von Lebensmittelmärkten verfolgt die Freie und Hansestadt Hamburg seit Jahren generell die Zielsetzung einer höheren Flächenausnutzung und Dichte . Aufgrund des hohen Bedarfs an Flächen für den Wohnungsbau wird, wo möglich, eine Kombination mit Wohnnutzung angestrebt. Prinzipiell sind unter dem Gesichtspunkt der Flächeneffizienz aber auch andere Nutzungskombinationen denkbar und wünschenswert. Dagegen ist die lange Zeit typische Ausführung von Einzelhandelsbetrieben in eingeschossiger Bauweise, in der Regel in Verbindung mit einer großen ebenerdigen Stellplatzanlage, aufgrund der bestehenden Flächenknappheit in Großstädten keine zukunftsfähige Struktur. Es besteht die Möglichkeit eines erheblichen Potenzials für den Wohnungsbau, das derzeit untersucht und mit den Bezirken erörtert wird, bevor gegebenenfalls weitere Schritte zur Umsetzung eingeleitet werden. Oft fallen jedoch ohnehin das Interesse Drucksache 21/12062 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 der Betreiber an einer Modernisierung der Filialen und das Interesse der Bezirksämter an der Aktivierung von Wohnungsbaupotenzialen zusammen. Hinsichtlich der flächeneffizienten Gestaltung von Einzelhandelsbetrieben durch mischgenutzte Immobilien wurden in den vergangenen Jahren wiederholt Gespräche zwischen den zuständigen Stellen und Anbietern des Lebensmittel-Einzelhandels geführt. Vielfach besteht auch vonseiten des Handels die Bereitschaft zu flächeneffizienten Lösungen, was sich in einer Vielzahl von in den vergangenen Jahren realisierten Bauprojekten widerspiegelt. Sowohl für neue Standorte als für bestehende Märkte gibt es gelungene Beispiele für die Kombination von Lebensmittelmärkten und Wohnungsbau . Gleichwohl muss die Eignung der einzelnen Standorte in jedem Einzelfall sorgfältig geprüft werden. Die übergeordnete Strategie der Stadt für die Ansiedlungen des Einzelhandels sind die „Hamburger Leitlinien für den Einzelhandel“, die als Kriterien auch städtebauliche Aspekte wie Dichte, Nutzungsmischung und eine flächeneffiziente Anordnung von Stellplätzen beinhalten. Für den Einzelhandel ist jedoch das entscheidende Kriterium, dass der Schutz und die Entwicklungsfähigkeit der Hamburger Zentren gewährleistet bleiben. Um diese Versorgungsstrukturen zu schützen, ist eine Ansiedlung von Einzelhandel daher nicht generell und für jeden Standort vorstellbar, und wird an diesen Standorten auch in Verbindung mit Wohnungsbau nicht verträglicher . Ebenso ist die Verträglichkeit bestehender Einzelhandelsstandorte mit dem Wohnungsbau (insbesondere unter Berücksichtigung der jeweiligen Umgebung und gegebenenfalls damit verbundenen Belastungen) zu prüfen. In jedem Einzelfall ist zudem die Vereinbarkeit mit dem geltenden Planungsrecht zu bewerten. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1) Wie viele Supermärkte und Discounter (Definitionen siehe Vortext) gibt es in Hamburg? (Bitte nach Bezirken aufgliedern und das Unternehmen (Marke) sowie die Größe der Grundfläche des Marktes in Quadratmetern angeben.) In Hamburg gibt es derzeit die folgenden Betriebe des Lebensmitteleinzelhandels: Betriebstyp Anzahl Filialen Lebensmittel-Discounter 271 Supermärkte (< 1.500 m² Verkaufsfläche) 145 Verbrauchermärkte (1.500 - 5.000 m² Verkaufsfläche) 42 SB-Warenhäuser (> 5.000 m² Verkaufsfläche) 19 Sonstige Supermärkte (Biomärkte, Fachanbieter, etc.) 49 Fachgeschäfte unter 400 m² Verkaufsfläche werden hier nicht berücksichtigt, da eine Aufstockung durch Wohnungsbau in der Regel nicht zielführend ist. Zur Aufschlüsselung nach Bezirken siehe Anlage 1. Quelle: Erhebung zu den Nahversorgungskonzepten der Bezirke (Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung mbH (GMA 2017)) 2) Wie viele Supermärkte und Discounter sind aktuell einstöckig? (Bitte nach Bezirken aufschlüsseln.) Eingeschossige Lebensmittelmärkte Bezirke Discounter Supermärkte Verbrauchermärkte SB-Warenhäuser Sonstige Supermärkte Hamburg- Mitte 26 1 - - 1 Altona 9 6 - 1 4 Eimsbüttel 19 2 3 - 3 Hamburg- Nord 18 4 2 1 - Wandsbek 46 13 5 2 - Bergedorf 10 5 3 - 1 Harburg 13 1 2 1 1 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/12062 3 Quelle: Auswertung der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen (BSW) auf Grundlage der Erhebung zu den Nahversorgungskonzepten der Bezirke (GMA 2017) 3) Von welchem Bevölkerungswachstum wird in Hamburg bis 2035 ausgegangen ? (Bitte nach Bezirken staffeln.) Eine amtliche Bevölkerungsfortschreibung auf Bezirksebene, die als Grundlage für eine Bevölkerungsvorausberechnung herangezogen werden könnte, liegt für Hamburg nicht vor. Die aktuellsten Daten auf der Bezirksebene liegen aus dem Melderegister mit Stand vom 30. Juni 2017 vor. Auf dieser Grundlage ist keine Bevölkerungsvorausberechnung erfolgt. Für Hamburg insgesamt wird bis zum Jahr 2035 ein Anstieg der Bevölkerung auf 1,897 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner* prognostiziert. * Quelle : Statistikamt Nord : Bevölkerungsentwicklung 2015 bis 2035 in Hamburg, Ergebnisse der 13. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung, Variante W 2. Herausgegeben am 7. September 2015 4) Wie viele Menschen sind zwischen 2015 und 2017 nach Hamburg gezogen und wie viele Menschen haben Hamburg in der gleichen Zeit verlassen ? (Bitte nach Bezirken aufschlüsseln.) Daten für das Jahr 2017 liegen voraussichtlich Mitte 2018 vor. Wanderungen über die Landesgrenze Hamburgs in den Jahren 2015 und 2016 Bezirk Zuzüge Fortzüge Hamburg-Mitte 40.790 32.219 Altona 30.714 25.278 Eimsbüttel 32.206 25.853 Hamburg-Nord 43.077 32.738 Wandsbek 37.832 31.860 Bergedorf 12.563 10.617 Harburg 23.847 17.724 Hamburg insgesamt 221.029 176.289 Quelle: Berechnungen des Statistikamtes Nord auf Grundlage des KOSIS-Statistikdatensatzes Bevölkerungsbewegungen 2015 und 2016 5) Wie groß ist das Potenzial für Wohnungsbau (in Bruttogeschossfläche) über bestehenden Discountern beziehungsweise Supermärkten bei einer Bauweise entsprechend der gemäß B-Plan zulässigen beziehungsweise gemäß bezirklichen Stadtplanungsabteilungen maximal genehmigungsfähigen Geschossigkeit? (Bitte nach Bezirken aufschlüsseln.) Siehe Vorbemerkung. Eine händische Auswertung und Einzelfallprüfung der hamburgweit über 500 Standorte ist in der für eine Parlamentarische Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht leistbar. 6) Wie im Vortext beschrieben, gibt es für den Bezirk Eimsbüttel schon konkrete Standorte, an denen Wohnungen über einem Aldi-Markt entstehen sollen. a) Wie viele Wohnungen sollen entstehen? (Bitte für jeden Standort angeben.) b) Wer ist/sind der/die Bauherr/en für die Wohnungen bei diesen Märkten ? c) Werden an diesen Standorten bestehende Märkte aufgestockt oder neue Märkte gebaut? d) Falls bestehende Märkte aufgestockt werden: In welchem Rahmen müssen diese Märkte umgebaut werden? Für die folgenden Standorte ist derzeit eine Kombination von Lebensmittel-Discountern der Firma ALDI mit Wohnungsbau vorgesehen: Drucksache 21/12062 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Stadtteil Adresse Wohneinheiten Neubau o. Aufstockung Lokstedt Osterfeldstraße 39 16 Neubau Stellingen Randstraße 77 51 Neubau Schnelsen Oldesloer Straße 50 9 Aufstockung Eimsbüttel Bismarckstraße 24 7 Neubau Bei der Aufstockung bestehender Märkte erfolgt in der Regel auch ein Umbau der Bestandsflächen. Angaben zu den Bauherren werden aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht gemacht. 7) Laut Artikel des „Hamburger Abendblattes“ vom 14.02.2018 „Neue Discounter nur mit neuen Wohnungen“ stockt aktuell ein solches Projekt (Wohnungen über einem Discounter) in Rissen. a) Wie viele Wohnungen sollen dort entstehen? b) Soll in Rissen ein neuer Markt mit Wohnungen darüber gebaut werden oder soll ein bestehender Markt aufgestockt werden? c) Wer ist der Bauherr für dieses Projekt? d) Wie wird die Verzögerung des Projektes begründet? e) Welche Maßnahmen wurden vonseiten der Politik unternommen, um die Gründe für diese Verzögerung zu beheben? Vorgesehen ist der Neubau eines Lebensmittel-Discounters in Verbindung mit 14 Wohneinheiten. Das Vorhaben ist auf Grundlage des geltenden Planungsrechts nicht realisierbar. Der erforderliche Beschluss zur Änderung beziehungsweise Aufstellung eines Bebauungsplanes wurde durch die Bezirksversammlung gefasst. Im Übrigen siehe Antwort zu 6. a) bis d). 8) Laut Artikel des „Hamburger Abendblattes“ vom 14.02.2018 „Neue Discounter nur mit neuen Wohnungen“ wird an der Luruper Hauptstraße eine neue Aldi-Filiale und in Sülldorf wird ein neuer Lidl-Markt mit Wohnungen darüber entstehen. a) Wie viele Wohnungen sollen entstehen? (Bitte für jeden Standort angeben.) Standort Luruper Hauptstraße: 186 WE Standort Sülldorf: circa 50 – 80 WE b) Wer ist/sind der/die Bauherr/en für die Wohnungen bei diesen Märkten ? Angaben zu den Bauherren werden aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht gemacht. c) Wann sollen die Märkte mit den Wohnungen darüber fertiggestellt sein? Für die Wohnungen über der Aldi-Filiale wurde der Bauantrag im Dezember 2017 eingereicht. Zur Fertigstellung beider Bauvorhaben liegen dem zuständigen Bezirksamt keine Kenntnisse vor. V er te ilu ng v on L eb en sm itt el m är kt en n ac h B ez irk en Le be n s m itt el -D is co un te r Su pe rm är k t e Ve rb ra uc he rm är kt e SB -W ar en hä us er Aldi Lidl Netto MD Penny Sonstige Gesamt Edeka Rewe Sonstige Gesamt Edeka Rewe Sonstige Gesamt Famila Kaufland Marktkauf Real Sonstige Gesamt H am bu rg -M itt e 13 11 3 19 - 46 10 6 8 24 5 3 - 8 - - 1 1 - 2 A lto na 9 9 4 8 - 30 10 6 18 34 4 5 - 9 - 2 - 1 1 4 E im sb üt te l 16 8 6 12 - 42 13 10 7 30 2 2 1 5 - - - - - 0 H am bu rg -N or d 14 8 7 12 1 42 19 11 10 40 3 2 - 5 1 2 1 - 1 5 W an ds be k 22 14 11 20 2 69 17 12 11 40 6 4 - 10 - 1 - 1 2 4 B er ge do rf 6 2 2 7 - 17 7 2 4 13 2 1 - 3 - 1 1 - - 2 H ar bu rg 7 7 5 6 - 25 4 4 5 13 1 1 - 2 - 1 1 - - 2 G es am t 87 59 39 84 3 27 1 80 51 63 19 4 23 18 1 42 1 7 4 3 4 19 Q ue lle : E rh eb un g zu d en N ah ve rs or gu ng sk on ze pt en d er B ez irk e (G M A 2 01 7) Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/12062 5 Anlage 12062ska_Text 12062ska_Anlage