BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/12065 21. Wahlperiode 23.02.18 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Carsten Ovens (CDU) vom 16.02.18 und Antwort des Senats Betr.: Geänderte Hochschulzulassung für Medizin in Hamburg? Mitte Dezember 2017 hatte das Bundesverfassungsgericht (1 BvL 3/14 - Rn. 1-253) entschieden, dass das Verfahren zur Vergabe von Medizin-Studienplätzen teilweise verfassungswidrig ist und bis Ende 2019 neu geregelt werden muss. Wie das „Hamburger Abendblatt“ berichtete, standen zum Wintersemester 2017/2018 bundesweit knapp 9.200 Medizin-Studienplätze über 43.000 Bewerbern gegenüber. Ein Fünftel der Plätze wurde an Bewerber mit einer Abiturnote von 1,0 bis 1,2 vergeben. Ein weiteres Fünftel wurde nach Wartezeit vergeben – derzeit bis zu 15 Semester. Die übrigen 60 Prozent der Plätze konnten die Hochschulen in einem eigenen Auswahlverfahren verge-ben, wobei die Abiturnote trotzdem eine wichtige Rolle spielte. Die Richter haben die Rechtmäßigkeit der Zulassungsbeschränkung durch einen Numerus clausus grundsätzlich bestätigt. Sie bemängelten jedoch eine verpflichtende Festlegung auf sechs Wunschstudienorte (bei der Verteilung nach Abiturnote). Zudem sollten Universitäten bei der Auswahl nach eigenem Verfahren zukünftig nach standardisierter und transparenter Weise vorgehen. Nun wollen die Bundesländer die Zulassung zum Medizinstudium per Staatsvertrag ändern, vermeldet die dpa. Die Kultusminister sähen „unmittelbaren Handlungsbedarf“, hieß es weiter. In der Kultusministerkonferenz solle die Änderung oder eine Neufassung eines Staatsvertrags verfolgt werden. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Das Fach Medizin mit Abschluss Staatsexamen wird in Hamburg ausschließlich an der Medizinischen Fakultät der Universität Hamburg/Universitätsklinikum Hamburg- Eppendorf (UKE) angeboten. Die Bewerbungen für die Medizinstudienplätze am UKE nach der Abiturbestenquote, der Wartezeitquote und nach dem Auswahlverfahren der Hochschulen (AdH) erfolgen ausnahmslos über die Stiftung für Hochschulzulassung (hochschulstart.de). Auch die Zulassungen werden im Auftrag der Universität Hamburg von hochschulstart.de versandt. Die Daten zu Bewerbungs- und Zulassungszahlen werden von hochschulstart.de regelmäßig im Internet veröffentlicht. Das Vergabeverfahren ist auf den Internetseiten von hochschulstart.de detailliert dargestellt (https://zv.hochschulstart.de/index.php?id=281). Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen auf der Grundlage von Auskünften des UKE wie folgt: Drucksache 21/12065 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 1. Wie viele Medizinstudienplätze wurden zum Wintersemester 2017/2018 an den Hamburger Universitäten und Hochschulen vergeben? Bitte differenziert nach Universität beziehungsweise Hochschule darstellen. Am UKE standen 356 Medizinstudienplätze zur Verfügung. Aufgrund von Überbuchungen wurden insgesamt 366 Studierende zugelassen. 2. Wie viele Bewerber gab es für die unter 1. genannten Studienplätze? Bitte differenziert nach Universität beziehungsweise Hochschule darstellen. Gemäß hochschulstart.de haben sich für einen Medizinstudienplatz am UKE über die Abiturbestenquote insgesamt 4.294 Personen beworben. Über die Wartezeitquote haben sich 1.787 Personen beworben. Im AdH haben sich 2.963 Personen beworben (alle 1. Ortspräferenz). 3. Wie viele der unter 1. genannten Studienplätze wurden im Wintersemester 2017/2018 nach Numerus clausus, nach Wartesemester sowie in eigenen Vergabeverfahren vergeben? Am UKE wurden über die Abiturbestenquote 62 Zulassungen, über die Wartezeitquote 97 Zulassungen und über das AdH 207 Zulassungen ausgesprochen. Hierbei wurden aufgrund der Erfahrung aus den Vorjahren Überbuchungen vorgenommen, da nicht alle Zugelassenen den angebotenen Studienplatz annehmen. Zusätzlich wurden Studienplätze über die Vorabquote zum Beispiel an Nicht-EU-Ausländer, Sanitätsoffiziere der Bundeswehr oder Zweitstudierende vergeben. Insgesamt wurden 366 Studienplätze besetzt, da sich die Annahmequote der Zugelassenen im Jahr 2017 erhöht hat. a) Wie hoch war der Numerus Clausus? Die Abiturnote, bis zu der in der Abiturbestenquote zugelassen wird, hängt vom Bundesland der Hochschulzugangsberechtigung ab. Am UKE wurden Bewerberinnen und Bewerber bis zu einer Durchschnittsnote von 1,1 zugelassen. b) Wie hoch war die Anzahl der Wartesemester? Die Auswahlgrenze in der Wartezeitquote lag im gesamten Bundesgebiet bei mindestens 14 Semestern. Um bei der Ortsverteilung einen Studienplatz am UKE zu erhalten , mussten die Bewerberinnen und Bewerber einen besonderen Bindungsgrund an den Studienort Hamburg nachweisen und eine Abiturnote von mindestens 2,8 haben. c) Wie lauteten die Kriterien beziehungsweise wie lief das Prozedere des eigenen Vergabeverfahrens ab? Bitte differenziert nach Universität beziehungsweise Hochschule darstellen . Zum Auswahlverfahren des UKE werden nur Bewerber eingeladen, die Hamburg mit 1. Ortspräferenz gewählt haben. Anschließend wird ein zweistufiges Verfahren mit dem HAM-Nat und dem HAM-Int (Multiple-Choice-Tests mit Fragen zu medizinisch relevanten Aspekten der Fächer Mathematik, Physik, Chemie und Biologie) durchgeführt . Das Verfahren ist auf den Internetseiten des UKE detailliert dargestellt (https://www.uke.de/studium-lehre/studienentscheidung/auswahlverfahren/ auswahlverfahren-medizin.html). 4. Was genau haben die Kultusminister der Länder in Bezug auf die Hochschulzulassung Humanmedizin beziehungsweise den zu formulierenden Staatsvertrag bislang erarbeitet beziehungsweise beschlossen? Was sieht eine etwaige Einigung genau vor und, falls eine diesbezügliche Einigung nicht erzielt wurde, was ist der aktuelle Sachstand und wann ist mit konkreten Regelungen zu rechnen? Die Amtschefs der Kultusministerkonferenz haben sich am 15. Februar 2018 auf der Amtschefskonferenz dafür ausgesprochen, den bestehenden Länderstaatsvertrag zur Hochschulzulassung zu ändern. Zu diesem Zweck wurde die Arbeitsgruppe „Staatsvertrag Hochschulzulassung“ eingerichtet, die bis zur nächsten Sitzung der Amtschefskonferenz im Mai 2018 Eckpunkte einer neuen Regelung erarbeiten soll. Ent- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/12065 3 scheidungen zur inhaltlichen Ausgestaltung der einzelnen Regelungen wurden bislang nicht getroffen. a) Welche Änderungsbedarfe sehen die Bundesländer und der Hamburger Senat beziehungsweise die zuständige Behörde in Bezug auf die vom Bundesverfassungsgericht bemängelte verpflichtende Festlegung auf sechs Wunschstudienorte bei der Verteilung nach Abiturnote? Das Bundesverfassungsgericht hat eine Beschränkung der Bewerbung auf sechs Studienorte im Rahmen der Abiturbestenquote als verfassungswidrig eingestuft. Eine noch zu entwickelnde neue Regelung wird daher keine derartige Beschränkung enthalten . b) Welche Änderungsbedarfe sehen die Bundesländer und der Hamburger Senat beziehungsweise die zuständige Behörde in Bezug auf die vom Bundesverfassungsgericht geforderte Auswahl nach eigenem Verfahren in einer standardisierten und transparenten Weise? Das Bundesverfassungsgericht hat festgestellt, dass den Hochschulen Freiräume bei der Auswahl von Eignungskriterien aus dem gesetzlichen Kriterienkatalog eingeräumt werden dürfen, wenn zusätzlich konkrete Vorgaben zur Standardisierung und Strukturierung hochschuleigener Auswahlverfahren gemacht werden. Diese Anforderung wird bei einer noch zu entwickelnden Neuregelung berücksichtigt werden.