BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/12083 21. Wahlperiode 27.02.18 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dennis Thering (CDU) vom 19.02.18 und Antwort des Senats Betr.: Kann der Senat den Verdacht der massiven Einflussnahme durch den SPD-Fraktionsvorsitzenden in Verwaltungshandeln entkräften? (II) Nachdem der Zentrale Koordinierungsstab Flüchtlinge (ZKF) Panorama 3, einem Politik-Magazin im NDR, für dessen Recherchen Akteneinsicht gewährt hatte, entstand im April 2017 der Bericht „Wucherpreis für Flüchtlingsunterkunft “. Hierin wird sehr detailliert aus den Akten zitiert. Weitere Erkenntnisse konnten die Fraktionen der Bürgerschaft im Rahmen der Akteneinsicht als Ergebnis der Drs. 21/8728 erlangen. Umso mehr verwundert , dass der Senat angesichts der vorliegenden Informationen in Drs. 21/11942 behauptet, über keinerlei Kenntnis zu bestimmten Sachverhalten zu verfügen, beziehungsweise dass er Aussagen trifft, die sich nicht mit den Informationen der eingesehenen Akten decken. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat erneut: Das Verfahren und die Beteiligung der in die Entwicklung des Standortes Eulenkrugstraße eingebundenen Stellen und Akteure sind in der Drs. 21/8733 im Einzelnen dargestellt worden. Außerdem sind die Dokumente mit der Vorlage der Akten als Folge des Ersuchen Drs. 21/8728 vorgelegt worden. Zu darüber hinausgehenden Informationen siehe Drs. 21/8779, Drs. 21/10928 und Drs. 21/11942. Dem NDR wurden im Rahmen des presserechtlichen Auskunftsanspruches keine weitergehenden Informationen zur Verfügung gestellt als die Inhalte, die der Bürgerschaft im Rahmen des Aktenvorlageersuchens nach Artikel 30 HV vorgelegt wurden. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. In Drs. 21/8733 heißt es, dass der SPD-Fraktionsvorsitzende „an keinen Verhandlungsrunden und Gesprächen zur Anmietung der Fläche“ vom ZKF, f & w und dem anwaltlichen Vertreter der Eigentümerseite teilgenommen habe. In Drs. 21/11942 gibt der Senat nun an, dass „Art und Umfang bilateraler Gespräche zwischen dem SPD-Wahlkreisabgeordneten und Eigentümer oder Eigentümervertretern“ sich seiner Kenntnis entzögen. a) Heißt das, dass es diese bilateralen Gespräche gegeben hat? Wenn ja, von wie vielen weiß der Senat und wann fanden diese wo statt? b) Können, wenn schon der Senat keine Auskunft über „Art und Umfang“ dieser Gespräche geben kann, der ZKF und f & w dem Senat die ihnen vorliegenden Informationen wie Art, Umfang, Inhalt, Dauer, Namen und Zahl der teilnehmenden Informationen und so weiter liefern? Drucksache 21/12083 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Wenn ja, wie lautet der Inhalt der Informationen? Wenn nein, warum kann der ZKF die Informationen dem NDR, aber nicht dem Senat liefern? 2. In Drs. 21/11942 verweist der Senat, darauf, dass in Zeiten der hohen Zugangszahlen sich viele Stellen mit Unterbringungsvorschlägen an den ZKF gewandt hätten und der Anwalt des Eigentümers des besagten Grundstücks in Volksdorf „als Vermittler des Standortes den SPD- Wahlkreisabgeordneten hinzugezogen“ hätte. Allerdings wird in der Drs. 21/8733 betont, dass der SPD-Fraktionsvorsitzende „ihm zugegangene Informationen an die Verwaltung, insbesondere den ZKF, weitergeleitet und … von diesem über den Fortgang der Standortrealisierung auf Nachfrage informiert worden“ sei. Auch habe der Vertreter des Grundeigentümers Angebote zur Vertragsverhandlung am 28. Juni, 1. Juli und 7. Oktober 2016 an den SPD-Wahlkreisabgeordnete übersandt. a) Hier handelt es sich offenbar nicht um die reine Vermittlung eines ersten Angebots, sondern um eine Rolle in den sich über Monate hinziehenden Verhandlungen direkt. Wieso erhielt der SPD- Fraktionsvorsitzende die Angebote des Anwalts der Eigentümer, obwohl dieser doch Verhandlungen mit dem ZKF und f & w geführt hat? b) Liegen dem Senat, f & w oder dem ZKF Informationen vor, ob der SPD-Fraktionsvorsitzende dem Anwalt deutlich gemacht, dass er der falsche Adressat für Angebote ist, die das Verwaltungshandeln der Stadt betreffen? Wenn ja, wann in welcher Art und Weise? Wenn nein, warum nicht? Siehe Vorbemerkung. Im Übrigen hat der Senat über Gespräche und deren Inhalt zwischen Dritten keine Kenntnis. Siehe auch Drs. 21/11942. c) Wie haben der ZKF und f & w darauf reagiert, dass nicht sie die Angebote erhalten haben, sondern eine Person, die nicht an den offiziellen Verhandlungsgesprächen beteiligt war? Wann haben der ZKF oder f & w gegenüber dem Grundstückseigentümer in welcher Art und Weise betont, dass sie die Federführung bei den Verhandlungen haben? Der Zentrale Koordinierungsstab Flüchtlinge (ZKF) und f & w fördern und wohnen AöR (f & w) haben die Angebote nach standardisierten Prüf- und Verfahrensschritten bearbeitet . 3. Bleibt der Senat auch nach Rücksprache mit dem ZKF und f & w bei seiner Aussage der Drs. 21/11942, dass weder der ZKF, f & w noch die zuständige Senatorin im Laufe der Vertragsverhandlungen aktiv den SPD-Fraktionsvorsitzenden gebeten haben, sich in die Verhandlungen einzubringen? Wenn dies doch erfolgte, wann erfolgte durch wen warum eine entsprechende? Inwieweit ist das mit dem Prinzip der Gewaltenteilung vereinbar? Siehe Vorbemerkung. Wie bereits in Drs. 21/8733 erwähnt, war, der SPD-Wahlkreisabgeordnete im Rahmen des Verhandlungsverfahrens als Vermittler und Mediator zuweilen beteiligt. Die Vermittlerposition des Abgeordneten ergab sich, weil er Teil der regionalen Initiative für dieses Standortvorhaben war, nicht aus aktiver Intervention der in der Frage genannten Stellen. 4. In Drs. 21/11942 gibt der Senat an, dass es „keine“ Hinweise geben würde, die belegen, dass der SPD-Fraktionschef dem Anwalt der Grundstückseigentümer vertrauliche Informationen hat zukommen lassen, die für diesen nicht bestimmt waren. Bleibt der Senat nach Rücksprache mit dem ZKF auch angesichts von dessen Akten, die dieser dem NDR zur Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/12083 3 Verfügung gestellt hat, bei dieser Aussage? Sollte es doch entsprechende Hinweise geben, wie lauten diese? Wie in Drs. 21/11942 dargestellt, hat der SPD-Wahlkreisabgeordnete dem Vertreter der Grundstückseigentümer keine vertraulichen Informationen zukommen lassen, die die Verhandlungsposition der Stadt geschwächt haben. 5. Leider beantwortet der Senat in Drs. 21/11942 die folgenden Fragen nur ausweichend, in dem er darauf verweist, dass der „SPD-Wahlkreisabgeordnete … vermittelt tätig“ war. Daher bitten wir den Senat, die folgenden Fragen nach Rücksprache mit dem ZKF und f & w konkret zu beantworten, um einen Einblick in die Art der „Vermittlung“ zu erhalten: a) Hat der SPD-Fraktionsvorsitzende die Behörden aufgefordert, den Mietvertrag schneller zu verhandeln? Wenn ja, wann jeweils mit welchem Argument? Der SPD-Wahlkreisabgeordnete hat sich, nachdem die Fläche als geeignet befunden worden war und sie zeitnah zur Verfügung stand, vor dem Hintergrund des sehr großen Unterbringungsdrucks für eine möglichst schnelle Umsetzung und zeitnahe Inbetriebnahme des Standortes ausgesprochen. b) Hat der SPD-Fraktionsvorsitzende in diesem Zusammenhang auch den Wunsch geäußert, auf die Erstellung von Gutachten oder anderer Prüfungen zu verzichten, um schneller zu einem Vertragsabschluss zu kommen? Wenn ja, wann und um welche verwaltungsinternen Vorgänge ging es dabei jeweils? c) Hat der SPD-Fraktionschef gegenüber dem ZKF versucht, einen höheren Mietpreis für die Grundstückseigentümer oder eine Erweiterung der Mietfläche zu erwirken, als diese es selbst gegenüber der Freien und Hansestadt Hamburg getan haben? Wenn ja, wann und mit welchen Argumenten? Nein. d) Hat der SPD-Fraktionschef im Rahmen der Verhandlungen direkt Kontakt mit der Senatorin aufgenommen? Wenn ja, wann in welcher Form mit welchem Ziel? Siehe Drs. 21/8733. 6. In Drs. 21/11942 wird erwähnt, dass der ZKF die Mietvertragsverhandlungen im Juli 2016 unterbrochen habe, „da der Eigentümer in Verkaufsverhandlungen für sämtliche Grundstücke getreten war“. a) Obwohl der ZKF die Verhandlungen unterbrochen hat, erfolgte die Wiederaufnahme durch den Grundstückseigentümer. Wieso nicht durch den ZKF? Es wurde zuvor vereinbart, dass der Grundstückseigentümer ein erneutes und reduziertes Angebot übermitteln würde, sollten seine Verkaufsverhandlungen nicht zu einem positiven Abschluss gebracht werden. b) Welcher Art waren die erwähnten Überarbeitungen des Mietvertragsangebots ? Der Vertreter der Grundstückeigentümer übersandte ein Angebot, das eine veränderte Miete in Höhe von 84.500 Euro p.a. ab Vorweggenehmigungsreife des Bebauungsplanes beziehungsweise der Bezugsfertigkeit der Unterkunft vorsah. Zuvor war eine Miete in Höhe von 94.500 Euro p.a. von dem Vertreter der Grundstückseigentümer gefordert worden. Darüber hinaus wurde vom Vertreter der Grundstückseigentümer die Spendenzahlung in eine gemeinnützige Stiftung vorgeschlagen. Siehe Drs. 21/8733. Drucksache 21/12083 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 c) Gab es bereits vorab Überlegungen, die Mietvertragsverhandlungen zu unterbrechen? Wenn ja, von wem aus welchem Grund? Nein.