BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/12090 21. Wahlperiode 27.02.18 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Birgit Stöver (CDU) vom 20.02.18 und Antwort des Senats Betr.: Hamburg wächst – Wachsen die Schulen mit? Hamburg ist eine wachsende Stadt, das gilt nicht nur für die Schülerzahlen, sondern auch für den Wohnungsbau. Allein zum Ende des Jahres 2016 standen über 7.350 mehr Wohnungen zur Verfügung als zum gleichen Zeitpunkt im Vorjahr. Weitere 20.000 Wohnungen waren zudem bereits genehmigt . Wie der Senat in seiner Antwort auf meine Anfrage vom 21. Juli 2017 (vergleiche Drs. 21/9828) einräumt, hat sich die Stadt auf einen deutlichen Zuwachs der Schülerzahlen in den kommenden Jahren einzustellen. In der Antwort des Senates heißt es, man passe den Schulentwicklungsplan (SEPL) „kontinuierlich an die Entwicklungen in der Stadt an“. Trotzdem liegt bis dato lediglich der SEPL von 2012 vor. Vor dem Hintergrund, dass Hamburg, wie dargelegt, schnell wächst, Geburtenraten wieder steigen und ferner im Rahmen von Flüchtlingszuzug von einem mit diesen Entwicklungen einhergehenden Anstieg der Schülerzahlen gegenüber den Prognosen von 2012 auszugehen ist, bleibt unklar, ob das Hamburger Schulsystem auf einen derartigen Anstieg vorbereitet ist. Zwar kündigte der Senat an, zwei neue Grundschulen im Eimsbüttler Kerngebiet gründen zu wollen. Von koordinierter Planung kann hier allerdings keine Rede sein, da die Gebäude, in denen die Schulen eingerichtet werden sollen, eher durch Zufall vakant werden und auch unabhängig von neuen Wohnbauten entstehen sollen. Es gibt Richtwerte, denen zufolge je 1.000 neuer Wohneinheiten entsprechende Schulplätze vorzuhalten sind. Neben einem Bauüberhang von insgesamt 20.632 Wohnungen in 2016 wurden 2017 in den Bezirken folgende neue Wohneinheiten genehmigt: Atona: 1.584 Bergedorf: 1.026 Eimsbüttel: 2.289 Harburg: 1.296 Mitte: 1.923 Nord: 2.226 Drucksache 21/12090 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Wandsbek: 2.608 Vorbehaltsgebiete (Mitte Altona, HafenCity): 459 Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Hamburg verzeichnet als attraktive Metropole mit vielfältigen Bildungsangeboten bereits seit Jahren einen kontinuierlichen Bevölkerungszuwachs und damit einhergehend steigende Schülerzahlen. Dieses hat der Senat seit 2011 konsequent und kontinuierlich in den unterschiedlichen Handlungsfeldern berücksichtigt. Unter anderem wurde ein massives Investitionsprogramm für die Sanierung und den Neubau von Schulen beschlossen. Der von der Hamburgischen Bürgerschaft beschlossene Haushaltsplan 2017/2018 sowie die mittelfristige Finanzplanung für die Jahre 2019/2020 sehen für den Wirtschaftsplan des Sondervermögens Schulimmobilien und die damit korrespondierenden Wirtschaftspläne von SBH | Schulbau Hamburg (SBH) und GMH | Gebäudemanagement Hamburg (GMH) Mittel in Höhe von 1,3 Milliarden Euro für den Neubau und die Sanierung von Schulen von 2017 bis 2020 vor. Zudem aktualisiert die für Bildung zuständige Behörde ihre Prognosen zu Schülerzahlen jährlich. Dabei werden die aktuelle Schuljahresstatistik, neue amtliche Bevölkerungsvorausberechnungen und weitere hamburgspezifische Bevölkerungsentwicklungen wie die Zuwanderung berücksichtigt. Hierüber wird unter anderem in Presseveröffentlichungen regelmäßig berichtet. Zudem wird regelhaft in den jeweiligen bezirklichen Gremien informiert. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. In welcher Weise und auf welchen Grundlagen finden die kontinuierlichen Fortschreibungen des SEPLs statt? 2. Wo kann man die Fortschreibungen einsehen? Die Zügigkeiten werden geprüft und bei Bedarf angepasst, siehe Drs. 21/10883. Im Übrigen siehe Vorbemerkung sowie Antwort zu 5. bis 5. d. 3. Wie viele Schulplätze sind pro 1.000 neuer Wohneinheiten durch die zuständige Behörde einzurichten? a. Sollten hier für Grundschulklassen, Sekundarstufe I und II sowie Schulform unterschiedliche Berechnungsgrundlagen angewendet werden, Angabe bitte jeweils separat. b. Sollten für die Bezirke unterschiedliche Berechnungsgrundlagen angewendet werden, Angabe bitte je Bezirk separat. c. Sollten für die KESS-Faktoren unterschiedliche Berechnungsgrundlagen angewendet werden, Angabe bitte je Bezirk separat. Die Berechnungsgrundlage, mit der die durch den Wohnungsbau bewirkten zusätzlichen Schülerzahlen für alle Hamburger Bezirke ermittelt werden, beruht auf einer Mischkalkulation, bei der berücksichtigt wird, dass nicht alle Wohneinheiten eines Neubaugebietes von Familien genutzt werden. Ohne Berücksichtigung des erhöhten Bedarfs an Schulplätzen in Grundschulen in den ersten Jahren nach Fertigstellung eines Wohnbaugebietes muss pro Jahrgang mit circa drei Schülerinnen und Schülern je 100 Wohneinheiten kalkuliert werden. Da keine kontinuierliche, gleichmäßige Verteilung anzunehmen ist, lässt sich über alle Jahrgänge von circa 35 Schülerinnen und Schüler für die Jahrgangsstufen 1 bis 13 der Regelschulen ausgehen. Sofern dadurch der Neubau von Schulen ausgelöst wird, ist mit der Errichtung einer dreizügigen Grundschule die Nachfrage von circa 2.400 Wohneinheiten abzudecken. Weiterführende Schulen werden regelhaft mit mindestens vier Zügen geplant, sodass hier für circa 3.200 Wohneinheiten ein Gymnasium oder eine Stadtteilschule benötigt werden. 4. Welche Realisierungszeiträume sind für die einzelnen Wohnungsbauprojekte in den jeweiligen Bezirken vorgesehen? Wird mit der jeweiligen Fertigstellung zeitgleich die entsprechende Anzahl an Schulplätzen zur Verfügung stehen? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/12090 3 Zur voraussichtlichen Fertigstellung bereits genehmigter Vorhaben kann keine belastbare Auskunft gegeben werden. Erfahrungswerte zeigen, dass die Realisierung nach erteilter Baugenehmigung in der Regel zwischen zwei bis drei Jahren dauert. Der Realisierungszeitraum von Bauprojekten kann jedoch aufgrund von unvorhersehbaren Gründen deutlich unterschiedlich ausfallen. Im Übrigen siehe Antwort zu 5. bis 5. d. 5. Ist nach aktuellem Stand der Schulentwicklungsplanung davon auszugehen , dass die Stadt über eine adäquate Anzahl von Flächen für den Schulbau (in städtischer Hand) verfügt? Wenn nicht, a. in welchen Bezirken sind nicht ausreichend Flächen vorhanden? b. wie viele Flächen fehlen jeweils pro Bezirk? Angabe bitte in Quadratmetern . c. plant Schulbau Hamburg bereits konkret das Akquirieren neuer Flächen ? d. werden ältere beziehungsweise ungenutzte Schulgebäude in die Planungen miteinbezogen und gegebenenfalls reaktiviert? Die systematische und koordinierende Schulentwicklungsplanung wird durch die für Bildung zuständige Behörde in unterschiedlichen Kontexten betrieben: Im Rahmen neuer zusammenhängender Wohnbauflächen, die einen Schulneubau begründen, wird regelhaft auch der Flächenbedarf für Schulneubauten berücksichtigt. Beispielhaft seien hier neben der HafenCity die Planungen in Wilhelmsburg, an der Trabrennbahn Bahrenfeld oder in Oberbillwerder genannt. Im Bereich der Nachverdichtung in bestehenden Quartieren steht bei der Ausweitung von Schulkapazitäten demgegenüber die Erweiterung bestehender Schulstandorte im Vordergrund. Sofern diese nicht ausreichen, werden darüber hinaus auch Schulstandorte geprüft, die derzeit noch anderweitig genutzt werden. Dies gilt zum Beispiel für berufliche Schulen, die durch entsprechende Schulfusionen, siehe Schulentwicklungsplan 2013 der staatlichen berufsbildenden Schulen, für allgemeinbildende Schulen zur Verfügung stehen. Hier sind beispielhaft die beiden neu geplanten Grundschulen in Eimsbüttel zu nennen. In Altona nutzt die Stadtteilschule Flottbek das Gelände einer ehemaligen Berufsschule, in Eimsbüttel wurde bereits die Schule Turmweg auf diese Art erweitert, in Harburg hat das Friedrich-Ebert-Gymnasium Gebäudeteile des HIBB übernommen und im Bezirk Hamburg-Nord ist dieses für die Grundschulen an der Knauerstraße und der Forsmannstraße bereits im Schulentwicklungsplan 2012 angekündigt worden. Daneben sind die für Schulentwicklungsplanung und Schulbau zuständigen Ämter und Dienststellen in ständigem Austausch mit Bezirksverwaltung und den für Stadtentwicklung und Wohnungsbau zuständigen Fachämtern, um neue Möglichkeiten für die bedarfsgerechte Weiterentwicklung des schulischen Angebots in der Region zu prüfen und gegebenenfalls zu realisieren. Da der Prozess der wachsenden Stadt sich dynamisch gestaltet, muss die Schulentwicklung permanent entsprechend angepasst werden . 6. Inwieweit finden Aspekte der Flüchtlingsintegration Einzug in die Schulentwicklungsplanungen der zuständigen Behörde? Siehe Vorbemerkung. 7. Inwieweit finden die Schulschließungen von fünf bis acht katholischen Schulen Einzug in die Schulentwicklungsplanungen der zuständigen Behörde? Die Nichteinrichtung von ersten und fünften Klassen an hamburgweit fünf bis acht katholischen Schulen würde rechnerisch zu einer leicht erhöhten Nachfrage nach Schulplätzen an staatlichen Schulen führen. Da die katholischen Schulen, wie viele andere Ersatzschulen auch, ein Einzugsgebiet haben, das deutlich größer ist als das Drucksache 21/12090 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 vergleichbarer staatlicher Schulen, werden sich die zusätzlichen Anmeldungen auf staatliche Schulen im gesamten Stadtgebiet verteilen. Die für Bildung zuständige Behörde wird in jedem Fall sicherstellen, dass das Recht auf einen Schulbesuch an einer Hamburger Schule gewährleistet wird.