BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/1212 21. Wahlperiode 11.08.15 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dennis Thering (CDU) vom 03.08.15 und Antwort des Senats Betr.: Gleiches Recht für alle, auch beim HVV Laut einem internen Schreiben der Hamburger Verkehrsverbund GmbH (HVV) soll bei Fahrkartenkontrollen bei „Asylsuchenden viel „Augenmaß“ walten “ gelassen werden, da viele von Ihnen „Opfer von professionellen Fahrkartenfälschern “ würden oder „nachvollziehbar, kaum Kenntnisse“ von der HVV-Tarifstruktur hätten. Dass für Asylsuchende in Hamburg die Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs wichtig ist, steht außer Frage. Jedoch gelten die bestehenden Regeln für alle Nutzer des HVV. Es kann daher nicht sein, dass der HVV seine Kontrolleure anweist, einfach ein Auge zuzudrücken. Es gibt in Hamburg bereits die Möglichkeit, eine vergünstigte HVV-Zeitkarte zu erwerben, explizit auch für Personen, die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Es bestehen keine Sonderregelungen für Asylbewerber, die den HVV nutzen. In der internen E-Mail des HVV wurde um eine Behandlung mit Augenmaß gebeten, wie sie etwa auch für Touristen Anwendung findet. Dabei gilt dieses Augenmaß nur für Fahrgäste mit gültigen Fahrkarten. Fahrgäste ohne gültigen Fahrausweis werden ohne Ausnahme mit einem erhöhten Beförderungsentgelt belegt. Dies wird den Fahrkartenprüferinnen und -prüfern in den regelmäßigen Schulungen vermittelt. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen teilweise auf der Grundlage von Auskünften der Hamburger Verkehrsverbund GmbH (HVV) wie folgt: 1. Wie viele Personen sind derzeit in Hamburg Inhaber einer vergünstigten HVV-Zeitkarte („Sozialkarte Hamburg“)? Mit Stand 31. Mai 2015 wurden zwischen dem HVV und der zuständigen Sozialbehörde 65.081 vergünstigte HVV-Zeitkarten (Sozialkarte Hamburg) abgerechnet. Aktuellere Zahlen liegen nicht vor. 2. Ist die Zahl der unter 1. genannten Personen entsprechend der deutlich gestiegenen Zahl von Asylsuchenden in Hamburg ebenfalls angestiegen ? Wenn ja, wie? Beim Kauf von HVV-Zeitkarten mit Sozialkarten-Rabatt ergibt sich im Vergleich zum Vorjahr mit Stand Mai 2015 eine Steigerung von circa 2.600 Kunden. Diese Angabe beinhaltet jedoch alle Statusgruppen (Bezieher von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB II, SGB XII) und dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG)). Ob diese Steigerung auf die gestiegene Zahl von Asylsuchenden zurückzuführen ist, ist nicht bekannt. Im Übrigen siehe Antwort zu 3. Drucksache 21/1212 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 3. Wie viele Asylsuchende in Hamburg verfügen nach Schätzungen des Senats beziehungsweise der zuständigen Behörde über eine vergünstigte HVV-Zeitkarte (bitte in absoluten Zahlen und in Prozent angeben)? Alle Bezieher von Leistungen nach dem AsylbLG in Hamburg erhalten ein Sozialticket, mithilfe dessen ein ermäßigtes HVV-Ticket zu erlangen ist. Bei der Ausgabe von Fahrkarten wird HVV-seitig nur die Berechtigung und nicht der Grund der Berechtigung geprüft. Ob diese tatsächlich ein HVV-Ticket einlösen, wird nicht erfasst. Bei der zuständigen Behörde ist die zur Beantwortung dieser Frage notwendige Auswertung von circa 65.000 Einzelakten in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. 4. Wer hat wann entschieden, dass bei Fahrkartenkontrollen bei Asylsuchenden im Hamburger Verkehrsverbund (HVV) viel „Augenmaß“ walten gelassen werden soll und wie wurde diese Anweisung an die Kontrolleure weitergegeben? Siehe Vorbemerkung. Der HVV weist darauf hin, dass es sich hierbei nicht um eine Anweisung handelt. Fahrkartenkontrollen werden selbstständig von den Verkehrsunternehmen durchgeführt. 5. Wie viele Asylsuchende sind nach Kenntnis des Senats beziehungsweise der zuständigen Behörde in den Jahren 2014 und 2015 „Opfer professioneller Fahrkartenfälscher“ geworden? Opfererfassung erfolgt in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) nach bundesweit einheitlichen Richtlinien, soweit sie im Straftatenkatalog zur Opfererfassung vorgesehen sind. Dies betrifft jedoch grundsätzlich nur Delikte gegen höchstpersönliche Rechtsgüter (Leben, körperliche Unversehrtheit, Freiheit, sexuelle Selbstbestimmung). Sofern statistische Daten zum Opfer erfasst werden, wird seit dem Jahr 2013 auch die Staatsangehörigkeit des Opfers, nicht jedoch der Aufenthaltsstatus erfasst. Bei der Fahrkartenfälschung handelt es sich um eine Form der Urkundenfälschung, die in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) nicht gesondert ausgewiesen wird. Zur Beantwortung der Frage wäre eine händische Durchsicht aller Urkundenfälschungen des Jahres 2014 bis zum jetzigen Zeitpunkt erforderlich. Die Einzelauswertung dieser rund 2.000 Akten ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Dem Einwohner-Zentralamt der Behörde für Inneres und Sport wie auch den Betreibern der Erstaufnahmeeinrichtungen liegen ebenso keine Erkenntnisse vor. 6. Wie rechtfertigt der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde, dass bei Schwarzfahrern unter Asylsuchenden mit Augenmaß auf die üblichen Strafen verzichtet werden soll, während gleichzeitig bei anderen Schwarzfahrern die volle Strafe fällig wird, unabhängig von deren Einkommen ? Entfällt. 7. Wird im Zuge der Unterbringung von Asylsuchenden nach deren Ankunft in Hamburg auf die Möglichkeiten der kostenpflichtigen Nutzung des HVV hingewiesen? Wenn ja, in welcher Form und warum geht der HVV dann davon aus, dass Asylsuchende keine Kenntnis von der Kostenpflicht der Nutzung des HVV haben? Wenn nein, warum nicht? Die Betreiber an den verschiedenen Standorten der Zentralen Erstaufnahmeeinrichtung haben mitgeteilt, dass das örtliche Sozialmanagement auf die kostenpflichtige Nutzung des HVV hinweist. Darüber hinaus werden auch Informationen zur Funktion der Sozialkarte gegeben. Solange die leistungsrechtliche Erfassung nicht erfolgt ist, erhalten die Bewohnerinnen und Bewohner für erforderliche Behördengänge Gutscheine . Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/1212 3 Im Zuge der leistungsrechtlichen Erfassung durch das Einwohner-Zentralamt erhalten die Betroffenen ausnahmslos Berechtigungsnachweise für den Erwerb von Sozialkarten . Ob dieses Angebot in Anspruch genommen wird, steht dem Einzelnen frei. Im Übrigen siehe Drs. 20/13375.