BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/12134 21. Wahlperiode 02.03.18 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dennis Gladiator (CDU) vom 23.02.18 und Antwort des Senats Betr.: Nachhaltigkeit von Windkraftanlagen Eine umweltverträgliche Energieerzeugung ist unverzichtbar, muss jedoch sowohl die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege wie auch der Anwohner berücksichtigen. Meist werden Windkraftanlagen (WKA) 20 Jahre genutzt und dann abgebaut. Diese zeitliche Begrenzung ergibt sich zum einen aus Sicherheits- zum anderen unter Wirtschaftlichkeitsaspekten. Mit der zunehmenden Ermüdung des Materials drohen Havarien (siehe Drs. 21/7475). Wesentlicher erscheint jedoch, dass die Marktprämien oder Einspeisevergütungen nach 20 Jahren auslaufen (§ 25 Erneuerbare-Energien- Gesetz). Danach rechnet sich ein Weiterbetrieb angesichts hoher Pacht- und Versicherungskosten bei gleichzeitig niedrigen Markterlösen nicht mehr. Somit stellt sich beim absehbaren Rückbau die Frage nach der Wiederverwertbarkeit der eingesetzten Materialien. WKA bestehen üblicherweise aus einem Betonfundament, einem Turm aus Stahl, elektronischen Komponenten aus Kupfer, Aluminium sowie Lack, Kunststoffen und dem Rotor aus Verbundstoffen nebst Betriebsflüssigkeiten wie Fetten/Ölen et cetera. Obgleich ein großer Anteil dieser Materialen wiederverwertbar ist, stellen insbesondere die Rotorblätter eine enorme Herausforderung für die Entsorgungs- und Recyclingindustrie dar. Ein zusätzliches Problem erzeugt die kostenintensive Entfernung der Fundamente, die zum Teil mehrere geologische Schichten durchstoßen und vormals getrennte Grundwasserleiter auf bedenkliche Weise vermischen können. So droht die Gefahr, dass Gifte und Gülle in den Wasserkreislauf vertieft eingetragen werden. Deshalb besteht grundsätzlich gemäß § 35 Absatz 5 Satz 2 u. 3 BauGB eine Rückbauverpflichtung der Fundamente. Angeblich wird diese Vorgabe jedoch ignoriert. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Wie tief reichen die Fundamente der in Hamburg genehmigten WKA ins Erdreich? Bitte einzeln nach Standorten in Meter auflisten. Die erfragten Daten zu Gründungstiefen sind Bestandteil der Statikunterlagen zur Errichtung der Anlage und werden durch die zuständige Genehmigungsbehörde nicht systematisch erfasst. 2. Wie sichert der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde, dass die vollständige Rückbauverpflichtung der Fundamente nach der Entfernung der darauf befindlichen WKA eingehalten wird? 3. Wie wird sichergestellt, dass beim Rückbau der WKA-Fundamente die geologischen und hydrologischen Besonderheiten des jeweiligen Standortes von den damit beauftragten Firmen berücksichtigt werden, sodass das Grundwasser nicht verunreinigt wird? Drucksache 21/12134 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 4. Gibt es für die Demontage und die Entsorgung der Rotorblätter Auflagen und wie wird sichergestellt und überwacht, dass beides sachgerecht und umweltfreundlich durchgeführt wird? In Hamburg ist die Rückbauverpflichtung für WKA gemäß § 35 Absatz 5 Satz 3 Baugesetzbuch (BauGB) in der Regel durch eine Baulast abgesichert. Die Eintragung einer Baulast ist Genehmigungsvorrausetzung für die Errichtung und den Betrieb einer WKA. Die Rückbauverpflichtung umfasst die Anlage inklusive der Kranstellflächen, Zuwegungen und Stromleitungen. Durch die Rückbauverpflichtung soll sichergestellt werden, dass eine Fläche im Außenbereich nach Einstellung des WKA-Betriebs wieder ihrer ursprünglichen Nutzung zugeführt werden kann. Aus Sicht der zuständigen Bodenschutzbehörde ist ein Rückbau in einem Umfang erforderlich, der eine Wiederherstellung des durchwurzelbaren Bereichs sicherstellt. Da die durchwurzelbare Bodenschicht bei land- und forstwirtschaftlicher Nutzung durchaus 2 m tief reichen kann, sind Versiegelungen einschließlich der Fundamente bis 2,50 m unter Geländeoberkante sowie Bodenverdichtungen und Zuwegungen im Umfeld der Anlage zurückzubauen beziehungsweise zu beseitigen und mit standortangepassten Bodenmaterialien nach geltendem Bodenschutzrecht (§ 12 der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung) herzurichten. Dieser Rückbauumfang ist in Hamburg in den seit 2012 erteilten WKA-Genehmigungen regelhaft als Auflage festgelegt. Die beabsichtigte WKA-Stilllegung muss vom Anlagenbetreiber gemäß § 15 Absatz 3 Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) angezeigt werden. Bei der Anzeige müssen unter anderem auch Angaben zur beabsichtigten Entsorgung der beim Rückbau anfallenden Abfälle gemacht werden. Außerdem muss für den Abbruch der WKA zusätzlich eine Abbruchgenehmigung bei der zuständigen Bauaufsichtsbehörde beantragt werden. Auf diesem Wege haben die Immissionsschutz- und Bauaufsichtsbehörde die Möglichkeit, die ordnungsgemäße Außerbetriebnahme und den Rückbau der WKA zu regeln und zu überwachen. Sollte ein WKA-Betreiber nach Betriebseinstellung dagegen seiner Rückbauverpflichtung nicht nachkommen, können solche Verpflichtungen aus einer Baulast durch die zuständige Bauaufsichtsbehörde gegebenenfalls auch mit den Mitteln des Verwaltungszwanges durchgesetzt werden. Nach Rückbau der WKA ist der Untergrund so herzustellen, dass er dem natürlichen geologischen Schichtenaufbau des Standortes entspricht. Für die Marschgebiete bedeutet dies, dass ursprünglich vorhandene, gering durchlässige und somit das Grundwasser schützende Deckschichten (im allgemeinen Klei) zu ersetzen sind. Dies erfolgt durch Wiedereinbau von Klei oder andere bindige Materialien analoger Eigenschaften (zum Beispiel Dämmermaterial auf Basis mineralischer Füllstoffe, Lehm oder Ähnliches). In Hamburg wurden in den letzten Jahren zurückgebaute Windkraftanlagen entweder komplett an anderen Standorten außerhalb Deutschlands wieder aufgebaut oder einzelne Rotorblätter zum Beispiel als Ersatzteil für Altanlagen zur Weiterverwendung verkauft. Insofern erfolgt eine Abfallentsorgung nur für die Anlagenteile, die keiner Weiterverwendung zugeführt werden können.