BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/12135 21. Wahlperiode 02.03.18 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Richard Seelmaecker (CDU) vom 23.02.18 und Antwort des Senats Betr.: Überlastung der Justiz – Situation auf den Geschäftsstellen der Staatsanwaltschaft Hamburg (II) Nicht nur die Dezernenten bei Hamburgs Staatsanwaltschaften, sondern auch die Geschäftsstellenmitarbeiterinnen und -mitarbeiter sind völlig überlastet . In den Büros stapeln sich Aktenberge, das Personal kommt kaum noch hinterher. Gerade bei Haftsachen birgt dies eine besondere Brisanz in sich. Die Anzahl der Neuzugänge steigt zudem erheblich; dies wirkt sich auch auf den Arbeitsanfall an den Geschäftsstellen aus. Wie sich aus der Antwort des Senats auf meine Schriftliche Kleine Anfrage Drs. 21/9917 ergibt, wurde die Anzahl der Stellen zwischen dem 31. Dezember 2012 und dem 31. Dezember 2013 um 12,15 reduziert. Zwischenzeitlich wurde dieser Rückgang zurückgenommen, am 25. Juli 2017 gab es für die Geschäftsstellen 223,01 Stellen, von denen allerdings 8,28 unbesetzt waren und fünf lediglich bis zum 31. Dezember 2018 befristet sind. Viele der Stellen sind zudem mit ungelernten Mitarbeitern und teilweise mit studentischen Hilfskräften besetzt; die Fluktuation ist hoch, die Anzahl der langzeiterkrankten Mitarbeiter ebenfalls. Vor diesem Hintergrund ist es umso gravierender, dass sich das personelle Verhältnis zwischen Dezernenten und Geschäftsstellenmitarbeitern in den vergangenen Jahren verschlechtert hat: Kamen im Jahr 2012 auf eine Dezernenten-Stelle noch 1,14 Stellen für Servicekräfte, waren es im vergangenen Jahr nur noch 1,06 (Drs. 21/9917). Ohne genügend ausreichend qualifizierte Servicekräfte auf den Geschäftsstellen kann die Staatsanwaltschaft ihren Auftrag nicht erfüllen. In der Drs. 21/9917 kündigte der Senat an, dass „eine Verbesserung der Personalsituation im Servicebereich bei der Staatsanwaltschaft voraussichtlich zum Herbst bzw. Ende des Jahres 2017 eintreten wird, wenn die Ende 2016 bzw. in der ersten Jahreshälfte 2017 neu eingestellten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter so eingearbeitet sein werden, dass sie den ihnen zugewiesenen Bereich eigenverantwortlich bearbeiten können.“ Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Die Situation im Bereich der Geschäftsstellen konnte sowohl durch personelle Verstärkungen als auch durch Qualifizierungsmaßnahmen stabilisiert werden. Es wird ausschließlich Personal mit abgeschlossener Ausbildung eingestellt. Neben Justizfachangestellten sind im Servicebereich unter anderem auch Rechtsanwalts- und Notariatsfachangestellte, Verwaltungsfachangestellte und Bürokaufleute beschäftigt. Studentische Hilfskräfte werden lediglich ergänzend eingesetzt, um die mangels Drucksache 21/12135 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 geeigneter Bewerberinnen und Bewerber oder wegen nicht abgeschlossener Personalbesetzungsverfahren entstehenden Vakanzen zu überbrücken. Aufgrund deren Motivation und Flexibilität werden sie von den Servicemitarbeiterinnen und Servicemitarbeitern als wirksame Unterstützung beurteilt. Dabei ist das Ziel, durch die Ausbildungsinitiative möglichst viele justizspezifisch ausgebildete Servicemitarbeiter in den Geschäftsstellen der Staatsanwaltschaften und Gerichte einsetzen zu können. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie hat sich die Anzahl der Stellen (Stellen-Soll und Besetzungsumfang) in den Geschäftsstellen bei der Staatsanwaltschaft sowie der Generalstaatsanwaltschaft entwickelt? Bitte unter Angabe der Besoldungs-/ Entgeltgruppe zum Stichtag 31.12.2017 sowie aktuell angeben. 2017 (31.12.2017) 2018 (26.02.2018) Aufgabenbereich 234 Besoldungs-/ Entgeltgruppe Stellen-Soll davon besetzt Stellen-Soll davon besetzt Staatsanwaltschaft A 9 20,00 18,75 19,00 18,30 A 8 27,50 26,22 27,50 25,40 A 7 29,00 27,68 29,00 28,08 E 9 8,00 6,80 9,00 8,70 E 8 33,55 32,60 33,55 30,75 E 6 104,36 93,56 104,36 96,34 Gesamt: 222,41 205,61 222,41 207,58 Generalstaatsanwaltschaft A 7 1,00 1,00 1,00 1,00 E 6 2,60 2,57 2,60 2,57 Gesamt: 3,60 3,57 3,60 3,57 Staatsanwaltschaften gesamt: 226,01 209,18 226,01 211,15 2. Wie viele neu eingestellte Mitarbeiter/-innen der Geschäftsstellen haben an dem 2017 geschaffenen Ausbildungskonzept für neu eingestellte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter teilgenommen? Sämtliche im Jahr 2017 und bis zum Stichtag 23. Februar 2018 neu eingestellten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wurden nach dem von der Staatsanwaltschaft erarbeiteten Ausbildungskonzept eingearbeitet. Hierbei handelt es sich im Jahr 2017 um 19 und im Jahr 2018 bisher um sechs Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. 3. Ist die in der Drs. 21/9917 angekündigte Verbesserung der Personalsituation im Servicebereich der Hamburger Staatsanwaltschaften zum Herbst beziehungsweise Ende des Jahres 2017 nach Ansicht der zuständigen Behörde eingetreten? Falls nein, weshalb nicht und welche Maßnahmen werden zur nachhaltigen Entlastung ergriffen? Ja. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 4. Wie beurteilt die zuständige Behörde den Umstand, dass sich die Relation zwischen Dezernenten-Stellen und Servicekräften-Stellen seit 2012 trotz steigender Neuzugänge und mehr ungelernten Kräften von 1,14 auf 1,06 verschlechtert hat? Vorrangiges Ziel ist es, die vorhandenen Vakanzen abzubauen beziehungsweise so gering wie möglich zu halten, siehe Vorbemerkung. Aus dem Vergleich der Sollstellen zueinander kann man keinen Zielwert für die Relation von Dezernentinnen und Dezernenten zu Servicekräften ableiten. 5. Ist gewährleistet, dass die Bearbeitung der Akten durch die Geschäftsstellen vollumfänglich und rechtzeitig erfolgt? Grundsätzlich ist gewährleistet, dass die Akten auf den Geschäftsstellen umfassend und rechtzeitig bearbeitet werden. Allerdings bestehen in einigen wenigen Bereichen Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/12135 3 Rückstände in der Bearbeitung. Durch organisatorische Maßnahmen ist aber gewährleistet , dass Eilsachen auch in diesen Fällen fristgerecht bearbeitet werden. 6. In der Drs. 21/10492 gab der Senat auf meine Frage zu berufsbegleitenden Qualifizierungen mit Abschlussmöglichkeit für Quereinsteiger und Umschüler hin an, dass die zuständige Behörde mit den Dienststellen über Einstellung und Weiterqualifizierung extern eingestellter Mitarbeiter im Gespräch sei. a. Wie ist der Sachstand der Gespräche? Das Konzept der berufsbegleitenden Qualifizierung wurde in Zusammenarbeit mit den Dienststellen weiterentwickelt, quantitative und qualitative Bedarfe wurden erhoben und die Rahmenbedingungen rechtlich geprüft. Derzeit wird ein Qualifizierungslehrgang mit der Berufsschule Recht mit dem Ziel abgestimmt, zum Start des neuen Schuljahres starten zu können. Zudem werden die finanziellen Rahmenbedingungen geprüft. Darüber hinaus wird am Ausbau der modularen Fachfortbildung gearbeitet. b. Bestehen Planungen zu berufsbegleitenden Qualifizierungen mit Abschlussmöglichkeit für Quereinsteiger und Umschüler? Falls nein, weshalb nicht? Der geplante Qualifizierungslehrgang an der Berufsschule ermöglicht die anschließende Teilnahme an der sogenannten Externenprüfung zur Erlangung des Berufsabschlusses . 7. Wie viele Mitarbeiter/-innen der Geschäftsstellen sind seit 2017 wegen Erreichens der Altersgrenze aus dem Dienst der Freien und Hansestadt Hamburg ausgeschieden? Bitte für 2017 und bislang 2018 getrennt darstellen . Jahr Abgänge wegen Erreichen der Altersgrenze 2017 9 2018 0 8. Wie viele Mitarbeiter/-innen der Geschäftsstellen sind seit 2017 vor Erreichen der Altersgrenze aus dem Dienst der Freien und Hansestadt Hamburg ausgeschieden? Bitte für 2017 und bislang 2018 getrennt darstellen . Jahr Abgänge vor Erreichen der Altersgrenze 2017 19 2018 7 9. Wie viele Mitarbeiter/-innen der Geschäftsstellen haben seit dem Jahr 2017 gekündigt oder wurden in andere Behörden versetzt? Bitte für 2017 und bislang 2018 getrennt darstellen. Jahr Kündigung durch den Beschäftigten Versetzung in andere Behörde 2017 3 2 2018 0 0 10. Wie hat sich die durchschnittliche Fehlzeitenquote auf den Geschäftsstellen bei der Staatsanwaltschaft sowie der Generalstaatsanwaltschaft im Jahr 2017 entwickelt? Vollkraftbereinigte Fehlzeitenquote Jahr Staatsanwaltschaft Generalstaatsanwaltschaft Gesamt 2017 10,0% 4,9% 9,9% 11. Wie viele Langzeiterkrankte (länger als 75 Tage) gab es auf den Geschäftsstellen seit dem Jahr 2017? Bitte für 2017 und bislang 2018 getrennt darstellen. Jahr Langzeiterkrankte (länger als 75 Tage) 2017 12 2018 (Januar) 2 Drucksache 21/12135 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 12. Wie viele Mitarbeiter/-innen auf den Geschäftsstellen wurden seit 2017 nach dem Hamburger Modell wieder eingegliedert? Bitte für 2017 und bislang 2018 getrennt darstellen. Im Jahr 2017 und bis zum 26. Februar 2018 hat bei der Staatsanwaltschaft folgende Anzahl an Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Wiedereingliederungsmaßnahmen nach dem Hamburger Modell in Anspruch genommen: Jahr 2017 2018 Anzahl Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter* 15 1 * Die angegebene Anzahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Kalenderjahr bezieht sich jeweils auf den Beginn der Eingliederung So befinden sich im Jahr 2018 noch zwei Mitarbeiterinnen in der Wiedereingliederung, wobei eine Maßnahme bereits im Jahr 2017 begonnen hat. Bei der Generalstaatsanwaltschaft sind keine derartigen Maßnahmen zu verzeichnen. 13. Wie viele Rückkehrgespräche wurden mit Mitarbeitern/Mitarbeiterinnen seit dem Jahr 2017 geführt? Bitte für 2017 und bislang 2018 getrennt darstellen. Die Gesprächsangebote übersteigt die Anzahl der tatsächlich geführten Gespräche weit, da diese jeweils freiwillig sind. Im Jahr 2017 und bis zum 26. Februar 2018 wurde die folgende Anzahl an Gesprächen im Rahmen des Betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) durchgeführt: Jahr 2017 2018 Anzahl Mitarbeiter* 4 11 * Die angegebenen Wert beziehen sich auf die Anzahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die das Gesprächsangebot angenommen haben; da mit einem Bediensteten auch mehrfach Gespräche geführt worden sein können, kann die Anzahl der geführten Gespräche durchaus höher liegen. Bei der Generalstaatsanwaltschaft sind keine derartigen Maßnahmen zu verzeichnen.