BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/12158 21. Wahlperiode 06.03.18 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Joachim Lenders (CDU) vom 26.02.18 und Antwort des Senats Betr.: EG 163 „Cold Cases“ Zum 1. Oktober 2016 wurde die Ermittlungsgruppe (EG) 163 „Cold Cases“ im Landeskriminalamt Hamburg zur Ermittlung von ungeklärten Todes- und Langzeitvermisstenfällen eingerichtet. Die Polizei Hamburg setzt dabei offensichtlich auf verschiedene Faktoren, die möglicherweise doch noch zur Ermittlung des Tatgeschehens führen können. Einerseits können noch einmal neue Spuren oder neue Aussagen auftauchen, andererseits profitieren die Ermittler von den zahlreichen Fortschritten in der Fallanalyse, wie auch in der Kriminaltechnik und der Gerichtsmedizin. Seitdem sind den Medien immer wieder Berichte über erfolgreiche Ermittlungen der EG 163 zu entnehmen. Dies vorangestellt frage ich den Senat: Die Ermittlungsgruppe (EG) 163 „Cold Cases“ wurde am 1. September 2016 eingerichtet . Die EG 163 wurde beauftragt, Altfälle unaufgeklärter Kapitaldelikte, insbesondere aber Tötungsdelikte und Vermisstenfälle, bei denen von einem Tötungsdelikt auszugehen ist, hinsichtlich neuer Ermittlungsansätze zu prüfen und gegebenenfalls die Ermittlungen wieder aufzunehmen. Sie ist nicht für „ungeklärte Todesfälle“ zuständig. Ungeklärte Todesfälle sind nach der Definition von Polizei und Staatsanwaltschaft solche, bei denen die Todesursache der jeweiligen verstorbenen Person nicht geklärt ist. Diese Fälle werden bei der Polizei Hamburg vom LKA 414 (Fachkommissariat Tötungsdelikte/Todesermittlungen) und bei der Staatsanwaltschaft Hamburg von der Abteilung 72 bearbeitet. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie viele Langzeitvermisstenfälle sind in Hamburg gegenwärtig bekannt? Bitte nach Altersgruppen (Kinder, Jugendliche, Erwachsene) differenziert darstellen. Der Begriff „langzeitvermisst“ ist polizeilich nicht definiert. Die Polizei kann Angaben zur Zahl der aktuell im bundesweiten Informationssystem der Polizei (INPOL) von der Polizei Hamburg ausgeschriebenen und sich derzeit noch im Fahndungsbestand im INPOL befindlichen Vermisstenfällen machen. Mit Stichtag 28. Februar 2018 sind 348 Personen vor dem 1. Januar 2017 von der Polizei Hamburg als vermisst ausgeschriebene Personen im Fahndungsbestand erfasst. Darüber hinaus werden Statistiken im Sinne der Fragestellung bei der Polizei nicht geführt. Zur Beantwortung dieser Frage wäre eine Durchsicht aller Hand- und Ermittlungsakten bei den sachbearbeitenden Dienststellen des Landeskriminalamts (LKA) Drucksache 21/12158 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 erforderlich. Die Auswertung von mehreren Zehntausend Akten ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. a) Wie viele dieser Vermisstenfälle fallen in die Zuständigkeit der EG 163 „Cold Cases“? Die EG 163 hat seit ihrer Einrichtung mit Stand 27. Februar 2017 fünf Vermisstenfälle übernommen. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. b) Ab welchem Zeitraum gilt eine Person als „langzeitvermisst“? c) Welches ist gemessen am Zeitraum der Vermisstensache der älteste und welches der jüngste Fall? Der älteste Vermisstenfall stammt vom 30. Juli 1976. Im Übrigen siehe Antwort zu 1. 2. Wie viele ungeklärte Todesfälle sind in Hamburg gegenwärtig bekannt? Bitte nach Altersgruppen (Kinder, Jugendliche, Erwachsene) differenziert darstellen. Statistiken im Sinne der Fragestellung werden bei der Polizei nicht geführt. Zur Beantwortung dieser Frage wäre eine Durchsicht aller Hand- und Ermittlungsakten bei den sachbearbeitenden Dienststellen des LKA erforderlich. Die Auswertung von mehreren Tausend Akten ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Die Staatsanwaltschaft Hamburg führt über ungeklärte Tötungsdelikte (Vollendung und Versuch) ebenfalls keine Statistik, sodass zu Anzahl, Tatzeit und Bearbeitungsdauer keine Auskunft erfolgen kann. a) Wie viele dieser Todesfälle fallen in die Zuständigkeit der EG 163 „Cold Cases“? Die EG 163 hat nach einer ersten Durchsicht 343 unaufgeklärte Tötungsdelikte identifiziert , deren Übernahme sie sukzessive prüft. b) Bei wie vielen dieser ungeklärten Todesfälle besteht der Verdacht oder die Erkenntnis, dass Gewaltdelikte die Ursache sind? Siehe Antwort zu 2. c) Welches ist gemessen am Zeitraum der älteste und welches der jüngste Fall? Der älteste der EG 163 bekannte Fall stammt aus dem Jahr 1956, der jüngste aus dem Jahr 2013. 3. Wie viele ungeklärte Todes- und Langzeitvermisstenfälle werden von der EG 163 zeitgleich nebeneinander bearbeitet? Mit Stand 27. Februar 2018 werden bei der EG 163 14 unaufgeklärte Tötungsdelikte sowie vier Vermisstenfälle bearbeitet. 4. Wie viele ungeklärte Todes- und Langzeitvermisstenfälle konnten erfolgreich durch die EG 163 aufgeklärt werden? Bitte Fälle einzeln auflisten. Ein Vermisstenfall aus dem Jahr 1981, ein versuchter Mord aus dem Jahr 1975 sowie ein Mord aus dem Jahr 1978 konnten durch die EG 163 aufgeklärt werden. 5. Wie viele ungeklärte Todes- und Langzeitvermisstenfälle konnten nicht erfolgreich durch die EG 163 aufgeklärt und mussten wieder geschlossen werden? Verfahren zu Tötungsdelikten sowie Vermisstenfällen werden erst abgeschlossen, wenn sie aufgeklärt sind. 6. Wurde bereits vor der Einrichtung der EG 163 eine Datenbank für ungeklärte Todes- und Langzeitvermisstenfälle geführt? Wenn ja, seit wann? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/12158 3 Datenbanken im Sinne der Fragestellung werden von der Polizei Hamburg nicht geführt. Beim Bundeskriminalamt wird seit 1980 die INPOL-Verbunddatei „Vermisste/ unbekannte Tote“ der Polizeien des Bundes und der Länder geführt. 7. Welche Dienststelle/n in der Polizei Hamburg hat/haben vor der Einrichtung der EG 163 ungeklärte Todesfälle und Langzeitvermisste bearbeitet ? Für die Bearbeitung von Tötungsdelikten ist grundsätzlich das LKA 41 (Fachkommissariat Tötungsdelikte/Todesermittlungen) zuständig. Bei entsprechenden Sachzusammenhängen werden Tötungsdelikte außerdem in der Abteilung Regionale Kriminalitätsbekämpfung (LKA 1), der Abteilung Organisierte Kriminalität und Rauschgiftkriminalität (LKA 6) und der Abteilung Staatschutz (LKA 7) bearbeitet. Für die Bearbeitung von Vermisstenfällen ist grundsätzlich das LKA 1 zuständig. Bei entsprechenden Sachzusammenhängen werden Vermisstenfälle außerdem beim Kriminaldauerdienst (LKA 26), dem LKA 7 und der Wasserschutzpolizei bearbeitet. Die Sachbearbeitung obliegt auch weiterhin diesen Dienststellen. 8. Wie viele Fälle von Langzeitvermissten und ungeklärten Todesfällen konnten durch diese Dienststelle/n in den letzten fünf Jahren aufgeklärt werden? Bitte Fälle einzeln auflisten nach Kindern/Jugendlichen/Erwachsenen sowie nach den am Zeitraum gemessen ältesten und jüngsten Fällen. Siehe Antworten zu 1. und zu 2. 9. Welche Dienststelle/n in der Polizei Hamburg bearbeiten neben der EG 163 noch Langzeitvermissten- und ungeklärte Todesfälle? Siehe Antwort zu 7. 10. Unter welchen Kriterien geben die sachbearbeitenden Dienststellen der Polizei Hamburg ihre Fälle von Langzeitvermissten und ungeklärten Todesfällen in die Zuständigkeit der EG 163? Eine Übernahme durch die EG 163 erfolgt jeweils nach Prüfung des Einzelfalls.