BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/12165 21. Wahlperiode 06.03.18 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dietrich Wersich (CDU) vom 26.02.18 und Antwort des Senats Betr.: Todesfall in Altona Vor wenigen Wochen ist in einer Altonaer Wohnung eine alleinstehende, hilflose Person erst nach vier Tagen aufgesucht und entdeckt worden. Allerdings kam offenbar die Hilfe zu spät, die Person verstarb einige Tage später im Krankenhaus. Die Polizei wurde bereits drei Tage vorher von Bekannten der Person informiert , nachdem sich die Person nicht mehr bei ihnen gemeldet hatte beziehungsweise nicht mehr erreichbar war. Obwohl Gründe angegeben wurden, die ein Verlassen der Wohnung unwahrscheinlich machten, wurde offensichtlich zunächst nicht die Tür geöffnet, um nach der Person zu sehen. Derartige Vorkommnisse sind immer wieder Anlass zu großer Sorge, ob in Zweifelsfällen Hilfe geleistet oder zum Beispiel aus Datenschutzgründen nicht richtig gehandelt werden kann. Ohne irgendeinen Schuldvorwurf zu erheben, frage ich vor diesem Hintergrund den Senat: 1. Sind ähnliche Fälle aus den letzten Jahren bekannt? Wenn ja: wie viele in den letzten vier Jahren? 2. Welche (gegebenenfalls gesetzliche) Gründe lagen vor, trotz eindringlicher Hinweise, die staatlichen Organe zu hindern, die Wohnungstür zu öffnen, um rechtzeitig nach dem Betroffenen zu schauen? Die vorhandene Sachverhaltsbeschreibung enthält keine ausreichenden recherchefähigen Daten. Der beschriebene Sachverhalt konnte daher keinem konkreten Einzelfall zugeordnet werden; eine Beantwortung der Fragestellung ist daher nicht möglich. Darüber hinaus werden statistische Daten im Sinne der Fragestellung bei der Polizei nicht erhoben. Zur Beantwortung wäre eine manuelle Durchsicht sämtlicher Handund Ermittlungsakten des erfragten Zeitraums beim Fachkommissariat Tötungsdelikte und Todesermittlungen im Landeskriminalamt (LKA 41) sowie darüber hinaus ein Abgleich mit zuvor an den Polizeikommissariaten anlässlich von Einsätzen im Sinne der Fragestellung zu verstorbenen Personen gefertigten Berichte/Meldebucheintragungen erforderlich. Die Auswertung mehrerer Tausend Vorgänge ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. 3. Was gedenkt der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde zu veranlassen, damit gleiche oder ähnliche Fälle des verspäteten Eingreifens zukünftig verhindert werden? Drucksache 21/12165 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 4. Sieht der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde eine gesetzgeberische Handlungsmöglichkeit, um bessere Regelungen zu erlassen, die es ermöglichen, nach ernstlichen Hinweisen jederzeit den Zugang zu einer Wohnung zu erreichen? Wenn ja: welche? Wenn nein: warum nicht? Das Grundrecht auf die Unverletzlichkeit der Wohnung und die Beschränkungen zum Betreten und Durchsuchen von Wohnungen durch staatliche Organe ohne ausdrückliche Zustimmung des Berechtigten bilden den Rahmen für gesetzliche Eingriffsregelungen . Der vorhandene Rahmen ist durch die Regelungen im Hamburger Sicherheits - und Ordnungsgesetz ausgeschöpft worden. Weitergehende Regelungen sind im vorhandenen Rahmen nicht zu realisieren. Sie ermöglichen das Tätigwerden im Falle konkreter Gefahrenlagen, erfordern aber wie jede gesetzliche Regelung die Prüfung der Voraussetzungen im Einzelfall. 5. Welche Möglichkeiten haben Menschen, die keine direkten Angehörigen oder Bevollmächtigte sind, Einfluss auf eine möglichst zügige und erfolgreiche Suche nach einem Vermissten zu nehmen? Die Möglichkeit der Erstattung einer Vermisstenanzeige ist nicht abhängig von einer Angehörigen- oder Bevollmächtigteneigenschaft. Eine Vermisstenanzeige kann von jedermann zu jeder Zeit an jeder Polizeidienststelle oder unter der Notrufnummer 110 erstattet werden. Voraussetzung ist, dass es ernstzunehmende Anzeichen gibt, dass die betreffende Person als vermisst zu gelten hat. Für eine erfolgreiche Suche kann die Vollständigkeit und Qualität der Angaben zur vermissten Person entscheidend sein (Name, Adresse, Mobiltelefonnummer und Geburtsdatum, aber auch besondere Kennzeichen, Vorlieben und ein aktuelles Foto, letzte bekannte Aufenthaltsorte oder Ziele und so weiter). 6. Was geschieht mit Nachlässen aus Haushalten ohne Erben, wohin kommen etwaige Erlöse und welche staatlichen Institutionen überprüfen die jeweiligen Vorgänge? Es ist zwischen werthaltigen Nachlässen und solchen ohne Wert zu unterscheiden. Bei werthaltigen Nachlässen (ab circa 3.000 Euro) wird durch das Nachlassgericht zunächst eine Nachlasspflegschaft eingerichtet. Auf Recherche der Nachlasspflegerin beziehungsweise des Nachlasspflegers werden in aller Regel auch Erben gefunden. Werden einmal keine Erben gefunden, stellt die Rechtspflegerin beziehungsweise der Rechtspfleger das Fiskuserbrecht fest (§ 1964 BGB). Um die Haushaltsauflösung kümmert sich dann entweder die Vermieterin beziehungsweise der Vermieter, der ein Pfandrecht hat, oder es wird ein Unternehmen beauftragt, falls der Nachlass dies deckt. Eine Überprüfung durch staatliche Institutionen findet nicht statt. Bei Nachlässen mit einem Wert ab 400.000 Euro erfolgt nach Einrichtung der Nachlasspflegschaft eine Vorlage an den Präsidenten des Amtsgerichts. Hier wird eine Vermögensüberprüfung durch die Rechtspflegerin beziehungsweise den Rechtspfleger durchgeführt. Bei Nachlässen ohne Wert wird seitens des Nachlassgerichts nichts veranlasst, wenn keine Erben vorhanden sind. 7. Welche Kosten entstehen daraus der Staatskasse jeweils durch Haushaltsauflösungen und durch Beisetzungen? Wie hoch waren die diesbezüglichen Aufwendungen und Erlöse in wie vielen Fällen insgesamt in den letzten drei Jahren? Auch hier ist zwischen werthaltigen Nachlässen und solchen ohne Wert zu unterscheiden . Bei werthaltigen Nachlässen entstehen dem Staat in der Regel keine Aufwendungen , weil sie aus dem Nachlass gezahlt werden. Die Höhe dieser Aufwendungen sowie die Erlöse seitens des Nachlassgerichts werden statistisch nicht erfasst. Für den erfragten Zeitraum müssten 2.471 Verfahrensakten händisch ausgewertet werden. Dies ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Bei Nachlässen ohne Wert fallen bei den Gerichten keine Kosten an. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/12165 3 Gemäß § 10 HmbBestattG wird die Bestattung von Verstorbenen ohne Angehörige von der zuständigen Behörde veranlasst, wenn keine zur Bestattung verpflichtete Person auffindbar ist. Die im Sinne der Fragestellung entstehenden Kosten werden nicht gesondert statistisch erfasst.