BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/12167 21. Wahlperiode 06.03.18 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Prof. Dr. Jörn Kruse (AfD) vom 26.02.18 und Antwort des Senats Betr.: Scientology in Hamburg Bis heute ist die „Scientology Kirche e.V.“ in Hamburg aktiv, wo sie seit 1997 vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Mit dem Ziel, neue Mitglieder zu rekrutieren, unternimmt die Organisation große Anstrengung, sich in der Öffentlichkeit als Religionsgemeinschaft zu präsentieren. Dazu nutzt sie verstärkt soziale Medien und ist zudem mit einer neuen Internetseite ans Netz gegangen, wo sie sich unter dem Vorwand an Studenten wendet, über Religionsfreiheit zu informieren. Diese Neuausrichtung deutet darauf hin, dass Scientology zunehmend Schwierigkeiten damit hat, neue Mitglieder zu akquirieren und erklärt, warum das Scientology-Standardwerk „Dianetik“ mittlerweile auch auf Arabisch feilgeboten wird. Ferner existieren etwa 20 mittelständische Organisationen in Hamburg, die – obwohl sie sich nicht öffentlich zu Scientology bekennen – zum Dachverband „World Institute of Scientology Enterprises“ gehören. Um den Schein einer Religionsgemeinschaft zu wahren, werden regelmäßig Veranstaltungen ausgerichtet , die vermeintlich dem interreligiösen Dialog gelten. Darüber hinaus engagiert sich Scientology seit Jahren gegen Drogen, wozu auf Infoständen eigene Broschüren verteilt werden. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Wie viele Informationsstände hat Scientology seit dem 1. Januar 2016 bis heute in Hamburg veranstaltet? Bitte anhand der einzelnen Bezirke angeben. Bezirk/ Jahr Bergedorf Harburg Mitte Nord Wandsbek Eimsbüttel Altona 01.01.2016 bis 27.02.2018 6 4 5 0 0 0 0 2. Wie viele Mitglieder hat Scientology gegenwärtig nach Kenntnis des Senats? 3. Wie hat sich die Mitgliederzahl seit dem 1. Januar 2016 nach Kenntnis des Senats entwickelt? Siehe Verfassungsschutzbericht 2016, http://www.hamburg.de/contentblob/8873924/ 38b7f14ba1da5dd3693b6b1a833d9c43/data/verfassungsschutzbericht-2016-lfvhh .pdf. Die dort dargestellten Erkenntnisse in Bezug auf die Fragestellung sind weiterhin aktuell. Drucksache 21/12167 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 4. Kann der Senat Angaben zur Finanzierung der „Scientology Kirche e.V.“ in Hamburg machen, ohne § 24 des Hamburgischen Verfassungsschutzgesetztes zu verletzen? Nein. Im Übrigen siehe Drs. 21/4781. 5. Mit welcher personellen und materiellen Ausstattung agiert die Freie und Hansestadt Hamburg gegen Scientology und andere gefährliche Sekten ? Angebote im Sinne der Fragestellung liegen in Hamburg nicht nur in Verantwortung der mit Sicherheitsaufgaben betrauten Behörden, sondern werden in unterschiedlichen Zuständigkeiten auch durch die Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration (BASFI), die Behörde für Schule und Berufsbildung (BSB) und die Bezirksämter wahrgenommen. Die verwendeten Ressourcen hierzu werden nicht gesondert erfasst. 6. Wie viele Personen haben sich seit dem 1. Januar 2016 hilfesuchend an die Scientology-Beratung in Hamburg gewandt? Seit dem 1. Januar 2016 haben sich 321 Personen an die Scientology-Beratung des LfV Hamburg gewandt. 7. Inwiefern hat sich der Bedarf nach einer Ausstiegsberatung seit dem 1. Januar 2016 bis heute verändert? Hat er zu- oder abgenommen? 8. Wie viele von ihnen sind nach Kenntnis des Senats bei Scientology ausgestiegen ? Neben der klassischen Ausstiegsberatung erfolgen punktuelle Beratungen für Angehörige von Scientologen sowie Personen, die aus Scientology-nahen Firmen ausscheiden wollen. Teilweise wird lediglich Unterstützung an einem bestimmten Zeitpunkt des Distanzierungsprozesses nachgefragt. Das LfV Hamburg erfasst alle Fälle statistisch, differenziert dabei aber nicht nach Ansatz oder Ergebnis der Beratungen. Inwieweit die Beratung tatsächlich zu einem Ausstieg führt, wird dem LfV Hamburg nicht in allen Fällen bekannt. Längerfristige Aussteigerbetreuungen kommen nur vereinzelt vor. 9. Hat der Senat Hinweise darauf, dass Scientology mit anderen Organisationen beziehungsweise religiösen Gemeinschaften zusammenarbeitet? Falls ja, mit welchen? Die Scientology-Organisation benennt in ihrer Selbstdarstellung diverse christliche afrikanische sowie auch islamische Gemeinschaften, nennt diese aber nicht beim Namen. Namentlich als Kooperationspartner bekannt ist die „Universal Peace Federation “ – die sogenannte Moon-Sekte. 10. Wie viele verschiedene Informationsbroschüren hat Scientology seit dem 1. Januar 2016 in Umlauf gebracht? 11. Um welche Themen ging es dabei? Dem LfV Hamburg liegen Erkenntnisse über die Verteilung der Broschüren der Scientology -Unterorganisationen „Sag Nein zu Drogen – Sag Ja zum Leben e.V.“, „Kommission für Verstöße der Psychiatrie gegen die Menschenrechte“ und „Der Weg zum Glücklichsein“ – eine Anleitung zur „Lebensverbesserung“ in Hamburg vor. 12. Sind Scientology-Mitglieder in der Vergangenheit strafrechtlich in Erscheinung getreten? Falls ja, inwiefern? Die Religionszugehörigkeit oder die Zugehörigkeit zu bestimmten Glaubens- oder Weltanschauungsgruppen, darunter auch Sekten, werden bei der Polizei und in den dazugehörigen Datenbanken nicht als Kriterien erfasst. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/12167 3 13. Warum wird Scientology in Hamburg trotz Stagnation nach wie vor vom Verfassungsschutz beobachtet? Gilt hier die Einschätzung des Oberverwaltungsgerichts Münster von Februar 2008? Gemäß § 4 Absatz 1 Nummer 1 Hamburgisches Verfassungsschutzgesetz beobachtet das LfV Hamburg extremistische Bestrebungen. Diese Voraussetzungen liegen, unabhängig von der Entwicklung der Organisation, bei der Scientology-Organisation weiterhin vor. Die Einschätzung des Oberverwaltungsgerichtes Münster gilt weiterhin.