BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/12177 21. Wahlperiode 06.03.18 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Karl-Heinz Warnholz (CDU) vom 27.02.18 und Antwort des Senats Betr.: Weitere Entwicklung der illegalen Autorennen, Cruiser-Szene und Autoposer in Hamburg Auf meine Schriftliche Kleine Anfrage vom 15. Juli 2016 (Drs. 21/5290) berichtete der Senat über die Bundesratsinitiative Hessens und NRWs zur Verschärfung der Strafbarkeit illegaler Autorennen und über die Entwicklung der Cruiser-Szene in Hamburg. Thematisch passend veröffentlichte die „Hamburger Morgenpost“ am 12. Februar 2018 die Ergebnisse der Kontrollgruppe „Autoposer“ der Polizei Hamburg aus der jüngsten Zeit. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Bei „Autocruisern“ handelt es sich nach polizeilichen Erkenntnissen überwiegend um technikinteressierte Fahrer im Alter von 18 bis 30 Jahren. Sie verhalten sich meist regelkonform und verurteilen selbst das illegale Fahren von Rennen und andere Verstöße . Ihnen kommt es auf das „Auto-Schauen“, Technikvergleiche und Erfahrungsaustausch an. Für einige wenige stehen aber bewusste Regelüberschreitungen wie zum Beispiel ein Aufheulen-Lassen des Motors oder ein Anfahren mit durchdrehenden Rädern im Mittelpunkt. Bei den Fahrzeugen handelt es sich überwiegend um ältere getunte Fahrzeuge, teils auch um sogenannte Youngtimer. Über soziale Medien tauschen sich „Autocruiser“ über Termine und Aktionen, aber auch über polizeiliche Maßnahmen aus. Bei „Autoposern“ handelt es sich um Autofahrer, die durch exzessives Fahrverhalten auffallen. Durchdrehende Räder, aufheulende Motoren und kurzfristiges Beschleunigen verursachen überflüssigen Lärm. Die Belästigung von anderen Verkehrsteilnehmern , Anwohnern und Passanten wird in Kauf genommen oder ist sogar gewollt. Meist handelt es sich um hochwertige und hochmotorisierte Sportwagen, die zudem technisch „auf Lärm getrimmt“ sind. Fahrzeugführer sind überwiegend junge Männer, die mit ihrem Verhalten Passanten beeindrucken und sich präsentieren wollen. Neben der Lärmbelästigung kommt es auch zu teilweise erheblichen Geschwindigkeitsüberschreitungen . Überwiegend handeln Fahrer mit ihren Fahrzeugen einzeln, gelegentlich kommt es aber auch zu Autorennen mit Gefährdungslagen; dabei kam es bereits zu Verkehrsunfällen. Überschneidungen zwischen „Autoposern“ und „Autocruisern“ sind im Einzelfall gegeben . Da nach polizeilichen Erkenntnissen illegale Autorennen nur in Einzelfällen durch „Autocruiser “ durchgeführt werden, ist eine Wirkung auf diese Szene durch die Strafverschärfung kaum zu erwarten. Im Übrigen kann eine Wirkung aufgrund der kurzen Zeitspanne seit in Kraft treten des Gesetzes noch nicht beurteilt werden. Drucksache 21/12177 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Die Polizei führt auch weiterhin Kontrollen durch. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Zu welchen Strafverschärfungen wegen illegaler Autorennen ist es aufgrund der Bundesratsinitiative Hessens und NRWs gekommen und wie bewerten die zuständigen Behörden und der Senat diese? Am 13. Oktober 2017 trat das 56. Strafrechtsänderungsgesetz (Strafbarkeit nicht genehmigter Kraftfahrzeugrennen im Straßenverkehr) in Kraft (BGBl. 2017 I, S. 3532 f.), mit dem das Ausrichten, die Durchführung und die Teilnahme an einem nicht erlaubten Kraftfahrzeugrennen sowie das grob verkehrswidrige und rücksichtslose Fahren mit nicht angepasster Geschwindigkeit zur Erreichung einer höchstmöglichen Geschwindigkeit unter Strafe gestellt wurde (§ 315d StGB). Der Versuch der Ausrichtung oder der Durchführung eines nicht erlaubten Kraftfahrzeugrennens ist strafbar (§ 315d Absatz 3 StGB). Ferner wurde mit dem neuen § 315f StGB eine Regelung zur Einziehung der beteiligten Kraftfahrzeuge sowie mit § 69 Absatz 2 Nummer 1a StGB eine Regelung zur Entziehung der Fahrerlaubnis auch für die Fälle des verbotenen Kraftfahrzeugrennens eingeführt. Hamburg hat das Gesetzgebungsverfahren in den Gremien des Bundesrats zustimmend begleitet. Angesichts des Umstands, dass die neue Regelung erst seit gut vier Monaten in Kraft ist, kann eine abschließende Bewertung noch nicht vorgenommen werden. Der Senat geht jedoch davon aus, dass die verschärften strafrechtlichen Vorschriften Auswirkungen auf die Raser-Szene entfalten werden. 2. Auf welche Weise haben sich diese Strafverschärfungen im Einzelnen auf die Cruiser-Szene in Hamburg sowie Kontrollen und Ermittlungen der Hamburger Polizei ausgewirkt? 3. Inwieweit haben dadurch verstärkte Kontrollen der Cruiser-Szene stattgefunden ? Siehe Vorbemerkung und Antwort zu 1. 4. Wie viele Strafverfahren konnten aufgrund der aus Frage 1. veränderten Rechtslage seit Inkrafttreten bis zum Stichtag des 31. Januar 2018 in Hamburg monatlich bereits eingeleitet und abgeschlossen werden? Im Zeitraum vom 13. Oktober 2017 bis 31. Januar 2018 wurden neun Js- Verfahren unter dem Tatvorwurf „Verbotene Kraftfahrzeugrennen“ gemäß § 315d StGB im Vorgangsverwaltungs - und -bearbeitungssystem MESTA erfasst: Monat Anzahl Js-Verfahren/ Beschuldigte Verfahrensstand bei der StA Nov. 2017 3 / 5 2 x §170 II StPO; 2x Ermittlungen dauern an; 1 x Strafbefehl beantragt. Dez. 2017 5 / 7 5 x Ermittlungen dauern an; 2 x Strafbefehl beantragt. Jan. 2018 1 / 1 1 x Ermittlung dauert an. 5. Wie hat sich die sogenannte Cruiser-Szene seit der letzten thematisch betreffenden Anfrage aus dem Juli 2016 entwickelt? Signifikante Veränderungen in der Cruiser-Szene sind nicht festzustellen. 6. Wie viele illegale Autorennen konnten seit Juli 2016 in Hamburg polizeilich festgestellt werden? 7. In welchen Stadtteilen fanden diese Rennen jeweils statt? Daten im Sinne der Fragestellungen werden bei der Polizei nicht statistisch auswertbar erfasst. Erfasst wird die Anzahl der von der Polizei eingeleiteten Ordnungswidrigkeitenverfahren , die als nicht erlaubtes Kraftfahrzeugrennen gemäß § 29 Absatz 1 StVO verfolgt wurden. In der folgenden Tabelle sind die von der Polizei vom 1. Juli 2016 bis 12. Oktober 2017 eingeleiteten Ordnungswidrigkeitenverfahren aufgeführt. Sind bei Kraftfahrzeug- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/12177 3 rennen mehrere Beteiligte festgestellt worden, kann es zu Mehrfachnennungen kommen . Für Kraftfahrzeugrennen seit dem 13. Oktober 2017 siehe Antwort zu 4. Datum Stadtteil 07.07.2016 Bahrenfeld 12.07.2016 Billstedt 10.08.2016 Hummelsbüttel 10.08.2016 Hummelsbüttel 10.08.2016 Hummelsbüttel 10.08.2016 Hummelsbüttel 10.08.2016 Hummelsbüttel 19.08.2016 Rothenburgsort 03.09.2016 Rotherbaum 12.09.2016 Eimsbüttel 24.10.2016 Harburg 29.10.2016 Hamburg-Altstadt 29.10.2016 Sternschanze 18.12.2016 Eimsbüttel 18.12.2016 Eimsbüttel 14.01.2017 Neustadt 29.01.2017 Hammerbrook 29.01.2017 Hammerbrook 29.01.2017 Hammerbrook 05.02.2017 Stellingen 05.02.2017 Stellingen 19.02.2017 Lohbrügge 19.02.2017 Lohbrügge 11.03.2017 Hamburg-Altstadt 11.03.2017 Hamburg-Altstadt 11.03.2017 Hamburg-Altstadt 22.03.2017 Eimsbüttel 22.03.2017 Eimsbüttel 05.04.2017 Eimsbüttel 05.04.2017 Eimsbüttel 14.04.2017 Billbrook 14.04.2017 Billbrook 11.05.2017 Altenwerder 21.05.2017 St. Georg 04.08.2017 St. Pauli 04.08.2017 St. Pauli 05.08.2017 Eimsbüttel 26.08.2017 St. Pauli 29.09.2017 Hohenfelde 29.09.2017 St. Georg 29.09.2017 St. Georg 29.09.2017 Eilbek 29.09.2017 Eilbek 8. Wie wurden diese Verstöße im Einzelnen jeweils geahndet? Mit Stand vom 1. März 2018 ist es in den entsprechenden Verfahren – vorbehaltlich einer vollständigen Erfassung im Vorgangsverwaltungs- und -bearbeitungssystem MESTA – noch zu keinen Verurteilungen gekommen. Im Übrigen siehe Antwort zu 4. sowie Drs. 21/5290. 9. Inwieweit sind Überschneidungen zwischen der Cruiser-Szene der illegalen Autorennen und der Autoposer-Szene, der sich die Kontrollgruppe Autoposer der Hamburger Polizei widmet, festgestellt worden? 10. Wie stellt sich die Autoposer-Szene aus Sicht der Hamburger Polizei gegenwärtig dar? Drucksache 21/12177 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Siehe Vorbemerkung. 11. Wie viele und welche Verstöße hat die Soko Autoposer seit Januar 2015 in Hamburg monatlich festgestellt und welche Ahndung erfolgte jeweils? Die Kontrollgruppe „Autoposer“ wurde am 1. September 2017 eingerichtet. Durch die Kontrollgruppe „Autoposer“ werden nur erhebliche Geschwindigkeitsverstöße statistisch erfasst. Es handelt sich dabei um Geschwindigkeitsverstöße ab 31 km/h Überschreitung , die regelmäßig mit einem Fahrverbot geahndet werden. Das Bußgeld beträgt ab 160 Euro. Lärmverstöße werden laut Bußgeldkatalog mit einem Verwarnungsgeld in Höhe von 10 Euro geahndet. Die Inbetriebnahme eines Fahrzeugs trotz erloschener Betriebserlaubnis wird regelmäßig mit einem Verwarnungsgeld ab 50 Euro geahndet. Sonstige Fahrzeugmängel werden durch die Kontrollgruppe „Autoposer “ statistisch nicht erfasst, wobei hierfür verschiedene Verwarnungs- und Bußgelder vorgesehen sind. Verkehrsstrafanzeigen werden statistisch nicht nach Straftatbeständen erfasst, insofern ist hier keine Aussage über die einzelne Ahndung möglich. Die von dieser in den ersten sechs Monaten festgestellten Verstöße sind in der nachfolgenden Tabelle dargestellt: September 2017 Oktober 2017 November 2017 Dezember 2017 Januar 2018 Februar 2018 Lärmverstöße 35 39 18 15 5 9 Erhebliche Geschwindigkeitsverstöße 7 7 7 4 9 5 Verkehrsstrafanzeigen 8 15 4 3 5 4 Betriebserlaubnis erloschen 46 38 48 32 29 46 Sonstige Fahrzeugmängel 51 52 59 39 36 43 12. Wie viele Beschwerden (zum Beispiel wegen Ruhestörung) durch Bürgerinnen und Bürger sind jeweils über die Autoposer und Autocruiser wegen welcher Angelegenheiten bei der Hamburger Polizei seit Januar 2015 eingegangen? Statistische Daten zu Beschwerden im Sinne der Fragestellung werden bei der Polizei nicht auswertbar erfasst.