BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/1222 21. Wahlperiode 11.08.15 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Andrea Oelschlaeger, Dirk Nockemann, Dr. Joachim Körner und Dr. Alexander Wolf (AfD) vom 04.08.15 und Antwort des Senats Betr.: Gewalt gegen Rettungskräfte In den vergangenen Jahren mussten wir in der Freien und Hansestadt Hamburg leider immer öfter zur Kenntnis nehmen, dass Polizisten und Rettungskräfte bei der Ausübung ihres Dienstes von Gewalttätern bei Demonstrationen oder von Bürgern bei alltäglichen Einsätzen angegriffen wurden. Um gegen diese Übergriffe vorzugehen, hat das Bundesland Hessen jüngst eine Bundesratsinitiative mit dem Ziel der Erweiterung des Strafgesetzbuches auf den Weg gebracht, in dem der Paragraph 112 StGB neue Fassung eingeführt werden soll. In der Hamburgischen Bürgerschaft gab es eine Antragsinitiative mit der Aufforderung an den Senat, dieses Vorhaben im Bundesrat zu unterstützen. Dies wurde jedoch von der Mehrheit in der Bürgerschaft abgelehnt. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Unter Rettungskräften werden im Folgenden die Einsatzkräfte der Berufsfeuerwehr und die der Freiwilligen Feuerwehr verstanden, dies schließt die Mitarbeiter im Rettungsdienst ein. Einbezogen sind auch die Kräfte der Hilfsorganisationen, die in Hamburg Rettungsdienste leisten. Unter Gewalt und Angriffen gegen Rettungskräfte werden im Wesentlichen folgende Straftaten verstanden: Totschlag, Fahrlässige Tötung, Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, Raubdelikte, Körperverletzungsdelikte, Freiheitsberaubung, Nötigung , Bedrohung, Widerstand gegen Polizeibeamte und Kräfte des Rettungsdienstes und Katastrophenschutzes. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie viele Angriffe gegen Rettungskräfte und Polizisten auf dem Gebiet der Freien und Hansestadt Hamburg hat es in den Jahren 2010 – 2015 gegeben? Bitte getrennt nach Angriffen auf Rettungskräfte und Polizisten ausweisen. Die Polizei registriert seit dem Jahr 2011 in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) Polizeivollzugskräfte und Rettungskräfte, die Opfer von Angriffen geworden sind. In der folgenden Tabelle ist die Zahl der Opfer abgebildet; auf die Zahl der Angriffshandlungen /Straftaten lassen diese Zahlen keinen Rückschluss zu. Für das Jahr 2010 liegen keine validen Zahlen vor. Für 2015 liegen nur die Daten für das erste Halbjahr vor. Drucksache 21/1222 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 2011 2012 2013 2014 01.01.-30.06.2015 Polizeivollzugs - RettungsPolizei - vollzugs- RettungsPolizei - vollzugs- RettungsPolizei - vollzugs- RettungsPolizei - vollzugs- Rettungsbeamte dienste beamte dienste beamte dienste beamte dienste beamte dienste 2.047 75 1.966 68 1.879 58 2.045 51 877 26 Davon Widerstandshandlungen Davon Widerstandshandlungen Davon Widerstandshandlungen Davon Widerstandshandlungen Davon Widerstandshandlungen 1.400 1.433 1.285 1.279 506 Die als Rettungsdienste tätigen Hilfsorganisationen führen keine Statistiken im Sinne der Fragestellung. Auch die Mitarbeiter dieser Hilfsdienste können als Geschädigte in den in Antwort zu 1. genannten Zahlen enthalten sein. Für die Feuerwehr siehe Antwort zu 2. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 2. Wurden bei diesen Angriffen Rettungskräfte oder Polizisten verletzt beziehungsweise schwer verletzt? Wenn ja, wie viele in welchem Jahr? Wie viele Tage krankheitsbedingter Ausfälle haben sich hieraus ergeben? Bitte getrennt nach Rettungskräften und Polizisten ausweisen. Daten über Dienstunfälle, die auf einen Angriff zurückzuführen sind, liegen der Polizei nur für die Jahre 2010 – 2012 vor. Seit dem Jahr 2013 wird eine statistische Aufbereitung von Dienstunfällen im Sinne der Fragstellung nicht mehr erhoben. Jahr 2010 2011 2012 Anzahl angegriffene Kräfte 62 53 43 Anzahl Ausfalltage 451 595 350 Die Feuerwehr führt eine eigene Statistik, die auf Meldungen/Berichten der Bediensteten beruht. Nicht jeder Angriff auf Bedienstete der Feuerwehr, der im Zusammenhang mit strafrechtlichen Ermittlungen in die PKS eingegangen ist, wurde von den Bediensteten auch als solcher den zuständigen Dienststellen bei der Feuerwehr gemeldet. Eine Vergleichbarkeit der Zahlen mit denen aus der Tabelle zu 1. ist daher nicht gegeben. Zu den Fällen körperlicher Gewalt gegen Bedienstete der Feuerwehr in der Ausübung ihres Dienstes siehe nachfolgende Tabelle: Jahr Angriffe auf Feuerwehrmitarbeiter insgesamt davon Angriffe mit Verletzungen Ausfallzeiten in Tagen auf grund von Dienstunfällen aus Angriffen 2010 21 7 - 2011 44 16 15 (aus 2 Übergriffen) 2012 41 18 221 (aus 4 Übergriffen) 2013 29 13 4 (aus 1 Übergriff) 2014 44 18 37 (aus 2 Übergriffen) 2015* 20 10 - Summe 200 82 277 Die Hilfsorganisationen führen keine Statistiken im Sinne der Fragestellung. 3. Bei wie vielen dieser Angriffe in den Jahren 2010 – 2015 wurden Ausrüstungsgegenstände der Rettungskräfte oder der Polizei zerstört oder beschädigt? Welche Kosten für Ersatzbeschaffungen haben sich daraus ergeben und wer hat diese Kosten getragen? Eine Statistik im Sinne der Fragestellung wird bei der Polizei nicht geführt. Zur Zahl der Angriffe, bei denen Ausrüstungsgegenstände zerstört oder beschädigt wurden, siehe nachstehende Tabelle: Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/1222 3 Jahr Anzahl der Angriffe 2010 8 2011 7 2012 4 2013 6 2014 12 Bis 30.Juni 2015 8 Summe 45 Die Kosten der Ersatzbeschaffungen können in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht ermittelt werden. Sie werden nicht zentral erfasst, die vorgenannten 200 Vorgänge müssten dazu händisch ausgewertet werden. Angaben der Hilfsorganisationen im Sinne der Fragestellung liegen nicht vor. 4. In wie vielen dieser Fälle wurde ein Strafverfahren eingeleitet? In wie vielen Fällen ist es zu einer rechtskräftigen Verurteilung der Täter gekommen? Die zur Beantwortung dieser Frage erforderlichen Daten werden im Vorgangsverwaltungs - und -bearbeitungssystem der Staatsanwaltschaft MESTA statistisch nicht erfasst. Es müssten daher zur Beantwortung dieser Frage sämtliche Verfahrensakten, die in den Jahren 2010 bis 2015 unter dem Tatvorwurf „Körperverletzung“ (§ 223 StGB), „Gefährliche Körperverletzung“ (§ 224 StGB) beziehungsweise „Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte“ (§ 113 StGB) in MESTA notiert worden sind, dahin gehend ausgewertet werden, ob Gegenstand des Verfahrens jeweils Straftaten zum Nachteil von Rettungskräften oder Polizisten waren. Vorbehaltlich der vollständigen und richtigen Erfassung in MESTA handelt es sich dabei um folgende Zahl von Verfahren: Tatvorwurf §§ 223, 224 Tatvorwurf § 113 StGB Az.- Jahrgang Anzahl* UJsVerfahren Anzahl ** JsVerfahren Anzahl Verurteilungen Anzahl UJsVerfahren Anzahl JsVerfahren Anzahl Verurteilungen 2010 4.165 19.934 3.068 8 1.315 576 2011 4.091 19.940 2.698 19 1.247 532 2012 3.938 20.168 2.756 12 1.213 576 2013 3.778 18.974 2.340 10 1.101 393 2014 3.873 19.390 1.728 10 1.080 321 20151 2.087 11.149 290 9 632 290 * Verfahren gegen unbekannte Personen, ** Verfahren gegen bekannte Personen Angesichts der vorgenannten Anzahl der Ermittlungsverfahren kann die Frage in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht beantwortet werden. 5. Gab es Fälle von Berufs- beziehungsweise Erwerbsunfähigkeit aufgrund solcher Angriffe? Wenn ja, wie viele? Bei der Polizei gab es im Zeitraum 2010 bis 30. Juni 2015  einen Angriff im Jahr 2010, der dazu führte, dass für die betroffene Person das Ruhestandsverfahren betrieben wurde, das voraussichtlich im Laufe dieses Jahres abgeschlossen sein wird,  einen Angriff im Jahr 2011, der zur Ruhestandsversetzung einer Person aufgrund der damit einhergehenden Dienstunfähigkeit führte. 1 Stand: 05.08.2015. Drucksache 21/1222 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Bei der Feuerwehr und den Hilfsorganisationen gab es keine Fälle von Berufs- beziehungsweise Erwerbsunfähigkeit aufgrund solcher Angriffe. 6. Hat der Hamburger Senat die Initiative des Bundeslandes Hessen im Bundesrat bezüglich des Paragraphen 112 StGB neue Fassung unterstützt beziehungsweise hat er vor, diese zu unterstützen? Wenn nein, mit welcher Begründung wurde die Unterstützung nicht gewährt? Der Senat hat die Gesetzesinitiative aus Hessen bislang nicht abschließend beraten. Der Bundesrat hat den Gesetzesantrag in den Rechts- sowie den Innenausschuss verwiesen.