BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/12270 21. Wahlperiode 13.03.18 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Prof. Dr. Jörn Kruse (AfD) vom 07.03.18 und Antwort des Senats Betr.: Moscheebesuch von Schülern der Grundschule Brockdorffstraße Eine Kenntnis der Religionen, die für die Schüler und ihre Freunde, Nachbarn et cetera zum Lebensumfeld gehören, ist zweifellos vorteilhaft und auch ein legitimer Gegenstand von Schulen. Auf der anderen Seite sind wir ein säkularer Staat. Religion ist Privatsache. Die staatlichen Institutionen sind diesbezüglich zur Neutralität verpflichtet. Schulunterricht dürfte keine Werbung für bestimmte Religionen beinhalten. Einem Hinweis aus der Elternschaft der Grundschule Brockdorffstraße zufolge ist es dort unlängst zu folgender Begebenheit gekommen: Im Rahmen des Religionsunterrichts wurden die Schüler von einer Lehrerin darüber informiert, dass am 14. Februar 2018 eine Führung durch die Zentralmoschee Hamburg geplant sei. Da unklar blieb, ob es sich dabei um eine Pflichtveranstaltung handelte, haben zahlreiche Eltern mit Unverständnis reagiert; dies war umso mehr der Fall, als die verantwortliche Lehrerin zuvor eine Anleitung zum muslimischen Gebetsritus in der Klasse verteilt hatte, die mit verschiedenen Illustrationen versehen war. Schließlich haben zahlreiche Eltern den Besuch einer Moschee aber auch als Vorzugsbehandlung empfunden , da bei der Thematisierung anderer Religionen weder das Gebet geübt noch vergleichbare Ausflüge unternommen worden waren. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Der Religionsunterricht ist in Hamburg ordentliches Unterrichtsfach (§ 7 Absatz 1 Hamburgisches Schulgesetz). Über die Teilnahme entscheiden die Erziehungsberechtigten beziehungsweise nach Vollendung des 14. Lebensjahres die Schülerinnen und Schüler (§ 7 Absatz 3 HmbSG). Schülerinnen und Schüler können deshalb ohne Angabe von Gründen und auch im laufenden Schuljahr vom Religionsunterricht abgemeldet werden beziehungsweise sich abmelden. Religionsunterricht in Hamburg findet als „Religionsunterricht für alle“ in Verantwortung der evangelischen Kirche statt. Ungeachtet einer besonderen Bedeutung der christlich-jüdischen Überlieferung für unseren Kulturkreis ist der Religionsunterricht als Religionsunterricht für alle so angelegt, dass er allen teilnehmenden Schülerinnen und Schülern authentische Begegnungen mit Zeugnissen auch anderer als der christlichen beziehungsweise der jüdischen Glaubensinhalte ermöglicht. Hierzu zählen auch Besuche religiöser Räume. Der Bildungsplan Grundschule Religion (2011) führt dazu aus: „In unserem Kulturkreis kommt der Bibel und der Geschichte und den Aussagen des christlichen Glaubens besondere Bedeutung zu; zugleich ist unsere gegenwärtige Gesellschaft und Schulwirklichkeit von einer Vielfalt von Kulturen, Religionen und Weltanschauungen geprägt. Dies führt im Religionsunterricht zu einer ökumenischen Drucksache 21/12270 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 und interreligiösen Wahrnehmung und Öffnung und zum Dialog zwischen verschiedenen Kulturen, Religionen und Weltanschauungen. (…) Der Religionsunterricht wendet sich an alle Schülerinnen und Schüler, ungeachtet ihrer jeweiligen religiösen und weltanschaulichen Überzeugungen“ (siehe Bildungsplan Grundschule Religion 2011, Seite 10 fortfolgende). Kritik am Religionsunterricht in der betreffenden Klasse oder am Religionsunterricht der Schule im Allgemeinen ist weder an Kolleginnen und Kollegen noch an die Schulleitung der Schule Brockdorffstraße herangetragen worden. Die Eltern sind bereits am 26. September 2017 über den Besuch der Moschee informiert worden. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Sind dem Senat die Hintergründe des Moscheebesuchs bekannt? Falls ja, möge er diese bitte ausführlich erläutern. 2. Welche Intention lag dem Moscheebesuch seitens der Schulleitung zugrunde? Der Bildungsplan Religion sieht den Besuch einer christlichen Kirche und eines weiteren heiligen Raumes verbindlich vor (siehe Bildungsplan Grundschule Religion, Seite 23). Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 3. Wie viele Kinder haben am Moscheebesuch teilgenommen? Zum fraglichen Zeitpunkt waren in der Klasse 23 Schülerinnen und Schüler. Wegen der Schulferien ist die genaue Anzahl der teilnehmenden Schülerinnen und Schüler nicht zu ermitteln. 4. Was ist im Rahmen des Besuchs passiert? Der für Bildung zuständigen Behörde sind keine Beschwerden im Rahmen des Besuchs bekannt, siehe Vorbemerkung. Nachfragen in der Schule sind ferienbedingt nicht möglich. Im Übrigen siehe Antworten zu 5. und 10. In einem Informationsbrief an Eltern heißt es in diesem Zusammenhang: „Die Kinder sollen erfahren, was die jeweilig besuchte Religionsgemeinschaft ausmacht , welche Feste sie feiert und wie sich ihre Eigenart in ihrem Versammlungsort widerspiegelt. Da dieser Besuch im Rahmen des Schulunterrichts geschieht, ist sichergestellt, dass es bei der Erkundung nicht um religiöse Unterweisung oder Mission geht. Auch muss kein Kind dort beten oder andere religiöse Handlungen vollziehen .“ Siehe auch http://li.hamburg.de/eltern/. 5. Wer hat seitens der Zentralmoschee die Schülergruppe in Empfang genommen und sie während ihres Aufenthalts begleitet? Die Moscheeführungen in der Centrums-Moschee werden in der Regel von einem ausgebildeten und erfahrenen Moscheeführer vorgenommen. Das pädagogischtheologische Institut (PTI) der Nordkirche, das Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung (LI) der für Bildung zuständigen Behörde und die für Bildung zuständige Behörde selbst waren in die Konzepterstellung der Moscheeführungen im Zuge der Erstellung der Website www.religioese-Lernorte-hamburg.de einbezogen. Beschwerden über Moscheeführungen in dieser Moschee liegen nicht vor. 6. Als staatliche Institutionen sind Schulen zur weltanschaulichen Neutralität verpflichtet. Folglich handelt es sich bei der bevorzugten Behandlung des Islam im Rahmen des Religionsunterrichts um einen Verstoß gegen diesen Grundsatz. Wie rechtfertigt der Senat den Moscheebesuch vor dem Hintergrund, dass keine anderen Religionsgemeinschaften besucht worden sind? Es handelt sich nicht um eine bevorzugte Behandlung des Islam, siehe auch Vorbemerkung und Antwort zu 1. und 2. Der Religionsunterricht in den Jahrgangsstufen 1 bis 3 war vornehmlich christlichen beziehungsweise jüdischen Glaubensinhalten gewidmet. Überdies wird die Klasse am 16. April 2018 die St. Michaeliskirche besuchen . Eine Führung dort ist seit Langem gebucht. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/12270 3 7. War dem Senat bekannt, dass die verantwortliche Lehrerin eine Anleitung zum muslimischen Gebet in der Klasse verteilt hat? Falls ja, möge er darlegen, welche Intentionen damit verfolgt worden sind und warum solche Anleitungen nicht auch für andere Religionen herausgegeben sind. In der Unterrichtsstunde wurde nicht das islamische Gebet selbst „geübt“, sondern lediglich die muslimischen Gebetshaltungen und Körperbewegungen verstehend nachvollzogen. Christliche Glaubenspraxis wurde unter anderem bei einem Besuch der Pastorin kennengelernt. 8. Warum sollte die Zentralmoschee besucht werden? Siehe Antwort zu 1. und 2. 9. Welche Lehrkräfte sind an der Grundschule Brockdorffstraße für den Religionsunterricht zuständig? Bitte auch die jeweilige Ausbildung der Personen nennen. Der Einsatz der Lehrkräfte liegt in der Verantwortung der Schulleitung. Eine Abfrage bei der Schule ist wegen der Ferien nicht möglich. 10. Hat der Senat im Vorfeld von dem Moscheebesuch gewusst? Falls ja, seit wann? Eine anonyme Mail erreichte die für Bildung zuständige Behörde über das Webmaster -Postfach am 9. Februar 2018. Der Verfasser/die Verfasserin äußerte Bedenken gegen den geplanten Moscheebesuch der Klasse am 14. Februar 2018. Die zuständige Schulaufsichtsbeamtin ist der Beschwerde nachgegangen. Das Ergebnis einer gründlichen fachlichen Prüfung ergab keinen Anlass, den Besuch zu untersagen.