BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/12271 21. Wahlperiode 13.03.18 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Prof. Dr. Jörn Kruse (AfD) vom 07.03.18 und Antwort des Senats Betr.: Muslimische Intensivtäter in Hamburg – Wie ist die Situation im Februar 2018? Seit vielen Jahren ist in Deutschland die Straftäterkategorie des „Intensivtäters “ bekannt. Obwohl man diesen Begriff in jedem Bundesland verschieden auffasst, lässt sich sagen, dass er vorwiegend für Personen verwendet wird, die mehrfach durch Straftaten und ordnungswidrige Handlungen in Erscheinung getreten sind. Im deutschen Kriminologie-Lexikon wird der Intensivtäter wie folgt definiert: „Mehrfach- bzw. Wiederholungstäter, die in einem begrenzten Zeitabschnitt mehrfach kriminell in Erscheinung treten. Intensivtäter unterscheiden sich von den so genannten intermittierenden, d.h. nur gelegentlich deliktisch handelnden, Rückfalltätern durch eine besonders hohe Sozialgefährlichkeit aufgrund von Art, Schwere und Häufigkeit der verübten Straftaten. Der Begriff des Intensivtäters steht damit im systematischen Zusammenhang mit dem des Rückfalltäters im kriminologischen Sinn und mit dem des Hangtäters im Sinne des § 66 StGB.“1 Typischerweise handelt es sich bei Intensivtätern fast ausschließlich um männliche Jugendliche.2 Die Jugendkriminalität in Deutschland zeichnet vor allem dadurch aus, dass sie seit Jahren einen bedeutenden Anteil an der Gesamtkriminalität hat. 2010 lag die sogenannte Tatverdächtigtenbelastungsziffer (TVBZ)3 bei Heranwachsenden (Personen im Alter von 18 – 20 Jahren) mit 7.000 heranwachsenden Tatverdächtigen auf 100.000 Heranwachsende um ein Vielfaches höher als bei Erwachsenen.4 Auch Jugendliche (14 – 17 Jahre) und Jungerwachsene (21 – 24 Jahre) wiesen hier eine bedeutend höhere Kriminalität als Erwachsene auf.5 Ein weiteres Merkmal der Jugendkriminalität ist in einem signifikanten Anstieg von Gewaltdelikten (Körperverletzungsdelikte sowie Vergewaltigung/sexuelle Nötigung) zu sehen. So lag im Jahr 2010 der Anteil der Tatverdächtigen unter 21 Jahren an der Gewaltkriminalität6 mit über 40 Prozent weit über dem Anteil dieser Altersgruppe an der Gesamtkriminalität.7 1 Confer Krimlex: Intensivtäter. Abrufbar unter: ttp://www.krimlex.de/artikel.php? BUCHSTABE=&KL_ID=89. 2 Confer Jugendliche Migranten – muslimische Jugendliche. Gewalttätigkeit und geschlechterspezifische Einstellungsmuster. Herausgegeben vom Bundesministerium für Familie, Senioren , Frauen und Jugend. Oktober 2010. Seite 8. 3 Um die sogenannte Kriminalitätsbelastung von Bevölkerungsgruppen (Alter, Geschlecht, Nationalität ) zu vergleichen, wird die Zahl der Täter mit der jeweiligen Bevölkerungszahl in Relation gesetzt (Tatverdächtigenbelastungsziffer TVBZ). 4 Confer Jugendliche Migranten – muslimische Jugendliche. Seite 9. 5 Confer ibidem. 6 Dies umfasst die Delikte Mord und Totschlag, Vergewaltigung und sexuelle Nötigung, Raub, gefährliche und schwere Körperverletzung sowie schwerer Diebstahl. 7 Confer Jugendliche Migranten – muslimische Jugendliche. Seite 11. Drucksache 21/12271 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Darüber hinaus kann man feststellen, dass ausländische Tatverdächtige bis heute überproportional hoch in der Kriminalitätsstatistik vertreten sind. Dies gilt in besonderem Maße für Delikte aus dem Bereich der Gewaltkriminalität. Im Jahr 2010 hatten hier allein türkische Staatsbürger einen Anteil von 23 Prozent.8 Das Kriminalforschungsinstitut Niedersachsen (KFN), das seit Jahren Studien zu Jugendkriminalität durchführt, kommt zu dem Schluss, dass eine wesentliche Ursache für die bei Migrantenjugendlichen weit verbreitete Gewalttätigkeit in „gewaltlegitimierenden Männlichkeitsnormen“ liegt, die vor allem bei Jugendlichen aus Arabien/Nordafrika, der Türkei, dem ehemaligen Jugoslawien und Albanien auf Zustimmung stieße.9 Schließlich konnte das KFN eine Korrelation von ausgeprägter Gewaltaffinität bei Jugendlichen und dem Bekenntnis zum Islam nachweisen.10 Demnach sind muslimische Jugendliche eher dazu bereit, Gewalt gegen andere anzuwenden, als Personen derselben Altersgruppe, die nicht aus islamischen Kulturkontexten stammen. Die obigen Zusammenhänge bilanzierend lässt sich sagen, dass es sich bei der Kategorie des Intensivtäters um ein Phänomen handelt, das eng mit der Jugendkriminalität verbunden ist. Ferner ist wissenschaftlich erwiesen, dass Intensivtäter überdurchschnittlich oft Taten der Gewaltkriminalität begehen – eine Deliktkategorie, die sich nachweislich durch einen überproportional hohen Anteil nicht deutscher Tatverdächtiger auszeichnet.11 Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: In der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) sind im Zehnjahresverlauf 2008 – 2017 zunächst bis 2013 sinkende Anteile der jugendlichen als auch der heranwachsenden Tatverdächtigen (TV) an allen TV zu verzeichnen. Nach schwankenden Verläufen in den Folgejahren sind im Jahr 2017 bei den Jugendlichen (-8,2 Prozent) sowie bei den Heranwachsenden (-9,2 Prozent) sinkende Anteile an den TV insgesamt festzustellen. Der Anteil der TV unter 21 Jahren (TVu21) ist bei den mit Gewaltkriminalität erfassten TV auch in Hamburg höher als ihr Anteil an allen TV. Ihr Anteil ist im Jahr 2017 mit 27,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr (30,1 Prozent) weiter gesunken. Für die Gesamtkriminalität (alle TV) sind die Anteile 23,3 Prozent für 2010 und 21,1 Prozent für 2017. Bei den TV mit Gewaltdelikten lag der Anteil der TV mit türkischer Staatsangehörigkeit im Jahr 2010 bei 8,7 Prozent, im Jahr 2017 bei 4,9 Prozent und ist damit weiter zurückgegangen. Der Anteil der nicht deutschen TV an allen TV mit Gewaltdelikten betrug für das Jahr 2017 47,6 Prozent. Er ist damit etwas höher als der Anteil der nicht deutschen TV an der Gesamtkriminalität (alle TV), der 45,6 Prozent betrug. Damit kann man von einem hohen Anteil nicht deutscher TV bei den Gewaltdelikten sprechen. Gewaltkriminalität wird in der PKS mit dem Summenschlüssel 892000 dargestellt. Anders als in Fußnote 6 der Anfrage beschrieben, enthält er folgende Straftatenschlüssel oder Deliktsbereiche: Mord (PKS-Schlüssel 01****) Totschlag und Tötung auf Verlangen (PKS-Schlüssel 0200**) 8 Confer ibidem. 9 Confer Jugendliche Migranten – muslimische Jugendliche. Seiten 21 – 22. 10 Dies erfolgte auf der Grundlage einer Schülerbefragung. Confer ibidem. Seite 25. 11 Hierzu siehe auch die Straftatenübersicht Januar bis Dezember 2015/2016 und Tatverdächtigenübersicht 2016 der polizeilichen Kriminalstatistik Hamburg 2016. Abrufbar unter: http://www.hamburg.de/contentblob/8118712/8be035e95ac66f27bef287e274abcb27/data/201 7-02-08-bis-pm-dl-straftaten-taeter-pks.pdf. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/12271 3 Vergewaltigung/sexuelle Nötigung (PKS-Schlüssel 111***) Raub, räuberische Erpressung und räuberischer Angriff auf Kraftfahrer (PKS- Schlüssel 21****) Körperverletzung mit Todesfolge (PKS-Schlüssel 2210**) Gefährliche und schwere Körperverletzung (PKS-Schlüssel 222***) Erpresserischer Menschenraub (PKS-Schlüssel 233***) Geiselnahme (PKS-Schlüssel 234***) Angriff auf den Luft- und Seeverkehr (PKS-Schlüssel 235000) Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie viele Personen werden derzeit in Hamburg als Intensivtäter geführt? Bitte auch Angaben machen zu: Zum Stichtag 8. März 2018 sind bei der Polizei Hamburg 582 Personen als Intensivtäter ausgeschrieben. a) Alter; Die Polizei erfasst zwar die Geburtsdaten der Personen, aber für die Beantwortung der Fragestellung wäre eine Auswertung im Sinne der Fragestellung zu allen 582 Personen erforderlich. Dies ist in der für die Beantwortung einer Schriftlichen Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. b) Geschlecht; Geschlecht männlich weiblich Anzahl 559 23 c) ethnischem Hintergrund; Daten im Sinne der Fragestellung werden von der Polizei nicht erfasst. d) Herkunftsland; Herkunftsland Anzahl Afghanistan 21 Ägypten 20 Albanien 3 Algerien 15 Aserbeidschan 2 Belarus 1 Brasilien 3 Bulgarien 5 Deutschland 333 Dominikanische Republik 2 Eritrea 1 Ghana 2 Guinea-Bissau 2 Indien 1 Irak 3 Iran 5 Italien 1 Kasachstan 1 Kosovo 1 Kuba 1 Litauen 1 Marokko 27 Mazedonien 7 Moldau 1 Niger 3 Drucksache 21/12271 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Herkunftsland Anzahl Pakistan 1 Polen 14 Portugal 4 Russische Föderation 8 Saudi-Arabien 1 Serbien und Montenegro 8 Somalia 5 Spanien 1 Syrien 3 Türkei 11 Ukraine 2 unbekannt 61 staatenlos 1 e) Staatsangehörigkeit; Staatsangehörigkeit Anzahl Afghanisch 19 ägyptisch 21 albanisch 2 algerisch 16 aserbeidschanisch 2 bosnisch-herzegowinisch 4 brasilianisch 2 bulgarisch 5 deutsch 330 dominikanisch (Republik) 2 eritreisch 1 ghanaisch 3 griechisch 3 guineisch (Guinea-Bissau) 1 irakisch 1 iranisch 7 irisch 1 italienisch 3 Ivorisch 1 kroatisch 2 Litauisch 1 marokkanisch 30 mazedonisch 12 montenegrinisch 3 nigrisch 3 pakistanisch 1 polnisch 14 portugiesisch 6 rumänisch 1 russisch 3 serbisch 13 serbisch-montenegrinisch 17 somalisch 6 spanisch 1 syrisch 4 togoisch 1 tunesisch 3 türkisch 28 ungeklärt 9 f) Art der Kriminalität. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/12271 5 g) Zahl der laufenden Ermittlungsverfahren; h) bisher verhängten Strafen (inklusive Gefängnisaufenthalte). Für die Beantwortung der Fragestellungen wäre eine manuelle Durchsicht sämtlicher gegen die 582 Personen geführten Ermittlungsverfahren erforderlich. Die Auswertung mehrerer Tausend Vorgänge ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Eine Auswertung der 560 Personaldatensätze von polizeilich registrierten Intensivtätern danach, wie viele Ermittlungsverfahren gegen diese bei der Staatsanwaltschaft Hamburg anhängig sind, welche Strafen in der Vergangenheit verhängt wurden und ob gegebenenfalls Inhaftierungen stattgefunden haben, ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. 2. Wie hoch fällt der Anteil der sogenannten unbegleiteten männlichen Flüchtlinge an der Gruppe der Intensivtäter aus? Zum Stichtag 8. März 2018 sind bei der Polizei Hamburg 19 unbegleitete minderjährige Ausländer als Intensivtäter ausgeschrieben. a) Wie viele dieser Personen sitzen bereits in Haft? Von den 19 Personen befinden sich mit Stand 9. März 2018 sechs Personen in Haft. b) Wie viele dieser Personen sind derzeit auf freiem Fuß? 13 Personen. c) In wie vielen Fällen beziehungsweise inwieweit wirkt sich die Kriminalität der Betroffenen auf das laufende Asylverfahren aus? Von 19 unbegleiteten Minderjährigen haben elf ein Asylverfahren betrieben. Der Asylantrag wird vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) entschieden. Sofern die Asylantragsteller wegen erheblicher oder häufiger Straftaten auffällig sind, bittet die zuständige Ausländerbehörde das BAMF um priorisierte Bearbeitung. Die tatsächliche Bearbeitungsdauer liegt allerdings nicht im Einflussbereich der Ausländerbehörde . Außerdem kann sich an die Entscheidung des BAMF im Falle einer Klageerhebung ein Gerichtsverfahren anschließen, dessen Dauer und Ausgang ebenfalls nicht von der zuständigen Behörde beeinflussbar ist.