BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/12284 21. Wahlperiode 16.03.18 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Detlef Ehlebracht (AfD) vom 08.03.18 und Antwort des Senats Betr.: Tempo 30 – Was hat sich getan? Um die Lärmbelastung an den Hauptverkehrsstraßen in Hamburg zu mindern , wurde an sechs Hauptverkehrsstraßen nachts Tempo 30 eingeführt. Inzwischen sind viele Wochen vergangen, sodass es Zeit ist, einmal festzustellen , ob sich die Maßnahme bewährt hat. Dies vorausgeschickt frage ich den Senat: 1. Wann wurde die Einführung der Geschwindigkeitsbegrenzungen an den sechs Hauptstraßen Eiffestraße, Rennbahnstraße, Bergedorfer Straße, Holtenklinker Straße, Vogt-Wells-Straße und Mühlendamm/Kuhmühle vollzogen? Bitte detaillierte Angaben zum jeweiligen Datum der verkehrsbehördlichen Anordnung und Aufstellung der Verkehrszeichen. Zum Vollzug der Einführung der Geschwindigkeitsbegrenzungen siehe nachstehende Tabelle: Straße Anordnungsdatum Umsetzungsdatum Eiffestraße 20.12.2017 10.01.2018 Rennbahnstraße 08.01.2018 12.01.2018 Bergedorfer Straße 20.12.2017 14./15.02.2018 Holtenklinker Straße 20.12.2017 14./15.02.2018 Vogt-Wells-Straße 20.12.2017 05.01.2018 Mühlendamm/Kuhmühle 20.12.2017 13.03.2018 2. Sind über die unter 1. genannten Straßen inzwischen weitere Straßen in Hamburg nachts einer Geschwindigkeitsbeschränkung auf Tempo 30 unterzogen? Wenn ja, welche? Nein. Für Abschnitte in den Straßen Harburger Chaussee, Winsener Straße und Moorstraße waren in einem zeitlich vorgelagerten Pilotversuch Geschwindigkeitsbeschränkungen zur Nachtzeit angeordnet. Diese haben weiterhin Bestand. 3. Nach den bisherigen Angaben des Senats sollten daneben auch noch Teilstrecken auf dem Braamkamp, der Tarpenbekstraße, der Holstenstraße und der Bramfelder Chaussee auf Tempo 30 geprüft werden. Was wird dort konkret geprüft und wann werden die Ergebnisse dieser Prüfungen vorliegen? Nach Ablauf der Testphase erfolgt die Evaluierung, inwiefern sich durch die Anordnung einer Beschränkung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit nachts auf 30 km/h positive Effekte ergeben haben. Drucksache 21/12284 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Für diese Evaluation müssen bereits vor der Anordnung der Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/h zur Nachtzeit Basisdaten des Vorher-Zustandes erfasst werden . Zu den Basisdaten zählen die Verkehrsmengen und Geschwindigkeiten in den betreffenden Abschnitten. Nach der Anordnung einer Beschränkung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit nachts auf 30 km/h wird der Nachher-Zustand (Daten: Verkehrsmengen , Geschwindigkeiten) erfasst. Anhand des Vorher- und des Nachher- Zustandes ist eine Evaluierung der Gesamtmaßnahme möglich. Die Ergebnisse der Erhebungen werden voraussichtlich in der zweiten Jahreshälfte vorliegen. Im Übrigen siehe Drs. 21/7370 und 21/10684. 4. Neben den oben angeführten zehn Pilotstrecken waren die Bürger vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) aufgerufen worden, weitere Tempo-30-Strecken zu beantragen. Daraufhin sind nach der Auskunft des Senats in der Drs. 21/10684 insgesamt 364 Anträge von Bürgern zur Entscheidung anhängig. Bitte berichten Sie über den Bearbeitungsstand: Wie viele Anträge liegen inzwischen vor und konnten in dem zurückliegenden halben Jahr positiv beziehungsweise negativ beschieden werden und wie viele wurden noch nicht bearbeitet? Bitte die einzelnen Entscheidungen inhaltlich beschreiben und angeben, wann dort jeweils mit der Einführung von Tempo 30 gerechnet werden kann. 5. Sind für die beschiedenen Anträge bereits straßenverkehrsbehördliche Anordnungen erlassen worden? Wie stellt sich der typische Verfahrensablauf einer derartigen Verwaltungsentscheidung dar? Bis zum Stichtag 9. März 2018 sind bei der zuständigen Straßenverkehrsbehörde 396 Anträge eingegangen. Weitere Bescheide im Sinne der Fragestellung hat die Straßenverkehrsbehörde bisher nicht erlassen. Darüber hinaus siehe Drs. 21/8446 und 21/9019. 6. Sind für die beschiedenen Anträge bereits Gebühren erhoben worden? Wenn ja, welche? Wenn nein, warum nicht? Nein. Im Übrigen siehe Drs. 21/10684. 7. Mit welcher Bearbeitungsdauer rechnet man bei den zuständigen Behörden noch für die Bearbeitung der noch nicht beschiedenen Anträge ? Das Benennen einer konkreten Bearbeitungsdauer ist noch nicht möglich. Für die Bewertung jedes Antrags sind jeweils umfangreiche Prüfungen vorzunehmen, siehe auch Antwort zu 8. 8. Anhand welche konkreter inhaltlicher Kriterien wird die behördliche Entscheidung auf Einführung von Tempo 30 getroffen? Sind zur Entscheidungsfindung gegebenenfalls weitere Verkehrsuntersuchungen oder Lärmmessungen erforderlich? Die Zuarbeit zur Entscheidungsfindung seitens der zuständigen Behörde umfasste folgende Bestandteile: Aufbereitung der Verkehrsdaten der Örtlichkeit (gegebenenfalls Durchführung einer Verkehrszählung), Lärmberechnung nach RLS 90 (durch ein externes Büro), Einschätzung der verkehrlichen Situation (Netzfunktion), Einschätzung der Auswirkungen von straßenverkehrsrechtlichen Maßnahmen auf den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) und den Wirtschaftsverkehr, Einschätzung möglicher Verlagerungseffekte als Folge straßenverkehrsrechtlicher Maßnahmen. Im Übrigen siehe Drs. 21/9019 und Drs. 21/11322. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/12284 3 9. Wie hoch wird der durchschnittliche zeitliche Aufwand für die Entscheidung eines Antrages eingeschätzt? Angesichts des geschätzten Aufwandes : Sind die zu erhebenden Gebühren zur Refinanzierung des behördlichen Arbeitsganges auskömmlich? Die Gebührenhöhe wurde nach einer überschlägigen Betrachtung des anfallenden Arbeitsaufwands von circa 7,5 Stunden bei den drei beteiligten Behörden (Behörde für Inneres und Sport, Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation, Behörde für Umwelt und Energie) ermittelt und ist im Sinne der Fragestellung auskömmlich. Entstehende Kosten für Verkehrszählungen, Lärmmessungen, Lärmberechnungen und Abgasmessungen sind gemäß § 5b Straßenverkehrsgesetz vom Straßenbaulastträger zu tragen. 10. Für die Strecken mit bereits erfolgter Einführung von Tempo 30: Wie sind die Erfahrungen? Werden die Geschwindigkeitsbegrenzungen von den Verkehrsteilnehmern eingehalten? Bitte ausführlich über die im zurückliegenden Zeitraum seit Einführung von Tempo 30 erfolgten Geschwindigkeitskontrollen und die Ergebnisse derselben berichten. In den Jahren 2014 und 2015 fand in der Winsener Straße jeweils eine Geschwindigkeitskontrolle im Rahmen des sogenannten Blitzmarathons statt. Am 18. September 2014 wurden in der Winsener Straße 49 zwischen 22 Uhr und 5 Uhr 128 Kraftfahrzeuge gemessen und es wurden neun Ordnungswidrigkeitenanzeigen wegen Geschwindigkeitsüberschreitung gefertigt. Am 16. April 2015 erfolgten in der Winsener Straße 49 zwischen 22 Uhr und 24 Uhr insgesamt 76 Messungen. Es wurden zehn Ordnungswidrigkeitenanzeigen wegen Geschwindigkeitsüberschreitung gefertigt. In den neu eingerichteten Bereichen wurden Ordnungswidrigkeitsmessungen noch nicht vorgenommen. 11. Wie hat sich demzufolge die Lärmsituation für die Bewohner verbessert? Wurden Messungen in den betroffenen Gebäuden durchgeführt und Befragungen der Anwohner vorgenommen? Wenn ja, bitte über die Ergebnisse ausführlich berichten. Wenn nein, warum nicht? Wie gedenkt der Senat sicherzustellen, dass das Ziel der Einführung von Tempo 30, nämlich die maßgeblichen Lärmpegel in den angrenzenden Wohngebäuden signifikant zu senken, erfüllt wird? In der Regel kann davon ausgegangen werden, dass aufgrund der Aufrundungsregel aus den „Richtlinien für den Lärmschutz an Straßen RLS-90“ sowie der Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV) nach der Anordnung von Tempo 30 ein Rückgang der Beurteilungspegel um 3 dB(A) zu erwarten ist. Messungen sind in der Verordnung nicht vorgesehen. Die Lärmsituation ist bindend ausschließlich anhand von Berechnungen zu beurteilen und bewerten. 12. Kann durch die Einführung vom Tempo 30 nach der Auffassung des Senats neben der Lärmsituation auch die Luftqualität verbessert werden und welche wissenschaftlichen Erkenntnisse liegen dieser Einschätzung zugrunde? Siehe Drs. 21/5614, Drs. 21/7370 und Ausführungen in der 2. Fortschreibung des Luftreinhalteplans, Kapitel 7.2.1.3. (http://www.hamburg.de/contentblob/9024022/ 7dde37bb04244521442fab91910fa39c/data/d-lrp-2017.pdf).