BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/12288 21. Wahlperiode 16.03.18 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Ewald Aukes (FDP) vom 09.03.18 und Antwort des Senats Betr.: Anwohnerparken in St. Pauli Laut LBV Hamburg soll es demnächst eine größere Anwohnerparkzone in St. Pauli geben. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Die Aufgaben des Trägers der Wegebaulast bei der Planung, Beschaffung, Anbringung , Unterhaltung, Entfernung und des Betriebs der Parkscheinautomaten sowie der zugehörigen Zeichen nach der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) obliegen seit Jahresbeginn 2015 der Behörde für Inneres und Sport/Landesbetrieb Verkehr (LBV). Damit verbunden sind auch konzeptionelle Fragen der Parkraumbewirtschaftung, also auch die Fortentwicklung des Bewohnerparkens. Entsprechend der Mitteilung des Senats an die Bürgerschaft (Drs. 20/7125) wurde durch den LBV im Jahr 2017 die Aktualisierung und Fortschreibung der aus dem Jahr 2010 stammenden „Untersuchung zur Parkraumbewirtschaftung für den Hamburger Stadtteil St. Pauli“ an ein Ingenieurbüro beauftragt. Die Untersuchung beinhaltet auch eine Nachuntersuchung der Maßnahme und ist deshalb noch nicht abgeschlossen. Zentrale Aufgabenstellung war die erneute Untersuchung des öffentlichen Parkraums und der Parkhäuser in einem begrenzten Gebiet einschließlich von hieraus abzuleitenden Empfehlungen für Maßnahmen zur Parkraumbewirtschaftung. Im Zuge der Untersuchung wurde eine anonymisierte Kennzeichenerhebung durchgeführt , dabei wurden am 16./17. Mai 2017 zwischen 09.00 und 03.00 Uhr alle Kraftfahrzeuge im öffentlichen Parkraum zeitlich erfasst, sodass sowohl Aussagen über den Belegungsgrad als auch die zeitliche Dauer der Parkvorgänge abgeleitet werden konnten. Unterschieden wird hierbei zwischen Bewohnern (Parkvorgang: abends – morgens), gebietsfremden Dauerparkern (morgens – abends) und Kurzzeitparkern. Ermittelt wurde, dass tagsüber bis zu 40 Prozent des öffentlichen Parkraums durch gebietsfremde Dauerparker belegt sind. Im Ergebnis befürwortet die Untersuchung eine räumliche Erweiterung der bestehenden Bewohnerparkzone im Stadtteil St. Pauli und angrenzenden Straßenzügen des Bezirks Altona. Aufgrund der erhöhten Parkraumnachfrage durch Bewohner wäre eine Parkraumbewirtschaftung ohne Bevorrechtigung der Bewohner nicht zielführend. Die örtlich betroffenen Bezirksämter Hamburg-Mitte und Altona und deren bezirklichen Gremien wurden über den laufenden Prozess und über die Ergebnisse der Untersuchung informiert. Diese beinhalten nach Planung des LBV eine räumliche Erweiterung der bestehenden Bewohnerparkzone unter Einführung des Mischprinzips mit einer Gebührenpflicht für Kurzzeitparker (Gebührenzone 2), bei einer Höchstparkdauer von drei Stunden und einer vorgeschlagenen Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung auf die Zeit von 09.00 – 03.00 Uhr. Drucksache 21/12288 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Die Planung berücksichtigt auch, dass es sich beim Stadtteil St. Pauli um einen der touristischen Hauptanziehungspunkte Hamburgs handelt, sodass hier im Parkraum ein Nutzungskonflikt zwischen Touristen und andere Verkehrsteilnehmern besteht. Die geplante Parkraumbewirtschaftung ermöglicht Touristen auch weiterhin das Parken bis zu drei Stunden. Hierzu hat der LBV die Interessengemeinschaft St. Pauli und das Business Improvement District Reeperbahn angeschrieben. Die Bewohner des betroffenen Gebiets in St. Pauli und in Altona-Altstadt wurden ab dem 6. Februar 2018 durch den LBV mittels einer Postwurfsendung an circa 16.566 Haushalte informiert, in welcher auch der Gebietszuschnitt dargestellt wurde. Parallel dazu wurden im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit Informationen für die Medien zur Verfügung gestellt. Den Bewohnern wurde die Möglichkeit gegeben, sich an einer Onlineumfrage zum Bewohnerparken zu beteiligen. Im Übrigen siehe http://www.hamburg.de/lbv/10288868/lbv-aktuell/. Diese Umfrage wurde mittlerweile beendet und wird durch den LBV in Abstimmung mit der Fachbehörde und der Straßenverkehrsbehörde ausgewertet. Dieser Prozess ist noch nicht abgeschlossen. Auf Grundlage des noch laufenden Abstimmungsprozesses, welcher auch eine erneute Information der Bezirke beinhalten wird, ist der Erlass einer straßenverkehrsbehördlichen Anordnung geplant, welche die Einführung des erweiterten Bewohnerparkens zum Mai, spätestens jedoch zum Juni 2018 ermöglicht. Der genaue Gebietszuschnitt ist Gegenstand der noch laufenden Abstimmung. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1) Wie viele Einwohner hat der Stadtteil St. Pauli? Bevölkerung im Stadtteil St. Pauli1 Stand Anzahl 30.06.2017 22.527 Daten mit Stand zum 31. Dezember 2017 liegen nicht vor Ende April 2018 vor. 2) Wie viele Personen, die in St. Pauli ihren Wohnsitz haben, haben ein Fahrzeug angemeldet? Am 1. Januar 2017 gab es 4.442 private Pkws von Haltern mit Hauptwohnsitz im Stadtteil St. Pauli. Daten mit Stand zum 1. Januar 2018 liegen nicht vor Ende April 2018 vor.2 3) Wie viele Handwerker und Gewerbebetriebe haben ein Fahrzeug in St. Pauli angemeldet? Am 1. Januar 2017 gab es 1.907 gewerbliche Fahrzeuge, die im Stadtteil St. Pauli zugelassen waren. Daten mit Stand zum 1. Januar 2018 liegen nicht vor Ende April 2018 vor.3 4) Wie viele Handwerker und Gewerbebetriebe haben schon eine Ausnahmegenehmigung für das Parken in St. Pauli beantragt? Dem LBV liegen zurzeit noch keine Anträge vor. a) Welche in St. Pauli ansässigen Gewerbebetriebe sind auf Kundenverkehre angewiesen? Haben diese Gewerbebetriebe die Möglichkeit , mehrere Kundenparkplätze vorzuhalten? Auf Basis von Angaben der Handelskammer und der Handwerkskammer liegen dem LBV eingeschränkte Daten zu den Handwerksbetrieben und Gewerbetreibenden im Quartier vor. Diese Daten ermöglichen jedoch keine Differenzierung nach möglichen 1 Quelle: Melderegister. 2 Quelle: Auswertung des Kraftfahrt-Bundesamtes vom 01.01.2017. Es sind nur angemeldete Fahrzeuge ohne vorübergehende Stilllegungen oder Außerbetriebssetzungen aufgeführt. 3 Quelle: Auswertung des Kraftfahrt-Bundesamtes vom 01.01.2017. Es sind nur angemeldete Fahrzeuge ohne vorübergehende Stilllegungen oder Außerbetriebssetzungen aufgeführt. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/12288 3 Kundenverkehren und Kundenstellplätzen im nicht öffentlichen Raum. Die geplante Regelung schließt Kunden (Kurzzeitparker bis drei Stunden) nicht vom öffentlichen Parkraum aus. Vielmehr ergeben sich durch die Fluktuation im Parkraum mehr Parkmöglichkeiten . 5) Wann sollen die Anwohnerparkzonen MA201 Nord, MA202 Mitte, MA204 Süd/West und MA203 Süd/Ost eingerichtet werden? a) Falls es nicht diese Zuschnitte werden, welche anderen Zuschnitte werden geplant? b) Wann sollen diese Zuschnitte oder andere Zuschnitte eingerichtet werden? Siehe Vorbemerkung. 6) Wie und wann werden die betroffenen Bewohner über die Einrichtung der Anwohnerparkzone informiert? Der LBV beabsichtigt die Verteilung von Flyern an den parkenden Fahrzeugen im Gebiet circa zwei Wochen vor der eigentlichen Einrichtung der geänderten Bewohnerparkregelung . Hierin sollen alle maßgeblichen Informationen zu den bevorstehenden Regelungen dargestellt werden, auch zur Beantragung von Bewohnerparkausweisen. Geplant ist weiterhin Öffentlichkeitsarbeit mit Informationsangeboten an die Medien und Informationen auf den Internetseiten des LBV. 7) Auf der Internetseite von hamburg.de (http://www.hamburg.de/lbvparken /5887162/ausnahmegenehmigung-handwerker/) ist aufgeführt, dass die Beantragung einer Ausnahmegenehmigung für das Parken von Handwerkern und Gewerbetreibenden 250,30 Euro pro Jahr kostet. a) Muss die Gebühr auch entrichtet werden, wenn keine Ausnahmegenehmigung erteilt wird? Eine Gebühr ist grundsätzlich entweder für die Erteilung oder für die Ablehnung der Genehmigung zu entrichten. Die Gebührenhöhe beträgt bei einer Ablehnung 75 Prozent der Genehmigungsgebühr. b) Muss für jedes Fahrzeug ein Antrag gestellt werden oder kann man mit einem Antrag eine Ausnahmengenehmigung für mehrere Fahrzeuge beantragen? Mit einem Antrag können mehrere Ausnahmegenehmigungen beantragt werden. c) Wie viele Ausnahmegenehmigungen kann ein Betrieb beantragen? Gibt es eine maximale Anzahl möglicher Ausnahmegenehmigungen pro Bewohner beziehungsweise Handwerks- oder Gewerbebetrieb? Die Anzahl ist für Handwerks- und Gewerbebetriebe nicht reglementiert. d) Ist eine erteilte Ausnahmegenehmigung auf ein anderes Fahrzeugs des gleichen Betriebs übertragbar? Nein, die Genehmigung ist fahrzeuggebunden. e) Ist eine erteilte Ausnahmegenehmigung nur für eine bestimme Straße oder für die gesamte Anwohnerparkzone zulässig? Die Genehmigung gilt grundsätzlich für das gesamte jeweilige Bewohnerparkgebiet. 8) Für den Erhalt einer Ausnahmegenehmigung für das Parken von Fahrzeugen Gewerbetreibender/von Handwerkern ist ein Nachweis erforderlich , dass das Fahrzeug unersetzlich ist. Wie kann ein Gewerbebetrieb/ Handwerksbetrieb einen solchen Nachweis erbringen? a) Nach welchen Kriterien wird ein solcher Nachweis als ausreichend betrachtet? b) Nach welchen Kriterien wird ein solcher Nachweis als nicht ausreichend betrachtet? Drucksache 21/12288 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Eine Genehmigung wird erteilt, sofern die zwingende Notwendigkeit des regelmäßigen Abstellens in einer Bewohnerparkzone ausreichend individuell begründet nachgewiesen wurde. Für die Entscheidung ist ausschlaggebend: • Wie gestaltet sich der Betriebsablauf? • Welche Gegenstände/Produkte werden in welcher Menge transportiert? • Wie häufig müssen Transporte durchgeführt werden? • Wie weit sind die nächsten auch ohne Ausnahmegenehmigung nutzbaren Parkmöglichkeiten entfernt? • Warum kann in fußläufiger Entfernung kein Stellplatz angemietet werden? • Warum können entsprechende Ladezonen nicht genutzt werden? Im Zuge des Verfahrens ist ein schriftlicher Nachweis darüber zu führen, dass sich der Betrieb bei den umliegenden Parkhäusern um Parkraum bemüht hat. 9) Wurden im Zuge der Lösung des Parkdruck-Problems in St. Pauli andere Lösungen als eine Anwohnerparkzone geprüft? a) Fall ja, welche? b) Falls nein, warum nicht? Aufgrund der Konfliktsituation bei der Parkplatzsuche zwischen Bewohnern, Kurzzeitparkern (zum Beispiel Kunden) und gebietsfremden Dauerparkern (zum Beispiel Pendlern) kann durch die Gebührenpflicht für Kurzzeitparker und die Bevorrechtigung für Bewohner ein möglichst großer Teil der Interessen beim Thema Parken auf St. Pauli geschützt werden. Sowohl die örtliche Situation, als auch die rechtlichen Voraussetzungen nach § 6 Absatz 1 Nummer 14 Straßenverkehrsgesetz (StVG) i.V.m. § 45 Absatz 1b Satz 1 Nummer 2a StVO und der hierzu erlassenen Allgemeinen Verwaltungsvorschrift (VwV-StVO) zu § 45 Absatz 1 bis 1e X lassen keine realistischen Alternativen zur Minderung des Parkraummangels und damit auch zur Steigerung der Verkehrssicherheit zu. Aufgrund der relativen Flächenknappheit im Untersuchungsgebiet ist auch das Schaffen zusätzlicher kostenfreier Parkstände keine zielführende Lösung und führt gegebenenfalls zu weiteren Zielverkehren. 10) Laut „Hamburger Abendblatt“ vom 10.10.2017 „Stellplatz-Not: St. Pauli wird zur Anwohner-Parkzone“ sind mehr als 40 Prozent der Parkplätz tagsüber von „Fremdparkern“ genutzt worden. a) Wie wurden die Zahlen ermittelt und woher kommen diese Fremdparker? i) Wurde bei der Planung der Anwohnerparkzone berücksichtigt, dass St. Pauli durch einen hohen Tourismusanteil mit dem entsprechenden Verkehrsaufkommen geprägt ist? Fall nicht, warum nicht? Siehe Vorbemerkung. 11) Sind derzeit weitere Anwohnerparkzonen in Hamburg geplant? a) Wenn ja, welche und wann sollen diese eingerichtet werden? Der LBV prüft im laufenden Jahr in Abstimmung mit den betroffenen Bezirken und Straßenverkehrsbehörden der Polizei die Parksituation im Umfeld des Flughafens.