BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/12292 21. Wahlperiode 16.03.18 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Detlef Ehlebracht (AfD) vom 09.03.18 und Antwort des Senats Betr.: Status quo des Hauptbahnhofs und seines Umfeldes Vor zwei Jahren hatte sich der Verkehrsausschuss der Bürgerschaft ausführlich mit der heutigen Situation und der zukünftigen Entwicklung des Hauptbahnhofs befasst. Vor einem Jahr startete der Bezirksamtschef von Hamburg -Mitte pressewirksam eine Kampagne zur besseren Sauberkeit am Hauptbahnhof. Investitionen in Reinigungsmaschinen und zusätzliches Personal wurden getätigt und sollten künftig für eitlen Sonnenschein sorgen. Doch der nachhaltige und wahrnehmbare Erfolg blieb weitgehend aus und es zeigt sich: Das Problem lässt sich nicht durch ein paar zusätzliche Mülleimer und Papiersammler lösen. Das Bild vom Hauptbahnhof wird – neben der Überfüllung und einer großen Zahl dort offenbar dauerhaft Herumlungernder – vor allem geprägt durch: überlaufende Dachrinnen, wild beklebte und plakatierte Fassaden, Taubenkot, ausgespuckten Kaugummis, Graffitis und Tags, Zigarettenkippen überall, sonstigem Müll, zerstörten Installationen, desolaten, ruinenhaften Gebäudeteilen, provisorischen Absperrungen und Zäunen sowie endlos verunreinigten Gleiskörpern. Dies vorausgeschickt frage ich den Senat: Der Senat folgt der Darstellung des Fragestellers nicht. Der Senat hat in der Drs. 21/11530 über die kurz- und mittelfristigen Maßnahmen und deren Sachstand berichtet . Für Verbesserungsmaßnahmen wurde ein umfangreicher Maßnahmenkatalog (siehe Drs. 21/11530) aufgestellt, der stetig fortgeschrieben und auch abgearbeitet wird. Dieser enthält neben der Erhöhung der Reinigungstakte auch bauliche Maßnahmen zur Verbesserung des Erscheinungsbildes des Hauptbahnhofs. Alle Akteure, die an Verbesserungsmaßnahmen rund um den Hauptbahnhof beteiligt sind, sind sich der Wichtigkeit des Themas bewusst und arbeiten die Maßnahmen prioritär und mit hohem Engagement ab. Dabei stellen alle gleichermaßen fest, dass sich das Erscheinungsbild seit Aufstellen des Maßnahmenkatalogs schon deutlich gewandelt hat und sich auch weiter verbessern wird. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen teilweise auf der Grundlage von Auskünften der Deutschen Bahn AG (DB) wie folgt: 1. Wie ist der Stand der vor zwei Jahren vom Senat versprochenen Untersuchungen ? Welche Untersuchungen sind wann beauftragt worden und wann wird jeweils das Ergebnis dazu vorliegen? Es wurden zwei Untersuchungen zur Erweiterung beziehungsweise zum Umfeld des Hamburger Hauptbahnhofes beauftragt: - Verkehrsuntersuchung Umfeld Hamburger Hauptbahnhof, - Machbarkeitsstudie Hauptbahnhof und Umfeld. Drucksache 21/12292 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Die Verkehrsuntersuchung Umfeld des Hamburger Hauptbahnhofes wurde im Herbst des Jahres 2015 beauftragt. Die Untersuchung wird die fachliche Grundlage für eine mittelfristige Umgestaltung des Bahnhofsumfeldes schaffen. Diese soll bis zum Herbst des Jahres 2018 abgeschlossen werden. Die DB hat Anfang des Jahres 2017 in enger Zusammenarbeit mit der Freien und Hansestadt Hamburg (FHH) eine Machbarkeitsstudie für eine Erweiterung des Hauptbahnhofs beauftragt. Die Machbarkeitsstudie soll im Herbst des Jahres 2018 abgeschlossen werden. 2. Welche Vorgaben wurden den Gutachtern zur künftigen Entwicklung des Bahnverkehrs vorgegeben? Spielte dabei auch eine signifikante Zunahme des Bahnverkehrs um bis 100 Prozent (wie sie jetzt Bestandteil des Koalitionsvertrages ist) eine Rolle? Die Prognose der Verkehrsmodellierung für den öffentlichen Verkehr (ÖV-Modellierung ) enthält dabei unter anderem die Entwicklung der Strukturgrößen (Einwohnerinnen und Einwohner und Beschäftigte) sowie die Anpassung der Infrastruktur (zum Beispiel S4 Ost, S-Bahn-Halt Elbbrücken, S-Bahn-Halt Ottensen, Verlängerung der U4 Elbbrücken/Dannerallee). Für den Fernverkehr wurden die Ansätze der Bundesverkehrswegeplanung 2030 verwendet. Vorgaben, die von einer Erhöhung des Bahnverkehrs um bis zu 100 Prozent ausgehen, wurden dabei nicht gemacht. 3. Während bei der letzten Beschäftigung des Verkehrsausschusses mit der Thematik als wirksamste kurzfristige Maßnahme zur Herbeiführung einer Entspannung der Fußverkehrsströme die Öffnung der Südfassade und die Schaffung von Bahnsteigzugängen von der Steintordammbrücke betrachtet wurden, steht nunmehr offensichtlich die Öffnung der Westfassade und die Errichtung eines zusätzlichen Fahrradparkhauses im Norden auf der Agenda der Bahn und des Senats. Gleichfalls erfolgt zwischenzeitlich der Umbau des Parkplatzes an der Kirchenallee mit einer deutlichen Reduzierung der Stellplätze. Inwieweit gehen die Deutsche Bahn und der Senat bei der Realisierung dieser Maßnahmen nach einem abgestimmten Konzept vor? Wenn ja, welche Inhalte sind darin festgelegt und wo ist das Konzept einsehbar? Wenn nein, wird ein derartiges Konzept nicht angesichts der Bedeutung und Komplexität der Aufgabenstellung für notwendig erachtet? Damit die verschiedenen Nutzergruppen und Interessenlagen, in Verbindung mit einem Anspruch an Sauberkeit, sozialer Sicherheit und Aufenthaltsqualität zeitgemäß und zeitnah bedient werden können, sollten kurzfristig Übergangslösungen gefunden werden. Bei der Umgestaltung des Hachmannplatzes handelt es sich um eine Zwischenlösung für eine kurzfristige Umsetzung von Maßnahmen am Hauptbahnhof, die das zuständige Bezirksamt in Abstimmung mit der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation durchführt. Die Problemfelder wurden durch eine Analyse des Umfeldes bestimmt, für die entsprechende Lösungsansätze formuliert wurden (siehe Drs. 21/11530). Ein mittel- bis langfristiges Konzept zur Umfeldgestaltung des Hamburger Hauptbahnhofes wird derzeit durch die zwei in der Antwort zu 1. benannten Untersuchungen erarbeitet und ist daher noch nicht einsehbar. Die Öffnung der Westfassade ist von der DB seit Langem geplant und wird zu einer deutlichen Attraktivitätssteigerung beitragen. Sie wird in das langfristige Konzept integriert . Im Dezember des Jahres 2017 wurden auf der Basis erster grober und vorläufiger Entwürfe einer Überbauung der Gleise 13 und 14 auf der sogenannten Auslagerungsfläche verschiedene Aspekte des Projektes besprochen. Einbezogen waren ebenfalls Überlegungen für die Integration einer Fahrradabstellanlage. Nach aktuellem Stand wird sich eine Sammelschließanlage mit circa 50 – 200 Abstellplätzen integrieren lassen . Dies wäre eine gute Ergänzung des Angebots an attraktiven und gesicherten Fahrradstellplätzen im Umfeld des Hauptbahnhofs. Zur Deckung des gesamten Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/12292 3 Bedarfs an gesichertem Fahrradparken am Hauptbahnhof ist darüber hinaus die Einrichtung einer vollwertigen Fahrradstation vorgesehen. 4. Wie ist der Sachstand hinsichtlich der Öffnung der Südfassade und wie sind die weiteren Schritte in 2018/2019? Die Öffnung der Südfassade ist wesentlicher Bestandteil der Machbarkeitsstudie der DB. Im Zuge dieser Untersuchung werden derzeit mehrere Varianten zur Öffnung der Südfassade geprüft. Da die Ergebnisse der Untersuchungen entscheidende Auswirkungen auf die weiteren Planungsschritte haben, müssen diese vorliegen, um die folgenden konkreten Schritte im Anschluss gemeinsam mit der DB zu erörtern und festzulegen. 5. Auf den Bahnsteigen sind jeweils mittig kleine beheizte Warteräume für etwa zehn Reisende vorhanden. Werden diese Warteräume angesichts sich immer häufiger verspätender Bahnen für bis zu vier gleichzeitig haltende Züge mit jeweils bis zu 800 Sitzplätzen noch als ausreichend angesehen? Ja, die Aufenthaltsräume auf den Bahnsteigen sind ausreichend dimensioniert. 6. Die Warteräume werden, besonders in den späten Abendstunden, nachts oder früh morgens darüber hinaus zunehmend von Obdachlosen oder anderen Personen als Übernachtungsmöglichkeit genutzt und stehen dann den Reisenden nicht mehr zur Verfügung. Welche Vorgehensweise pflegt die Bahn beziehungsweise gegebenenfalls die Bundespolizei angesichts dieser Zweckentfremdung? Es finden regelmäßige Bestreifungen der Sicherheit- und Ordnungsdienste (SOD) der DB Sicherheit statt. Schwerpunktmäßig werden in den Abendstunden die Aufenthaltsräume intensiv begangen, wobei gezielt Personen ohne Reiseabsicht angesprochen werden. Die betreffenden Personen werden belehrt und auf die Einhaltung der Hausordnung hingewiesen, immer unter Berücksichtigung des aktuellen Winternotprogramms der FHH. 7. Beim Halt durchgehender Fernzüge (ICE und IC sowie Nachtzüge) werden die Reisenden vorm Erreichen des Hauptbahnhofs aufgefordert, während des Haltens dort besonders auf ihr Gepäck zu achten. Worin besteht der Grund für die Durchsagen der Bahn? Dies sind Sicherheitshinweise außerhalb der Reisendeninformation, mit besonderen Verhaltenshinweisen, wie sie an allen großen Bahnhöfen getätigt werden, geregelt in der Richtlinie 513.1580 „Personenbahnhöfe betreiben“, Absatz 5 (3). 8. Streitet die DB ab, dass es oftmals und mit zunehmender Tendenz zu Diebstählen von Gepäck und anderen Gegenständen in den Zügen der DB bei Halt an Bahnhöfen auf Hamburger Stadtgebiet kommt? 9. Bestreitet die DB, dass es sich bei der Vorgehensweise um gezielte und gut organisierte Raubzüge handelt? Die hoheitliche Aufgabenwahrnehmung der Strafermittlung und -verfolgung im Bahnhofsbereich obliegt der Bundespolizei. Das zuständige Bundesministerium des Inneren (BMI) wurde beteiligt, hat jedoch in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit keinen Beitrag übermittelt. 10. Eigene Erfahrungen zeigen, dass es keinerlei Fahrkartenkontrollen auf Hamburger Stadtgebiet in den Zügen gibt. Das erleichtert den Tätern oder Banden einen geplanten Diebstahl erheblich. Gedenkt die DB diesem Treiben dadurch Einhalt zu gebieten, Fahrkartenkontrollen auf Hamburger Stadtgebiet einzuführen oder den Zugang zu den Zügen anderweitig zu überwachen? In Bahnhöfen und Stationen der DB werden auf den Bahnsteigen Zugangs- und Abgangskontrollen durch den Prüfdienst DB Sicherheit durchgeführt, wie auch in den Zügen der S-Bahn. Drucksache 21/12292 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 In den jeweiligen Eisenbahnverkehrsunternehmen werden die Fahrkarten durch das eingesetzte und zuständige Zugpersonal kontrolliert, zum Beispiel bei der DB Regio die Kundenbetreuerinnen und Kundenbetreuer im Nahverkehr sowie im Fernverkehr das Zugbegleitpersonal. 11. Speziell nach Altona weiterfahrende Züge sind in den Tagesrandstunden oft nur noch spärlich besetzt, sodass sich für einzeln reisende Fahrgäste dadurch auch ein sehr „mulmiges Gefühl“ einstellt. Welche Straftaten sind während des Halts der Züge im Hauptbahnhof bekannt? Bitte für die letzten Jahre nach Monat gestaffelt aufführen und gegebenenfalls erläutern . Siehe Antwort zu 8. und 9. 12. Auch beim Halten und Wenden des Regionalverkehrs werden die Züge von der gleichen Tätergruppe von Wagen zu Wagen durchkämmt, ohne dass erkennbare Anstrengungen seitens der Verkehrsunternehmen erfolgen, dies zu unterbinden. Aus welchem Grund erfolgt eine derartige Duldung? Der Bahnsteig und am Bahnsteig stehende Züge werden durch den SOD bestreift. Personen ohne gültigen Fahrausweis werden verwiesen. 13. Welche Maßnahmen – außerhalb der bloßen Durchsagen – werden von der Bahn getroffen, um den Fahrgästen einen sicheren Aufenthalt in den haltenden Zügen zu ermöglichen? Die Sicherheit in den Zügen wird unter anderem durch das Zugpersonal gewährleistet. Darüber hinaus werden die Bahnhöfe und Stationen der DB regelmäßig bestreift, Personen werden gezielt angesprochen, Personen ohne Reiseabsichten und/oder ohne einen gültigen Fahrausweis (je nachdem wo die Person angetroffen wird) werden verwiesen. Zusätzlich werden die Bahnhöfe und Stationen hell, transparent und freundlich gestaltet , dunkle Ecken werden ausgeleuchtet, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der DB Sicherheit werden gezielt eingesetzt. 14. Wie viel Personal ist auf den Bahnsteigen des Hauptbahnhofs jeweils dauerhaft anwesend und welche Aufgaben werden von diesem wahrgenommen ? Der SOD ist 24 Stunden im Schichtsystem Früh, Spät und Nacht im Einsatz. Die DB Information ist 24 Stunden besetzt. Die Bahnsteige sind im Schichtsystem Früh und Spät besetzt. Das Reinigungspersonal ist 24 Stunden ebenfalls im Schichtsystem Früh, Spät und Nacht vor Ort.