BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/12329 21. Wahlperiode 20.03.18 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Harald Feineis (AfD) vom 13.03.18 und Antwort des Senats Betr.: Herausforderungen für das Gesundheitswesen durch Migration Durch die Migrationsbewegung aus außereuropäischen Ländern nach Deutschland wachsen zunehmend die Herausforderungen für das Gesundheitssystem . Zuletzt gab es Berichte, dass Wissenschaftler am Nationalen Referenzzentrum (NRZ) einen multiresistenten Stamm der Tuberkulose nachweisen konnten, der durch Flüchtlinge über das Horn von Afrika nach Europa gelangt ist. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Bei wie vielen in Hamburg befindlichen Asylbewerbern wurde von 30. Juni 2015 bis 31. Dezember 2017 Tuberkulose diagnostiziert? Bitte die Zahlen einzeln nach Jahren anführen. Anzahl von Asylbewerbern, bei denen in den Jahren 2015 bis 2017 Tuberkulose diagnostiziert wurde: 30. Juni bis 31. Dezember 2015: 41 1. Januar bis 31. Dezember 2016: 80 1. Januar bis 31. Dezember 2017: 52 2. Welche Kosten entstanden durch Tuberkulose-Behandlungen an Asylbewerbern im Zeitraum 30. Juni 2015 bis 31. Dezember 2017? Bitte die Zahlen einzeln nach Jahren anführen. Hierzu erfolgt keine statistische Auswertung. Leistungsbeziehende nach dem AsylbLG werden, abhängig von ihrer Aufenthaltsdauer, von unterschiedlichen Krankenkassen betreut. Darüber hinaus ist die Diagnose „Tuberkulose“ oft als Begleit- oder Nebendiagnose Bestandteil von ambulanten und stationären ärztlichen Behandlungen und Arzneimittelverordnungen. Eine Abgrenzung der Kosten für die Tuberkulosebehandlung zu den Kosten der gegebenenfalls zusätzlich bestehenden und behandelten Erkrankungen ist deshalb nicht möglich. 3. Bei wie vielen Nicht-EU-Staatsbürgern wurde von 1. Januar 2010 bis 31. Dezember 2017 Tuberkulose diagnostiziert? Bitte die Zahlen nach Herkunft und Jahren anführen. Die zur Beantwortung benötigten Daten werden statistisch nicht erfasst. Sie können in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit auch nicht ermittelt werden, da circa 1.500 Vorgänge durchgesehen werden müssten. 4. Welche Kosten entstanden durch Tuberkulose-Behandlungen an Nicht- EU-Staatsbürgern im Zeitraum von 1. Januar 2010 bis 31. Dezember Drucksache 21/12329 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 2017 für Hamburg? Bitte die Zahlen nach Herkunft und Jahren einzeln anführen. Die Gesundheitsversorgung von Nicht-EU-Staatsbürgern erfolgt in verschiedenen Systemen, wie zum Beispiel im Rahmen der Betreuung nach § 264 Absatz 1 und Absatz 2 SGB V sowie als reguläre Krankenversicherung. Eine übergreifende statistische Erfassung bestimmter Krankheiten und deren Kostenwirkung erfolgt nicht. Im Übrigen siehe Antwort zu 2. 5. Bei wie vielen in Hamburg befindlichen Asylbewerbern wurden von 30. Juni 2015 bis 31. Januar 2017 meldepflichtige Krankheiten nach Infektionsschutzgesetz (IfSG) diagnostiziert? Bitte nach Art der Erkrankung und Jahren einzeln anführen. Der nachfolgenden Übersicht sind Zahlen von meldepflichtigen Erkrankungen und Erregern nach §§ 6 und 7 Infektionsschutzgesetz (IfSG) sowie nach der IfSG- Meldepflicht-Anpassungsverordnung (IfSGMeldAnpV) vom 18. März 2016 laut Angaben der Bezirke zu entnehmen: Meldepflichtige Krankheiten Anzahl Fälle bei Asylbewerbern1 30.06.-31.12.2015 01.01.-31.12.2016² 01.01.-31.01.2017 Adenovirus 7 16 1 Brucellose 2 Campylobacter 1 1 Cryptosporidium 1 2 E.-coli-Enteritis 3 Enterobacteriaceae 1 Giardia Lamblia 9 Hepatitis A 9 14 Hepatitis B 94 106 2 Hepatitis C 3 10 6 Hepatitis D 1 Influenza 15 10 2 Läuserückfallfieber 1 Keuchhusten 1 Masern 10 10 MRSA 1 2 Mumps 3 Norovirus 10 4 10 Rotavirus 9 8 3 Salmonellose 2 Scharlach 1 1 Shigellose 2 2 Tuberkulose Siehe Antwort zu Frage 1. Weitere bedrohliche Krankheiten³ 1 1 Windpocken 32 18 2 1 Im Ankunftszentrum und in den Erstaufnahmeeinrichtungen befinden sich neben Asylbewerbern auch Personen mit Duldungsstatus. Hinsichtlich der Zahl der erfassten meldepflichtigen Krankheiten wird nicht nach dem Aufenthaltsstatus differenziert. ² Seit April 2016 besteht eine Meldepflicht für Windpockenerkrankungen. Vor April 2016 wurden Windpocken nur in §34-Meldungen (Benachrichtigungspflicht für Erkrankungen in Gemeinschaftseinrichtungen) erfasst, seit April 2016 werden auch Einzelerkrankungen gemeldet und somit, falls es sich um einen Erkrankten aus einer Gemeinschaftseinrichtung handelt, doppelt erfasst. Somit ist bei den Zahlen aus 2016 im Nachhinein die genaue Anzahl der Erkrankungen nicht mehr zu ermitteln. ³ Hierunter werden verschiedene infektiöse Erkrankungen wie zum Beispiel MRGN, Pseudomonas aeruginosa subsumiert. 6. Welche Erkrankungen wurden bei neu ankommenden Flüchtlingen in Hamburg bei der Eingangsuntersuchung nach § 62 AsylG von 30. Juni Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/12329 3 2015 bis 31. Dezember 2017 festgestellt? Bitte nach Art der Erkrankung und Jahren einzeln anführen. Hierzu liegen dem Einwohner-Zentralamt keine statistischen Daten vor. Hinweise zu möglichen Erkrankungen lassen sich lediglich einzelfallbezogen im Rahmen der Sichtung aller Patientenakten des verantwortlichen Arztes ermitteln. Dies ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Im Übrigen siehe Antwort zu 5. 7. Wie hoch waren die Gesundheitsausgaben nach § 4 AsylbLG in Hamburg von 30. Juni 2015 bis 31. Dezember 2017 insgesamt? Bitte einzeln nach Jahren anführen. 8. Wie hoch waren dabei die pro Kopf entstandenen Gesundheitsausgaben nach § 4 AsylbLG in Hamburg von 30. Juni 2015 bis 31. Dezember 2017? Bitte einzeln nach Jahren anführen. Gesundheitsausgaben nach § 4 AsylbLG im Rahmen der Betreuung nach § 264 Abs.1 SGB V insgesamt 01.07.-31.12.2015 01.01.-31.12.2016 01.01.-30.11.2017* 17.643.490,- Euro 41.876.539,- Euro 10.275.689,- Euro Gesundheitsausgaben nach § 4 AsylbLG im Rahmen der Betreuung nach § 264 Abs.1 SGB V pro Kopf 01.07.-31.12.2015 01.01.-31.12.2016 01.01.-30.11.2017* 1.023,- Euro 2.130,- Euro 1.383,- Euro * Daten für Dezember 2017 liegen noch nicht vor. Für 2017 ist im Übrigen zu berücksichtigen, dass noch nicht alle erbrachten ärztlichen Leistungen gegenüber dem Kostenträger nach dem AsylbLG abgerechnet wurden. 9. Welche Maßnahmen wurden ergriffen, um die in Hamburg entstandenen Kosten für Gesundheitsversorgung von Asylbewerbern zu erfassen und transparent darzustellen? Hamburg zugewiesene Asylbewerber und Leistungsbeziehende nach §§ 1 und 1a Asylbewerberleistungsgesetz werden nach § 264 Absatz 1 SGB V durch die AOK Bremen/Bremerhaven betreut und erhalten eine elektronische Gesundheitskarte. Die entstehenden Behandlungskosten werden mit der zuständigen Behörde abgerechnet. Zur Kostenentwicklung besteht ein entsprechendes Berichtswesen der AOK Bremen/ Bremerhaven. Kosten, die im Rahmen der Gesundheitsversorgung im Ankunftszentrum und in den in Erstaufnahmeeinrichtungen vorgehaltenen Sprechstunden entstanden sind, werden im Einwohner-Zentralamt erfasst. Eine Erfassung erfolgt in der Unterscheidung nach verschiedenen Maßnahmen im Rahmen des Ankunftsprozesses (Vorscreening, Erstuntersuchung , Impfung, Medikamente) sowie der weiteren medizinischen Betreuung im Ankunftszentrum und in den Erstaufnahmen. 10. Das Forschungszentrum Borstel der Nationalen Referenzzentrums (NRZ) analysiert seit 1996 in einem Pilotprojekt alle Laborproben von Tuberkulosepatienten aus Hamburg, Hannover und Frankfurt. Welche Ergebnisse liefert das Pilotprojekt zur Analyse der Laborproben von Tuberkulosepatienten in Hamburg von 1996 bis 2017? Das Forschungszentrum Borstel macht Studien zum sogenannten DNA-Fingerprinting , welches es erlaubt, Fälle von Übertragung – also Ansteckung – aufzudecken. Diese molekularbiologische Methode weist nach, ob es sich um den identischen Keim eines anderen Erkrankten handelt oder nicht. Die Erregerstämme zweier Patienten können mit der Methode verglichen werden und man kann erkennen, ob sich die Patienten gegenseitig angesteckt haben oder es sich jeweils um eine neue Erkrankung handelt. Es lassen sich somit Infektionsketten nachvollziehen. Für weitergehende Informationen wird verwiesen auf: Die Hamburger Fingerprintstudie. R. Diel, S. Niemann, Seiten 145 – 155, Kapitel 10 in Tuberkulose als Berufskrankheit von A. Nienhaus, S. Brandenburg, H. Teschler. 4. Aktualisierte Auflage. Eco med Medizin Verlag. 2017.