BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/12347 21. Wahlperiode 20.03.18 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dietrich Wersich (CDU) vom 14.03.18 und Antwort des Senats Betr.: Ein Jüdisches Museum für Hamburg? Im Winter 2006/2007 verfolgte die GEW Hamburg die Idee, ein Jüdisches Museum in Hamburg zu errichten. Als möglicher Standort stand damals eine Villa in der Rothebaumchaussee 19 zur Diskussion. Im Jahr 2007 ließ Ole von Beust eine Machbarkeitsstudie zur Errichtung eines Jüdischen Museums erstellen. Zudem soll in der Zeit in der BKM eine Liste der in Hamburg befindlichen Judaika erstellt worden sein, die als mögliche Sammlung in ein solches Museum überführt werden könnten. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Die GEW ist seinerzeit mehrfach an den Senat und die zuständige Behörde mit der Absicht herangetreten, die Immobilie Rothenbaumchaussee 19 zu verkaufen. Eine Prüfung im Sinne einer Machbarkeitsstudie, ob in den Räumlichkeiten ein Jüdisches Museum beheimatet werden könne, ist den zuständigen Behörden nicht bekannt. Die Kulturbehörde hat im Jahr 2008 einen Runden Tisch zu der Frage „Wie geht Hamburg mit seinem jüdischen Erbe um?“ mit Repräsentanten zum jüdischen Leben in Hamburg unter Leitung des damaligen Präses der Behörde gegründet. Dieser Runde Tisch beauftragte eine Expertengruppe, Empfehlungen für die künftige Darstellung der jüdischen Kulturgeschichte in Hamburg zu erarbeiten. Diese Stellungnahme wurde dem Runden Tisch 2010 vorgelegt. Die Experten sprachen sich für eine duale Strategie aus: eine integrative – implementiert in die Dauerausstellung – und eine exklusive Erzählweise in einer eigenen Abteilung. Auf diese Weise wird die Verwebung der jüdischen Geschichte Hamburgs und ihrer bedeutenden Persönlichkeiten mit der Hamburgischen Stadtgeschichte in den bestehenden Hamburger Geschichtsmuseen verfolgt . Dieser Empfehlung hat sich die zuständige Behörde angeschlossen. Das Museum für Hamburgische Geschichte (MHG) bietet seinen Besuchern seit 1997 auf rund 600 m2 Ausstellungsfläche eine eigenständige Abteilung unter dem Titel „Juden in Hamburg“ mit einer vier Jahrhunderte umspannenden Perspektive. Dazu bringt das Museum in regelmäßigen Abständen auch museumspädagogische Führungen und andere Begleitveranstaltungen zum jüdischen Leben in der Freien und Hansestadt aus. Es ist vorgesehen, im Zuge der in den nächsten Jahren anstehenden Modernisierung der Dauerausstellung des MHG auch die Abteilung zu „Juden in Hamburg“ einer grundlegenden Neugestaltung zu unterziehen. Hierbei sollen die Empfehlungen der früheren Expertenrunde berücksichtigt, aktuelle konzeptionelle Anregungen aus noch durchzuführenden Abstimmungen mit Fachwissenschaftlern und Wissensträgern aus gegenwärtig relevanten Forschungs- beziehungsweise Museumskreisen aufgegriffen und ausgewählte Judaika aus anderen Sammlungsbeständen innerhalb der Stiftung Historische Museen Hamburg (SHMH) einbezogen Drucksache 21/12347 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 werden. Im Sinne der Umsetzung eines integrativen Konzeptes zur Darstellung der Geschichte von Juden in Hamburg ist zudem geplant, künftig auch noch an anderen Stellen innerhalb der chronologischen Rundgänge des Museums jüdischen Akteuren und Aspekten der Stadtgeschichte eine verstärkte Repräsentanz zu geben. Seit 2015 ist im Museum für Kunst und Gewerbe (MKG) erstmals seit Museumsgründung das „Judentum“ im Kontext der Weltreligionen als neuer Dauerausstellungsbereich etabliert. Im Zuge der Neueinrichtungen Buddhismus, Christentum und Islam rückt das MKG mit dem Judentum eine weitere Weltreligion in den Fokus. Eine Judaika -Sammlung wurde bereits im 19. Jahrhundert mit der Gründung des MKG angelegt. Nach Vertreibung und Vernichtung der Juden 1933 – 1945 sind nur noch wenige Objekte in Deutschland erhalten geblieben. Vor diesem Hintergrund ist die Sammlung von 20 Kultgeräten aus dem 16. bis 19. Jahrhundert besonders wertvoll. Dieser Bestand, der sich lange als Dauerleihgabe im MHG befand, wird nun erstmals wieder im MKG präsentiert. Er erlaubt einen Einblick in Riten und Gebräuche der jüdischen Religion und leistet einen Beitrag zum interreligiösen Dialog. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. a) Liegt dem Senat beziehungsweise der zuständigen Behörde die Machbarkeitsstudie zur Errichtung eines Jüdischen Museums vor? Wenn ja: Was sind die wesentlichen Eckpunkte dieser Machbarkeitsstudie , besonders in Bezug auf die Kosten sowie die Sammlung ? b) Wie ist die Einschätzung des Senats beziehungsweise der zuständigen Behörde zu den Ergebnissen der Machbarkeitsstudie, inwieweit hat sich diese Einschätzung geändert? Siehe Vorbemerkung. 2. a) Liegt dem Senat beziehungsweise der zuständigen Behörde die oben genannte Liste mit Judaika beziehungsweise den Umfang einer möglichen Sammlung für ein Jüdisches Museum vor? b) Wenn ja: Wie umfangreich ist diese Liste jeweils bezogen auf welches Hamburger Museum? c) Wurde diese Liste fortlaufend aktualisiert? Der zuständigen Behörde liegt keine abschließende Liste im Sinne der Fragestellung vor. Der rund 100 Gegenstände und eine auf derzeitigem Inventarisierungsstand noch nicht genau bezifferbare Anzahl von Grafiken umfassende Judaika-Bestand in den vom MHG verwalteten Sammlungen wird in der laufend aktualisierten digitalen Inventardatenbank des Museums erfasst. Die Judaika des Museums sind zum größten Teil in der Dauerausstellungsabteilung „Juden in Hamburg“ im zweiten Stock des Hauses ausgestellt sowie außerdem in einer zugehörigen Katalogpublikation erfasst. Darüber hinaus verfügt innerhalb der SHMH auch das Altonaer Museum über einen Judaika- Bestand, dessen Objekte ebenfalls bereits in einem eigenständigen Katalogband publiziert worden sind. Der Bestand im MKG beläuft sich auf 33 Judaika plus sechs Judaika mit unbekanntem Verbleib, wobei derzeit eine Suchanfrage an die Historischen Museen Hamburgs gestellt wurde. Dauerhaft ausgestellt sind 20 Judaika. Für das Altonaer Museum sind fast alle Judaica im Katalog „Schatten“ abgebildet. Die Hamburger Kunsthalle verfügt über Grafiken, Portraits, Medaillen, die über Künstlernamen sortiert sind. Das Helms Museum verfügt über Grafiken. Das Museum für Völkerkunde besitzt verschiedene Expeditionsfotos aus Palästina aus der Zeit um 1930. 3. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/12347 3 a) Verfolgt der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde die Pläne weiter, einen würdigen Museumsort für diese Sammlung von Judaika beziehungsweise für ein neues Jüdisches Museum zu schaffen? b) Gedenkt der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde einen würdigen Museumsort für diese Sammlung von Judaika beispielsweise im Rahmen eines bestehenden Hamburger Museums zu schaffen? c) Gibt es derzeit Pläne oder Ideen für einen eigenen Standort für ein Jüdisches Museum in Hamburg? Wenn ja: welche? d) Welche Aktivitäten hat der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde bisher ergriffen, um ein neues Jüdisches Museum in Hamburg zu schaffen oder die Sammlung von Judaika in einem bestehenden Hamburger Museum zu etablieren? e) Wurden zum Umgang mit den Judaika in den verschiedenen Sammlungen bereits Gespräche geführt? Wenn ja: wann, mit wem und mit welchem Ergebnis? Siehe Vorbemerkung und Antwort zu 2. a) bis c). Im Übrigen hat die zuständige Behörde sich hiermit nicht befasst.