BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/12413 21. Wahlperiode 27.03.18 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Christel Nicolaysen (FDP) vom 20.03.18 und Antwort des Senats Betr.: Vollzug von Rückführung Stand März 2018 Die Frankfurter Rundschau berichtet am 12.03.2018 von den Plänen des neuen Innenministers Seehofer zur Asylpolitik. Mit einem Masterplan beabsichtigt er, für schnellere Asylverfahren und konsequentere Abschiebungen zu sorgen. Nach § 58 Absatz 1 S. 1 AufenthG ist ein Ausländer abzuschieben , wenn die Ausreisepflicht vollziehbar ist, eine Ausreisefrist nicht gewährt wurde oder diese abgelaufen ist, und die freiwillige Erfüllung der Ausreisepflicht nicht gesichert ist oder aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung eine Überwachung der Ausreise erforderlich erscheint. Zuständig dafür sind die Ausländerbehörden (§ 71 AufenthG). Im Rahmen der Amtshilfe bedient sich die Ausländerbehörde der Landespolizei, um die Rückführungen durchzuführen. Es stellt sich die Frage, welche Veränderungen in der Abschiebepraxis Hamburgs geplant sind. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Wie viele Ausländer ohne Bleibeperspektive leben aktuell in Hamburg? Bitte nach Männern, Frauen und Kindern aufschlüsseln. a. Wie hat sich die Anzahl seit Januar 2015 entwickelt? Bitte nach Monaten aufschlüsseln. Die „Bleibeperspektive“ stellt ein statistisch nicht erfassbares Merkmal dar. Eine mögliche Bleibeperspektive resultiert stets aus dem individuellen Einzelfall unter Betrachtung der Gesamtumstände sowie der Rechtslage zu einem bestimmten Zeitpunkt. Auswertbar erfasst wird eine bestehende Ausreisepflicht. Zu den im Ausländerzentralregister (AZR) enthaltenen ausreisepflichtigen Personen siehe Drs. 21/12359. b. In welcher Höhe sind für diesen Personenkreis bereits Integrationskosten entstanden (beispielsweise Sprache, Schule et cetera)? Zu den flüchtlingsbedingten Kosten und dem nicht in allen Bereichen feststellbaren Nachweis des Flüchtlingsbezugs siehe zuletzt Drs. 21/12244. Die für den hier angesprochenen Personenkreis entstandenen Integrationskosten werden statistisch nicht erfasst und sind daher im Sinne der Fragestellung nicht darstellbar. c. Wie viele Personen können nicht abgeschoben werden, weil sie nicht im Besitz von Identifikationspapieren sind? Bitte ab 2015 darstellen und nach dem jeweiligem Herkunftsland. Welche Aufenthaltsdauer ? Die Angaben für das Jahr 2015 bezogen auf die Hauptduldungsländer sind in der Anlage dargestellt. Hinsichtlich der Angaben für den Zeitraum 2016 bis heute wird auf die Drs. 21/3227, 21/3646, 21/4401, 21/4921, 21/5358, 21/5334, 21/5621, 21/5982, 21/6368, 21/6897, 21/7269, 21/7604, 21/8017, 21/8375, 21/8752, 21/9195, 21/9472, Drucksache 21/12413 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 21/9896, 21/10092, 21/10400, 21/10677, 21/11001, 21/11394, 21/11650, 21/12199 und 21/12359 verwiesen. Angaben zur Aufenthaltsdauer lassen sich der AZR-Statistik nicht entnehmen. d. Wie viele Ausländer leben aktuell im Kirchenasyl? Wie hat sich die Zahl seit 2015 entwickelt? Aktuell sind der zuständigen Behörde 43 Kirchenasylfälle bekannt. Eine (monatliche) statistische Erfassung dieser Fälle durch die Ausländerabteilung des Einwohner- Zentralamtes erfolgt nicht. Im Übrigen siehe Drs. 21/4785, 21/7646 und 21/11594. 2. Ist dem Senat bekannt, wie viele Ausländer schätzungsweise illegal in Hamburg leben? Bitte nach Männern, Frauen und Kindern aufschlüsseln . a. Wie hat sich die Zahl seit 2015 entwickelt? Zu den ausreisepflichtigen Personen siehe Antwort zu 1. Darüber hinaus halten sich in Hamburg Personen unerlaubt auf, die sich einer behördlichen Registrierung entziehen und zu deren Zahl den Behörden deshalb naturgemäß keine belastbaren Angaben möglich sind. Auch der Polizei Hamburg liegen keine Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung vor. b. Mit welchen Handlungskonzepten sollen die jeweilige Personengruppen erreicht werden? Die Polizei prüft im Rahmen von Personenkontrollen aus verschiedensten Anlässen bei ausländischen Staatsangehörigen stets auch die Gültigkeit von Aufenthaltspapieren . Soweit sich hierbei der Verdacht eines illegalen Aufenthaltes ergibt, wird ein Ermittlungsverfahren eingeleitet und die Ausländerbehörde informiert. Soweit die Personen ausländerrechtlich noch nicht erfasst sind oder zur Abschiebung ausgeschrieben sind, werden sie der Ausländerbehörde zugeführt. Darüber hinaus gibt es ein Informationsangebot der Ausländerbehörde, in dem ausreisewillige Personen ohne zukünftigen Aufenthalt auf mögliche Unterstützungs- und Förderleistungen bei einer freiwilligen Ausreise hingewiesen werden. 3. Wie viele gescheiterte Rückführungsversuche gab es seit 2015 bis heute ? Bitte nach Monaten aufschlüsseln. Die Zahl der nicht vollzogenen Rückführungen für den Zeitraum Januar bis April 2015 ist der folgenden Übersicht zu entnehmen. Für den Zeitraum ab Mai 2015 siehe Drs. 21/681, 21/1001, 21/1271, 21/1568, 21/1906, 21/3323, 21/2599, 21/2837, 21/3227, 21/3646, 21/3915, 21/4293, 21/4734, 21/5124, 24/5453, 21/5812, 21/6222, 21/6544, 21/7162, 21/7420, 21/7828, 21/8192, 21/8557, 21/8934, 21/9357, 21/9757, 21/10092, 21/10400, 21/10677, 21/11001, 21/11394, 21/11650, 21/12037 und 21/12359. Monat nicht vollzogene Rückführungen Januar 2015 91 Februar 2015 81 März 2015 103 April 2015 102 a. Was unternimmt der Senat, wenn Ausländer am geplanten Rückführungstermin nicht angetroffen werden? Siehe Drs. 21/9975. b. Woran scheitern die Rückführungsmaßnahmen (beispielsweise nicht antreffen am Wohnort, Krankheit et cetera)? Bitte nach Gründen und Zielländern aufschlüsseln. Die Gründe, die zum Nichtvollzug einer Maßnahme führen, werden erst seit Mai 2015 erfasst. Siehe dazu Antwort zu 3. Die Erfassung erfolgt nicht zielstaatsbezogen. Eine nachträgliche händische Auswertung aller Vorgänge seit 2015 ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich . Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/12413 3 c. Welche Maßnahmen ergreift der Senat, um die Rückführung dennoch zu ermöglichen? Gibt es so etwas wie ein „Suchregister“ oder Ähnliches? Siehe Antwort zu 3. a. 4. Wie viele erfolgreiche sowie abgebrochene Abschiebemaßnahmen erfolgten seit dem 01.01.2017 mit Unterstützung der Hamburger Polizei? Bitte nach Monaten aufschlüsseln. Bis September 2017 wurde grundsätzlich jede Maßnahme durch Kräfte der Polizei begleitet. Seit Oktober 2017 werden Personen, die nach der Dublin-III-Verordnung überstellt werden sollen, beim ersten Versuch per Meldeauflage vorgeladen. Hier erfolgt der Transport ohne Unterstützung der Polizei. Die Dienststelle des Landeskriminalamtes für Operative Maßnahmen und Rückführungen (LKA 26/OM) ist im Sinne der Fragestellung ausschließlich unterstützend im Rahmen der Amtshilfe für das Einwohnerzentralamt tätig. Die Anzahl der vom LKA 26/OM unterstützten Abschiebemaßnahmen ist in der nachstehenden Tabelle aufgeführt : Monat Anzahl 1/2017 42 2/2017 34 3/2017 31 4/2017 24 5/2017 27 6/2017 15 7/2017 26 8/2017 38 9/2017 18 10/2017 20 11/2017 32 12/2017 25 1/2018 39 2/2018 29 Gesamtzahl 400 Im Übrigen erfolgt keine darüber hinausgehende statistische Erfassung, die eine weitere Differenzierung nach erfolgreichen und abgebrochenen Maßnahmen zuließe. Eine nachträgliche händische Auswertung aller Maßnahmen aus 2017 ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. 5. Welche Prognose hat der Senat bezüglich der Entwicklung der Amtshilfeersuchen an die Hamburger Polizei für das Jahr 2018? Die Entwicklung von Art und Umfang der Amtshilfeersuchen ist abhängig von den Umständen der jeweiligen Abschiebungsmaßnahmen, die heute nicht verlässlich prognostiziert werden können. Unter anderem sind vom Bundesinnenminister angekündigte , bisher aber nicht konkretisierte Vorhaben in ihrer konkreten Umsetzung nicht absehbar. 6. Welche Arten von Rückführungen (Flug, Bus et cetera) finden seit 2015 von Hamburg aus statt? Aus Hamburg finden Abschiebungen sowohl auf dem Luft- als auch auf dem Landweg (Bus und Pkw) statt. Für Abschiebungen nach Skandinavien werden Personen auch bis zur nächsten Fähre transportiert. a. Wie berechnen sich die Kosten für die jeweilige Rückführungsart (Begleitkosten, Flugtickets in die sechs häufigsten Rückführungsländer et cetera)? b. In welcher Höhe entstehen Vorbereitungskosten (beispielsweise Abschiebegewahrsam oder Transportkosten et cetera)? Drucksache 21/12413 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Kosten entstehen sowohl für das eingesetzte Personal, den Transport und die Unterbringung im Ausreisegewahrsam oder in anderen Abschiebungshaftanstalten als auch für die Buchung von Flug- oder Bustickets, Sicherheitsdienst, ärztliche Begleitung, Verpflegung, Handgeld et cetera. Die Kosten sind stets vom Einzelfall und dem Umfang der Maßnahme abhängig. Eine zielstaatsbezogene Erfassung der Kosten erfolgt nicht und ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht ermittelbar. c. In welchem Umfang fanden seit 2015 Abschiebeverfahren gemeinsam mit anderen Bundesländern statt? Beabsichtigt der Senat, die Zusammenarbeit künftig zu intensivieren? Hamburg beteiligt sich regelmäßig an Chartermaßnahmen anderer Länder. Eine statistische Erfassung dieser Maßnahmen erfolgt nicht. Eine entsprechende händische Auswertung aller Maßnahmen seit 2015 ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Eine weitere Intensivierung der Zusammenarbeit ist beabsichtigt. 7. Sind für 2018 personelle oder strukturelle Änderungen im Bereich Rückführungen bei der Ausländerbehörde oder dem zuständigen LKA der Polizei vorgesehen? Wenn ja, welche? Ja, im Einwohner-Zentralamt wird es im Zusammenhang mit dem Inkrafttreten des Abschiebungshaftvollzugsgesetzes und der zukünftigen Nutzung des Ausreisegewahrsams als Abschiebehafteinrichtung organisatorische Änderungen geben, die mit einer Personalaufstockung einhergehen. Bei der Polizei sind für 2018 keine personellen oder strukturellen Änderungen im Bereich des zuständigen LKA vorgesehen. 8. Sind seitens des Senats zukünftig Veränderungen in der Abschiebepraxis Hamburgs geplant? Mit der Inbetriebnahme der Rückführungseinrichtung (bisheriges Ausreisegewahrsam) stehen mehr Möglichkeiten zum Vollzug von Abschiebungshaft zur Verfügung, die zur Sicherung von Abschiebungsmaßnahmen genutzt werden soll. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/12413 5 Anlage Monat G es am t A fg ha ni st an Ä gy pt en R us si sc he F öd er at io n G ha na Se rb ie n M on te ne gr o M az ed on ie n (e he m . ju go sl . R ep .) A se rb ai ds ch an Ira n Tü rk ei Januar 2015 1.556 37 201 123 81 34 62 31 170 46 50 Februar 2015 1.582 42 193 125 79 40 64 28 170 47 55 März 2015 1.613 55 187 120 76 48 63 27 169 48 53 April 2015 1.628 60 188 120 70 46 58 22 165 52 53 Mai 2015 1.637 55 182 117 68 52 58 22 166 48 50 Juni 2015 1.689 51 181 122 70 52 58 30 165 50 51 Juli 2015 1.708 55 171 120 68 61 65 35 159 47 49 August 2015 1.670 57 165 119 68 59 66 35 155 44 48 September 2015 1.705 67 169 121 66 50 65 34 158 45 50 Oktober 2015 1.688 66 172 119 66 52 64 29 159 43 51 November 2015 1.644 61 174 114 67 49 64 33 159 42 53 Dezember 2015 1.646 59 177 115 64 46 68 30 158 42 53