BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/12416 21. Wahlperiode 27.03.18 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Alexander Wolf, Dirk Nockemann und Harald Feineis (AfD) vom 21.03.18 und Antwort des Senats Betr.: Ereignisse rund um die Montags-Demo Am Montag, dem 19.03.2018, fand zum wiederholten Male die Demonstration unter dem Motto „Merkel muss weg“ in Hamburg statt. Wie auch in den vergangenen Wochen gab es gegen diese eine Gegendemonstration. Massive Polizeipräsenz sorgte dafür, dass die Teilnehmer der Demonstrationen weitestgehend nicht aufeinander trafen und der Abend daher einigermaßen friedlich verlief. Dennoch verletzten Gegendemonstranten offenbar mindestens eine Person der „Merkel-muss-weg“-Demo in einer solchen Weise, dass diese im Krankenhaus behandelt werden musste. Weiter sorgten die Gegendemonstranten für ein zweitweises Lahmlegen des Bahnverkehrs rund um den Dammtor- Bahnhof. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Am Montag, 19. März 2018, fanden in der Hamburger Innenstadt zwischen circa 17 Uhr und circa 22 Uhr zeitversetzt insgesamt vier Versammlungen statt, namentlich: 1. Stationäre Versammlung am Dag-Hammarskjöld-Platz unter dem Tenor „Merkel muss weg!“ 2. Aufzug unter dem Tenor „Aufstehen gegen Nazis und Rassisten!“ 3. Aufzug unter dem Tenor „Gegen rechte und rassistische Hetze!“ 4. Spontanversammlung mit Teilnehmern aus dem kurdischen Spektrum Zu wesentlichen Einzelheiten von Versammlungen beziehungsweise ihres Verlaufs berichtet die Polizei Hamburg regelmäßig nach Abschluss mit einer ausführlichen Pressemeldung; zu den erfragten Versammlungen unter https://www.presseportal.de/ print/3895579-print.html?type=polizei. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie viele Verletzte hat es rund um die Demonstration gegeben? Wie viele davon mussten im Krankenhaus behandelt werden und wie viele der Verletzten sind jeweils der „Merkel-muss-weg“-Demonstration und wie viele der Gegendemonstration zuzuordnen? Die erfragten Daten werden im Hamburger Einsatzleitsystem (HELS) statistisch nicht erfasst. Eine Abfrage mit insgesamt acht im Rahmen der Versammlungsanmeldungen relevanten Straßennamen beziehungsweise Örtlichkeiten ergab, dass am 19. März 2018 zwei Personen im Bereich des Demonstrationsraumes von dem Rettungsdienst in ein Krankenhaus befördert wurden. Drucksache 21/12416 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 2. Von welcher Seite („Merkel-muss-weg“-Demo oder Gegendemonstration ) gingen welche von der Polizei registrierten Gewalttätigkeiten aus? Siehe Vorbemerkung. 3. Kam es zu auch zu Gewalttätigkeiten, Widerstandshandlungen oder Beleidigungen gegenüber der Polizei beziehungsweise einzelnen Polizisten ? Wenn ja, von welcher Seite gingen diese aus? 4. Wurden im Rahmen der Demonstration und der Gegendemonstration Straftaten begangen? Wenn ja, welche und von welcher Seite? 5. Laufen in der Folge Ermittlungsverfahren? Wenn ja, wegen welcher Taten und welcher Seite werden die Tatverdächtigen zugeordnet? Die nachfolgenden Straftaten beziehungsweise Tatverdächtigen sind derzeit (Stand 22. März 2018) polizeilich erfasst: 1) Eine gefährliche Körperverletzung gemäß §§ 223, 224 Strafgesetzbuch (StGB) zum Nachteil eines ehemaligen Versammlungsteilnehmers der „Merkel-mussweg “-Demonstration kann zwei Teilnehmern der Versammlung „Gegen rechte und rassistische Hetze!“ zugeordnet werden. Der Geschädigte entfernte sich unerkannt . 2) Beim späteren Einschreiten eines Polizeibeamten beging einer der Tatverdächtigen zudem einen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte gemäß § 113 StGB und eine versuchte Körperverletzung gemäß §§ 223, 23 StGB. 3) Während der Versammlungen begingen unbekannte Täter eine Körperverletzung gemäß § 223 StGB zum Nachteil eines Teilnehmers der Gegendemonstration. 4) Ebenfalls unbekannte Täter begingen eine gefährliche Körperverletzung gemäß §§ 223, 224 StGB zum Nachteil eines ehemaligen Versammlungsteilnehmers der Versammlung „Merkel-muss-weg!“ während der Abreise. Der Geschädigte wurde in ein Krankenhaus befördert. 5) Teilnehmer der Gegendemonstration begingen zudem Verunglimpfungen des Staates und seiner Symbole gemäß § 90a StGB sowie eine Sachbeschädigung gemäß § 303 StGB. In allen Fällen wurden Ermittlungsverfahren eingeleitet. Im Übrigen siehe Vorbemerkung . 6. Welches sind die Anmelder der Gegendemonstrationen gewesen? Siehe Vorbemerkung. 7. Laufen gegen diese strafrechtliche Ermittlungen? Entsprechende Erkenntnisse liegen derzeit nicht vor. 8. Für welchen Ort genehmigte die zuständige Behörde die Gegendemonstration ? Versammlungen bedürfen keiner Genehmigung. 9. Was veranlasste die Behörde, trotz bekannter Gewaltbereitschaft einiger Gegendemonstranten, die Gegendemonstration in unmittelbarer Nähe zur „Merkel-muss-weg“-Demonstration zu genehmigen? Gab es Überlegungen , die Gegendemonstration an einem entfernteren Ort zu genehmigen ? Veranstalter von Versammlungen können für die Durchführung die Gestaltungsfreiheit des Artikels 8 Absatz 1 Grundgesetz in Anspruch nehmen und hierbei unter anderem Ort und Zeit bestimmen. Nach § 15 Absatz 1 Versammlungsgesetz kann die zuständi- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/12416 3 ge Behörde eine Versammlung von bestimmten Auflagen abhängig machen, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung unmittelbar gefährdet ist. Diese erkennbaren Umstände lagen bei den in Rede stehenden Versammlungen nicht vor. 10. Wer ist für die Blockade der Gleise verantwortlich gewesen und wie viele Züge hatten dadurch Verspätung beziehungsweise fielen aus? 11. Sind wegen der Gleisblockaden Ermittlungsverfahren eingeleitet worden ? Wenn ja, wie viele, wenn nein, warum nicht? Die Bundespolizei veranlasste im Rahmen ihrer Maßnahmen am Dammtorbahnhof eine Streckensperrung. Auf Anfragen an die Bundespolizei im Zusammenhang mit Parlamentarischen Anfragen der Hamburgischen Bürgerschaft wird regelmäßig mitgeteilt , dass ihre Tätigkeit ausschließlich dem Kontroll- und damit korrespondierenden Fragerecht des Deutschen Bundestages unterliege. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 12. Der Senat hat vor einer Teilnahme an der Kundgebung „Merkel-mussweg “ mit dem Hinweis gewarnt, dort würden auch Rechtsextremisten und Nazis teilnehmen. Wie hoch schätzt der Senat den Anteil derartiger Personen (Nazis und Rechtsextreme) an der Gesamtzahl der Teilnehmer dieser Kundgebung ein? Inzwischen haben mehrere derartige Kundgebungen stattgefunden; Zahl und Zusammensetzung der Teilnehmer variieren. Die Sicherheitsbehörden betrachten und differenzieren regelmäßig, etwa hinsichtlich der jeweiligen Teilnehmer, Redner oder Initiatoren ; zuletzt unter http://www.hamburg.de/innenbehoerde/schlagzeilen/10690368/ auch-reichsbuerger-unter-den-versammlungsteilnehmern/. 13. Teilt der Senat die Auffassung, dass durch derartige Warnungen der Anteil der bürgerlichen Kundgebungsteilnehmer abnimmt? Das parlamentarische Fragerecht umfasst einen Anspruch auf Auskünfte, nicht jedoch auf meinungsbildende Stellungnahmen (vergleiche ThürVerfGH, Urt. vom 19.12.2008 – 35/07 –, juris Rn. 177), von denen der Senat deshalb auch im vorliegenden Fall absieht. Dies schließt die Stellungnahme zu referierten Meinungen oder Hypothesen ein. 14. Beabsichtigt der Senat, dass durch derartige Warnungen der Anteil bürgerlicher Teilnehmer abnimmt? Die Sicherheitsbehörden, insbesondere das Landesamt für Verfassungsschutz, folgen im erfragten Zusammenhang ihrem gesetzlichen Auftrag zur Information und Beratung der Öffentlichkeit.