BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/12423 21. Wahlperiode 27.03.18 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Stephan Gamm und Michael Westenberger (CDU) vom 21.03.18 und Antwort des Senats Betr.: Hamburger Wirtschaftsförderung für Unternehmensansiedlung – Auch eine Hilfe für alteingesessene Kleinunternehmen wie Fische Faerber in Barmbek? Die Hamburger Wirtschaftsförderung wird seit einiger Zeit durch die städtische Wirtschaftsförderungsgesellschaft Hamburg Invest und zuvor durch die Hamburgische Wirtschaftsförderung (HWF) organisiert. Dabei ist sie auch für Kleinbetriebe zuständig. Kleinbetriebe wie zum Beispiel das Fischgeschäft Faerber, das 73 Jahre lang auf einer Pachtfläche an der Fuhlsbüttler Straße ansässig war. Die städtische Pachtfläche soll jetzt durch einen Investor mit einem Hotel bebaut werden. Die bisherigen Betreiber müssen das Nachkriegsgebäude jetzt selbst abreißen. Auf der Suche nach einem neuen Standort hat sich der bisherige Pächter auch an die Hamburger Wirtschaftsförderung gewandt und die Empfehlung erhalten, mit einem Fahrrad doch mal durch den Stadtteil zu fahren. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Neben nationalen und internationalen Ansiedlungen unterstützt die HIW Hamburg Invest Wirtschaftsförderungsgesellschaft mbH (HIW) als One-Stop-Agency die Unternehmen der Hamburger Wirtschaft. Bei der Vergabe von städtischen Flächen prüft die HIW, ob die Kriterien der Wirtschaftsförderung erfüllt werden und ob das Transparenzgebot eingehalten wird. Auch wenn städtische Flächen in der Regel nicht an Einzelhandelsunternehmen vergeben werden, stehen die Akteurinnen und Akteure der städtischen Wirtschaftsförderung, vor allem die bezirkliche Wirtschaftsförderung und die HIW, diesen Unternehmen auch in Flächenfragen beratend zur Verfügung. Das Unternehmen Fische Faerber wurde ebenso beratend unterstützt: Die HIW wurde von einem beauftragten Makler des Unternehmens kontaktiert, sodass eine Flächenrecherche nach privaten Gewerbeflächen durchgeführt werden konnte. Einen direkten Kontakt zwischen dem Unternehmen und der HIW hat es nicht gegeben. Nach Aufnahme der Suchparameter erfolgte die Prüfung gemäß Wirtschaftsförderungskriterien. Diese Prüfung lieferte keine geeignete Fläche. Zusätzlich wurde der Makler auf Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner des privaten Immobilienmarktes hingewiesen. Darüber hinaus wurden die Kontakte zu den Verwalterinnen und Verwaltern städtischer Immobilien (Sprinkenhof GmbH, Gladigau) übermittelt. Neben der HIW war auch die bezirkliche Wirtschaftsförderung mit der Flächensuche befasst und hat aktiv das unmittelbare und auch weitere Umfeld des Barmbeker Bahnhofs betrachtet. Darüber hinaus haben sowohl der Erwerber der Fläche als auch der Sanierungsträger das Unternehmen bei der Suche nach einem Ersatzstandort unterstützt. Aufgrund der üblichen Nachfrage beim Makler hat die HIW die Information erhalten, dass der Kunde inzwischen eine Fläche gefunden habe. Drucksache 21/12423 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die HIW mit der Immobiliendatenbank HDB (www.hdb-hamburg.de) eine Plattform unterhält, auf der private Eigentümerinnen und Eigentümer und Vermittlerinnen und Vermittler gewerbliche Angebote einstellen können, sodass hierdurch auch Unternehmen bei der Flächensuche unterstützt werden, die den vorgegebenen Wirtschaftsförderungskriterien nicht entsprechen. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen, teilweise auf der Grundlage von Auskünften der HIW Hamburg Invest Wirtschaftsförderungsgesellschaft mbH (HIW), wie folgt: 1. Seit wann wurde der Firma Fische Faerber die Fläche an der Fuhlsbüttler Straße verpachtet? Fische Faerber war seit 1961 Mieter der Fläche. 2. Was waren die Bedingungen für die Verpachtung der Fläche einschließlich vereinbarter Kündigungsfristen? Das Grundstück wurde zu gewerblichen Zwecken mit der üblichen Kündigungsfrist von drei Monaten vermietet. Darüber hinaus äußert sich die zuständige Behörde mit Blick auf ihre Verhandlungsposition sowie zur Wahrung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse seiner Vertragspartner in ständiger Praxis grundsätzlich nicht zu Einzelheiten von Mietverträgen. 3. Inwieweit wurden die Bedingungen für die Verpachtung im Verlauf der Vertragsdauer geändert? Es ist ein Sonderkündigungsrecht für die Bebauung des Grundstücks nach geltendem Bebauungsplan vereinbart worden. 4. Wann wurde die Firma Fische Faerber über das Ende des Pachtvertrages informiert und zu wann endete beziehungsweise endet der Pachtvertrag ? Der Erwerber hat mit dem Eigentumsübergang am 31. Oktober 2017 die Mietverträge auf dem Grundstück übernommen. Die Mieter wurden mit Schreiben vom 7. Juni 2017 über den Verkauf des Grundstücks informiert. Der Mietvertrag wurde vom Käufer mit Wirkung zum 28. Februar 2018 gekündigt. 5. Welche Forderungen stellt die Stadt an die Firma Fische Faerber im Zusammenhang mit der Beendigung des Pachtverhältnisses? Keine. 6. Welche Zeitspanne bestand zwischen Mitteilung des Endes des Pachtvertrages und dem Zeitpunkt der endgültigen Räumung der Pachtfläche? Der Zeitpunkt der Räumung ist den zuständigen Behörden nicht bekannt, da dieser vom Käufer festgelegt wurde. 7. Welche weiteren Flächen werden im Zusammenhang mit dem geplanten Hotelneubau an der Stelle ebenfalls gekündigt? 8. Seit wann ist den weiteren Mietern beziehungsweise Pächtern das Ende der Vertragslaufzeit bekannt und zu wann wurden beziehungsweise werden entsprechende Nachbarflächen geräumt? Den zuständigen Behörden liegen hierzu keine Informationen vor. Im Übrigen siehe Antwort zu 4. 9. Gehört es zum Empfehlungsrepertoire der Hamburger Wirtschaftsförderung beziehungsweise der HIW Hamburg Invest Wirtschaftsförderungsgesellschaft mbH, Kleinunternehmern, die über Jahrzehnte im Vertragsverhältnis mit der Stadt standen, im Falle eines Vertragsendes und der Suche nach einer Ersatzbelegenheit zu empfehlen, sich mit dem Fahrrad auf die Suche zu machen? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/12423 3 10. Welche weiteren Hilfen, außer der unter Frage 9. erwähnten, wurden durch die HWF beziehungsweise Hamburg Invest der Firma Fische Faerber bei der Suche nach einer Ersatzbelegenheit entgegengebracht? Siehe Vorbemerkung. 11. Wie viele weitere Pachtflächen aus den Nachkriegsjahren im Stil der Flächen an der Fuhlsbüttler Straße (Fische Faerber) gibt es noch in Hamburg? (Bitte den jetzigen Bestand sowie die Entwicklung seit 2011 angeben.) 12. Wie viele derartige Verträge sind seit 2011 ausgelaufen beziehungsweise gekündigt worden? (Bitte pro Jahr angeben.) 13. In wie vielen Fällen fand die Kündigung jeweils durch a) die Stadt, b) den Pächter oder Mieter, c) durch Zeitablauf alter Verträge statt? 14. Wie viele neue Nutzungen wurden für derartige Flächen seit 2011 neu vertraglich abgeschlossen? In wie vielen Fällen liegt den Verträgen eine zeitliche Befristung vor? Die erfragten Daten werden statistisch nicht gesondert erfasst. Für eine manuelle Auswertung wäre die Prüfung der Unterlagen aller 3.478 Vertragsverhältnisse des Landesbetriebs Immobilienmanagement und Grundvermögen (LIG) erforderlich, was in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich ist. 15. Welche genaue Nutzung ist zukünftig für die Fläche an der Fuhlsbüttler Straße vorgesehen? Die Fläche ist von der Freien und Hansestadt Hamburg verkauft worden und wird mit einem Hotel bebaut. 16. Kam beziehungsweise kommt bei der Ansiedlung einer neuen Nutzung auf der Fläche die Senatsdrs. 2013/00545 (Kriterien für die Vergabe städtischer Gewerbe- und Industrieflächen) zum Einsatz? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, wann wurde die Fläche ausgeschrieben? Wie viele Bewerber gab es für die Fläche? Welche Punkte haben die Bewerber für ihre Vorhaben entsprechend der Vergabekriterien (Punkt 2.5 der Senatsdrs. 2013/00545) jeweils erhalten? 17. In welcher Form wurde dem Transparenzgebot aus Punkt 1.2 der Senatsdrs. 2013/00545 Rechnung getragen? 18. Sollte es bei der Vergabe zu Abweichungen zum Verfahren nach Senatsdrs. 2013/00545 gekommen sein, warum kam es zu einer anderen Vorgehensweise und wie sah diese im Detail aus? Nein. Aufgrund der Größe und Lage war die Fläche nur zur Arrondierung geeignet und wurde entsprechend vergeben. 19. In wie vielen Fällen kam es seit Beschluss der Senatsdrs. 2013/00545 zur Anwendung dieser Kriterien? In wie vielen Fällen wurde von der eigentlich vorgesehenen Anwendung der Vergabekriterien aus welchen Gründen abgesehen? (Bitte jährliche Zahlen seit Beschluss über die Senatsdrucksache.) 20. In wie vielen Fällen kam es zu einer Direktvergabe im Sinne von Punkt 1.3 der Senatsdrucksache und in wie vielen Fällen fanden Vergaben ohne Direktvergabe im Sinne des Punktes 1.3 statt? (Bitte jährliche Zahlen seit Beschluss über die Senatsdrucksache.) Drucksache 21/12423 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 21. In welchem Umfang wurden seit 2011 jährlich Flächen nach Punkt 3.1 der Senatsdrucksache aus der Wirtschaftsförderungsbindung entlassen und im Gebotsverfahren an den Markt gebracht? In welchem Verhältnis stehen diese Flächen zu den im jeweiligen Jahr insgesamt in der Gewerbeflächenvergabe befindlichen Flächen sowie zu den insgesamt vergebenen Flächen? Verkäufe und Erbbaurecht-Bestellung an Wirtschaftsförderungsnutzerinnen und -nutzer von März 2013 bis 31. Dezember 2017: Verkäufe Erbbaurecht-Bestellungen Gesamt 2013 13 1 14 2014 14 0 14 2015 25 0 25 2016 13 1 14 2017 14 1 15 Darüber hinaus werden die erfragten Daten nicht gesondert statistisch erfasst. Für eine manuelle Auswertung ist eine Prüfung aller 190 Fälle der letzten fünf Jahre erforderlich , was in der für die Beantwortung einer Schriftlichen Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich ist. 22. Wie beurteilt der Senat insgesamt die Anwendungserfahrungen der Kriterien für die Vergabe städtischer Gewerbe- und Industrieflächen? Die im Jahr 2013 neu formulierten Kriterien haben sich bewährt, zumal sie bereits zu diesem frühen Zeitpunkt unter anderem die Förderung von innovativen Unternehmen ermöglicht haben. Hervorzuheben ist zudem, dass die Benennung eines Anwendungsbereichs einen klaren und eindeutigen Rahmen gesetzt hat, welche Branchen nicht im Rahmen einer Direktvergabe von städtischen Flächen zu berücksichtigen sind. 23. Wie hat der Senat bei der Vergabe von Immobilien das Transparenzgebot seit 2011 erfüllt? In wie vielen Fällen wurde von dem Transparenzgebot bei der Vergabe städtischer Immobilien abgesehen und was waren dafür die jeweiligen Gründe? Hierzu liegen keine Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung vor. 24. Wann ist mit dem Ergebnis der Überprüfung der Senatsdrs. 2013/00545 im Sinne von Punkt 4. der Drucksache zu rechnen und wann wird der Senat dieses Ergebnis der Bürgerschaft vorlegen? Eine erste Überprüfung soll nach fünf Jahren erfolgen, das heißt zum Ende des Jahres 2018. 25. In wie vielen Fällen kam es bei der a) Ansiedlung und b) Umsiedlung von Kleinbetrieben zur Mitarbeit der HWF beziehungsweise von Hamburg Invest? In wie vielen Fällen konnte keine erfolgreiche An- beziehungsweise Umsiedlung erreicht werden? (Bitte Zahlen für die Jahre seit 2011 getrennt angeben.) Anzahl Umsiedlungen Anzahl Ansiedlungen 2011 5 60 2012 6 61 2013 3 59 2014 5 54 2015 10 56 2016 3 54 2017 8 49 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/12423 5 Die HIW hat seit dem Jahr 2011 folgende Ansiedlungen und Umsiedlungen betreut, bei denen die Unternehmen maximal fünf Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter hatten. Nicht erfolgte An- beziehungsweise Umsiedlungen werden nicht erhoben, da solche nur durch personalintensive Nachfassaktionen erhoben werden können. 26. Wie hoch war der durchschnittliche finanzielle Einsatz der HWF beziehungsweise von Hamburg Invest bei den Aufgabenerfüllungen im Sinne der Aufgaben aus Frage 25.? 27. Wie verteilt sich der Aufwand der HWF beziehungsweise von Hamburg Invest auf die Größenklassen Kleinunternehmen (wie Fische Faerber), KMU und Großunternehmen hinsichtlich der Faktoren Zeit- beziehungsweise Arbeitseinsatz durch die jeweiligen Mitarbeiter und erbrachte Fördermittel in den Jahren 2012 bis Ende 2017? Die Betreuung aller anfragenden Unternehmen durch die HIW erfolgt unabhängig von ihrer Unternehmensgröße. Der Aufwand der Betreuung richtet sich nicht nach der Unternehmensgröße, sondern nach der Komplexität der Aufgabenstellung. Eine Zeiterfassung hinsichtlich der Betreuung einzelner Unternehmen erfolgt nicht. Die HIW ist bemüht, allen anfragenden Unternehmen konkrete Hilfestellung zu leisten. Die finanzielle Förderung von Unternehmen ist keine Aufgabe der HIW, sondern der Investitionsförderbank (IFB). 28. Wie hoch ist die Anzahl von Betrieben und Unternehmen (gemäß der Kategorisierung in Frage 27.), die mit einem konkreten Hilfegesuch an die HWF beziehungsweise die Hamburg Invest herangetreten sind (in den Jahren 2012 bis Ende 2017)? Beim Erstkontakt mit Unternehmen werden keine statistischen Angaben zum Unternehmen erhoben, sondern nur Ansprechpartnerin oder Ansprechpartner und die Fragestellung . Die HIW geht davon aus, dass es sich bei den betreuten Unternehmen größtenteils um kleine und mittlere Unternehmen handelt. 29. Wie vielen der unter Frage 28. genannten Betriebe und Unternehmen konnte die HWF beziehungsweise die Hamburg Invest dabei eine konkrete Hilfestellung leisten (zum Beispiel in Form von aktiver Unterstützung bei der Suche nach neuen Standorten, bei der Klärung gesetzlicher oder regulatorischer Hürden oder bei der Inanspruchnahme von Fördergeldern )? Siehe Antwort zu 27.