BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/1243 21. Wahlperiode 14.08.15 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Cansu Özdemir (DIE LINKE) vom 06.08.15 und Antwort des Senats Betr.: Neuvermietung von Wohnungen an Wohnungslose Der Zugang zum bestehenden Wohnungsbestand erschwert sich für Wohnungslose immer mehr. Von den insgesamt circa 9.000 Neuvermietungen bei der SAGA GWG pro Jahr gehen – gemessen am Bedarf – offenbar zu wenige Wohnungen an vordringlich Wohnungssuchende. Der Kooperationsvertrag zwischen der Stadt Hamburg und SAGA GWG sowie anderen Wohnungsunternehmen sieht vor, 1.700 Wohnungen pro Jahr an vordringlich Wohnungssuchende zu vermieten. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Wie viele Wohnberechtigungsscheine wurden im Zeitraum Januar 2014 bis Juli 2015 ausgegeben, wie viele davon waren Dringlichkeitsscheine für vordringlich Wohnungssuchende? Bitte nach den einzelnen Monaten auflisten. 2. Wie hat sich die Versorgungsquote für die beiden Gruppen im betreffenden Zeitraum entwickelt? Jahr Wohnberechtigungsscheine 1) Erteilte Scheine vergebene Wohnungen Versorgungsquote in % 2014 13.424 3.005 22,4 1. Halbjahr 2015 6.674 1.660 24,9 Quelle: Bezirksämter; eigene Berechnungen der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen 1) Versorgungsquote = Verhältnis der untergebrachten Haushalte zu den erteilten Wohnberechtigungsscheinen ; in den mit Wohnraum versorgten Fällen sind jedoch auch Wohnungssuchende enthalten, deren Wohnberechtigungsschein aus dem Jahr davor stammt. Diese Haushalte versorgen sich grundsätzlich auch im ungebundenen Wohnungsbestand mit Wohnraum und werden dann von der Statistik nicht erfasst. Jahr Dringlichkeitsbescheinigungen 1, 2 ) anerkannte Fälle vergebene Wohnungen Versorgungsquote in % 2014 6.713 1.765 26,3 1. Halbjahr 2015 3.042 755 24,8 Quelle: Bezirksämter; eigene Berechnungen der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen Drucksache 21/1243 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 2) anerkannte Dringlichkeitsfälle nach Teil I der Fachanweisung nach § 45 Absatz 2, 3 Bezirksverwaltungsgesetz über die Versorgung von vordringlich Wohnungsuchenden mit Wohnraum. Jahr Dringlichkeitsbestätigungen 1, 3) anerkannte Fälle vergebene Wohnungen Versorgungsquote in % 2014 1.757 1.143 65,1 1. Halbjahr 2015 1.126 671 59,6 Quelle: Bezirksämter; eigene Berechnungen der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen 3) anerkannte Dringlichkeitsfälle (erteilte Dringlichkeitsbestätigungen) nach Teil II der Fachanweisung nach § 45 Absatz 2, 3 Bezirksverwaltungsgesetz über die Versorgung von vordringlich Wohnungsuchenden mit Wohnraum. Die Daten werden nicht nach einzelnen Monaten differenziert erfasst. Eine händische Auszählung anhand der Unterlagen aller über 32.700 Vorgänge ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. 3. Wie viele Neuvermietungen bei der SAGA GWG haben im Zeitraum Januar 2014 bis Juli 2015 stattgefunden? Zeitraum Vermietungen 2014 8.976 01.01.2015 - 30.06.2015 4.838 Quelle: SAGA GWG Eine Auswertung für Juli 2015 ist noch nicht möglich. 4. Wie viele dieser Wohnungen wurden dabei an Menschen mit Wohnberechtigungsscheinen , wie viele an vordringlich Wohnungssuchende vermietet ? Zeitraum Vermietungen Besitzer eines sog. § 5-Scheins Bezugsberechtigte für einen sog. § 5- Schein Besitzer einer Dringlichkeitsbestätigung Besitzer eines Dringlichkeitsscheins 2014 1.011 1.246 894 933 01.01.2015 - 30.06.2015 830 672 449 489 Quelle: SAGA GWG Eine Auswertung für Juli 2015 ist zurzeit noch nicht möglich. 5. Wie viele der Neuvermietungen gingen seit Januar 2014 an Wohnungsund Obdachlose? Bitte nach den einzelnen Monaten aufschlüsseln. Neuvermietungen an Besitzer einer Dringlichkeitsbestätigung 3) Zeitraum Jan Feb Mrz Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez Gesamt 2014 57 78 72 73 67 60 85 79 82 80 83 78 894 01.01.2015 - 30.06.2015 70 80 78 73 80 68 - - - - - - 449 Quelle: SAGA GWG Eine Auswertung für Juli 2015 ist noch nicht möglich. 6. Gilt die Zielzahl von 1.700 Wohneinheiten der SAGA GWG für vordringlich Wohnungssuchende bereits für das laufende Jahr 2015? Wenn nein, bis wann soll diese Zielzahl umgesetzt werden und wie wird das gewährleistet? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/1243 3 Ja. Laut Kooperationsvertrag versorgt SAGA GWG jährlich insgesamt 3.000 sozialwohnungsberechtigte Haushalte mit Wohnraum. Mindestens 1.700 dieser 3.000 Haushalte müssen anerkannt vordringlich Wohnungssuchende sein. 7. Angesichts der geringen Versorgungsquote und der wachsenden Obdach- und Wohnungslosigkeit in der Stadt: Wie begründet der Senat die Begrenzung der oben angeführten Quote auf 1.700 Wohneinheiten und was soll nach seiner Auffassung mit den anderen, vordringlich Wohnungssuchenden passieren? SAGA GWG trägt entscheidend zur Versorgung von Hamburger Haushalten mit mittleren und niedrigen Einkommen bei. Die vereinbarten Versorgungsverpflichtungen wurden von SAGA GWG im Jahre 2014 übererfüllt. Darüber hinaus werden mit Wohnungsunternehmen beziehungsweise Wohnungsgenossenschaften Kooperationsverträge geschlossen, die – unabhängig vom Bestand der gebundenen Wohnungen der Unternehmen – eine feste Quote zur Versorgung von vordringlich wohnungsuchenden Haushalten vorsehen. Es konnten bereits mit SAGA GWG und fünf Wohnungsgenossenschaften Kooperationsverträge mit festen Versorgungsverpflichtungen unter anderem für anerkannt vordringlich wohnungsuchende Haushalte abgeschlossen werden. Mit zwei weiteren Wohnungsgenossenschaften wird hierüber derzeit noch verhandelt. Mit dem Bürgerschaftlichen Ersuchen Drs. 21/620 hat die Bürgerschaft den Senat ersucht, ein Sofortprogramm für vordringlich Wohnungsuchende zu entwickeln und dazu einen Runden Tisch einzuberufen, der die verschiedenen Maßnahmen des Sofortprogramms diskutiert und vorbereitet. Im Übrigen siehe hierzu Drs. 21/780. Zur Versorgung wohnungsloser Haushalte siehe außerdem Drs. 21/951. Der Senat übernimmt über die Quotenregelung (durch Kooperationsverträge mit SAGA GWG und Wohnungsgenossenschaften) hinaus weitere Anstrengungen zur Verbesserung der Versorgungssituation vordringlich Wohnungssuchender. Im Rahmen der städtischen Grundstückspolitik werden weitere Instrumente genutzt. Derzeit befinden sich beispielsweise drei städtische Grundstücke mit Potenzial für insgesamt etwa 115 Wohnungen ausschließlich für die Zielgruppe Menschen aus öffentlicher Unterbringung in der Ausschreibung. Weitere neun Grundstücksausschreibungen und Vergaben mit dem Potenzial für circa 385 Wohnungen für diese Zielgruppe sind in Vorbereitung. Bei den regelhaften Konzeptausschreibungsverfahren wird lageabhängig grundsätzlich mindestens ein Drittel der Wohneinheiten als öffentlich geförderte Mietwohnungen eingefordert, davon muss wiederum ein Drittel, höchstens jedoch 10 Prozent vom Gesamtvolumen, als Wohnungen für vordringlich Wohnungssuchende bereitgestellt werden. Als weiteres Instrument eröffnet der Senat Wohnungsbaugenossenschaften und größeren bestandshaltenden Wohnungsunternehmen die Möglichkeit , Grundstücke für den geförderten Wohnungsbau von der Freien und Hansestadt Hamburg in der Form der Direktvergabe zum gutachterlich ermittelten Verkehrswert zu erwerben, wenn sie sich im Gegenzug verpflichten, innerhalb eines vereinbarten Zeitraums Wohnraum im Umfang von 33 Prozent der neu zu schaffenden Wohnungen im Bestand Haushalten mit besonders dringendem Unterbringungsbedarf und gesichertem Aufenthaltsstatus zur Verfügung zu stellen.