BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/12434 21. Wahlperiode 29.03.18 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Prof. Dr. Jörn Kruse (AfD) vom 22.03.18 und Antwort des Senats Betr.: Übergriffe auf türkische Einrichtungen in Hamburg Am 20. März 2018 meldete des „Hamburger Abendblatt“, die Anzahl von Übergriffen auf türkische Einrichtungen, wie zum Beispiel Moscheen, Restaurants und Kulturvereine, sei im laufenden Jahr stark angestiegen und liege bereits höher als im gesamten Jahr 2017. Dies – so der Bericht – habe vor allem mit dem Einmarsch der türkischen Streitkräfte in Syrien zu tun, wo diese im Raum Afrin gegen paramilitärische Formationen der Kurden vorgehen. In diesem Zusammenhang seien 2018 bereits insgesamt 37 Fälle aktenkundig geworden, denen lediglich 13 im Vorjahr gegenüberstünden.1 Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Zur Erfassung von Straftaten der Politisch Motivierten Kriminalität (PMK) sowie zu den Auswertemöglichkeiten und deren Grenzen siehe Drs. 21/3165. Für die nachstehenden Ergebnisse ist die Kriminaltaktische Anfrage (KTA) des kriminalpolizeilichen Meldedienstes Politisch Motivierte Kriminalität (KPMD-PMK) als Recherchegrundlage herangezogen worden. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Zu wie vielen Übergriffen gegen türkische Einrichtungen (Moscheen, Restaurants, Kulturvereine, Geschäfte und Bildungsinstitutionen) ist es in den Jahren 2015, 2016, 2017 sowie im 1. Quartal 2018 in Hamburg gekommen? 2. Was hat sich dabei jeweils im Einzelnen zugetragen? Bitte die zugrunde liegenden Sachverhalte schildern. 3. Welche Tätergruppen hat der Senat im Rahmen solcher Übergriffe identifiziert ? 4. In wie vielen Fällen konnten keine Täter ermittelt werden? Die erfragten Sachverhalte werden in den polizeilichen Statistiken nicht erfasst und sind entsprechend nicht elektronisch auszuwerten. Eine Schlagwortrecherche im Kriminalpolizeilichen Meldedienst (KPMD-PMK) mit nachfolgender Überprüfung und Einzelauswertung ermittelter Vorgänge für den erfragten Zeitraum ist aufwändig. Angesichts der für die Beantwortung dieser Schriftlichen Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden, feiertagsbedingt verkürzten Zeit, wird daher nachfolgend das Ergebnis einer Stichprobenauswertung für die Jahre 2017 und 2018 genannt; die Angaben für 2018 sind vorläufig. 1 Confer „Zahl der Übergriffe auf türkische Einrichtung gestiegen“, „Hamburger Abendblatt“. 20.3.2018. Drucksache 21/12434 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Für 2017 wurde jeweils eine Sachbeschädigung durch Steinwürfe zum Nachteil eines türkischen Kulturvereins und eines Gebäudes der apoistischen Jugendinitiative registriert, in einem weiteren Fall meldete das türkische Generalkonsulat den Erhalt eines Briefes mit verdächtigem Pulverinhalt. Für 2018 wurden zwei Sachbeschädigungen durch Steinwürfe zum Nachteil eines türkischen Restaurants, eine Sachbeschädigung durch Steinwürfe zum Nachteil eines türkischen Kulturvereins sowie ein Landfriedensbruch zum Nachteil des türkischen Generalkonsulats registriert. Tatverdächtige konnten bisher in einem, namentlich dem letztgenannten Fall ermittelt werden. 5. In wie vielen Fällen hat es laut Kenntnis des Senats Drohungen gegen türkische Einrichtungen beziehungsweise deren Inhaber/Betreiber gegeben ? 6. Wie viele Fälle sind dem Senat bekannt, bei denen es zu öffentlichen Aufrufen zu Gewalt gegen türkische Einrichtungen gekommen ist? Bitte die zugrunde liegenden Fälle jeweils einzeln beschreiben. Die erfragten Sachverhalte werden in polizeilichen Statistiken nicht gesondert erfasst und sind entsprechend nicht elektronisch auszuwerten. Eine Schlagwortrecherche im KPMD-PMK zu einschlägigen Straftatbeständen (zum Beispiel Bedrohung gemäß § 241 Strafgesetzbuch (StGB) und Öffentliche Aufforderung zu Straftaten gemäß § 111 StGB) mit nachfolgender Überprüfung und Einzelauswertung ermittelter Vorgänge für den erfragten Zeitraum ist aufwändig und ist angesichts der für die Beantwortung dieser Schriftlichen Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden, feiertagsbedingt verkürzten Zeit vorliegend nicht möglich. 7. Wie schätzt der Senat die Bedrohungslage türkischer Einrichtungen in Hamburg gegenwärtig ein? 8. Wie hat sich die Bedrohungslage türkischer Einrichtungen nach Einschätzung des Senats seit dem 1. Januar 2015 bis heute verändert? Gemäß § 4 Hamburgisches Verfassungsschutzgesetz beobachtet das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) Hamburg Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind. Einrichtungen im Sinne der Fragestellung stehen seit Längerem im Fokus extremistischer Gruppierungen, insbesondere aus dem Bereich kurdischer Jugendlicher/Heranwachsender. Im Zusammenhang mit rechtsextremistischen Straftaten der Themenfelder Fremden- und Islamfeindlichkeit besteht generell eine anhaltende, abstrakte Bedrohungslage auch für türkische Einrichtungen. Im Übrigen siehe Verfassungsschutzberichte: http://www.hamburg.de/innenbehoerde/ publikationen-verfassungsschutz/231572/verfassungsschutzberichte-pdf/. Konkrete Gefährdungserkenntnisse im Sinne der Fragestellung liegen dem LfV Hamburg derzeit nicht vor. Nach Einschätzung der Sicherheitsbehörden sind im Zusammenhang mit dem türkischen militärischen Engagement in Nord-Syrien aktuell Graffitis und andere Sachbeschädigungen zum Nachteil türkischer Einrichtungen wahrscheinlich, darüber hinaus sind auch Brandanschläge zum Nachteil staatlicher türkischer Einrichtungen sowie türkischer Kulturvereine und Moscheen, denen eine Nähe zur türkischen Regierung unterstellt wird, nicht auszuschließen. Im Übrigen werden Gefährdungsbewertungen für türkische Einrichtungen anlassbezogen gefertigt; vergleichende Einschätzungen im Sinne der Fragestellung können daher nicht vorgenommen werden. 9. Welche Maßnahmen hat die Stadt Hamburg im besagten Zeitraum zum Schutz türkischer Einrichtungen unternommen? Die Polizei führt für das Generalkonsulat der Türkei und die Residenz der türkischen Generalkonsulin Schutzmaßnahmen durch. Darüber hinaus betrifft die Fragestellung die Einsatztaktik der Polizei, zu der aus grundsätzlichen Erwägungen keine Angaben gemacht werden. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/12434 3 Im Übrigen siehe Drs. 21/12433. 10. Wie hoch beläuft sich nach Kenntnis des Senats der bei Übergriffen gegen türkische Einrichtungen entstandene Sachschaden? Bitte für die Jahre 2015, 2016, 2017 und 2018 beantworten. Die erfragten Sachverhalte werden in polizeilichen Statistiken nicht regelhaft erfasst.