BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/12508 21. Wahlperiode 06.04.18 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Alexander Wolf und Dirk Nockemann (AfD) vom 29.03.18 und Antwort des Senats Betr.: Regierungsfraktionen und die Zweite Bürgermeisterin mit Gewaltbereiten gegen die Meinungsfreiheit Am Montag, dem 26.03.2018, fand zum wiederholten Male eine Demonstration unter dem Motto „Merkel muss weg“ in Hamburg statt. Anmelder dieser Demonstration waren bisher immer Bürger, die zuvor politisch nicht in Erscheinung getreten waren und daher schwerlich einer bestimmten politischen Richtung, geschweige denn einer radikalen oder extremen Strömung zugeordnet werden könnten. Die Demonstration stellt, wie das Motto schon sagt, die Forderung, dass Angela Merkel als Kanzlerin abgelöst werden solle. Dies begründen die Demonstrationsteilnehmer auf ihren Kundgebungen damit, dass unter der Regierung Angela Merkels im Zusammenhang mit der Migrations- und der Eurokrise das Recht verletzt und demokratische Pflichten nicht eingehalten worden seien. Diese Auffassung und die Formulierung derselben sind unzweifelhaft von der Meinungsfreiheit gedeckt und in keinerlei Weise radikal oder extrem. Es ist also eine rechtsstaatliche und demokratische Selbstverständlichkeit, dass eine solche Kundgebung abgehalten werden kann. Von diesen Kundgebungen ist bisher niemals Gewalt ausgegangen. Anders sieht es mit den Gegendemonstrationen aus, die ein massives Polizeiaufgebot notwendig machen, damit andere ihre Grundrechte der Meinungsäußerungs- und Versammlungsfreiheit wahrnehmen können. Von der Gegendemonstration geht regelmäßig Gewalt auch gegen die Polizei aus. Am 19.03.2018 gipfelte diese Gewalt darin, dass ein Teilnehmer der „Merkel-muss-weg“-Demonstration angegriffen und schwer verletzt wurde. Mehrfach schon haben unmittelbar vor diesen „Merkel-muss-weg“-Demonstrationen namhafte Vertreter der Hamburgischen Politik und der Sicherheitsbehörden die Bürger vor einer Teilnahme gewarnt. Vor der Demonstration am 12.03.2018 hatte Innensenator Grote gesagt, wer bei der Demo mitlaufe , müsse wissen, dass er „mit Rechtsextremen gemeinsame Sache mache“. Vor der Demonstration am 19.03.2018 äußerte sich der Chef des Hamburgischen Verfassungsschutzes Voß dahin gehend, dass Personen aus der rechtsextremistischen Szene bei den Demonstrationen dabei seien. Wer dies sei, haben Senat oder Verfassungsschutz bisher nicht sagen können . Den bisherigen grotesken Höhepunkt setzte die damalige geschäftsführende Erste Bürgermeisterin der Stadt, in dem sie äußerte, die Demonstrationsteilnehmer seien „keine Rechtspopulisten, das sind echte Nazis“. Frau Fegebank setzte somit alle Demonstrationsteilnehmer, die von ihrem Recht, friedlich zu demonstrieren, Gebrauch machen, mit Nazis gleich. Drucksache 21/12508 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Der Verfassungsschutz äußerte ebenfalls, dass nicht nur an der „Merkelmuss -weg“-Demo Extremisten teilnähmen, sondern auch an der Gegendemo „Linksextremisten, zum Beispiel aus dem Antifa-Milieu“ teilnähmen. Ihre Auffassung , dass Gewalt ein Mittel der politischen Auseinandersetzung sei, haben einige Gegendemonstranten bereits bewiesen, nämlich anlässlich der Demonstration am 19.03.2018. Es erstaunt daher (oder eigentlich nicht) umso mehr, dass unmittelbar nach diesem Vorfall die Vizepräsiedentin und Abgeordnete der Linkspartei Schneider der Antifa für ihren Einsatz dankt. Doch das ist nicht alles: Die Bürgerschaftsfraktionen und Landesverbände von SPD, GRÜNEN und Linkspartei haben dieses Mal dazu aufgerufen, an der Gegendemonstration teilzunehmen, an der laut Verfassungsschutz Linksextremisten teilnehmen, die offenkundig gewalttätig sind. Eine Distanzierung von Gewalt schien den Landesverbänden und Bürgerschaftsfraktionen indes auch angesichts eines Schwerverletzten nicht erforderlich. Zu der Gegendemonstration aufgerufen hatte unter dem Motto „Aufstehen gegen Nazis und Rassisten“ das „Hamburger Bündnis gegen Rechts“. Presserechtlich verantwortlich für die Internetseite des Bündnisses ist Olaf Harms, als Adresse ist die „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Bund des Antifaschistinnen und Antifaschisten“ angegeben. Sowohl Olaf Harms persönlich als auch die VVN/BdA waren vor einigen Jahren noch Beobachtungsobjekte des Hamburgischen Verfassungsschutzes. Olaf Harms engagiert sich seit vielen Jahren für die Deutsche Kommunistische Partei (DKP), die nach wie vor vom Hamburgischen Verfassungsschutz beobachtet wird. Auf dieser Grundlage wird man jedenfalls dieser Gegendemonstration eine problematische Einstellung zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung attestieren müssen. Und bei den genannten Erkenntnissen handelt es sich um solche, die aktenkundig sind und nicht um diffuse Vermutungen, unter den Teilnehmern könnte auch irgendwo ein Rechtsextremist stehen. Zu dieser – in der Vergangenheit teilweise gewalttätigen Gegendemonstration, die von Personen initiiert wird, deren Verfassungstreue von offiziellen Stellen angezweifelt wurde, rufen die Regierungsfraktionen auf und die geschäftsführende Erste Bürgermeisterin nimmt teil, unmittelbar nachdem eine Woche vorher aus der Gegendemonstration ein Mensch schwer verletzt worden war! Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Seit mehreren Wochen melden verschiedene Personen beziehungsweise Organisationen für den jeweiligen Montagabend unter dem Tenor „Merkel muss weg!“ in Hamburg stationäre Versammlungen an. Ebenfalls seit mehreren Wochen werden zeitgleich Gegenversammlungen angemeldet. Sowohl an der Versammlung „Merkel muss weg!“ als auch an den Gegenversammlungen nahmen und nehmen nach Beobachtung der Sicherheitsbehörden auch Personen teil, die den Sicherheitsbehörden bereits aus anderen, zum Teil gewaltgeneigten beziehungsweise extremistischen Zusammenhängen bekannt sind. Die Sicherheitsbehörden, insbesondere das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) Hamburg, folgen in diesem Zusammenhang ihrem gesetzlichen Auftrag zur Information und Beratung der Öffentlichkeit; vergleiche hierzu http://www.hamburg.de/ verfassungsschutz/. Zu wesentlichen Einzelheiten der Versammlungen, Gegenversammlungen sowie ihres Verlaufs berichtet die Polizei Hamburg außerdem regelmäßig nach Abschluss mit einer ausführlichen Pressemeldung. Das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit ist von dieser Informationspflicht der Sicherheitsbehörden unberührt : Die friedliche Teilnahme an Versammlungen ist vom Recht auf Versammlungsfreiheit gedeckt, das für alle Bürgerinnen und Bürger und damit auch für Mitglieder der Exekutive gilt, die nicht in amtlicher Funktion teilnehmen (vergleiche BVerfG, Urt. v. 16.12.2014 – 2 BvE 2/14, juris Rn.58 ff). Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/12508 3 In den inzwischen zahlreichen Veröffentlichungen zu den sogenannten Montagsdemonstrationen und Gegendemonstrationen betrachten und differenzieren die Sicherheitsbehörden regelmäßig, etwa hinsichtlich der jeweiligen Teilnehmer, Redner oder Initiatoren; zuletzt unter http://www.hamburg.de/innenbehoerde/schlagzeilen/ 10690368/auch-reichsbuerger-unter-den-versammlungsteilnehmern/; weitere Detailinformationen finden sich etwa unter: http://www.hamburg.de/innenbehoerde/ publikationen-verfassungsschutz/231572/verfassungsschutzberichte-pdf/. Nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden stehen hinter den Organisatoren/ Anmeldern der Demonstrationen unter dem Tenor „Merkel muss weg!“ Initiatoren mit teilweise langjährigem rechtsextremem und/oder gewaltgeneigtem Hintergrund. Entsprechende Informationen hinsichtlich Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden sind im Übrigen aktuell wie in der Vergangenheit auch an Unterstützer und/oder Teilnehmer an linksextremistisch dominierten, initiierten oder instrumentalisierten Versammlungen ergangen. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie bewertet der Innensenator den Aufruf der Bürgerschaftsfraktionen von GRÜNEN und SPD, an der in der jüngsten Vergangenheit in Teilen gewalttätigen und extremistischen Gegendemonstration teilzunehmen und die Teilnahme der Bürgermeisterin? Dies gerade angesichts seiner Äußerung vor dem 12.03.2018, wer bei der „Merkel-muss-weg“-Demo mitlaufe, müsse wissen, dass er „mit Rechtsextremen gemeinsame Sache mache“? 2. Wie rechtfertigt der Senat diese unterschiedliche Behandlung von Demonstration und Gegendemonstration? Ist er der Auffassung, dass es gute und böse Extremisten gibt? 3. Wie beurteilt der Senat die Aufrufe der den Senat tragenden Fraktionen zur Teilnahme an der Gegendemonstration vor dem Hintergrund der in jüngster Vergangenheit teilweise gewalttätigen und extremistischen Gegendemonstration? 4. Sieht der Senat durch die Teilnahme der damaligen ersten Vertreterin der Hamburgischen Regierung, der Zweiten Bürgermeisterin, das Gebot der politischen Neutralität verletzt? Wenn nein, warum nicht? Wie beurteilt der Senat generell die Teilnahme Frau Fegebanks an dieser in der jüngsten Vergangenheit teilweise gewalttätigen und extremistischen Gegendemonstration? Das parlamentarische Fragerecht umfasst einen Anspruch auf Auskünfte, nicht jedoch auf meinungsbildende Stellungnahmen (vergleiche ThürVerfGH, Urt. vom 19.12.2008 - 35/07 -, juris Rn. 177), von denen der Senat deshalb auch in den vorliegenden Fällen absieht. Dies schließt die Stellungnahme zu referierten Meinungen oder Hypothesen ein. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 5. Steht der Senat zu dem Grundsatz „Extremisten bekämpft man nicht mit Extremisten“ oder hat er sich von diesem Grundsatz entfernt? Wenn ja, aus welchen Überlegungen? Siehe Vorbemerkung. 6. Welche Erkenntnisse haben die Behörden über die Teilnahme von Linksextremisten und Personen aus dem Antifa-Milieu an der Gegendemonstration am 26.03.2018? 7. Welche Erkenntnisse haben die Behörden über die Teilnahme von Rechtsextremisten und Personen aus dem „Reichsbürger“-Milieu an der „Merkel-muss-weg“-Demonstration am 26.03.2018? In den sozialen Medien wurde eine Teilnahme von Linksextremisten und autonomen „Antifa-Gruppierungen“ an der erfragten Versammlung angekündigt. In der Spitze Drucksache 21/12508 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 befanden sich rund 1.500 Gegendemonstranten im Umfeld der „Merkel muss weg!“- Kundgebung. An der Versammlung „Merkel muss weg!“ nahmen in der Spitze rund 300 Personen teil. Zum teilnehmenden Personenkreis siehe Vorbemerkung. Weitere Erkenntnisse zur Zusammensetzung der Versammlungsteilnehmer erlangen die Sicherheitsbehörden regelmäßig durch Aufklärung im Umfeld von Versammlungen. Im thematischen Kontext dieser Schriftlichen Kleinen Anfrage hat das LfV Hamburg dem Parlamentarischen Kontrollausschuss (PKA) der Hamburgischen Bürgerschaft bereits in seiner nichtöffentlichen Sitzung am 20. März 2018 über die dem LfV Hamburg vorliegenden Erkenntnisse umfassend berichtet. Auch wurde in Anwesenheit des Vertreters der fragestellenden Fraktion auch detailliert über die Strukturen und Personen im Kontext der „Merkel muss weg“-Demonstration informiert, die klare Bezüge zum Rechtsextremismus aufweisen. Im Übrigen siehe Drs. 21/12331, 21/12416 und Vorbemerkung. 8. Wie beurteilt der Senat, insbesondere vor dem Hintergrund eines Schwerverletzten, den Teilnehmer der Gegendemonstration verletzt hatten , die Teilnahme seiner Vertreter an dieser Gegendemonstration? Siehe Antwort zu 1. bis 4.