BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/12543 21. Wahlperiode 10.04.18 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Harald Feineis (AfD) vom 03.04.18 und Antwort des Senats Betr.: Flüchtlinge bei der HOCHBAHN Hamburgs Busfahrer haben neue Kollegen: „Flüchtlinge“ bei der HOCH- BAHN Mit rund 5.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist die HOCHBAHN einer der größten Arbeitgeber Hamburgs. Die Hamburger Hochbahn AG befindet sich über die Holding HGV vollständig im Eigentum der Freien und Hansestadt Hamburg. Auf ihrer Homepage wirbt sie: „… was die HOCHBAHN wirklich voranbringt, sind das Engagement und die Kompetenz unserer Mitarbeiter “. Seit dem 1. Februar 2018 unterstützen nun zehn ehemalige „Flüchtlinge“ den Busbetrieb. Sie kommen aus Syrien, Afghanistan, dem Irak, Iran und Kamerun und sind jetzt offiziell Busfahrer bei der HOCHBAHN. Die HOCHBAHN schwärmt von ihrem Programm, welches sie gemeinsam mit der DEKRA entwickelt und durchgeführt habe. Es bestehe aus Fahrschule, Deutschtraining und mehrmonatigem Praktikum und soll weiterentwickelt werden. Die Fortsetzung des Programms ist beschlossene Sache.1 Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Wie auch die Stadt Hamburg als öffentliche Arbeitgeberin hat sich die Hamburger Hochbahn AG (HOCHBAHN) mit der Unterzeichnung der „Charta der Vielfalt“ im Jahre 2007 zu deren Zielen verpflichtet. Die Umsetzung der „Charta der Vielfalt“ hat zum Ziel, ein Arbeitsumfeld zu schaffen, das frei von Vorurteilen ist. Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollen Wertschätzung erfahren – unabhängig von Geschlecht, Nationalität, ethnischer Herkunft, Religion oder Weltanschauung, Behinderung , Alter, sexueller Orientierung und Identität. Die Anerkennung und Förderung dieser vielfältigen Potenziale ist für die Organisationskultur der HOCHBAHN von großer Bedeutung und schafft ebenso wirtschaftliche Vorteile. Die HOCHBAHN ist grundsätzlich an motivierten Bewerberinnen und Bewerbern für den Fahrdienst, unabhängig von deren Herkunft, interessiert. Die Kriterien für eine erfolgreiche Auswahl als Busfahrerin oder Busfahrer sind immer identisch. Interessierte müssen ein Mindestalter von 21 Jahren, einen ständigen Wohnort in Hamburg, eine Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis, einen absolvierten Integrationskurs sowie Deutschkenntnisse auf B1-Niveau nachweisen. Neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind als Vollzeitarbeitskräfte zunächst befristet für zwei Jahre eingestellt. Die Probezeit beträgt sechs Monate. Die Arbeitsverträge unterscheiden sich nicht von den übrigen einge- 1 https://dialog.hochbahn.de/unser-job-fuer-hamburg/unser-beitrag-zur-integrationfluechtlinge -werden-busfahrer/. Drucksache 21/12543 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 stellten Busfahrerinnen und Busfahrern. Alle neuen Busfahrerinnen und Busfahrer werden im regulären Fahrdienst auf den Linien der HOCHBAHN eingesetzt. Für alle Neueinstellungen gilt, dass die gesetzlich notwendigen medizinischen Untersuchungen und der Erste-Hilfe-Kurs absolviert werden müssen. Bei allen eingestellten Busfahrerinnen und Busfahrern werden die Kosten für das medizinische Gutachten sowie gegebenenfalls für den Erste-Hilfe-Kurs von der HOCHBAHN übernommen. Darüber hinaus erhalten alle neuen Busfahrerinnen und Busfahrer eine Kundendienstschulung . Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen auf der Grundlage von Auskünften der HOCHBAHN wie folgt: 1. Wo wurden die „Flüchtlinge“ rekrutiert und nach welchen Kriterien? Es wurde über verschiedene Kanäle rekrutiert, unter anderem auf Messen, durch Informationen auf der Internetseite der HOCHBAHN und in verschiedenen sozialen Medien. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 2. Mussten/müssen die „Flüchtlinge“ einen Schulabschluss nachweisen? Wenn ja, welchen und wie beziehungsweise durch wen wird hier gegebenenfalls eine Gleichwertigkeitsprüfung vorgenommen? Ja, sofern die individuellen Fluchtumstände dies ermöglichten. Gleichwertigkeitsprüfungen wurden nicht vorgenommen. Durch mehrere Prüfverfahren der HOCHBAHN und der DEKRA wurde die Eignung für den Fahrdienst im Busbetrieb nachgewiesen, um das Vorliegen der hierfür geltenden rechtlichen Vorschriften, unter anderem der Verordnung über den Betrieb von Kraftfahrunternehmen im Personenverkehr (BO- Kraft), sicherzustellen. 3. Da die Fahrerlaubnis der Klasse B Voraussetzung für die Erlangung des Busführerscheines ist, und die hier erwähnten Flüchtlinge nicht aus einem EU-Land kommen, also der Führerschein in Deutschland nicht anerkannt wird, frage ich, ob eine entsprechende Führerscheinausbildung nachgeholt wurde? Wenn ja, welche Kosten entstanden hierfür der HOCHBAHN, wenn nein, warum wurde darauf verzichtet? Der Pkw-Führerscheinausbildung wurde von den neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Rahmen des Pilotprojektes absolviert. Die Hälfte der Führerscheinkosten (insgesamt durchschnittlich 3.000 Euro) ist dabei grundsätzlich durch die neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu finanzieren. 4. Mussten/müssen diese Bewerber die üblicherweise erforderliche, zweijährige Fahrpraxis mitbringen? Wenn ja, wie wird diese überprüft? Wenn nein, warum nicht und wodurch wird diese kompensiert? 5. Mussten/müssen die „Flüchtlinge“ das Mindestalter von 24 Jahren mitbringen ? Wenn nein, warum nicht? 6. Mussten/müssen die „Flüchtlinge“ das üblicherweise erforderliche medizinische Gutachten erstellen lassen, als auch den Erste-Hilfe-Kurs sowie den gesetzlich geforderten Sehtest2 absolvieren und wer kam/kommt für die entsprechenden Kosten auf? 7. Welche Kosten entstanden der HOCHBAHN über das „normale“ Ausbildungsprogramm hinaus für das Absolvieren des Führerscheines/der Führerscheine D/B), der Sprachkurse et cetera? 2 https://www.bussgeldkatalog.org/busfuehrerschein-kosten/#voraussetzungen_ fuer_einen_busfuehrerschein. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/12543 3 8. Inwiefern unterscheidet sich die Ausbildung des „Flüchtlings“ zum Busfahrer darüber hinaus zur herkömmlichen Ausbildung für Busfahrer? Bitte beispielhaft darstellen und begründen. 8.1. Wurde auch der Umgang mit weiblichen Fahrgästen thematisiert? Die zweijährige Fahrpraxis ist für Busfahreranwärterinnen und -anwärter bei der HOCHBAHN keine zwingende Voraussetzung für die Erlangung des Führerscheines der Klasse D. Die Dauer der regulären Ausbildung zur Busfahrerin und zum Busfahrer beläuft sich bei der HOCHBAHN je nach vorhandener Führerscheinklasse auf bis zu vier Monate. Die im Rahmen dieses Projektes eingestellten Busfahrerinnen und Busfahrer mussten eine Ausbildungsdauer von zwölf Monaten absolvieren. Die Qualität des Fahrvermögens wurde durch die verlängerte Ausbildungsdauer von zwölf Monaten sichergestellt. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 9. Wie viele „Flüchtlinge“ haben die Ausbildung angefangen, wie viele von ihnen die Ausbildung beendet? Wenn es Abbrecher gab, bitte die Gründe benennen. 16 dieser Personen haben die Ausbildung begonnen. Zehn davon haben die Ausbildung erfolgreich beendet, ein Teilnehmer befindet sich noch in der Ausbildung. Bei fünf Teilnehmern wurde die Ausbildung aufgrund nicht bestandener Prüfungsleistungen vorzeitig beendet. 10. Wurden die Prüfungen, wie bisher üblich, extern vor der Industrie- und Handelskammer und dem TÜV abgelegt? Wenn nein, wo dann und warum nicht? Ja. 11. Werden die „Flüchtlinge“ künftig als Vollzeitarbeitskräfte eingestellt und existiert eine Vereinbarung über die Mindestdauer der Beschäftigung? Wurde eine Probezeit vereinbart, wenn ja, wie lang ist diese? 12. Existieren Festanstellungsverträge oder Zeitverträge und inwiefern unterscheiden sich diese Arbeitsverträge von denen bisheriger Beschäftigter ? Bitte explizit darstellen. 13. Werden die „neuen“ Busfahrer uneingeschränkt im gesamten HVV- Bereich eingesetzt? Wenn nein, warum nicht? 14. Werden künftig auch deutsche Bewerber zur Ausbildung als Busfahrer zugelassen, wenn ihnen die bisher erforderten Voraussetzungen wie beispielsweise der erfolgreiche Schulabschluss, Führerschein Klasse B, die Fahrpraxis und entsprechende Deutschkenntnisse fehlen? Siehe Vorbemerkung. 15. Existiert bei der HOCHBAHN eine Quotenregelung für Ausländer, Frauen et cetera? Wenn ja, wie stellt sich diese konkret dar und wie hoch ist der Anteil an Migranten und Frauen et cetera aktuell? 16. Die HSG (Hanseatische Siedlungs-Gesellschaft mbH) ist eine 100- prozentige Tochter der Hamburger Hochbahn AG und verfügt über mehr als 2.000 Wohnungen in verschiedenen Stadtteilen Hamburgs. Die HOCHBAHN wirbt damit, dass sie diese für ihre Mitarbeiter bereitstellt. Wurden/werden die neuen Mitarbeiter hier untergebracht? Wenn ja, in welchen Fällen und warum? Nein.