BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/1259 21. Wahlperiode 18.08.15 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Karin Prien (CDU) vom 10.08.15 und Antwort des Senats Betr.: Gesundheitszustand der in Hamburg registrierten Flüchtlinge und der Mitarbeiter in den Einrichtungen Die Flüchtlingsunterkünfte sollen der angemessenen Unterbringung der Asylbewerber dienen. Aus aktuellen Medienberichten lässt sich entnehmen, dass es in den Einrichtungen immer wieder zu nicht unerheblichen gesundheitlichen Missständen kommt. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Wie ist der gesundheitliche Zustand der in Hamburg registrierten Asylbewerber zu bewerten? Der gesundheitliche Zustand ist individuell unterschiedlich. Ein Teil der Personen weist einen schlechten Allgemeinzustand auf, ein Teil auch Erkrankungen wie zum Beispiel Scabies. 2. Welche Fallzahlen meldepflichtiger Erkrankungen nach dem Infektionsschutzgesetz in Unterkünften liegen für Juli dieses Jahres vor? Bitte nach Bezirken aufschlüsseln. Die Unterkunft Schnackenburgallee bitte gesondert aufführen. Meldepflichtige Erkrankungen Zeitraum 01.07.15 bis 31.07.15 Hamburg-Mitte 7 Altona 0 Schnackenburgallee 1 Eimsbüttel 0 Hamburg-Nord 2 Wandsbek 0 Bergedorf 1 Harburg 38* * Die Zahlen für Harburg erklären sich durch eine neue Festlegung der Falldefinition durch das Robert Koch-Institut für Hepatitis B, woraus neue Meldetatbestände resultieren, die bereits ab Mai 2015 zu einem Anstieg der Fallzahlen geführt haben. 3. Welche Fallzahlen bezüglich Krätze in Unterkünften liegen für dieses Jahr vor? Bitte nach Monaten und Bezirken aufschlüsseln. Die Unterkunft Schnackenburgallee bitte gesondert aufführen. Skabies ist nach § 34 nur meldepflichtig in Gemeinschaftseinrichtungen gemäß § 33 Infektionsschutzgesetz (IfSG). Nicht unter diese Regelung fallen zum Beispiel Gemeinschaftsunterkünfte für Asylbewerber, Spätaussiedler und Flüchtlinge (§ 36 1 Nummer 5 IfSG). Die der zuständigen Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz (BGV) vorliegenden Zahlen sind der folgenden Tabelle zu entnehmen: Drucksache 21/1259 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Skabies 2015 Zeitraum Jan Feb März April Mai Juni Juli Aug Hamburg-Mitte 1 6 1 1 0 3 29 7 Altona 0 0 0 0 0 0 0 0 Schnackenburgallee 19 5 3 1 6 3 19 5 Eimsbüttel 0 0 0 5 3 2 1 0 Hamburg-Nord 0 2 0 0 0 2 5 14 Wandsbek 0 0 0 0 0 0 9 0 Bergedorf 2 0 0 2 0 2 5 0 Harburg 0 0 0 6 3 24 12 5 4. Wie gewährleistet der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde eine medizinisch indizierte isolierte Unterbringung von erkrankten beziehungsweise infizierten Asylbewerbern in den einzelnen Unterkünften, aufgegliedert nach Einrichtungen und der Anzahl der Isolierräume, jeweils mit Belegungskapazität Soll und Ist? An den verschiedenen Standorten der Zentralen Erstaufnahmeeinrichtung (ZEA) wird in der Regel ein Isolierzimmer mit mehreren Plätzen vorgehalten. Die konkrete Ausgestaltung an einzelnen Standorten und der jeweilige Belegungsgrad sind stichtagsbezogen in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehen Zeit nicht zu ermitteln, ohne die angesichts der gestiegenen Flüchtlingszahlen zu bewältigenden Aufgaben zu gefährden. Im Übrigen siehe Antwort zu 2. In der Schnackenburgallee gibt es drei Isolationszimmer mit je vier Betten mit einem separaten Bad für alle. Sollten mehrere unterschiedliche Erkrankungen vorliegen, können weitere sanitäre Einrichtungen dadurch zur Verfügung gestellt werden, dass sie für andere Benutzer gesperrt werden. Asylbewerber, die nach einem Aufenthalt in der ZEA auf einen Platz in der Folgeunterbringung angewiesen sind, haben bereits eine Erstuntersuchung gemäß Infektionsschutzgesetz (IfSG) durchlaufen, sodass eine Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften der Folgeunterbringung umgesetzt werden kann. Daher werden in der Folgeunterbringung keine entsprechenden Isolierräume vorgehalten. Sollte dennoch eine Erkrankung mit der Erfordernis einer Isolierung von Kranken auftreten, wird das medizinische Regelsystem mit den dafür ausgestatteten Notfalleinrichtungen in Anspruch genommen. 5. Werden in den einzelnen Einrichtungen, auch in der Schnackenburgallee , Bewohnerlisten, in denen die einzelnen meldepflichtigen oder auch sonstige Erkrankungen erfasst werden, geführt? Wenn ja, seit wann von wem in wessen Auftrag? Wenn nein, warum nicht? Ist dem Senat beziehungsweise der zuständigen Behörde der Inhalt dieser Bewohnerlisten bekannt? Gemeinschaftseinrichtungen unterliegen der infektionshygienischen Überwachung der Gesundheitsämter. Die Meldung meldepflichtiger Krankheiten an die Gesundheitsämter erfolgt durch den behandelnden Arzt gemäß § 6 Infektionsschutzgesetz (IfSG). Bei Verdacht meldet die Einrichtungsleitung der Unterkunft die Verdachtsfälle an die Gesundheitsämter. Wenn Fälle von Infektionskrankheiten bekannt werden, leiten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die entsprechenden Maßnahmen ein, um die Bewohnerinnen und Bewohner sowie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu schützen. In der Schnackenburgallee werden seit circa sechs Monaten Personen erfasst, bei denen meldepflichtige Erkrankungen festgestellt wurden. In anderen Einrichtungen erfolgt eine solche Erfassung nicht. Im Übrigen siehe Antwort zu 3. Bewohnerinnen und Bewohner der Folgeunterbringung wenden sich im jedem Krankheitsfall an das medizinische Regelsystem im örtlichen Umfeld. Dem Unterkunfts- und Sozialmanagement liegen entsprechende Daten der örtlichen (Fach-)Ärzte vor. Die Bewohnerinnen und Bewohner werden hierüber grundsätzlich beziehungsweise bei Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/1259 3 Bedarf informiert. Im Falle meldepflichtiger Erkrankungen erfolgt eine Mitteilung an die zuständigen Gesundheitsämter durch den behandelnden Arzt gemäß § 6 IfSG. Sollten Fälle von Infektionskrankheiten – bei denen besondere Schutzmaßnahmen erforderlich sind – bekannt werden, leiten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von f & w fördern und wohnen AöR diese ein, um die Bewohnerinnen und Bewohner und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu schützen. Eine Erfassung von Personen mit Erkrankungen findet auch in den Folgeunterkünften nicht statt. Allerdings wird vom f & w-Hygienemanagement das Auftreten von meldepflichtigen Erkrankungen, sofern dies dem Träger bekannt ist, dokumentiert. In den Einrichtungen vor Ort werden die bekannten Fälle in Bezug auf das Auftreten weiterer Erkrankungen, jedoch nicht personenbezogen überwacht. 6. Wie wird gewährleitet, dass Erkrankungen beziehungsweise Infektionen von Flüchtlingen nicht auf die Sozial- und weiteren Mitarbeiter in den Unterkünften übertragen werden? Welche konkreten Schutzmaßnahmen werden in welchen Einrichtungen getroffen? Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden bei Einstellung durch einen Betriebsarzt untersucht, der Impfstatus wird überprüft und bei Bedarf werden Impfungen ergänzt. Zusätzlich findet an dieser Stelle auch eine Beratung im Umgang mit Infektionskrankheiten statt. Im Übrigen betreibt f & w ein aktives Hygienemanagement nach § 36 IfSG. In Hygieneplänen werden innerbetriebliche Verfahrensanweisungen zur Einhaltung der Infektionshygiene festgelegt, um übertragbaren Krankheiten beim Menschen vorzubeugen, Infektionen frühzeitig zu erkennen und ihre Verbreitung zu verhindern. Hierzu zählen unter anderem Infoblätter und Listen mit f & w-internen und -externen Ansprechpartnern . Es finden regelmäßig obligatorische Hygieneschulungen statt. Unsterile Einmalhandschuhe und Desinfektionsmittel zur Händedesinfektion sowie gegebenenfalls Schutzkittel und Mund- Nasenschutz sind vorhanden. 7. Inwieweit steht den Asylbewerbern in den Unterkünften eine medizinische Versorgung vor Ort zur Verfügung? In welchen Einrichtungen gibt es Ambulanzen oder Hausarztpraxen mit welchen Öffnungszeiten? Wie stellt sich die medizinische Versorgung sonst konkret dar? Zur medizinischen Versorgung in den Unterkünften der ZEA siehe Drs. 21/1116 und 21/1132. In den Einrichtungen der Folgeunterbringung von Asylbewerbern gibt es grundsätzlich keine Ambulanzen oder Praxen. Die Bewohner sind über das Asylbewerberleistungsgesetz bzw. bei gesichertem Aufenthaltsstatus über das SGB II bzw. SGB XII krankenversichert und können das medizinische Regelsystem in Anspruch nehmen. Siehe hierzu auch Drs. 21/548, 21/947 und 21/1116. Ist im Übrigen eine Behandlung für Leistungsberechtigte nach §§ 1, 1a i.V.m. §§ 4 und 6 AsylbLG in den Unterkünften erforderlich, die noch nicht bei der AOK Bremen/ Bremerhaven angemeldet oder auf ein anderes Land verteilt worden sind, kann ein Formular ausgestellt werden, das zu einer Akutversorgung (§§ 4 und 6 AsylbLG) durch Ärztinnen und Ärzte sowie Krankenhäuser berechtigt. Insofern wenden sich die Bewohner in Bezug auf ihre medizinische Versorgung an die umliegenden (Fach-)Ärzte beziehungsweise – sofern dies notwendig ist – an die medizinische Notfallversorgung. 8. Wie groß ist jeweils die Entfernung in Kilometern, die die in den Erstaufnahmeeinrichtungen untergebrachten Flüchtlinge zurücklegen müssen, um einen Arzt oder ein Krankenhaus zu erreichen? Wie groß ist die Entfernung zur nächstgelegenen Haltestelle des ÖPNV? Ärzte sind in den Erstaufnahmeeinrichtungen mit Sprechzeiten oder regelmäßig vor Ort. Siehe auch Antwort zu 7. Sofern es erforderlich ist, wegen einer akuten Erkrankung ein Krankenhaus aufzusuchen, besteht die Möglichkeit, einen Rettungswagen anzufordern. Die jeweilige Entfernung zu den nächsten Haltestellen des ÖPNV lässt Drucksache 21/1259 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 sich in der für die Beantwortung einer Schriftlichen Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht ermitteln. 9. Sind alle Sozial- und weiteren Mitarbeiter für den Umgang mit meldepflichtig kranken Personen entsprechend geschult? Wenn ja, inwiefern, wenn nein, warum nicht? 10. Werden die Sozial- und weiteren Mitarbeiter über potenzielle Gesundheitsrisiken informiert? Wenn ja, wie, wenn nein, warum nicht? Siehe Antwort zu 6. 11. Wie ist der gesundheitliche Zustand der Sozial- und weiteren Mitarbeiter in den Unterkünften zu bewerten? Bitte den Krankenstand pro Einrichtung für 2014 und Januar bis Juli 2015 darstellen? Die Unterkunft Schnackenburgallee bitte gesondert aufführen. Der gesundheitliche Zustand stellt sich individuell unterschiedlich dar. Die Krankheitsquote der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Behörde für Inneres und Sport in der Anlaufstelle der Zentralen Erstaufnahmeeinrichtung betrug im Jahr 2014 8,7 Prozent. Im ersten Halbjahr 2015 betrug die Krankheitsquote 2,4 Prozent. Zu den Krankheitsquoten bei f & w siehe die folgende Tabelle: Krankheitsquoten über alle Unterkünfte von f & w: f&w: Krankheitsquote in % * Nur Folgeunterkünfte Nur Erstaufnahmeeinrichtungen 01.01.2014 - 31.12.2014 7,70 8,59 01.01.2015 - 31.07.2015 7,88 6,62 Quelle: f & w * Ausfallstunden ab dem ersten Tag (Kurzerkrankungen werden erfasst)/Sollarbeitsstunden Ebenfalls erfasst sind Ausfallstunden der erkrankten Personen, die aus der Lohnfortzahlung gefallen sind. Ausgewertet wurden die Abwesenheiten Krankheit, Kur und Unfälle bei Betreuungspersonal und Technischem Dienst. Nicht enthalten sind die Bereiche Eigenreinigung, Spezialangebote der öffentlich-rechtlichen Unterbringung wie Pik As et cetera, privatrechtliche Vermietung sowie Leitung und Verwaltung Wohnen. Die Darstellung des Krankenstandes pro Einrichtung ist aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht möglich. Da Diagnosen der Erkrankungen dem Arbeitgeber nicht zur Kenntnis gegeben werden, können weitergehende Auskünfte nicht erfolgen. 12. Besteht ein kausaler Zusammenhang zwischen Erkrankungen seitens der Sozial- und weiteren Mitarbeiter und ihrer Tätigkeit in einer der Unterkünfte? Wenn ja, welcher, wenn nein, warum nicht? Ärztliche Diagnosen sind dem Arbeitgeber nicht bekannt, sodass zu der Frage keine Angaben gemacht werden können. Die Anforderungen und damit auch die Belastung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von f & w sind, aufgrund des derzeitigen Bedarfes an öffentlicher Unterbringung, hoch. Ein kausaler Zusammenhang zwischen Krankenstand und Tätigkeit in den Unterkünften kann jedoch nicht belegt werden. Siehe hierzu auch Antwort zu 11. 13. Was wird gegen Erkrankungen aufseiten der Sozial- und weiteren Mitarbeiter unternommen? Für das Einwohner-Zentralamt werden mit Hochdruck weitere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter akquiriert, um einer Arbeitsverdichtung bei den übrigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern entgegenzuwirken. Als Arbeitgeber trägt f & w vor allem dafür Sorge, dass die Arbeitsbedingungen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter möglichst zufriedenstellend sind. So konnte in der Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/1259 5 Vergangenheit weitestgehend sichergestellt werden, dass der Personalschlüssel für die erforderlichen Tätigkeiten aufrechterhalten oder zumindest zeitnah wiederhergestellt wird. Siehe hierzu auch Drs. 21/759. Um auch weiterhin sicherzustellen, dass Überlastungen nicht durch Personalengpässe entstehen, stellt f & w weiter mit Priorität zusätzliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein. Um Überlastungsspitzen zu vermeiden, werden unter anderem zeitlich befristet Studentinnen und Studenten und ehemalige Freiwillige eingestellt. Ferner hat f & w ein Akquise-Team gebildet, das Ansprechpartner für Personen ist, die f & w ab einer Stundenzahl von mindestens 19,5 Stunden/Woche kurz- und mittelfristig unterstützen möchten. 14. Wie viele „Notstandsmeldungen“ oder Überlastungsanzeigen von Sozialund weiteren Mitarbeitern haben den Senat beziehungsweise die zuständige Behörde in diesem Jahr erreicht und wie wurde mit diesen umgegangen? Bitte pro Einrichtung aufführen. Insgesamt gab es bei f & w drei Überlastungsanzeigen, die sich auf alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den verschiedenen Standorten der ZEA bezogen. 15. Sieht der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde in Hamburg eine Gefahr für die Volksgesundheit? Wenn ja, warum, wenn nein, warum nicht? Nein. Hamburg verfügt mit seinen Strukturen des Gesundheitswesens (zum Beispiel Einrichtungen zur stationären und ambulanten Versorgung, öffentlicher Gesundheitsdienst und vieles andere mehr) und den dafür stehenden Akteuren über eine vorzügliche Infrastruktur, die geeignet ist, die Hamburger Bevölkerung vor gesundheitlichen Bedrohungen zu schützen und adäquat zu versorgen.