BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/12638 21. Wahlperiode 17.04.18 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Birgit Stöver und André Trepoll (CDU) vom 10.04.18 und Antwort des Senats Betr.: Pflegezustand der Fischbeker Heide – Wird die Umsetzung des Naturschutzfachlichen Maßnahmenkonzeptes auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz konsequent und nachhaltig vom Senat verfolgt? Nach Fertigstellung des Masterplans „Röttiger-Kaserne und Standortübungsplatz Fischbeker Heide“ wurde eine 42 Hektar große Teilfläche des ehemaligen Standortübungsplatzes von der Freien und Hansestadt Hamburg für die Umsetzung von Ausgleichsmaßnahmen erworben. Ziel ist es, mit einer Heideentwicklung zur Strukturvielfalt des Landschaftsraumes und zum Biotopverbund mit dem NSG/FFH-Gebiet Fischbeker Heide einen wertvollen Beitrag zu leisten. Der nahgelegene Verein Naturschutzpark Lüneburger Heide (VNP) setzt sich mit Stiftung und Verein seit über 100 Jahren für den Erhalt einer einzigartigen Heidelandschaft in Deutschland ein und kann bezüglich Naturschutz und ehrenamtlichem Bürgersinn als Vorbild gelten. Wesentlicher Bestandteil seiner Aufgabe ist die Pflege und der Erhalt der Heidelandschaft Lüneburger Heide, die regelmäßig mit Schafen beweidet, geplaggt und entkusselt werden muss. Während das Entkusseln gerne als Maßnahme für Ehrenamtliche angeboten wird, um diesen ein Naturerlebnis zu bieten, können andere Maßnahmen der Heidepflege nur von Hauptamtlichen und Fachkundigen vorgenommen werden. Auch für die Fischbeker Heide wurden in jüngster Zeit seitens der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald (SDW) und der Loki Schmidt Stiftung Entkusselungsaktionen für Freiwillige angeboten. Doch welche Pflegemaßnahmen erfolgen darüber hinaus? Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Die von der Freien und Hansestadt Hamburg zur Umsetzung von Ausgleichsmaßnahmen erworbenen Flächen liegen in der Wulmsdorfer Heide in Niedersachsen. Das Naturschutzgebiet Fischbeker Heide, welches hier Gegenstand der Anfrage ist, wurde nicht als Truppenübungsplatz genutzt. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Welches sind die konkreten Ziele des naturschutzfachlichen Maßnahmenkonzeptes für die Fischbeker Heide? Die konkreten Ziele für die Fischbeker Heide sind im Pflege- und Entwicklungsplan (PEP) formuliert, siehe dazu http://suche.transparenz.hamburg.de/dataset/pflege-undentwicklungsplan -fuer-das-naturschutzgebiet-fischbeker-heide?forceWeb=true. Drucksache 21/12638 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Schutzzweck und Erhaltungsziele sind in der Verordnung über das Naturschutzgebiet Fischbeker Heide formuliert, siehe http://www.landesrecht-hamburg.de/jportal/portal/ page/bshaprod.psml?showdoccase=1&st=lr&doc.id=jlr- FischHeideNatSchGebVHArahmen). Der Schutzzweck entsprechend den Erhaltungszielen der FFH-Richtlinie ist der günstige Erhaltungszustand der Lebensraumtypen Dystrophe Stillgewässer, Feuchte Heiden , Trockene Heiden, Borstgrasrasen, Hainsimsen-Buchenwälder, Alte bodensaure Eichenwälder auf Sandböden und Moorwälder. 2. Mit welchen Vorhaben wird seit 2010 die Umsetzung des naturschutzfachlichen Maßnahmenkonzeptes umgesetzt? Der PEP für das Naturschutzgebiet Fischbeker Heide besteht seit 2017. Im Zeitraum davor wurden die Maßnahmen auf Grundlage eines PEP-Entwurfs von 1994, der Schutzziele aus der Naturschutzgebietsverordnung sowie aufgrund von Erkenntnissen aus einzelnen Untersuchungen und Maßnahmen durchgeführt: Beweidung von Heideflächen (circa 155 ha) sowie vereinzelten Grünländern (circa 6 ha, mit Durchführung eines jährlichen Pflegeschnittes als Mulchmahd) und Magergrünländern in der Fischbeker Heide mit Heidschnucken und Ziegen entsprechend den Vorgaben des zwischen der zuständigen Fachbehörde und einer Schäferei abgestimmten Beweidungsplans und Bewirtschaftungsvertrags, regelmäßige Durchführung von Maßnahmen zur Regeneration überalterter Heideflächen durch Schoppern, Plaggen oder Mähen (bis 2015 teilweise kofinanziert aus Mitteln des ELER) in der Fischbeker und Neugrabener Heide, teilweise mit anschließender Ansaat von Calluna vulgaris. Seit 2010 sind circa 40 ha geplaggt, geschoppert oder gemäht worden, Entkusselungsmaßnahmen erfolgen durch Entnahme von Bäumen und Sträuchern zum Offenhalten bestehender Heidelebensräume, Maßnahmen zur Vergrößerung der Heideflächen durch Waldumwandlungen, Entfernung von Waldriegeln und Entnahme von Einzelbäumen sowie Schaffung von Lichtungen zur Vernetzung von Heidelebensräumen, teilweise mit anschließender Ansaat von Calluna vulgaris. Professionelle Entkusselungsmaßnahmen wurden seit 2010 pro Jahr auf circa 1 bis 3 ha durchgeführt. Ehrenamtliche Entkusselungsmaßnahmen insbesondere durch Mitglieder der Loki Schmidt Stiftung, der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald, des NABU und des Segelflugclubs Fischbek belaufen sich jährlich ebenfalls auf mehrere Hektar, einmal jährlich finanziert und unterstützt die Abteilung Naturschutz ein internationales Jugendaustauschprojekt (IJGD, siehe dazu: https://www.ijgd.de/), deren Teilnehmer an unterschiedlichen Pflegemaßnahmen in der Fischbeker Heide arbeiten, 2016 wurden zahlreiche Wege, die durch Starkregenereignisse erodiert sind, saniert, sodass sich die Besucher des Naturschutzgebietes sicher auf dem Wegenetz bewegen können, regelmäßiges Monitoring von Arten nach Anhang IV (Zauneidechse, Schlingnatter) sowie Lebensraumtypen nach Anhang I der FFH-Richtlinie, weitere Einzeluntersuchungen zu verschiedenen Artengruppen (unter anderem Laufkäfer, Libellen, Tagfalter, Heuschrecken, Rentierflechten), sowie der Entwicklung der Artengruppen Wildbienen und Grabwespen, Heuschrecken sowie Sandlaufkäfer , regelmäßige Erfolgskontrollen für durchgeführte Heidepflegemaßnahmen auf ausgewählten (Dauer-)Probeflächen (Betrachtung der Vegetationsentwicklung, Waldpflege und -entwicklung durch regelmäßige Durchforstungsmaßnahmen seitens der Revierförstereien für den guten Erhalt lockerer und lichtdurchfluteter Waldbestände. Hierbei wird insbesondere auf lockere Übergangsbereiche von Freiflächen und Waldflächen geachtet, die zum Beispiel der vom Aussterben bedrohten Vogelart „Ziegenmelker“ gute Lebensbedingungen anbieten, Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/12638 3 Erneuerung der Abzäunung des Kuhteiches, partielle Aufgabe der Wohnnutzung und Rückbau einzelner Gebäude (Fischbeker Heideweg 40 und 97, Stadtweg 27), Ausbau und Erweiterung des Umweltbildungsangebotes im Naturschutzinformationshaus Schafstall. 3. Welche Maßnahme wurde in die Wege geleitet, um den Wegfall der Fischbeker Kaserne zu kompensieren, deren Soldaten sich in Bataillonsstärke am Entkusseln der Heide beteiligt haben? Nach Kenntnis der zuständigen Fachbehörde waren Soldaten zur Zeit des Bestehens der Röttiger-Kaserne lediglich an einer einzigen Tagesaktion in den Achtzigerjahren in einer Stärke von 400 bis 500 Mann zur Entkusselung unter Anleitung der damaligen Naturschutzbehörde beteiligt. Im Verhältnis zu den aktuell unter 2. beschriebenen Maßnahmen ist diese Aktion marginal und insofern nicht kompensationsbedürftig. 4. Welchen Stellenwert wird der professionellen Pflege einer offenen Heidelandschaft eingeräumt? Die Pflege der Heideflächen steht im besonderen Fokus der zuständigen Fachbehörde . Neben der umfänglichen ehrenamtlich geleisteten Arbeit kommt der professionellen Pflege eine sehr hohe Bedeutung zu. Da die Heidepflanze ab einem Lebensalter von 20 – 25 Jahren natürlicherweise ihr Lebensende erreicht und in sich zusammenbricht , ist die professionelle, großflächige und somit maschinelle Bearbeitung der Flächen ein geeignetes Mittel, eine Verjüngung der Flächen zu bewirken. Hierbei kommen für diesen Zweck Maschinen zum Einsatz, die entsprechende Fachfirmen speziell für diese Art von Bodenbearbeitung entwickelt haben. 5. Welche Stellen und Einrichtungen sind mit der Pflege der Fischbeker Heide betraut und welche konkreten Aufgaben obliegen diesen? Die Abteilung Naturschutz der zuständigen Fachbehörde koordiniert und ergreift alle erforderlichen Maßnahmen, um auch weiterhin einen guten Zustand des Naturschutzgebietes Fischbeker Heide zu gewährleisten. Sie ist auch für die Durchführung der Naturschutzgebietsverordnung zuständig. Aus der Abteilung nehmen sich vor Ort ein hauptamtlicher und ein nebenamtlicher Naturschutzwart praktischer Belange an, zeigen Präsenz und klären die Bevölkerung über das Naturschutzgebiet auf. Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen im Rahmen des Waldbaus veranlasst die zuständige Revierförsterei Hausbruch. Darüber hinaus besteht mit dem NABU ein Betreuungsvertrag nach § 24 des Hamburgischen Gesetzes zur Ausführung des Bundesnaturschutzgesetzes (HmbB- NatSchAG). Die Betreuung hat zum Inhalt: Aufsicht: Überwachung der Einhaltung der Verbote der Verordnungen vor Ort, Aufklärung über Ziele und Inhalte der Verordnung, Information über besondere Regelungen oder gesperrte Bereiche. Beobachtung: Kontrolle der gefährdeten Tier- und Pflanzenarten unter besonderer Berücksichtigung der gefährdeten Brutvögel, Amphibien, Reptilien und Libellen. Maßnahmen: Durchführung von Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen auf der Grundlage des Pflege- und Entwicklungsplanes im Einvernehmen mit der Abteilung Naturschutz, wie Entfernung standortfremder Gehölze, Freihaltung von offenen Heiden und Mooren und Pflege der Gewässer. Drucksache 21/12638 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 6. Werden die konkretisierten Maßnahmen in der Umsetzung fachlich begleitet? Wenn ja, von wem und mit welchen Ergebnissen? Alle im Naturschutzgebiet Fischbeker Heide durchzuführenden Maßnahmen werden durch die zuvor genannte Abteilung fachlich geplant, in der Durchführung beaufsichtigt und anschließend über viele Jahre der Entwicklung der Flächen beobachtet. Die Ergebnisse sind durchweg positiv. Die Erfolge der Maßnahmen sind dabei auch abhängig von den jeweiligen Boden- und den entsprechenden klimatischen Verhältnissen . Es lässt sich für alle bearbeiteten Heideflächen festhalten, dass die Maßnahmen sehr gute Erfolge zeitigen. Im Einzelnen sind Ergebnisse zum Beispiel der Biotopkartierung (http://www.hamburg.de/biotopkartierung/) zu entnehmen. 7. Welche finanziellen Mittel stellt der Senat jährlich im Haushalt für den Erhalt der Fischbeker Heide zur Verfügung? Für die Pflege aller Naturschutzgebiete in Hamburg stehen derzeit jährlich circa 1,5 Millionen Euro zur Verfügung. Eine Differenzierung nach einzelnen Naturschutzgebieten ist dabei nicht möglich. Die Mittel werden entsprechend der Pflege- und Entwicklungspläne für sämtliche Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen verwendet. 8. Welche finanziellen Mittel aus Stiftungen oder anderen privaten Quellen stehen außerdem für den Erhalt der Fischbeker Heide zur Verfügung? Die zuständige Fachbehörde hat keine Kenntnis über Mittel aus Stiftungen oder anderen privaten Quellen für den Erhalt der Fischbeker Heide. Für den Betrieb und die aktuelle Neugestaltung des Naturschutzinformationshauses Schafstall werden neben städtischen Mitteln auch Mittel der Loki Schmidt Stiftung, der Claus & Sylvia Stäcker Stiftung und des Förderfonds Hamburg/Niedersachsen eingesetzt . 9. Mit welchen öffentlichen Förderprogrammen wird der Erhalt der Fischbeker Heide unterstützt (bitte einzeln mit der jeweiligen Fördersumme auflisten )? Für einen Teil der Fischbeker Heide besteht ein Bewirtschaftungsvertrag über 30.000 Euro jährlich. Im Übrigen siehe Antwort zu 7.