BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/12675 21. Wahlperiode 20.04.18 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dennis Gladiator (CDU) vom 12.04.18 und Antwort des Senats Betr.: Tödliche Messerattacke am Bahnhof Jungfernstieg Am 12. April 2018 soll es erneut zu einer entsetzlichen Messerattacke in Hamburg gekommen sein: Im U-Bahnhof Jungfernstieg seien eine Frau und ihr Kind mit einem Messer erheblich verletzt worden. Medienberichten zufolge verstarb das Kind aufgrund der erlittenen Verletzungen, die Mutter wurde schwer verletzt. Der Täter wurde festgenommen. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Wie stellt sich der Sachverhalt nach derzeitigem Ermittlungsstand im Einzelnen dar? Welche Informationen liegen über Hintergründe beziehungsweise Anlass der Tat vor? Nach derzeitigem Stand der Ermittlungen fügte der Beschuldigte am 12. April 2018 gegen 10.45 Uhr im S-Bahnhof Jungfernstieg einem einjährigen Mädchen und einer 34-jährigen Frau mit einem Messer so gravierende Verletzungen zu, dass das Kind noch vor Ort und die Frau kurze Zeit später im Krankenhaus verstarben. Bei dem getöteten Kind handelt es sich um die in Hamburg geborene gemeinsame Tochter. Da die Eltern des Kindes nicht miteinander verheiratet waren, stand die elterliche Sorge entsprechend der gesetzlichen Ausgangslage allein der Mutter zu. Sorgerechtserklärungen zur einvernehmlichen Herstellung der elterlichen Sorge wurden nicht abgegeben , sodass der Beschuldigte als Vater das gemeinsame Sorgerecht für seine Tochter durch gerichtliche Entscheidung angestrebt hat. In diesem Verfahren fand am 11. April 2018 eine familiengerichtliche Anhörung statt, in der deutlich wurde, dass diesem Antrag keine großen Erfolgsaussichten zukommen würden. Eine mit Gründen versehene Entscheidung sollte dann – wie in derartigen Fällen üblich – schriftlich ergehen. In einem weiteren, auf Anregung des Jugendamtes eingeleiteten Verfahren fand am 14. März 2018 eine Anhörung zum Umgangsrecht des Beschuldigten vor dem Familiengericht statt. In diesem Termin wurde beschlossen, dass der Umgang des Beschuldigten mit seiner Tochter künftig nur noch begleitet stattfinden solle, ihm wurde ferner die Teilnahme an einem Anti-Aggressions-Training auferlegt. Bereits am 1. August 2017 hatte das Amtsgericht auf Antrag der Geschädigten eine einstweilige Anordnung im Rahmen eines Gewaltschutzverfahrens erlassen. Diese wurde jedoch nach einer mündlichen Anhörung vom 25. September 2017 am 5. Oktober 2017 wieder aufgehoben, da nach dem gegenseitigen Vorbringen und aufgrund des Fehlens jeglicher objektiver Beweismittel nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit von dem Vortrag der Antragstellerin ausgegangen werden könne. Eine Beschwerde gegen den Aufhebungsbeschluss wurde nicht erhoben. Gegen den Beschuldigten erging Haftbefehl wegen Mordes in zwei Fällen. Zu den von der Polizei veröffentlichten Pressemitteilungen siehe https://www.presseportal.de/ Drucksache 21/12675 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 blaulicht/6337; um die laufenden Ermittlungen nicht zu gefährden, sieht der Senat darüber hinaus von weiteren Angaben im Sinne der Fragestellung ab, 2. Welche Informationen liegen über den mutmaßlichen Täter vor? (Bitte Alter, Wohnort, Herkunft und gegebenenfalls aufenthaltsrechtlicher Status einschließlich Daten zur Einreise angeben.) Es handelt sich bei dem Beschuldigten um einen 33-jährigen Mann aus dem Niger mit Wohnort Hamburg. Die Einreise in das Bundesgebiet erfolgte ausgehend von den in der Ausländerakte enthaltenen Informationen im April 2013. Die Person ist im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug gemäß § 28 Absatz 1 S. 1 Nummer 3 Aufenthaltsgesetz. 3. War der mutmaßliche Täter polizeibekannt? a. Falls ja, wann wurde er wegen welcher Delikte auffällig? b. Falls ja, wann erfolgte gegebenenfalls eine erkennungsdienstliche Behandlung? Im Hinblick auf das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen und die gesetzlichen Wertungen des Bundeszentralregistergesetzes sieht der Senat davon ab, etwaige Ermittlungsverfahren mitzuteilen, die durch einen Freispruch oder eine Einstellung beendet worden sind. Dasselbe gilt für Ermittlungsverfahren, die zu einem Abschluss geführt haben, der entweder nicht in ein Führungszeugnis aufzunehmen oder nach den Tilgungsvorschriften des Bundeszentralregistergesetzes nicht mehr zu berücksichtigen ist. Eine aktuelle Auskunft des Bundeszentralregisters enthält danach keine mitteilungsfähigen Eintragungen. Neben den Ermittlungen wegen der Tötungsdelikte läuft bei der Staatsanwaltschaft Hamburg ein Verfahren wegen des Vorwurfs der Bedrohung (§ 241 StGB). Eine erkennungsdienstliche Behandlung durch die Polizei war vor dem aktuellen Verfahren nicht erfolgt. 4. Welche Informationen liegen über die Opfer vor? Soweit die erfragten Informationen personenbezogene Daten aus dem Bereich von Sozialleistungs-trägern (vergleiche § 12 SGB I) betreffen, handelt es sich um Sozialdaten (§ 67 Absatz 1 S. 1 SGB X). Diese darf der Senat gemäß § 67d Absatz 1 SGB X nur bei Vorliegen einer gesetzlichen Übermittlungsbefugnis im SGB weitergeben. Das SGB enthält keine Übermittlungsbefugnis für Sozialdaten lebender Personen zugunsten der Beantwortung parlamentarischer Anfragen. Bei Sozialdaten der verstorbenen Opfer wäre gemäß § 35 Absatz 5 S. 2 SGB I abzuwägen , ob durch die Bekanntgabe der Sozialdaten schutzwürdige Interessen der Verstorbenen oder ihrer Angehörigen dadurch beeinträchtigt werden. Unabhängig davon, ob Sozialdaten in diesem Sinne vorliegen, sieht der Senat im Hinblick auf die besondere Schutzbedürftigkeit der noch minderjährigen Kinder beziehungsweise Geschwister der Verstorbenen jedenfalls aus diesem Grund von einer über die Antwort zu 1. hinausgehenden Beantwortung ab.