BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/12714 21. Wahlperiode 24.04.18 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Michael Westenberger (CDU) vom 16.04.18 und Antwort des Senats Betr.: Fortschritte im Fokusraum Billbrook In den vergangenen Jahren hatte die Freie und Hansestadt Hamburg in vielfältiger Weise eine Aufwertung der Räume im Osten Hamburgs angekündigt. Zu diesen gehört auch Billbrook, das größte Industrie- und Gewerbegebiet der Stadt außerhalb des Hafens. Hier beschäftigen 675 Betriebe nach Angaben der Stadt fast 10.000 Personen. Die Lage macht den Stadtteil zu einem Gebiet mit beträchtlichem Potential – dieses ist derzeit jedoch geprägt durch ungenutzte Industriekanäle und Grundstücke. Ziel der Aufwertung ist eine deutliche Steigerung der Attraktivität des Gebiets sowie die Ansiedlung weiterer Industrie- und Gewerbebetriebe auf den bisherigen Brachflächen. Mannigfaltige Diskussionen führten bereits vor Jahren zum Druck der Broschüre „Stromaufwärts an Elbe und Bille“ und zur Einrichtung eines Quartiermanagements. Seit 2017 ist es jedoch still geworden um die Aufwertung des „Fokusraums Billbrook“. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Im Industriegebiet Billbrook/Rothenburgsort sind rund 1.000 Unternehmen handelsregisterlich erfasst. Hinzu kommen kleinere Unternehmen, die nicht handelsregisterlich erfasst werden beziehungsweise Handwerksunternehmen. Dies sind schätzungsweise 400 weitere Unternehmen. Im Gebiet sind standortabhängig rund 23.000 Menschen beschäftigt. Die in der Broschüre genannten Zahlen beruhten auf Schätzungen, die im Vorwege erfolgt sind. Im Zeitraum von April des Jahres 2014 bis Juni des Jahres 2016 haben sich die HIW Hamburg Invest Wirtschaftsförderungsgesellschaft mbH (HIW) und die IBA Hamburg GmbH (IBA) im Auftrag der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation mit dem Industriegebiet Billbrook/Rothenburgsort intensiv befasst und Handlungsvorschläge entwickelt. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen teilweise auf der Grundlage von Auskünften des Landesbetriebs Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG), der HIW sowie der IBA wie folgt: 1. Welche Maßnahmen ziehen der Senat sowie die zuständigen Behörden und Ämter in Betracht, um den Industriestandort Billbrook zu modernisieren und attraktiver zu gestalten? Liegen hierzu bereits konkrete Pläne (zeitliche Umsetzung, Finanzierung, Kostenkalkulation et cetera) vor? 2. Vom in der Broschüre „Stromaufwärts an Elbe und Bille“ dargestellten Sollzustand ausgehend: Welche Probleme identifizieren der Senat sowie die zuständigen Behörden und Ämter aktuell, die eine Umgestaltung des Fokusraums Billbrook erforderlich machen? Drucksache 21/12714 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Bei der Revitalisierung und Modernisierung des Industriegebiets Billbrook/Rothenburgsort handelt es sich um eine innovative Übertragung von Ansätzen der Stadterneuerung , die üblicherweise in überwiegend von Wohnnutzung geprägten Gebieten angewendet werden, auf ein produktives und für den Wirtschaftsstandort Hamburg bedeutendes Industriegebiet. Dabei sind nur wenige Flächen im städtischen Besitz und können unmittelbar für eine Gebietsentwicklung genutzt werden. Aufgrund der günstigen Lage besteht ein sogenannter Eigentümer-/Vermietermarkt, das heißt die Nachfrage nach Flächen ist größer als das Flächenangebot. Nahezu sämtliche Flächen in diesem Gebiet sind in Nutzung. Auch die Größe des Gebietes erschwert eine flächendeckende Detailplanung. HIW und IBA haben gemeinsam mit den zuständigen Behörden und den Beteiligten vor Ort sechs Handlungsfelder für das Handlungskonzept abgeleitet: a) Verbesserung Straße und Straßenraum, b) Mobilitätsangebote, c) Infrastruktur, d) Flächenmobilisierung, e) Flächennutzung und f) Kommunikation. Auf dieser Basis wird derzeit das Konzept zur Revitalisierung und Modernisierung des Industriegebiets Billbrook/Rothenburgsort erstellt. 3. Laut Internetseite des Industriestandorts Billbrook (www.industriestandort-billbrook.de) gibt es einen Quartiersmanager. a. Welche Aufgaben erfüllt der Quartiersmanager im Detail? Bitte über die Beschreibung auf der Internetseite hinausgehen. Zu den Kernaufgaben des Quartiersmanagers in der HIW zählen: die Kontaktpflege und Beratung der ansässigen Unternehmen, die Rückkopplung örtlicher Entwicklungen und Bedarfe in die Verwaltung und in die Steuerungsgruppe Billbrook, die Begleitung von Innovations- und Kooperationsprojekten zwischen Unternehmen und anderen Standortverantwortlichen im Projektgebiet, die Kontaktpflege zu örtlichen und örtlich angrenzenden Vereinen und Gruppen, die unmittelbar oder mittelbar auf die weitere Entwicklung des Standortes Einfluss nehmen beziehungsweise als Kooperationspartner für die Durchsetzung einzelner oder allgemeiner Ziele von Bedeutung sind. Das geplante Quartiersmanagement im Bezirk wird eng mit dem Quartiersmanager in der HIW zusammenarbeiten. Es soll die Kapazitäten der bezirklichen Wirtschaftsförderung mit Fokus auf das Industriegebiet erhöhen. b. Wie bemessen der Senat und die zuständigen Behörden und Ämter den Erfolg der Einrichtung des Quartiersmanagements? Wird eine Anzahl der Anfragen pro Jahr geführt? Das Quartiersmanagement hat sich in der vergleichsweise kurzen Zeit seines Bestehens durch eine Reihe von Maßnahmen, persönlichen Gesprächen, Hilfen bei Problemlösungen et cetera zu einem kompetenten Ansprechpartner für die Unternehmen im Quartier entwickelt. Das ist eine notwendige Voraussetzung für den erfolgreichen Gesamtprozess der Revitalisierung und Modernisierung des Standortes Billbrook/ Rothenburgsort als Industriestandort. Dies wird dadurch unterstrichen, dass der Billbrookkreis , das Unternehmensnetzwerk vor Ort, eine dauerhafte Etablierung des Quartiersmanagement vor Ort unterstützt. So ist der Quartiersmanager ständiger Vertreter im Billbrookkreis und berichtet dort kontinuierlich über die Entwicklungen im Projektgebiet. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/12714 3 Die Anzahl der Anfragen wird erst seit Etablierung des Quartiersmanagement vor Ort erfasst. c. Wenn ja, wie viele Anfragen werden seit 2013 jährlich gestellt? Wenn nein, warum nicht? Es werden circa 100 Anfragen pro Jahr gestellt. d. Ist angedacht, das Quartiersmanagement nach Abschluss des Modernisierungsprozesses, von welchem auf der Internetseite gesprochen wird, aufrechtzuerhalten? Die Modernisierung befindet sich im laufenden Prozess, daher können hierzu derzeit keine Aussagen getroffen werden. e. Welche Kosten verursacht das Quartiersmanagement jährlich? Wie werden diese gedeckt? Das Quartiersmanagement wurde mit 0,5 Vollzeitäquivalenten (VZÄ) als eine Aufgabe im Zuge des neueingerichteten Key-Account-Managements Industrie bei HIW eingerichtet , um die Beziehungen zu den Unternehmen weiter pflegen zu können. Die Finanzierung erfolgt im Rahmen der institutionellen Förderung für die HIW aus der PG 271.02 Wirtschaftsförderung. Für das Quartiersmanagement im Bezirk ist ebenfalls eine Finanzierung der Personalkosten aus der PG 271.02 vorgesehen. 4. Wie ist der Planungsstand für die „Industrieboulevards“ (Seiten 21, 55 folgende, 67 der Broschüre)? Die Revitalisierung und Modernisierung des Industriegebiets Billbrook/Rothenburgsort ist als langfristiges Konzept angelegt. Die Erneuerung der Straßen und Straßennebenräume stellt eine Schlüsselmaßnahme dar. Damit verbunden ist zugleich die Verbesserung des Erscheinungsbildes des öffentlichen Raums, die Einbindung weiterer Mobilitätsangebote, die Ordnung des ruhenden Verkehrs und gegebenenfalls die Erneuerung leitungsgebundener Infrastrukturen. Zur Sicherung des Verkehrsflusses kann nicht gleichzeitig an mehreren Achsen gearbeitet werden. Die Erneuerung der Liebigstraße greift Elemente eines Industrieboulevards auf, wie Radverkehrsanlagen, zusätzliches Grün und Orte zum Verweilen auf den Nebenflächen, berücksichtigt dabei jedoch gleichzeitig die Bedingungen eines Industriegebietes mit hohem Lkw- Aufkommen. Konkrete Planungen zur Umsetzung eines Industrieboulevards gibt es derzeit nicht. 5. Seite 78 der Broschüre „Stromaufwärts an Elbe und Bille“ hält fest, dass im Laufe des Jahres 2015 die gesammelten Rückmeldungen zum Konzept gebündelt worden wären. Mit Stand April 2018 gibt es jedoch nur ein Dokument, dabei handelt es sich um eine Milieustudie zur Horner Geestachse. a. Wie viele Rückmeldungen zum Konzept gab es? In welche Bereiche konnten diese gebündelt werden? Die damalige Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt hat das Konzept Stromaufwärts an Elbe und Bille – Wohnen und Urbane Produktion im Oktober/November 2014 in den drei im Konzeptgebiet arbeitenden Stadtteilgremien (Beirat Billstedt-Horn, Quartiersbeirat Osterbrookviertel, Stadtteilrat Rothenburgsort), im Stadtplanungsausschuss Hamburg-Mitte sowie in einer Stadtwerkstatt präsentiert und öffentlich zur Diskussion gestellt. Die Ergebnisse der Stadtwerkstatt wurden zusammengefasst und als Broschüre sowie im Internet unter http://www.hamburg.de/contentblob/4458678/ 34f27fed9a99c9eaaaf4b63f744f77a7/data/d-8-dialog-broschuere.pdf veröffentlicht. Die Anzahl der Beiträge in den Veranstaltungen wurde nicht festgehalten. b. Welche Studien werden im Fokusraum Billbrook aktuell durch den Senat beziehungsweise die zuständigen Behörden und Ämter durchgeführt oder direkt finanziert? c. Welche Publikationen werden im Jahr 2018 den Fokusraum betreffend veröffentlicht? Drucksache 21/12714 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Keine. d. Wie viele Personen konnte der Senat durch Öffentlichkeitsarbeit in Sachen Fokusraum Billbrook mit welcher Veranstaltung, in welchem Jahr und mit welcher Besucherzahl erreichen? - Am 20. Juli 2015 kamen circa 130 Personen zur Veranstaltung „Billbrook/Rothenburgsort – gemeinsam für den Industriestandort für morgen“. - Am 17. Dezember 2015 lud die HIW rund 40 Unternehmensvertreterinnen und Unternehmensvertreter sowie Mitglieder der Steuerungsrunde zu einem gemeinsamen Workshop ein. - Am 16. Februar 2016 nahmen circa 50 Personen an der Veranstaltung „Billbrook /Rothenburgsort macht mit beim Klimaschutz“ teil. - Am 29. April 2016 nahmen circa 200 Personen an der Fachtagung „ZUR ZUKUNFT DER ARBEIT IN DER STADT – Gewerbe & Industrie in urbanen Räumen “ teil. - Am 24. Mai 2016 wurde das Handlungskonzept für Billbrook/Rothenburgsort im Rahmen einer öffentlichen Veranstaltung mit circa 140 Teilnehmerinnen und Teilnehmern vorgestellt. - Am 29. November 2016 fanden zwei Workshops im Rahmen des Klimaschutzteilkonzepts statt: Workshop 1 „Stärkung ÖPNV und der ÖPNV-Knotenpunkte“, Workshop 2 „Abwärmenutzung und Energieversorgung“. Die Teilnehmerzahl wurde nicht dokumentiert. . Am 21. März 2017 fand die Präsentation des Klimaschutzteilkonzeptes Industriegebiet Billbrook/Rothenburgsort mit circa 30 Teilnehmerinnen und Teilnehmern statt. e. Welche öffentlichkeitswirksamen Maßnahmen sind für das Kalenderjahr 2018 noch geplant? Für September des Jahres 2018 befindet sich eine Fachkonferenz zum Thema „Industriestandort 4.0“ in Vorbereitung. 6. Die ehemalige HWF Hamburgische Gesellschaft für Wirtschaftsförderung mbH und nunmehrige HIW Hamburg Invest Wirtschaftsförderungsgesellschaft GmbH identifizierte im Projekt „Bestandsentwicklung Billbrook “ zwischen 2009 und 2010 Entwicklungshemmnisse. Das Projekt „Bestandsentwicklung Billbrook“ hatte zum Ziel, Maßnahmen und Instrumente zu erproben, mit denen nicht beziehungsweise untergenutzte Gewerbeflächen aktiviert werden können. Die Erfahrungen aus dem Projekt sind in das strategische Flächenmanagement des Landesbetriebs Immobilienmanagement und Grundvermögen (LIG) eingeflossen und wurden als Grundlagen für das Handlungskonzept Billbrook aufgegriffen. a. Welche Entwicklungshemmnisse wurden identifiziert? Bitte die gesamten Erkenntnisse nennen. Bisher wurde lediglich eine Auswahl publiziert. Folgende Entwicklungshemmnisse sind in Billbrook anzutreffen und wirken nach jeweiliger Ausprägung unterschiedlich stark einer entsprechenden schnellen Revitalisierung entgegen: - Kontamination des Bodens - Kampfmittelverdacht beziehungsweise hohe Sondierungskosten - Eigentümer- beziehungsweise Vermietermarkt b. Wie begegneten der Senat und die zuständigen Behörden und Ämter in welchem Kalenderjahr welchem Entwicklungshemmnis? c. Welche Kosten wurden für die Behebung dieser Hemmnisse jeweils veranschlagt? Welche Kosten entstanden tatsächlich? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/12714 5 d. Sofern diese Hemmnisse nicht beseitigt werden, weshalb nicht? Das Marktverhalten von privaten Grundeigentümerinnen und Grundeigentümern hinsichtlich ihren Miet- und Verkaufsaktivitäten Liegt in deren Entscheidungskompetenz. Die zuständigen Behörden arbeiten mit dem Grundeigentümerinnen und Grundeigentümern zusammen, um auf die Beseitigung der Hemmnisse hinzuwirken. 7. Welches Planungskonzept besteht seitens des Senats und der zuständigen Behörden und Ämter mit Blick auf die Entwicklung des Industriestandorts Billbrook? a. Welche Behörden haben hierzu wann, mit welchen Betrieben, über welchen Inhalt gesprochen? b. Welchen Einfluss hatten die Gespräche auf die ursprüngliche Planung ? Inwiefern unterscheidet sich das aktuelle Konzept vom ursprünglichen Konzept hinsichtlich Kennzahlen, Zeiträumen und Zielen? Die Erstellung der Handlungsvorschläge fand im Austausch mit verschiedenen Unternehmen vor Ort, der Handelskammer Hamburg, der Handwerkskammer Hamburg, dem Billbrookkreis und dem Industrieverband Hamburg statt. Die vielfältigen Gespräche zwischen Dienststellen der Hamburgischen Verwaltung und Unternehmen, Kammern oder Verbänden werden nicht erfasst. Einzelne Erkenntnisse und Maßnahmenvorschläge wurden intensiv diskutiert, Maßnahmen gemeinsam priorisiert und zum Teil gemeinsam entwickelt. Eine Anpassung des Planrechtes ist nicht beabsichtigt. c. Welche Baumaßnahmen werden durch die Freie und Hansestadt Hamburg durchgeführt und wann beginnen diese jeweils? Maßnahme Umsetzung im Jahr Sanierung der Liebigstraße, Wöhlerstraße bis Berzeliusstraße 2017/2018 Andreas-Meyer-Straße, Erschließung Multienergietankstelle 2017/2018 Grundinstandsetzung Brückenbauwerk Ausschläger Allee/ HEW-Gleise (BW 512) 2019/2020 Deckensanierung Moorfleeter Straße von Werner-Siemens- Straße bis Bredowstraße voraussichtlich im Herbst 2018 Grundinstandsetzung/Umgestaltung Billbrookdeich von Moorfleeter Straße bis Haus-Nr. 191 voraussichtlich 2018 Umbau provisorischer Busbuchten zu Buskaps in der Berzeliusstraße noch offen Herrichtung der nördlichen Nebenflächen in der Liebigstraße /Poggendorfstraße von Wöhlerstraße bis Billbrookdeich 2018/2019