BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/12757 21. Wahlperiode 27.04.18 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Franziska Grunwaldt (CDU) vom 19.04.18 und Antwort des Senats Betr.: Wie stellt der Senat sicher, dass Flüchtlinge über die vorhandenen Integrationsangebote auch informiert sind? Schon für eine Person, die der deutschen Sprache mächtig ist und die Strukturen der Hamburger Verwaltung und Einrichtungen kennt, ist es nicht immer einfach, den richtigen Ansprechpartner beziehungsweise Verantwortlichen sofort zu erreichen. Für Personen, die Probleme mit der deutschen Sprache haben und/oder auch den Aufbau der Verwaltung nicht kennen, dürfte es noch viel schwieriger sein, Angebote zu nutzen beziehungsweise überhaupt die Information über das Vorhandensein der Angebote zu erlangen. Zwar investiert der Senat inzwischen durchaus in viele kleine Integrationsprojekte, doch Berichte von Trägern oder Ehrenamtlichen, aber auch einige Drucksachen zu Projekten, die vom Integrationsfonds gefördert werden, machen deutlich, dass Angebot und Nachfrage oft nicht effektiv oder gar nicht zusammengeführt werden und so Chancen nicht genutzt werden und zudem Steuergelder an falscher Stelle gebunden sind. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Hamburg verfügt über ein differenziertes und aufeinander abgestimmtes Spektrum an Integrations- und Beratungsangeboten für Geflüchtete. Dieses reicht von Angeboten des Regelsystems über solche, die sich speziell an Geflüchtete und vielfach auch an andere Menschen mit Migrationshintergrund richten bis hin zu einzelnen Projekten, die die Angebote des Regelsystems ergänzen (siehe Drs. 21/11389). Im Hamburger Integrationskonzept „Wir in Hamburg! Teilhabe, interkulturelle Öffnung und Zusammenhalt – Hamburger Integrationskonzept 2017“ (siehe Drs. 21/10281) hat der Senat sieben fachliche Schwerpunkte mit insgesamt 26 Handlungsfeldern definiert . Eine besondere Bedeutung kommt hierbei – und das ist neu gegenüber dem vorherigen Konzept – der Erstintegration der in Hamburg Schutz suchenden Menschen zu. Zu den speziellen Angeboten, die auf die besonderen Bedarfe der Geflüchteten zugeschnitten sind, zählen insbesondere die Angebote des Bundes zur Erstorientierung für Geflüchtete, die Integrationskurse für Erwachsene und das landesfinanzierte Programm „Deutschkurse für Flüchtlinge“ sowie die ehrenamtlichen Angebote der Sprachförderung, zum Beispiel „Dialog in Deutsch“ der Hamburger öffentlichen Bücherhallen und „Sprache im Alltag“ der Sprachbrücke-Hamburg e.V. Weitere zentrale Integrationsangebote sind „W.I.R – Work and Integration for Refugees “ und die Jugendberufsagentur (siehe Drs. 21/10281 und 21/10523). Ergänzt werden diese Integrationsangebote durch zahlreiche Einzelprojekte, die unter anderem durch den Integrationsfonds der Hamburger Bürgerschaft gefördert werden. Hierbei handelt es sich im Wesentlichen um Angebote, die Geflüchteten unter ande- Drucksache 21/12757 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 rem erste Orientierungshilfen vor Ort anbieten und im Rahmen einer Lotsenberatung an das Regelsystem heranführen. Damit möglichst alle Betroffenen den Weg in das Regelsystem und dort die richtigen Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner finden, ist es Aufgabe der zuständigen Fachbehörden und der Bezirksämter, Geflüchtete jeweils themenbezogen über Integrationsangebote vor Ort zu informieren. Darüber hinaus steht allen Geflüchteten eine zentrale Verweisberatung zur Verfügung, die eine Lotsenfunktion für die Ratsuchenden wahrnimmt. Hierzu zählen die Beratungsdienste des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ). Erwachsene aus Herkunftsländern mit hoher Schutzquote (derzeit Syrien, Irak, Iran, Eritrea und Somalia) können sich an die Migrationsberatungsstellen des BAMF wenden, jungen Geflüchteten stehen die Jugendmigrationsdienste des BMFSFJ zur Verfügung. Geflüchtete mit ungesichertem Aufenthalt, die (noch) keinen Zugang zur Migrationsberatung des Bundes haben, werden von der zentralen Information und Beratung für Flüchtlinge gGmbH (im Folgenden Flüchtlingszentrum genannt) beraten und begleitet. Verschiedene Einzel- und Gruppenangebote bieten Hilfe und Orientierung in Alltagsfragen und im Umgang mit Institutionen und Behörden. Das Beratungsteam des Flüchtlingszentrums berät in insgesamt sechzehn Sprachen (Arabisch, Bosnisch, Dari, Deutsch, Englisch, Farsi, Französisch, Italienisch , Kroatisch, Kurdisch-Sorani, Pashtu, Polnisch, Russisch, Serbisch, Spanisch und Ukrainisch). Dieses Beratungsangebot wird ausschließlich mit Landesmitteln gefördert. Weitere Informationen und Auskünfte zu Integrationsangeboten sind unter anderem über die Internetseiten des BAMF, des BMFSFJ und des Hamburger Bürgerservice sowie des Flüchtlingszentrums abrufbar: http://www.bamf.de/DE/Willkommen/willkommen-node.html, https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/themen/kinder-und-jugend/integration-und-chancen-fuerjunge -menschen/jugendmigrationsdienste/jugendmigrationsdienste/86208, http://www.hamburg.de/integration/service/116746/publikationen/, http://www.hamburg.de/forum-fluechtlingshilfe/6453262/forum-eingang/, https://www.fz-hh.de/de/links.php. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Verfügt der Zentrale Koordinierungsstab Flüchtlinge (ZKF) über eine Auflistung aller Integrationsprojekte in der Stadt inklusive den damit verbundenen Zielen, Zielgruppen, Ansprechpartnern und Terminen? Wenn ja, an wen gibt er die Informationen in welcher Form weiter? Wenn nein, warum nicht? 2. Verfügt f & w fördern und wohnen (f & w) als mit Abstand größter Betreiber von Erstaufnahmen (EA) und vor allem öffentlich-rechtlichen Unterkünften (örU) über eine Auflistung aller Integrationsprojekte in der Stadt inklusive den damit verbundenen Zielen, Zielgruppen, Ansprechpartnern und Terminen? Wenn ja, an wen gibt er die Informationen in welcher Form weiter? Wenn nein, warum nicht? 3. In welcher Form informieren und vermitteln die Sozialmanager in den EAs und örU die Flüchtlinge aktiv in Integrationsprojekte? 4. Gibt es hierfür eine zentrale Informationsquelle, über die die Sozialmanager ihre Informationen beziehen können? Wenn ja, welche und durch wenn betrieben und aktualisiert? Wenn nein, warum nicht? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/12757 3 Das Unterkunfts- und Sozialmanagement (UKSM) in den Wohnunterkünften arbeitet mit den Bewohnerinnen und Bewohnern der Wohnunterkünfte eng zusammen, um sie zu aktivieren und damit sie sich selbst helfen zu können. Hierzu werden die Bewohnerinnen und Bewohner an die jeweils entsprechenden Beratungs- und Integrationsangebote des Regelsystems herangeführt. Außerdem vermittelt das UKSM im Einzelfall jeweils Kontakte zu den Migrationsberatungsberatungsstellen , den Jugendmigrationsdiensten oder zum Flüchtlingszentrum. Die Bandbreite der Maßnahmen reicht von schriftlichen Informationsangeboten über Beratungsgespräche und Gruppenveranstaltungen. Hierbei wird das UKSM sowohl durch ehrenamtlich tätige Bürgerinnen und Bürger als auch durch Dienststellen unterstützt , die vor Ort Informationsveranstaltungen durchführen. Entsprechende Maßnahmen werden grundsätzlich in allen Unterkünften mit unterschiedlichen Schwerpunkten angeboten und zählen zum Aufgabenspektrum der UKSM. Flyer, Broschüren und Listen der Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner des Hamburger Regelsystems sind vor Ort zum Teil in mehreren Sprachen vorhanden und werden bei Bedarf aktualisiert. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 5. Welche Stelle informiert jene Flüchtlinge, die bereits in regulären Wohnraum gezogen sind, über die Integrationsprojekte der Stadt und vor allem in ihrem Bezirk? 6. Welche Art von Betreuung erhalten Flüchtlinge, die in regulären Wohnraum gezogen sind? Siehe Vorbemerkung. 7. Wie viele Flüchtlinge sind seit 2015 bis heute bereits insgesamt in regulären Wohnraum gezogen? Bitte zusätzlich nach Jahren aufschlüsseln. Aus der monatlichen Fluktuationsstatistik von f & w fördern und wohnen AöR ergeben sich hierzu jahresbezogen folgende Daten: Jahr Anzahl Personen, die in regulären Wohnraum umgezogen sind 2015 1.791 2016 2.655 2017 2.798 bis 03/2018 940 8. Wie haben sich die Aufgaben des Flüchtlingszentrums in den Jahren seit 2015 entwickelt? Gab es Verschiebungen bei den Schwerpunkten? Sind neue Aufgaben hinzugekommen neben der Klärung von Aufenthaltsfragen und der Rückkehrberatung? Bedingt durch die hohen Zahlen Schutzsuchender in den Jahren 2015 und 2016 ist die Anzahl der Ratsuchenden beim Flüchtlingszentrum deutlich gestiegen (siehe Drs. 21/6055, 21/10179 und 21/12703). Beratungsschwerpunkte bilden wie bisher die Flüchtlingsberatung, die Vermittlung in das Hamburger Programm „Deutschkurse für Flüchtlinge“ und die Rückkehrberatung. Hinzugekommen ist seit September 2015 die Vermittlung von Teilnehmenden von W.I.R in das Landesprogramm „Deutschkurse für Flüchtlinge“ und die Beratung zu weiteren Sprachförderangeboten. 9. Wie viele VZÄ sind im Flüchtlingszentrum tätig und welche finanzielle Unterstützung erhält es durch die Freie und Hansestadt Hamburg? Bitte nach Jahren von 2015 bis heute aufschlüsseln. Siehe Anlage. 10. Welche Stelle auf Ebene der Bezirke informiert Flüchtlinge über die Integrationsangebote der Stadt? Wie werden diese darüber informiert, dass es diese Stelle gibt? Drucksache 21/12757 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Das Bezirksamt Hamburg-Mitte informiert die Geflüchteten über Beratungs- und Sozialraumerkundungsprojekte sowie über die Koordinierungsstellen des Bezirksamtes. Das Fachamt Sozialraummanagement stellt die entsprechenden Informationen zur Verfügung. Darüber hinaus informiert das Bezirksamt die Netzwerkpartnerinnen und -partner auf seiner Homepage über Beratungsthemen und Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner. Im Bezirksamt Wandsbek nimmt die bezirkliche Flüchtlingskoordinatorin die Netzwerkfunktion zwischen den Wohnunterkünften und den jeweiligen Beratungseinrichtungen und ehrenamtlichen Initiativen wahr. Fachübergreifend finden regelmäßig sozialräumliche Veranstaltungen rund um die Unterkünfte unter Beteiligung der oben genannten Einrichtungen und Initiativen statt. Außerdem informiert das Bezirksamt über Kontaktdaten auf seiner Homepage. Das Bezirksamt Harburg steht in regelmäßigem Austausch mit den Unterkünften, Flüchtlingsinitiativen, dem Harburger Integrationsrat und entsprechenden Netzwerken. Es informiert, vermittelt, kommuniziert und leitet Integrationsangebote an Multiplikatorinnen und Multiplikatoren weiter. Im Bezirksamt Altona wird Integration als Querschnittsaufgabe angesehen. Alle Fachbereiche informieren Geflüchtete jeweils themenbezogen über Integrationsangebote und vermitteln diese an entsprechende Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner. Geflüchtete werden durch Informationsveranstaltungen und durch das Auslegen von Flyern und ähnlichen Informationen, zum Beispiel an den Auszahlungsstellen oder direkt in den Wohnunterkünften, informiert. Im Bezirksamt Eimsbüttel sind aktuell zwei Personen (1,8 Stellen) mit der Planung und Koordination der sozialräumlichen Integration in den Flüchtlingsunterkünften betraut. Diese Aufgabe umfasst die Analyse der vorhandenen Angebote und bestehenden Bedarfe sowie die Entwicklung entsprechender Projekte und die Zusammenarbeit mit den Netzwerkpartnerinnen und -partner. Im Bezirksamt Bergedorf werden Geflüchtete durch die Integrationsfachkraft über Integrationsangebote informiert. Die entsprechenden Kontaktdaten sind auf der Homepage des Bezirksamtes veröffentlicht. Das Bezirksamt Hamburg-Nord unterstützt und fördert zahlreiche professionelle und ehrenamtliche Projekte im Umfeld von Flüchtlingsunterkünften. Die Öffentlichkeitsarbeit für diese Projekte und das Bekanntmachen vor Ort ist Bestandteil der jeweiligen Projektarbeit. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 11. Gibt es eine Broschüre/einen Flyer, der über alle oder zumindest viele Integrationsangebote in Hamburg inklusive Ziele, Zielgruppen, Ansprechpartner und Termine informiert? Wenn ja, welcher ist es und in welchen Sprachen erfolgt die Information? Wenn nein, warum nicht? 12. Gibt es ein Broschüre/einen Flyer, der über alle Hamburger Beratungsstellen zum Thema Nutzung von Integrationsangeboten informiert? Wenn ja, welcher ist es und in welchen Sprachen erfolgt die Information? Wenn nein, warum nicht? 13. Gibt es eine Internetseite, die über alle oder zumindest viele Integrationsangebote in Hamburg inklusive Ziele, Zielgruppen, Ansprechpartner und Termine informiert? Wenn ja, welche ist es und in welchen Sprachen erfolgt die Information? Wenn nein, warum nicht? 14. Gibt es eine Internetseite, die über alle Hamburger Beratungsstellen zum Thema Nutzung von Integrationsangeboten informiert? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/12757 5 Wenn ja, welche ist es und in welchen Sprachen erfolgt die Information? Wenn nein, warum nicht? Siehe Vorbemerkung sowie Antworten zu 1. bis 4. und 10. 15. In ihrem Antrag Drs. 21/6724 hat die CDU-Fraktion die Einrichtung einer Vermittlungsplattform für Flüchtlingspatenschaften gefordert. Mit Drs. 21/6914 zeigten sich die Regierungsfraktionen bereit, diese Forderung noch um eine begleitende Öffentlichkeitskampagne zu erweitern. Wie ist der Stand der Umsetzung der Drs. 21/6914? Auf welcher Internetseite können interessierte Hamburger sich für eine Patenschaft bewerben? Mit der Gestaltung und Umsetzung der Öffentlichkeitskampagne wurde die Polycore Werbeagentur GmbH beauftragt. Sie erarbeitet aktuell mit Kooperationspartnern Design und Inhalte der Kampagne sowie der Vermittlungs- und Vernetzungsplattform unter Einbeziehung der Erfahrungen der bereits im Bereich Patenschaften und Mentoring in Hamburg aktiven Vereine und Organisationen. Auftakt des Beteiligungsprozesses ist ein Workshop am 03.05.2018. Nach derzeitigem Planungsstand ist der Start der Vermittlungs- und Vernetzungsplattform vor der Sommerpause 2018 vorgesehen. Im Übrigen siehe Drs. 21/11471. Drucksache 21/12757 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 6 Anlage Zentrale Information und Beratung für Flüchtlinge gGmbH“ (Flüchtlingszentrum ): Anzahl der mit Landesmitteln geförderten Vollzeitäquivalente (VZÄ) Jahr VZÄ Zuwendungssumme der FHH 2015 11,3 VZÄ Beratung zuzügl. 1,0 Geschäftsführung 2,0 Verwaltung 869.607,92 € 2016 17,03 VZÄ Beratung zuzügl. 1,0 Geschäftsführung 2,0 Verwaltung 1.128.969,12 € 2017 17,03 VZÄ Beratung zuzügl. 1,0 Geschäftsführung 2,0 Verwaltung 1.262.620,25 € 2018 17 VZÄ zuzügl. 1,17 Geschäftsführung 2,0 Verwaltung 1.426.130,47 €