BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/1278 21. Wahlperiode 18.08.15 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Birgit Stöver (CDU) vom 12.08.15 und Antwort des Senats Betr.: Beobachtung der salafistischen/dschihadistischen Szene in Harburg durch den Verfassungsschutz Im aktuellen Verfassungsschutzbericht wird berichtet, dass die einzigen vom Hamburgischen Verfassungsschutz beobachteten Moscheen sich in Harburg befinden. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Welche Veränderungen haben sich nach Erkenntnis des Verfassungsschutzes im Vergleich zum Vorjahr und zum Vorvorjahr (2013) ergeben? Welche Schwerpunkte haben sich wie aus welchem Grund entwickelt? 2. Wie hat der Einfluss der salafistischen/dschihadistischen Szene zugenommen beziehungsweise wie hat sich der Einfluss dieser Szene verändert ? Mit welchen Maßnahmen versucht die salafistische/dschihadistische Szene an Einfluss zu gewinnen? Die Zahl der Personen, die dem Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) Hamburg als Angehörige des salafistischen Spektrums bekannt sind, ist weiter gestiegen. Wesentliche Propagandamittel sind weiterhin das Internet und die persönliche Ansprache. Verstetigt hat sich die Anmeldung von sogenannten Koranverteilungsständen, aber auch die Wahrnehmung sogenannter Street-Dawa-Aktionen. Im Übrigen siehe Drs. 21/1204. 3. Wie haben sich die „öffentlichen Veranstaltungen“ der salafistischen/ dschihadistischen Szene in Hamburg (Koranverteilungen, Aufbau von Ständen, Kundgebungen und Veranstaltungen oder ähnliches) seit 2013 im Bezirk Harburg und im Vergleich zu den anderen Bezirken entwickelt ? Welche Rückschlüsse und Konsequenzen zieht der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde daraus? Öffentlich aktiv sind Salafisten in Hamburg vor allem bei Koranverteilungsaktionen (Infostände, Street-Dawa). Diese Koranverteilungen finden überwiegend im Bezirk Hamburg-Mitte statt; im Bezirk Harburg gab es nach Erkenntnissen des LfV Hamburg in den vergangenen Jahren lediglich vereinzelte Infostände. Außer einer Aktion im Jahr 2013 im Bezirk Wandsbek sind in anderen Bezirken bisher keine Koranstände bekannt geworden. 2012 fanden nach Erkenntnissen des LfV Hamburg 19 salafistische Infostände mit Koranverteilungen statt (davon eine im Bezirk Harburg), 2013: 27 (davon eine im Bezirk Wandsbek), 2014: 56 (davon sechs im Bezirk Harburg), 2015: bisher gut 80 (sämtlich im Bezirk Hamburg-Mitte). Zur mobilen Street-Dawa, bei der Salafisten Korane und Flyer aus mitgeführten Rucksäcken verteilen, liegen keine belastbaren Zahlen vor, da solche Aktionen bei den Bezirksämtern keiner Anmeldung bedürfen. Nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes liegt der Schwerpunkt dieser Street-Dawa ebenfalls im Bezirk Hamburg- Drucksache 21/1278 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Mitte, vereinzelt wurden Aktionen im Bezirk Harburg festgestellt. Im Übrigen siehe Drs. 21/114 und 21/1204. Größere salafistische Veranstaltungen gab es im Bezirk Harburg seit 2013 lediglich in der Taqwa-Moschee: 2013 zwei Veranstaltungen und 2014 eine Dawa-Veranstaltung mit etwa 60 bis 80 Teilnehmern. Zu Freitagsgebeten besuchen regelmäßig zwischen 60 und 150 Personen, die überwiegend der salafistischen Szene zuzurechnen sind, die Taqwa- und die El-Iman-Moschee. Seit 2013 gab es in den Bezirken HamburgMitte und Wandsbek einige von Salafisten organisierte Versammlungen, bei denen Spenden gesammelt wurden, sowie zwei Auftritte eines szenebekannten Redners. Der Senat wird daher das unter anderem in den Drs. 20/13460, 21/476, 21/954 sowie 21/1204 ausführlich beschriebene Maßnahmenpaket auch künftig fortsetzen. 4. Wie viele Personen werden derzeit vom Verfassungsschutz der salafistischen Szene in Hamburg zugerechnet? Wie viele Personen werden derzeit vom Verfassungsschutz der dschihadistischen Szene in Hamburg zugerechnet? Bitte jeweils nach Bezirk, Geschlecht, Alter, Herkunft und Staatsangehörigkeit angeben. Derzeit beträgt die Zahl der vom LfV Hamburg der salafistischen Szene zugeordneten Personen 472. Davon sind 266 als Jihadisten erfasst, also solche Salafisten, die den bewaffneten Dschihad befürworten. Von den 472 Personen sind 330 in Hamburg gemeldet und konnten somit den jeweiligen Bezirken zugeordnet werden. Von diesen 330 Personen sind 162 als dschihadistische Salafisten eingeordnet. Die verbleibenden 142 Personen haben zwar ihren Aktionsschwerpunkt auch in Hamburg, wohnen aber entweder im Bereich der Metropolregion oder die Identität wird zurzeit im Zusammenhang mit deren Internetaktivitäten noch ermittelt. Im Übrigen siehe Anlage. 5. Welche Maßnahmen werden zur Prävention und Aufklärung über die salafistische/dschihadistische Szene in Hamburg durch a. das Landesamt für Verfassungsschutz, b. die Behörde für Inneres und Sport, c. die Behörde für Schule und Berufsbildung, d. die Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration, e. die Landeszentrale für politische Bildung, f die sieben Bezirksämter angeboten und durchgeführt? Gibt es ein behördenübergreifendes Gesamtkonzept beziehungsweise einen Gesamtansatz? Welche Dienststelle hat die Koordination beziehungsweise die Federführung der Maßnahmen übernommen? Wie oft und in welcher Weise tauschen sich die jeweiligen Behörden und Ämter aus, um den gesamtheitlichen Ansatz zu gewährleisten? 6. Welche Schwerpunkte werden der Senat und die zuständigen Behörden und Ämter im Jahr 2015 setzen in Sachen a. Beobachtung und Aufklärung der salafistischen/dschihadistischen Szene in Hamburg, insbesondere in Harburg? b. Prävention und Aufklärung stadtweit und im Bezirk Harburg? c. Bekämpfung der salafistischen/dschihadistischen Szene in der Stadt und im Bezirk Harburg? 7. Plant der Senat nach der derzeitigen Erkenntnislage des Landesamtes für Verfassungsschutz die personelle und finanzielle Aufstockung der entsprechenden Dienststellen? Wenn ja, in welchem Umfang? Wenn nein, warum nicht? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/1278 3 Die Polizei Hamburg trifft im Rahmen ihrer Zuständigkeit alle straf- und gefahrenabwehrrechtlich erforderlichen Maßnahmen. Im Übrigen siehe Antwort zu 3. sowie Drs. 20/13460, 21/476, 21/954 sowie 21/1204. 8. Schätzt der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde die Situation für die Hamburger aufgrund der aktuellen Entwicklungen neu ein? Wenn ja, zu welchen Erkenntnissen kommt er beziehungsweise sie? Wenn nein, warum nicht? Mit den in den Drs. 20/13460, 21/476, 21/954 und 21/1204 dargestellten Konzepten trägt der Senat den Entwicklungen fortlaufend Rechnung. Eine gegebenenfalls erforderliche Anpassung von Maßnahmen ist Teil der dort dargestellten Konzepte. Drucksache 21/1278 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Anlage Bezirk Altona Personen der salafistischen Szene gesamt 40 davon Personen der jihadistischen Szene 19 Geschlecht männlich 39 weiblich 1 Alter unter 18 6 18-21 9 22-25 5 26-35 7 über 35 13 Herkunft/Geburtsland Deutschland 20 Afghanistan 2 Russland 2 Kuweit 2 Marokko 2 Syrien 2 sonstige je 1 10 Staatsangehörigkeit Deutschland 25 Syrien 3 Türkei 2 Russland 2 Israel 2 sonstige je 1 6 Bezirk Bergedorf Personen der salafistischen Szene gesamt 9 davon Personen der jihadistischen Szene 4 Geschlecht männlich 8 weiblich 1 Alter unter 18 - 18-21 2 22-25 2 26-35 3 über 35 2 Herkunft/Geburtsland Deutschland 3 Afghanistan 3 IRA, LIB,SYR je 1 Staatsangehörigkeit Deutschland 8 Libanon 1 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/1278 5 Bezirk Eimsbüttel Personen der salafistischen Szene gesamt 45 davon Personen der jihadistischen Szene 16 Geschlecht männlich 41 weiblich 4 Alter unter 18 1 18-21 9 22-25 10 26-35 14 über 35 11 Herkunft/Geburtsland Deutschland 22 Israel 3 Afghanistan 2 Kuweit 2 Syrien 6 sonstige je 1 10 Staatsangehörigkeit Deutschland 27 Syrien 5 Israel 4 Marokko 2 sonstige je 1 7 Bezirk Hamburg-Mitte Personen der salafistischen Szene gesamt 105 davon Personen der jihadistischen Szene 58 Geschlecht männlich 92 weiblich 13 Alter unter 18 7 18-21 22 22-25 17 26-35 38 über 35 21 Herkunft/Geburtsland Deutschland 55 Afghanistan 14 Türkei 5 Libanon 4 Pakistan 3 Marokko 2 Algerien 2 Iran 2 Syrien 2 Kasachstan 2 Drucksache 21/1278 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 6 Personen der salafistischen Szene Ägypten 2 Ghana 2 Sonstige je 1 10 Staatsangehörigkeit Deutschland 68 Türkei 11 Mazedonien 4 Afghanistan 3 Algerien 2 Ägypten 2 Libanon 2 sonstige je 1 13 Bezirk Hamburg-Nord Personen der salafistischen Szene gesamt 32 davon Personen der Jihadistischen Szene 20 Geschlecht männlich 28 weiblich 4 Alter unter 18 - 18-21 2 22-25 6 26-35 14 über 35 10 Herkunft/Geburtsland Deutschland 21 Afghanistan 4 Irak 2 sonstige je 1 5 Staatsangehörigkeit Deutschland 23 Türkei 4 Afghanistan 2 sonstige je 1 3 Bezirk Wandsbek Personen der salafistischen Szene gesamt 56 davon Personen der jihadistischen Szene 28 Geschlecht männlich 48 weiblich 8 Alter unter 18 - 18-21 10 22-25 11 26-35 25 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/1278 7 Personen der salafistischen Szene über 35 10 Herkunft/Geburtsland Deutschland 29 Afghanistan 10 Bosnien 3 Algerien 2 Marokko 2 Tunesien 2 sonstige je 1 8 Staatsangehörigkeit Deutschland 39 Afghanistan 4 Türkei 4 Marokko 2 Algerien 2 Bosnien 2 sonstige je 1 3 Bezirk Harburg Personen der salafistischen Szene gesamt 43 davon Personen der jihadistischen Szene 17 Geschlecht männlich 33 weiblich 10 Alter unter 18 1 18-21 6 22-25 7 26-35 15 über 35 14 Herkunft/Geburtsland Deutschland 22 Tunesien 6 Marokko 5 sonstige je 1 10 Staatsangehörigkeit Deutschland 28 Marokko 3 Tunesien 3 Türkei 2 sonstige je 1 7