BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/12806 21. Wahlperiode 30.04.18 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein (FDP) vom 23.04.18 und Antwort des Senats Betr.: Überlastung der Justiz – Wie weit geht die Unterstützung des Senats tatsächlich? Die Belastung an den Gerichten zeigt, dass in einem konkreten Fall am Gericht Altona ein Verfahren wegen Verjährung eingestellt werden musste. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, was der Senat durch welche Maßnahmen zur Entlastung unternimmt und wie er sinnvolle Kontrollen durchführt. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Im vorliegenden Fall gibt es keine Hinweise, dass eine strukturelle Überlastung ursächlich für die unterbliebene Förderung des Verfahrens durch das Gericht war. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Bekommen die Richter/-innen und Staatsanwälte/-innen Angebote zur Unterstützung bei der Bearbeitung ihrer Fälle insbesondere durch a. computerspezifische Hilfe wie beispielweise spezielle Software am Arbeitsplatz und Unterstützung beim Umgang mit der Software, Sowohl Gerichte als auch die Staatsanwaltschaft werden durch eine Vielzahl von IT- Anwendungen bei ihrer Arbeit unterstützt. Das gilt auch für den Bereich der Fristenkontrolle . Die ordentliche Gerichtsbarkeit nutzt forumSTAR – eine Kombination aus Datenbank und Datenverarbeitungsprogramm. Am Landgericht finden mehrfach im Jahr Schulungen statt und auch bei Problemen kann auf den IT-Service beziehungsweise den Fachbereich forumSTAR zurückgegriffen werden. Darüber hinaus sind am Landgericht einige Lizenzen für die Spracherkennungssoftware „Dragon“ vorhanden, die auch genutzt werden. Daneben werden am Landgericht noch diverse Datenbanken wie juris, beck-online, unalex, ibr-online und so weiter genutzt. Am Amtsgericht findet bei einem Neueinstieg oder einem Wiedereinstieg in den jeweiligen Rechtsbereichen eine Schulung statt, die von speziell hierzu freigestellten Richterinnen und Richtern durchgeführt wird. Darüber hinaus werden regelmäßig Vertiefungsveranstaltungen für den Umgang mit forumSTAR angeboten. Als Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner zu allen Fragen im Umgang mit der Software, seien diese technischer oder rechtlicher Natur, stehen neben den freigestellten Richterinnen und Richtern weitere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des IT-Service zur Verfügung. Bei der Staatsanwaltschaft Hamburg haben alle Dezernentinnen und Dezernenten Zugriff auf das bei der Staatsanwaltschaft im Einsatz befindliche Vorgangsverwaltungs - und Vorgangsbearbeitungssystem MESTA sowie ein datenbankgestütztes Schreibwerk. Mit diesem Schreibwerk können die Dezernentinnen und Dezernenten der Staatsanwaltschaft die Mehrzahl der von ihnen zu fertigenden Anträge, Anklagen, Drucksache 21/12806 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Bescheide, Schreiben und Verfügungen formularunterstützt erstellen. Darüber haben die Dezernentinnen und Dezernenten online Zugriff auf (juristische) Informations- und Auskunftssysteme. Die Dezernentinnen und Dezernenten werden bei (Wieder-)Eintritt in die Dienststelle im Umgang mit MESTA und dem MESTA-Schreibwerk geschult. Sofern sich bei der täglichen Nutzung des Schreibwerks oder von MESTA Fragen ergeben, sind in jeder Hauptabteilung Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner benannt. Darüber hinaus stehen auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der IT- Abteilung (sowie die Hotline von Dataport) für Rückfragen zur Verfügung. b. Weiterbildungen zum Thema Zeitmanagement, Die zuständige Behörde bietet für Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte regelmäßig die Teilnahme an landeseigenen Fortbildungsveranstaltungen an, die das Thema Zeitmanagement behandeln. c. weitere Unterstützungsmaßnahmen der Justizbehörde (bitte jeweils ausführlich darstellen)? Wenn ja, seit wann und in welchem Umfang (bitte je nach Gericht und für die Staatsanwaltschaft darstellen)? Wenn nein, warum nicht? Die zuständige Behörde arbeitet seit 2015 kontinuierlich an der Verbesserung der Personalsituation in der Hamburger Justiz. Die Gerichte erfahren den größten Personalaufbau seit 20 Jahren mit insgesamt rund 170 zusätzlichen Stellen. Davon hat auch das Amtsgericht profitiert. Aus dem mit dem Haushalt 2015/2016 geschaffenen Verstärkungspool sowie zur Verstärkung im Zusammenhang mit familiengerichtlichen Verfahren von Geflüchteten und zum Ausgleich für langfristig erkrankte und beurlaubte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erhielt das Amtsgericht drei Stellen für Richterinnen und Richter und vier Stellen im Servicebereich. Im Rahmen der Aufarbeitung des G20-Gipfels erhielt das Amtsgericht aus dem Haushalt 2017 darüber hinaus zwei weitere Stellen für Richterinnen und Richter sowie zwei Stellen für den Geschäftsstellenbereich (siehe Drs. 21/10486). Eine Einflussnahme der zuständigen Behörde auf die konkrete Verfahrensbearbeitung des Gerichts verbietet sich vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlich garantierten richterlichen Unabhängigkeit (Artikel 97 Absatz 1 GG). Eine generelle Unterstützung der Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte durch die zuständige Behörde erfolgt durch ein breites Fortbildungsangebot und Angebote im Bereich der psychosozialen Beratung. Darüber hinaus werden die Richterinnen und Richter durch Angebote im Bereich der Supervision unterstützt. 2. Wie, durch wen und in welchem Zeitraum kontrolliert die zuständige Behörde, wo genau die Belastung bei den Gerichten und bei der Staatsanwaltschaft besonders groß ist? Was waren die bisherigen Ergebnisse der Kontrollen in den Jahren 2017 und 2018? 3. Welche Dienstanweisungen bestehen zur Kontrolle der Fristen und Verjährungen bei Gerichten und der Staatsanwaltschaft? Die gerichtsinterne Steuerung der Verfahrensbearbeitung sowie der Umgang mit Verfahrenshäufungen in einzelnen Dezernaten, Abteilungen, Kammern und Senaten ist Teil der verfassungsrechtlich garantierten richterlichen Unabhängigkeit und erfolgt im Rahmen der Geschäftsverteilung durch das Präsidium des Gerichts. Soweit eine Dienstaufsicht über Richterinnen und Richter zulässig ist, obliegt sie unmittelbar den Präsidentinnen und Präsidenten der Gerichte (§§ 23, 24 HmbAGGVG). Im Rahmen der Dienstaufsicht sowie der Geschäftsverteilung, die in den Gerichten durch die Präsidien beschlossen wird, ist unter Beachtung der richterlichen Unabhängigkeit auch die persönliche Belastung einzelner Richterinnen und Richter im Blick zu behalten. Für die Staatsanwaltschaft ist die Beachtung der persönlichen Belastung der einzelnen Dezernentinnen und Dezernenten ebenfalls eine Aufgabe der Dienstaufsicht. Im Übrigen siehe Drs. 21/12737. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/12806 3 4. Welche zusätzlichen Maßnahmen, neben Personalaufbau, wird die zuständige Behörde ergreifen, um Gerichte und Staatsanwaltschaften organisatorisch so zu stärken, dass Richter/-innen und Staatsanwälte/ -innen insbesondere Strafsachen noch vor dem Ende von Verjährungsfristen bewältigen können? Der andauernde massive Personalaufbau zur Stärkung der Strafjustiz trägt wesentlich dazu bei, die zügige Bearbeitung von Strafsachen zu fördern. Im Übrigen siehe Antworten zu 1.